
Weihnachten ist ein Fest der Familie. Eine Zeit, die man mit seinen Liebsten verbringt, sich von dem Alltagsstress erholt und zur Ruhe kommt. Was aber, wenn man sich aufgrund seiner mentalen Gesundheit in stationärer Behandlung befindet? Oder die familiäre Situation so angespannt ist, dass kein Kontakt besteht? Gerade in der Weihnachtszeit machen es sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentrums für Psychische Gesundheit (ZEP) in Würzburg zur Aufgabe, für diese Menschen da zu sein und ihnen ein schönes Weihnachtsfest ermöglichen.
"Weihnachten ist eine große Zeit bei uns, in der wir uns viel Mühe geben, eine familiäre Atmosphäre und ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen", sagt Holger Spielberg, Leiter der Intensivstation. Die Bezeichnung Intensivstation hat den früheren Begriff "Geschlossene Station" abgelöst, da er nicht den modernen Therapiekonzepten entspricht, betont Spielberg. Er und seine beiden Kolleginnen Pia Schrank und Simona Kellner arbeiten seit knapp 20 Jahren im ZEP und haben schon einige Weihnachten mit ihren Patientinnen und Patienten gefeiert.
Einige Stationen im Zentrum für Psychische Gesundheit sind vollständig belegt
Das ZEP des Universitätsklinikums Würzburg und der Universität behandelt Menschen jeglichen Alters mit psychischen Erkrankungen. Auf elf Stationen werden die Patientinnen und Patienten nach einem individuellen Therapieplan versorgt. Ziel sei es, dass sie wieder so genesen, dass sie ihren Alltag bestreiten können, erklärt Schrank, Leiterin der Offenen Station. Auf dem Weg dorthin seien eine feste Tagesstruktur, Therapiesitzungen und gemeinsame Aktivitäten wichtig.
Auf ihrer Station betreut Schrank unter anderem Menschen mit Demenz oder Psychosen, während Spielberg und sein Team auf der Intensivstation Patienten versorgen, bei denen eine besonders intensive Betreuung erforderlich ist. Mit je 23 Betten seien beide Stationen aktuell voll belegt und auch die Plätze auf der Station der Kinder- und Jugendpsychiatrie Ost, die Kellner leitet, seien alle vergeben.
Schmücken, basteln, backen – alles wird gemeinsam gemacht
Vor allem in der Weihnachtszeit unternehmen die Pflegekräfte viel zusammen mit ihren Patientinnen und Patienten: sie basteln Weihnachtsdekoration, schmücken die Stationen sowie die Weihnachtsbäume, stecken Adventskränze, backen Plätzchen und feiern gemeinsam die Adventssonntage.

Ein bis zwei Wochen vor Heiligabend gebe es auf jeder Station eine Weihnachtsfeier, bei der die Patientinnen und Patienten gemeinsam essen, Lieder singen und eine Weihnachtsgeschichte lesen. Dann gingen auch die Klinikdirektoren Jürgen Deckert und Marcel Romanos über alle Stationen und suchten das Gespräch zu ihnen.
Einige Patientinnen und Patienten können Weihnachten daheim verbringen
Auf Kellners Station der Kinder- und Jugendpsychiatrie Ost gehe es noch einmal weihnachtlicher zu und die Festtage würden kindgerechter gestaltet. "Bei uns läuft ab dem 1. Dezember eigentlich durchgehend Weihnachtsmusik", sagt sie. Außerdem sei die Zeichentrickserie "Weihnachtsmann und Co. KG." sehr beliebt bei den Kindern. Am 6. Dezember bekommen die Kinder und Jugendlichen auch Besuch vom Nikolaus, der ihnen eine Kleinigkeit überreicht.
An Heiligabend und den Feiertagen werde es auf ihrer Station jedoch ruhiger. Denn die Patientinnen und Patienten sollen diese Zeit nach Möglichkeit zu Hause verbringen. Dies diene als Belastungserprobung, die auch an Wochenenden üblich sei. "Denn man darf nicht vergessen, wie anstrengend Weihnachten auch sein kann", erklärt Kellner. Bei einem Großteil der Patientinnen und Patienten klappe das auch sehr gut. Das gleiche Konzept verfolge man auf der Offenen Station, erzählt Schrank.
Sollte jemand von ihnen jedoch merken, dass es nicht funktioniert oder die Belastung zu groß wird, haben sie jederzeit die Möglichkeit, zurückzukehren, betont sie. "Uns ist wichtig, dass die Menschen einen festen Anker haben und wissen: wenn es ihnen nicht gut geht, können sie jederzeit zurück in den geschützten Rahmen."
Für die Patientinnen und Patienten, die über Weihnachten die Klinik nicht verlassen können, veranstalten sie und ihre Kolleginnen und Kollegen ein besonderes Abendessen und eine kleine Feier. "Wir feiern auch oft Weihnachten mit den gleichen Patienten", sagt sie. Denn einige von ihnen seien chronisch krank und würden deshalb immer wieder kommen.
"Der kleine Lord" ist einer der beliebtesten Weihnachtsfilme unter den Patientinnen und Patienten
Kellner findet, dass an Heiligabend der Spätdienst die schönste Schicht ist. "Es ist besinnlich und heimelig, trotz dass es eine Klinik ist. Egal, auf welcher Station man ist, man fühlt einfach, dass Weihnachten ist", erzählt sie. Und selbst die Menschen, die mit Weihnachten nichts anfangen können oder das Fest nicht feiern, lassen sich von der besinnlichen Stimmung anstecken, fügt Schrank hinzu.
"Alle Patienten des Hauses können gemeinsam einen ökumenischen Gottesdienst in unserer eigenen Kapelle besuchen, wenn sie möchten", sagt sie. Anschließend verbringen die Patientinnen und Patienten Weihnachten auf ihren Stationen, essen gemeinsam, singen Lieder, lesen eine Weihnachtsgeschichte und sehen sich einen Weihnachtsfilm an. "Bei uns wird es meistens der kleine Lord", sagt Spielberg und lacht.
Bei all diesen Aktivitäten achte das Pflegeteam stets darauf, dass niemand isoliert ist und alle gemeinsam den Abend verbringen. Zusätzlich können die Familien der Patientinnen und Patienten an den Feiertagen jederzeit kommen. "Bei den Leuten, die keine Angehörigen haben, sind eher wir die Ansprechpartner für die Feiertage", erzählt Spielberg.
Deshalb müssen er und seine Kolleginnen und Kollegen trotz besinnlicher Weihnachtsstimmung stets aufmerksam sein, denn die Feiertage erforderten eine intensive Patientenbetreuung. Der Gesprächsbedarf sei in dieser Zeit höher als sonst und die Patientinnen und Patienten benötigten mehr Nähe und Fürsorge. "Denn in der Vorweihnachtszeit kommen viele Menschen ins Reflektieren und können in die Depression abrutschen", sagt er. "Dann sind wir ganz nah dran bei ihnen."
Die Patienten und Angehörigen sind sehr dankbar für die Arbeit der Pflegekräfte
Dafür seien ihnen auch viele ehemalige Patientinnen und Patienten sowie Angehörige sehr dankbar. Einige von ihnen machten ihnen zum Dank kleine Geschenke, schickten Weihnachtskarten oder bastelten Adventskalender. "Unsere Schwesterntische sehen vor und nach Weihnachten sehr üppig aus", erzählt Spielberg.
Für das Team sei es sehr schön, für seine Bemühungen so viel Anerkennung zu bekommen. Außerdem zeige es, wie wichtig ihre Arbeit ist. Dafür haben Spielberg, Schrank und Kellner gerne auch mal Weihnachten auf der Station und nicht bei ihren eigenen Familien verbracht.