René wird dieses Weihnachten nicht mit seiner Frau und den vier Kindern verbringen können. Denn seit dem 23. Oktober befindet sich der Berufssoldat, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, in seinem ersten Auslandseinsatz für die Bundeswehr. Über 1000 Kilometer entfernt von seiner Familie sorgt er, gemeinsam mit 1700 Kameradinnen und Kameraden, in Litauen für die Sicherheit der osteuropäischen Nato-Mitgliedsstaaten.
Der 35-Jährige ist seit 2008 Teil der Bundeswehr und inzwischen als Personaloffizier im Fernmeldebataillon der 10. Panzerdivision in Veitshöchheim stationiert. Bis Februar wird er seine Truppe in Litauen mit administrativen Tätigkeiten und Personalkoordination unterstützen. Dafür verzichtet er auf das gemütliche Zusammensitzen im Kreis der Familie und verbringt das Fest stattdessen mit seinen Kameradinnen und Kameraden aus sieben verschiedenen Nationen.
"Als Soldat weiß man, dass sowas auf einen zukommen kann und wir waren darauf eingestellt", erzählt der Mann aus Sand am Main (Lkrs. Haßberge). Bereits seit Mai wussten seine Frau und er von seinem Einsatz über die Weihnachtszeit. Mit ihren Kindern haben sie erst eine Woche vor der Abreise intensiv über das Thema gesprochen. "Ich wollte sie im Vorfeld nicht zu sehr verunsichern", erklärt er. Doch wie bereitet man seine Familie auf einen viermonatigen Auslandseinsatz vor?
"Kuschelwoche"der Bundeswehr als Abschiedszeit für die Familie
"Da gab es ganz viel Unterstützung und Hilfestellung seitens des Arbeitgebers", sagt Oberleutnant René. Die Bundeswehr lege großen Wert darauf, dass die Familie der Soldatinnen und Soldaten gut auf die Zeit im Auslandseinsatz vorbereitet sind. So gebe es beispielsweise verschiedene Kinderbücher, die erklären, warum Mama oder Papa gerade nicht Zuhause sind oder kleine Spiele, die die Wartezeit begleiten.
Sieben Tage vor Abreise beginnt dann die sogenannte "Kuschelwoche", in der die Soldatinnen und Soldaten Urlaub haben und sich von ihren Familienmitgliedern verabschieden können. Leicht fiel das dem Oberleutnant dennoch nicht. "Der letzte Abend war sehr emotional", erinnert er sich. "Die Kinder haben mir noch etwas gebastelt und als Erinnerung mitgegeben."
Obwohl sich der 35-Jährige bewusst ist, dass der Auslandseinsatz Teil des Berufes ist, kann er seine Rolle als Familienvater gerade mit Blick auf die Weihnachtszeit nicht ganz ablegen. "Ich will nicht abstreiten, dass ich gerade an den Feiertagen ganz viel mit den Gedanken bei meiner Familie sein werde", sagt er. Wenn zu Hause in Sand am Main an Heiligabend die Geschenke verteilt werden, will er per Videochat dabei sein.
Sein Arbeitgeber unterstützt ihn dabei. "Wir haben hier ein gutes kostenloses WLAN, damit wir den Kontakt nach Hause halten können." Aktuell telefoniere er jeden Tag mit seiner Frau und den Kindern. Das funktioniere gut und sei mittlerweile ganz selbstverständlich für alle geworden.
Weihnachten bei der Bundeswehr ist eine besondere Zeit
Der Oberleutnant freut sich dennoch auf sein erstes Weihnachtsfest gemeinsam mit seinen Kameradinnen und Kameraden. "Wir werden mit vielen verschiedenen Nationen zusammensitzen und uns über die verschiedenen Weihnachtstraditionen austauschen", erzählt er. In der Kaserne wird es an den Festtagen gemeinsames Mittag- und Abendessen für alle geben. Danach geht es auf den in der Kaserne aufgebauten Weihnachtsmarkt für Punsch und Plätzchen.
Das sei das Besondere an Weihnachten bei der Bundeswehr, erklärt der 35-Jährige, "der Einsatz hier schweißt natürlich extrem zusammen." Kein Soldat müsse an Weihnachten allein sein. "Hier passen alle aufeinander auf." Deshalb lässt es sich René auch nicht nehmen, für seine Truppe den Job des Weihnachtsmannes zu übernehmen. "Ich habe schon kleine Geschenke für alle gekauft, die ich dann am 24. vor die Tür stelle", verrät er.
Bundeswehr-Truppe ist trotz Weihnachten immer einsatzbereit
Anschließend geht es Abends gemeinsam zum internationalen Gottesdienst in die Militärkapelle. Auch darauf freut er sich. Obwohl die Feiertage bei der Bundeswehr eher ruhiger zugehen, bleibt ein Gedanke immer im Hinterkopf, sagt der Oberleutnant. "Wir sind hier trotzdem jederzeit in Bereitschaft." Das sei schließlich der Auftrag der Bundeswehr in Litauen. "In erster Linie sind wir rund um die Uhr eine einsatzbereite Truppe – trotz des Freiraums in der Weihnachtszeit."
Wenn es nötig werde, könne die sogenannte Battlegroup innerhalb weniger Stunden so hochgefahren werden, dass sie sofort zur Sicherung der osteuropäischen Nato-Staaten bereitstehe.