
Vor über zehn Jahren wurde die Wehrpflicht in Deutschland abgeschafft. Nach der Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, angesichts des Krieges in der Ukraine 100 Milliarden Euro zusätzlich in die Bundeswehr zu investieren, haben Politiker verschiedener Parteien eine Debatte über eine allgemeine Dienstpflicht losgetreten.
Das Konzept sieht im Groben vor, Wehrdienst und soziale Dienste zu vereinen. Junge Frauen und Männer sollen für ein Jahr zu einem Dienst an ihrem Land verpflichtet werden – bei der Bundeswehr oder im sozialen Bereich. Wie denken Würzburgerinnen und Würzburger darüber? Ein Stimmungsbild.
Nicolas Schraudt (27), Angestellter im Körperbehindertenwohnheim

"Ich halte nichts von der Wehrpflicht. Ich halte aber auch nichts von Militär und Gewalt, vorwiegend für junge Menschen. Ich wäre eher dafür, dass man ab- statt aufrüstet. Wer sich aber für die Bundeswehr entscheidet, kann das gerne tun. Es ist jedem selbst überlassen. Den Zivildienst hingegen empfinde ich für sehr sinnvoll. Ich selbst bin so zu meinem Beruf gekommen. Es kann nicht schaden, sich für andere Menschen einzusetzen und anderen zu helfen. Das kann jedes Leben bereichern."
Manuela Schwöbel (54), Logopädin

"Ich finde, es sollte jedem selbst überlassen sein, ob er oder sie den Wehrdienst machen möchte oder nicht. Jeder Mensch sollte sich überlegen, ob er sich vorstellen kann, eine Waffe zu tragen, denn eine Waffe zu tragen, heißt auch Menschen zu töten oder Menschen zu verletzen. Man sollte sich der Konsequenzen bewusst sein. Nicht jeder Mensch kann das. Deswegen sollte es unbedingt freiwillig sein und nicht verpflichtend. Ein guter Kompromiss wäre der Sozialdienst. Es wird gerade jede helfende Hand in sozialen Einrichtungen gebraucht."
Michelle Osew (27), E-Commerce Manager

"Ich bin sehr froh, dass ich nicht zum Wehrdienst musste. Ich halte es für gut, dass heutzutage jeder für sich selbst entscheiden kann, ob er es machen möchte oder nicht. Ich selbst bin gegen eine Wehrpflicht. Jeder Mensch ist unterschiedlich und man sollte den jungen Menschen verschiedene Möglichkeiten und Alternativen bieten, wie sie den Dienst ausüben möchten. Falls es zu einer Pflicht kommen sollte, dann wäre es gut, man könnte aus vielen Bereichen wählen."
Franz Schön (62), Rentner

"Ich bin für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. Ich möchte, dass die jungen Leute wieder mehr an die Gesellschaft und die Mitmenschen denken und nicht nur an sich selbst. Die meisten haben das, was außerhalb von Deutschland passiert, gar nicht mehr im Blickfeld. Auch einen Sozialdienst als Alternative halte ich für sinnvoll."
Sibel Vay (18), FOS-Schülerin

"Ich bin gegen eine Wehrpflicht. Jeder sollte frei entscheiden, ob er den Wehr- oder Zivildienst absolviert oder nicht. Ich selber wollte nach meinem Realschulabschluss gleich auf die FOS, um mein Abi nachzumachen. Nach dem Abschluss plane ich einen Auslandsaufenthalt. Eine einjährige Pause, um den Dienst zu machen, würde nicht in meine Zukunftsplanung passen und würde für meine Karriere auch nichts bringen."
Danylo Opansaenko (22), Gaststudent aus der Ukraine

"Bei uns in der Ukraine müssen alle Männer zwischen 18 und 27 Jahren für ein Jahr zum Militär. Außer sie studieren, dann sind sie vom Wehrdienst befreit. Nach dem Wehrdienst bleiben sie Reservisten. Für Frauen sollte eine Wehrpflicht freiwillig sein. Meine Mutter hat Jura studiert und ist auch eine Reservistin. In der Ukraine sind sehr viele Frauen beim Militär und arbeiten im Militärkrankenhaus. Nun gibt es den Krieg mit Putin, dieser kann für ganz Europa gefährlich werden. Deshalb braucht man wohl die Bundeswehr."
Johanna Spath (40)

"Ich bin gegen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. Die Verantwortung, die man als Laie und als junger Mensch tragen würde, ist zu groß. Falls es aber doch zu einer Wiedereinführung kommen sollte, dann sollte sie nicht nur für Männer gelten, sondern auch für Frauen. Ich finde es ein tradiertes Rollenbild, was da wieder auflebt und ich bin sowieso gegen jegliche Art der Militarisierung."
Benjamin Herth (36), Handball Landestrainer

"Meiner Meinung nach ist es nicht notwendig und zielführend, die Wehrpflicht wieder verbindlich einzuführen. Man sollte lieber die diplomatischen Fertigkeiten ausbauen, damit man im Vorfeld zu einer Lösung kommt und nicht zu einem Krieg. Ich bin aber für einen Zivildienst. Ich persönlich habe damals eine Zeit lang gebraucht, um herauszufinden, in welche Richtung ich beruflich gehen möchte, und da kann ein Einblick in den Sozialdienst sehr hilfreich sein."
Manfred Neuner (72), pensionierter Lehrer

"Wir brauchen eine gut ausgebildete Berufsarmee. Die allgemeine Wehrpflicht sollte derzeit überhaupt kein Thema sein, sondern lieber eine gut funktionierende, hervorragend trainierte und mit guten Waffen ausgestattete Armee, die jederzeit einsatzbereit ist. Eine gut ausgebildete Armee braucht sehr viel Zeit bis sie kampffähig ist. Im Augenblick bringt diese Diskussion meiner Meinung nach gar nichts. Ob das langfristig irgendwann einmal wieder zu einer Option werden muss, weil wir vielleicht in irgendwelchen kriegerischen Zeiten landen, darüber kann man dann reden, aber in der derzeitigen Situation glaube ich nicht, dass das etwas was bringt. Wir bräuchten viel zu lange, bis die Armee wirklich kampffähig wird. Die Einführung von Sozialdienst oder einem sozialen Jahr halte ich dagegen für sehr sinnvoll, damit die jungen Leute wissen, was eine Gesellschaft braucht. Den Dienst an der Gesellschaft halte ich für bedeutungsvoll."
Sabrina Hornung (24), arbeitet im Bereich Marketing

"Ich persönlich bin für einen Wehrdienst oder ein soziales Jahr für Frauen und Männer. Ich halte es schon für sinnvoll. Das System müsste allerdings modernisiert werden. Gerade für die Studierenden müsste es attraktiver gemacht werden, wie zum Beispiel dass das Jahr im Studium mit angerechnet wird oder Ähnliches."
Anna Müller (18), Auszubildende zur Bankkauffrau

"Wenn plötzlich eine Wehrpflicht käme, fände ich das schon erschreckend, weil man gleich Krieg im Kopf hat. Der Dienst sollte freiwillig sein und auf keinen Fall verpflichtend. Für mich als Frau kommt der Wehrdienst nicht infrage, aber wenn andere Frauen Interesse haben, dann gerne."
Was ich sehr unterstützen würde, wäre ein Pflichtjahr in sozialen Einrichtungen , so dass die jungen Leute auch mal merken das nicht alle Vorzüge selbstverständlich sind.
Wäre dann halt mal ein Jahr für die Allgemeinheit und nicht in Australien mit Gelegenheitsjobs rumhängen.
Damit ist „von den körperlichen Voraussetzungen ungeeignet“ ein Hinweis auf andere Probleme.
Hängt wohl auch ein wenig damit zusammen dass in Schulen Sport einen zu niedrigen Stellenwert hat.
Spätestes beim kaum noch vorhandenen Schwimmunterricht zeigen sich die Folgen direkt.
Jetzt wird es selbst für Deutschland wieder mal wirklich ernst, und nach einem vorläufigen Kassensturz muss die Bundesregierung zugeben, dass wir im Bereich Militär vollkommen blank dastehen. Wäre in den USA immer noch Trump an der Macht, könnte sich die NATO nicht mal mehr auf den Beistand der USA im Bündnisfall verlassen. Doch auf dem Beistand der USA hat es sich Deutschland seit 1950 sehr bequem gemacht. Deutschland hat immer nur "diplomatisch" geredet, während immer die USA eingesprungen ist, wenn es gefährlich wurde. Irgendwie ist das schon etwas scheinheilig. Deutschland hat sich sogar bis zuletzt geweigert, seine 2%-Ziele einzuhalten, die eigentlich eine Mindestvoraussetzung ist, um der NATO zugehören zu können.
Wir bauen die modernsten Waffen der Welt, aber wir könnten uns niemals selbst verteidigen...
Trotzdem ist die NATO notwendig, da viele Aggressionen von der SU ausgingen und nun von Russland, China und arabischen Staaten militärische Bedrohungen ausgehen die sich in vielen Fällen nicht mit Gesprächen allein nicht entspannen lassen.
Es ist kein wirklicher Trost dass Russland bezüglich Produktion und Ausrüstung ein ähnliches Problem wie Deutschland hat.
Russland kann modernste Waffen entwickeln und bauen, im Gegensatz zu Deutschland werden sie auch international vermarktet, trotzdem fehlt aber einfach das Geld die eigenen Streitkräfte selbst mit einfachstem Material auszurüsten.
Die Prioritäten der jüngeren Generation sind in etwa so verteilt: 1. ich, dann 2. ich, bevor dann auf Platz 3 kommt: ich. Dann kommt einige Zeit nichts, bevor dann 4. als alter Bekannter ICH wieder zum Vorschein kommt. Abgeschlossen wird das Ganze mit: ICH NICHT.
Alle Vorzüge und Leistungen die dieses Land bietet abgreifen wollen, aber wenn mal ein Jahr an die Allgemeinheit geleistet werden soll, "passt das nicht in die Lebensplanung". Aha! Fragt doch mal in der Ukraine nach, ob der Russe grad in die Lebensplanung passt ......
Schon immer konnte jeder, der nicht zur BW wollte Zivildienst machen. Leider hat der früher ungerechterweise länger gedauert, um Leute nochmal zum Nachdenken zu "motivieren".
Der "Staat" bzw. die Steuerzahler sollen ihnen alles bezahlen, aber selbst "keinen*******in der Hose" und nicht bereit der Gesellschaft / den Steuerzahlern etwas zurück zu geben.
Ich habe 20 (ZWANZIGG!!!) Monate Zivildienst machen müssen. Bezahlung entsprach etwa dem halben heutigen HartzIV-Satz. Das hat mich aufgrund Ausbildungs-/Studium-Beginn September insgesamt zwei Jahre meines Lebens gekostet.
Und ich habe es trotzdem überlebt.
Haben Sie mal versucht, in den 70ern und 80ern zu verweigern, um Zivildienst zu machen?
In diesem Falle zum bessern.
Man konnte schon in den 80ern ohne größere Probleme verweigern.
Eine Wehrpflicht ohne die Möglichkeit der Verweigerung wird es in Zukunft nicht geben.
Alle die, die hier gebetsmühlenartig was von reiner Diplomatie erzählen, sollen bitte ihren Koffer packen, nach Moskau fahren und H. Putin mit Worten davon überzeugen, dass er bitte seine Soldaten nach Hause holt, die angerichteten Schäden bezahlt und in Zukunft andere Länder in Ruhe lässt.
Nur reden und Diplomatie scheint uns selbst heutzutage nicht zu beschützen. Das ist die zentrale Aussage.