
Generalmajor Jörg See (57) kommandiert seit September 2024 die 10. Panzerdivision der Bundeswehr mit Stabssitz in Veitshöchheim (Lkr. Würzburg). Im Gespräch sagt er, was vom 100-Milliarden-Paket angekommen ist, wie wichtig die Wehrpflicht ist und wie sich die Politik von US-Präsident Trump auswirkt.
Jörg See: Bis auf einen habe ich alle unsere 26 Standorte plus Vilnius besucht. Und was ich erlebe, ist eine große Ernsthaftigkeit bei den Soldatinnen und Soldaten, wenn es um den Auftrag der Division geht: Abschreckung und Verteidigung an der NATO-Ostflanke. In vielen Gesprächen ging es um die Frage: Was bedeutet persönliche Einsatzbereitschaft? Nach meiner Wahrnehmung haben die Frauen und Männer verinnerlicht, dass die Division permanent und in Gänze gefordert ist.
See: Wir haben unsere niederländischen Kameraden fest integriert, mein Stellvertreter ist ein niederländischer Ein-Sterne-General. Und im Divisionsstab in Veitshöchheim haben wir Litauer und Amerikaner. Wir arbeiten und üben miteinander – mit den US-amerikanischen Streitkräften führen wir in diesem Jahr die große Stabsübung "Warfighter" durch. Ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Einsatzbereitschaft im internationalen Umfeld.
Die multinationale Zusammenarbeit wird aber immer weiter vertieft, besonders mit Litauen. Dort wird jetzt auch ein Verbindungskommando der 10. Panzerdivision eingerichtet, sozusagen unser "Fußabdruck vor Ort". Denn je konkreter die geplante Panzerbrigade 45 als erster dauerhaft stationierter Großverband der Bundeswehr im Ausland wird, desto größer werden auch die Abstimmungserfordernisse mit dem Gastland auf der Ebene der Division.
See: Die Panzerbrigade 45 wurde zum 1. April 2025 der 10. Panzerdivision unterstellt. Was bedeutet das für uns – die Zuständigkeiten sind aufgeteilt: Das Kommando Heer in Strausberg bearbeitet zum Beispiel Infrastrukturfragen, die 10. Panzerdivision ist für die truppendienstliche Führung der Brigade zuständig. Unsere Panzergrenadiere aus Oberviechtach werden zu einem Zeitpunkt X als Teil der Brigade nach Litauen verlegen. Dort vor Ort erlebe ich immer wieder eine große Offenheit und die Bereitschaft, unsere Soldatinnen und Soldaten gut aufzunehmen. Es wird alles dafür getan, dass die Brigade 45 eher früher als später stationiert werden kann. Aber das genaue Datum wird man sehen.

See: Es ist schon immens, wie viel Material in die Truppe kommt. Unsere Versorgungseinheiten haben jetzt beispielsweise moderne Lkws in großer Anzahl erhalten. Und was die persönliche Ausrüstung des einzelnen Soldaten betrifft, kann ich sagen, die ist 1A. Unsere Männer und Frauen brauchen inzwischen zwei Schränke, um alles zu verstauen. Insgesamt wird aber noch viel mehr kommen. Die Verträge sind unterzeichnet, die Produktion und Auslieferung brauchen aber ihre Zeit. Und ist das Gerät dann bei uns, muss zunächst daran ausgebildet und geübt werden, wie zum Beispiel der Umgang mit Drohnen. Aber ja, grundsätzlich sage ich als Kommandeur mit Blick aufs Gerät: gerne mehr, gerne früher, gerne schneller.
See: Die 10. Panzerdivision ist ein schnell verlegbarer und robuster Großverband, der professionelle Soldatinnen und Soldaten hat, die das können und wollen. Im vergangenen Jahr hat die Division in der Großübung "Grand Quadriga" bereits gezeigt, was sie kann. In diesem Jahr haben wir die Stäbe im Fokus, also die Divisions- und Brigadeführung. Allerdings ist das Thema Einsatzbereitschaft nichts, was man einmalig abhaken kann, sondern es ist ein Dauerthema für die Division und jeden einzelnen Soldaten. Daran sieht man auch die neue Dimension des Auftrags, bei dem für die Division das Aufrechterhalten der Einsatzbereitschaft und Kriegstüchtigkeit auf hohem und höchstem Niveau unerlässlich ist. Und für absehbar lange Zeit.
See: Grundsätzlich ist der Personalbestand gut, aber er könnte in bestimmten spezialisierten Bereichen und vor allem auch an einigen Standorten, die weniger zentral liegen, natürlich besser sein. In Augustdorf beispielsweise ist die Nachfrage groß, in Niederbayern dagegen weniger. Dabei kommt es immer auch auf die Art der Tätigkeit an. Je ziviler unser Berufsspektrum ist, zum Beispiel im IT-Bereich, desto schwieriger wird es für uns in unmittelbarer Konkurrenz zur zivilen Wirtschaft. Wichtig ist, dass wir auch bei der Nachwuchswerbung der Bundeswehr ehrlich sind und klarmachen: Wir brauchen Soldatinnen und Soldaten, also Menschen, die die rechte Hand heben und sagen: "Ich schwöre, die Freiheit unseres Landes, unsere Demokratie tapfer zu verteidigen."
See: Einen ersten Schritt gibt es schon mit dem neuen Wehrdienst (Hinweis der Redaktion: geplante verpflichtende Erfassung junger Männer), wir planen bereits damit. Aus der Perspektive als Divisionskommandeur finde ich es gut und richtig zu überlegen, ob es danach auch noch weitergeht. Es ist sehr wichtig, dass wir unsere Basis, aus der wir unser Personal ziehen können, wieder stärken.
See: Wir brauchen unsere Reservisten. Wir setzen viel daran, ausscheidende Soldatinnen und Soldaten als Reservisten zu gewinnen, sodass sie später bei uns in ihren früheren Einheiten üben wollen, gern auch im Heimatschutz. Wir werden gemeinsam wachsen und unseren Auftrag erfüllen.
Zugleich stellt sich aber auch die Frage nach der Bereitschaft von zivilen Arbeitgebern, ihre Beschäftigten beispielsweise zweimal im Jahr drei Wochen für Übungen freizustellen. Aus meinen Vorverwendungen weiß ich, dass das in Ländern wie Litauen und Lettland, aber auch in Finnland und Schweden bereits selbstverständlich ist. Letztlich erreichen wir nur gemeinsam eine gesellschaftliche und staatliche Resilienz, die uns robust und durchhaltefähig macht.
See: Nein, da kann ich nichts dergleichen beobachten, weder im Divisionsstab noch bei einer Übung wie "Warfighter". Beide Seiten gehen professionell miteinander um. Gleichwohl schaue ich persönlich schon mit einer gewissen Sorge auf die Entwicklung, die allerdings auch nicht komplett neu ist. Auch die vorherige US-Regierung hat die nationale Sicherheitsstrategie der USA bereits neu ausgerichtet, vor allem in Hinblick auf China.
Ich plädiere hierbei für eine gewisse Gelassenheit und zugleich dafür, dass wir auf unsere eigenen Stärken schauen. Immer, wenn eine Tür zugeht, geht eine andere auf. Ich denke, die Amerikaner haben ein großes Interesse daran, ein professionelles Europa an ihrer Seite zu wissen. Und ja, wir sollten uns ein Stück weit unabhängiger machen, aber das nicht ohne die USA, sondern mit ihnen.
Für mich als Kommandeur ist die Zusammenarbeit, die Interoperabilität mit den US-Streitkräften ein wichtiger Baustein einer professionellen Division. Im Ergebnis werden wir mit jedem US- oder multinationalen Korps gut zusammenarbeiten können. Das ist gemeinsame Abschreckung und Verteidigung.
Brücken, Straßen und Schienen sollen kriegstauglich gemacht werden:
Deutschland muss Milliarden für Nato-Aufmarsch gegen Russland zahlen
- Beleg für die Main-Post :
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/deutschland-muss-milliarden-fuer-nato-aufmarsch-gegen-russland-zahlen-li.2313945
Richtig ist auch, dass die Schienenwege, Straßen und Brücken etc. in Deutschland, die nach jahrelangem Verfall während der CSU/CSU Regierungszeit verloderten, wieder instandgesetzt werden müssen.
Aber nicht, weil wir gegen Russland aufmarschieren wollen, sondern weil, im Falle eines russischen Angriffskrieges, Deutschland die Logistikdrehscheibe der NATO in Europa ist.
Wegen der immer stärkeren Bedeutung der Logistik bei einem russischen Überfall, spielt Deutschland auch eine immer bedeutendere Rolle.
dass unsere Schienenwege allgemein einer Rundumkur bedürfen und nicht nur um die Funktion der Logistik-Drehscheibe sicherzustellen, wissen sicherlich alle, die in den letzten Jahren mal eine (größere) Reise mit der Bahn gewagt(!) haben, zusammenbrechende Brücken wie in Dresden sind nicht unbedingt ein Aushängeschild für unser schönes "High-Tech-Heimatland", und was die Straßen angeht, reicht ein Blick auf die Baustellen-Übersicht. Ich finde, erstaunlich, was infolge eines "heilsamen Schocks" plötzlich alles möglich ist, nachdem uns die ganze Zeit offensichtlich große Teile der Welt für nicht (mehr) ernst zu nehmen gehalten haben!
(Wobei sich allerdings noch herausstellen muss, wie ernst "Deutschland (bzw. Europa) 2.0" tatsächlich zu nehmen ist...)
Möglicherweise ist das auf die lange und gute Zusammenarbeit mit den Amerikanern zu rückzuführen. Gerade Offiziere im Generalsrang haben ja eine intensive Zusammenarbeit und auch Ausbildung mit der amerikanischen Armee genossen und können sich vor ihrem Erfahrungshorizont gar keine entgegengesetzte Entwicklung vorstellen.
Nur - die Zeiten haben sich geändert. Eine nüchterne Analyse wäre jetzt angebracht. Ob das allerdings unsere jetzige Generalität mit ihrem jahrelangen Erfahrungshorizont leisten kann, darf auch bezweifelt werden.
Im Prinzip hat Trump recht, daß es nicht sein kann, daß sich Europa zurücklehnt, sein Militär verkommen läßt und im Ernstfall sollen die USA dann den Karren aus dem Dreck ziehen.
Selbst ohne Trump sieht die USA ihren Schwerpunkt stärker im asiatisch-pazifischen Raum.
das heisst, wir können uns auf die Amerikaner, erst recht unter Trump, nicht mehr verlassen. Wer das ignoriert und daraus nicht die richtigen Schlüsse zieht, belügt sich selbst.
Was wir (Europa) im besten fall erreichen können, ist, ein nicht ganz so schneller Abzug der militärischen Präsenz der USA aus EU. Dafür wird er (Trump) sich aber gut bezahlen lassen. Mittel- und langfristig wird die EU militärisch auf eigenen Beinen stehen müssen. Über das atomare Schutzschild haben wir da noch gar nicht gesprochen. Das wird viel, sehr viel Geld kosten. Insofern sind die Wahlgeschenke die gerade die CSU immer noch an ihre Wähler verteilen möchte, vollkommen deplatziert.