Die Würzburger Innenstadt an einem Freitag um 12 Uhr. Es ist fast schon zu entspannt. Vielleicht liegt es an den Ferien, vielleicht aber auch am tröpfelnden Regen, der nicht wenige in leichte Panik versetzt. "Oh nein, jetzt wellen sich meine Haare", merkt eine entsetzt blickende Dame an, deren Frisur weit über die Gesetze der Physik hinausgeht. Echt wahr! An einem Ort bleibt es an diesem Freitagvormittag jedoch trocken. Es ist ein Ort, der für manche eher unschön mit dem Weg zur Schule oder zur Arbeit verbunden ist. Mit Stress, Enge, stickiger Luft. Doch ist die Sraßenbahn nicht das schönste Verkehrsmittel der Welt?
Besser als alle anderen Verkehrsmittel
Denn sie ist keine U-Bahn, keine S-Bahn, kein Bus und kein Flugzeug. Und sie ist besser als jedes dieser vier Verkehrsmittel. In der U-Bahn herrscht Winterdepression in Dauerschleife, es ist dunkel und riecht unangenehm nach muffigem Keller. S-Bahnen fallen dauernd aus (Grüße an unsere Münchner Kollegen) und fahren langweilige Strecken, und Busse sind sowieso eine große Zumutung! Sie sind kleiner, enger und fahren oft derart ruppig und böse brummend an, dass selbst der gestandenste Franke aus den Latschen kippt – dieses Mal ganz genau nach den Gesetzen der Physik. Außerdem könnten Busse theoretisch jederzeit falsch abbiegen, weil sie nicht auf Schienen fahren, die ihnen die Strecke vorgeben. Und vom Flugzeug wollen wir wahrlich gar nicht sprechen. Wer heutzutage fliegt, muss ja schon beim Buchen in den Beichtstuhl gehen. Stichwort: Fridays For Future.
Sie bimmelt!
Nein, die Straßenbahn ist einfach ein tolles Verkehrsmittel. Und dazu noch so ästhetisch. Schlank und mit großen Fenstern. Und wer Glück hat, hat es in einer GT-D noch schöner. Das hat nichts mit dem Porsche GT zu tun, sondern ist die Bezeichnung für die niedlich aussehenden, fast schon historischen Bähnchen, die in Würzburg herumdüsen. Und das schönste ist: Sollte jemand mal wieder gedankenversunken auf den Schienen durch die Innenstadt tingeln, macht die Straba etwas, was sonst nur der Oberbürgermeister bei seiner "Stadt Rad Tour" auf dem Fahrrad macht: laut bimmeln! Das sollten meiner Meinung nach viel mehr Verkehrsteilnehmer, dann wäre es in der ganzen Stadt doch viel netter und nicht so aggressiv. Ein Hupkonzert wird zum Bimmelorchester, wie schön.
Zudem spiegelt eine Fahrt in der Straba das ganze Stadtgeschehen in kleinem Rahmen wider. Ein Dreijähriger aus der Zellerau brüllt. Zwei Halbstarke aus der Innenstadt streiten sich wegen des letzten Schlucks abgestandener Cola. Die Mutter aus dem Steinbachtal wird zur Furie. "Wissen sie, was es heißt, alleinerziehend zu sein?" giftet sie einen Gaffer an und zerrt ihren Sohn bei der nächsten Station aus der Bahn. Wer Straba fährt, muss wahrlich keine Reality-Show mehr gucken!
Und das Tolle: Ganz ganz bald könnte es eine Straßenbahnlinie mehr in Würzburg werden. Die Linie 6 lässt zwar noch auf sich warten. Aber ich bin mir sicher, die Liebe zu dem doch etwas trägen und damit entschleunigenden Verkehrsmittel auf Schienen hält ewig. Und dass das Wort "ewig" perfekt zu dieser Linie passt, muss ja wahrlich keinem Würzburger gesagt werden.