
Vom E-Rezept überfordert, beim Online-Banking ratlos und skeptisch, wenn es um Soziale Medien geht: Manche ältere Menschen können oder wollen den Schritt ins Internet nicht mehr gehen und fühlen sich als Rentnerinnen und Rentner digital abgehängt. Aber nicht alle: Dieter Schweinoch, Claudia Baitsch und Dieter Preiser sind digital topfit. Hier schildern die drei Würzburger Senioren, was sie im Netz fasziniert - und wovor sie Angst haben.
1. Dieter Schweinoch, 93 Jahre: Er kauft online ein, nutzt ChatGPT und will Photoshop-Experte werden

Dieter Schweinoch zieht drei eng bedruckte Seiten Papier aus der Tasche seines Gehwagens, einige Passagen sind mit Textmarker angestrichen. Die Augen des 93-Jährigen blitzen schelmisch. "Ich habe vorher ChatGPT gefragt, wie ich mich bei einem Interview zu verhalten habe." Schlecht seien die Ratschläge nicht. Die Künstliche Intelligenz (KI) sei für ihn "eine Spielerei" - und er probiert sie selbstverständlich aus.
Wie beim Geburtstag des Schwiegersohns. Da hielt Schweinoch seine eigene Rede - und eine per KI erstellte: "Das war reiner Spaß." Und, fügt der 93-Jährige an: "Ich halte es für sehr wichtig, dass man sich digital noch auskennt".
Dieter Schweinoch stammt aus Berlin, lebte lange in Nordrhein-Westfalen und war Berufsschullehrer. 1995 wurde er pensioniert. "Erst als ich aus dem Dienst raus war, habe ich mir einen Computer gekauft", erzählt Schweinoch. Ehemalige Schüler hätten ihm anfangs geholfen: "Was nicht klappte, hat man so lange versucht, bis man das selbst konnte."
Heute hat der 93-Jährige sein Smartphone immer dabei, kommuniziert via E-Mail und WhatsApp mit Bekannten, Freunden und seinen Kindern. "Meine Tochter hat einen Weinberg in Rimpar, da werden dann Bilder geschickt."
Er selbst wohnt mittlerweile im Wohnstift, auf dem Schreibtisch in seinem Zimmer steht ein Notebook. Ein iPod liegt daneben: "Damit höre ich jeden Morgen die Nachrichten."
"Der Computer ist eine riesige Hilfe – ich möchte ihn nicht missen", sagt der Senior. Seit einem Schlaganfall vor drei Jahren könne er schlecht mit der Hand schreiben, die Beweglichkeit sei eingeschränkt. Größere Einkäufe in der Stadt zu erledigen, falle ihm schwer – "deshalb mache ich das übers Internet", sagt Schweinoch. Der Online-Handelwürde ihm den Alltag erleichtern, Online-Banking oder Online-Buchungen bei der Bahn ebenso.
Und dann sind da die Bücher: "Die hole ich mir alle per Kindle – das ist die einfachste Sache, da kann ich aussuchen". Die digitale Welt, sagt Schweinoch, sei schlicht praktisch. "Man hat im Alter Wortfindungsstörungen, ich gehe dann oft ins Internet und versuche das, was mir nicht mehr einfällt, dort herauszukriegen." Facebook, Instagram und Co. allerdings seien nichts für ihn, sagt Schweinoch lachend: "Das machen die Enkel."
Was er noch lernen will? Von früher, sagt der 93-Jährige, habe er noch unzählige Dias. Die möchte er digitalisieren und bearbeiten - und sich dafür Photoshop beibringen. "Man muss den Schweinehund überwinden, um auch im Kopf fit zu bleiben."
Nur eine Smartwatch, die wolle er nicht, sagt Dieter Schweinoch bestimmt. Warum nicht? "Wissen Sie, ich rauche, ich trinke gerne einen Schoppen und frage nicht, ob das gesund ist oder nicht. Mit 93 kann mir eigentlich nicht mehr viel passieren."
2. Claudia Baitsch, 73 Jahre: Sie ist DB-App-Expertin, googelt Künstler und hat den PC "mit Handkuss" begrüßt

Außer in Neuseeland, Australien und Japan war sie fast überall. Und egal ob Gruppentouren, Kreuzfahrten oder Zugreisen durch Europa: "Ich buche das alles über das Internet", sagt Claudia Baitsch. "Das ist viel einfacher, anders kann ich es mir gar nicht mehr vorstellen."
Alle drei, vier Wochen besucht Baitsch zum Beispiel ihre Tochter in der Schweiz, mit der Bahn. Die Tickets kauft sie per App, "da kann ich im Zug gleich einchecken", sagt die 73-Jährige. Und: "Da die Bahn meistens etwas länger braucht, lade ich mir vorher immer ein E-Book runter."
Claudia Baitsch stammt aus Karlsruhe, kam Anfang der 1980er Jahre mit ihrem Mann nach Würzburg. Weil sie als Justizangestellte in Bayern nicht übernommen wurde, arbeitete sie als Sekretärin. Den ersten Computer bekamen sie da 1991.
"Ich habe den PC begrüßt, mit Handkuss", sagt Baitsch. Für sie sei das Digitale eine Erleichterung gewesen: "Wenn der Chef nachträglich noch einen Absatz einfügen wollte, musste man mit der Schreibmaschine von vorne anfangen – mit PC war das kein Problem mehr." Tagtäglich habe sie am Computer gearbeitet, schwer sei ihr das nicht gefallen. "Es kommt bei jedem Menschen auf die Bereitschaft an, ob er es mag oder ob er mit einer gewissen Abwehr darangeht."
Sie selbst habe keine Angst, Neues auszuprobieren, sagt die 73-Jährige. Sie schreibt Mails, verabredet sich via WhatsApp mit ihrer "Tennis- oder Seglergruppe", googelt Künstler, deren Werke ihr gefallen. Und Auto fährt sie "zum Glück heute nach Navi". Baitsch lacht. Früher, als Beifahrerin, "musste ich die Karte immer umdrehen, weil ich rechts und links verwechselt habe – und mein Mann ist schier ausgeflippt".
Fast sieben Jahre lang habe sie ihren Mann zu Hause gepflegt, "da bin ich wenig weggekommen und habe viel im Internet eingekauft". Kleidung, Haushaltdinge, Medikamente. Gerade für ältere Menschen, die wie sie nicht mehr so schwer heben könnten, sei das praktisch.
Claudia Baitsch ist Mitglied der Würzburger Seniorenvertretung und freiwillige Helferin im Kulturspeicher. Langeweile kennt sie nicht. In ihrem Arbeitszimmer steht vor einer großen Wandkarte ihr PC, auf dem Schreibtisch gegenüber liegen Notebook, Tablet und Smartphone.
Wie sieht es mit Social Media aus, mit Instagram, Youtube oder TikTok? "Das mag ich nicht", sagt Baitsch. Sie sei misstrauisch, zu oft schon habe sie Enkeltrick-Anrufe bekommen. Bewertungsportale aber nutze sie gerne, meint die 73-Jährige, etwa für Hotels, Reiseveranstalter oder Restaurants. "Wenn's mich stört, schreibe ich das. Und wenn's gut war, kriegen sie auch ein Sternle."
3. Dieter Preiser, 83 Jahre: Er liebt Technik, lernt WordPress und bringt anderen Senioren WhatsApp bei

Drei Bildschirme umrahmen den Schreibtisch, vier Handys stapeln sich neben der Tastatur, vom Schrank baumeln lauter Kabel. "Das ist mein Arbeitsplatz", sagt Dieter Preiser. Nichtstun? Für den Pensionär keine Option: "Ich sitze am Tag vier bis fünf Stunden vor dem Rechner."
Der 83-Jährige schreibt Mails, betreut in WordPress die Homepage der Seniorenvertretung Würzburg, tauscht sich mit Bekannten via Facebook aus. Und im Internet bewegt sich Preiser fast genauso selbstverständlich wie seine Enkel.
Schwer falle ihm das nicht. "Das ist tatsächlich die Gewohnheit – ich denke gar nicht mehr anders." Ursprünglich Gymnasiallehrer, hat der 83-Jährige lange am Kultusministerium in Baden-Württemberg und später in der Erwachsenenbildung gearbeitet. Seinen ersten PC habe er irgendwann in den 1980ern bekommen, erzählt Dieter Preiser: "Das waren Geräte mit einer Art Schublade, in denen der Massenspeicher steckte – 20 Megabyte." Gelernt habe er den Umgang damit schnell, ein ehemaliger Schüler habe ihm geholfen.
Seit 2004 ist Preiser in Pension, lebt mit seiner Partnerin im Würzburger Stadtteil Lindleinsmühle. Im Haus stehen deckenhohe Bücherregale, aber "heute lese ich vor allem digital". Auch einen Instagram-Account habe er, den nutze er aber selten, sagt Preiser.
Dafür mache er "selbstverständlich" Online-Banking, kontrolliere als Diabetiker seine Zuckerwerte digital, navigiere mit Google statt mit Karten und Atlas. "Das Digitale erleichtert das Leben unbedingt", sagt der 83-Jährige. So seien seine Frau und er zum Beispiel vor einigen Jahren mit Freunden nach Rom gepilgert. "Die Reise haben wir vorab komplett online gebucht und geplant."
Natürlich, sagt Preiser, müsse man sich gerade im höheren Alter aktiv "entscheiden, ob man noch ein bisschen was dazulernen will". Anders als junge Menschen sei man es häufig nicht mehr gewohnt, flexibel zu sein, ständig mit neuen Situationen fertig zu werden. Im Netz sei das jedoch Voraussetzung. "Da muss man sich darauf einlassend."
Der 83-Jährige tut das gerne – und ermutigt andere dazu: Im Quartiersmanagement in der Lindleinsmühle betreut er gemeinsam mit anderen Senioren das Internetcafé. Dort bekommen ältere Menschen Hilfe beim Umgang mit Smartphone, Laptop und Co: "Bei älteren Leuten geht es nicht so wie bei Kindern, die das über das Gedächtnis machen, sondern da muss man üben."
Das gelte auch für ihn selbst, auch er brauche bei einigen Dingen Hilfe oder fühle sich unsicher. Vor Hackerangriffen etwa habe er "eine Heidenangst". Erst im Januar habe ihm ein "Gauner" 400 Euro abgeknöpft, erzählt Preiser. In über 30 Jahren sei ihm das zum ersten Mal passiert. Abschrecken lässt er sich davon nicht. Sein nächstes Projekt: eine Smartwatch. Um Kleinigkeiten zu bezahlen, einschließlich Parkgebühren. "Das sind so meine Herausforderungen."
auch viele Menschen kennen. Toll finde ich meinen E-Bookreader, die Bücher leihe ich mir aus 3 verschiedenen Onleihen aus. Ein Smartphone brauche ich nicht, ich will nicht ständig erreichbar sein. Ich bin übrigens 69 Jahre alt, und habe auch keine Probleme bei der Nutzung der Geräte.