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Veitshöchheim
Veitshöchheimer Bundeswehr-General von Butler: "Kaltstartfähigkeit bedeutet: Wir müssen sofort losfahren können"
Der Krieg in der Ukraine hat auch den Dienstalltag bei der 10. Panzerdivision verändert. Kommandeur Ruprecht von Butler erklärt, was das für die Truppe heißt.
Generalmajor Ruprecht von Butler ist Kommandeur der 10. Panzerdivision der Bundeswehr mit Sitz in Veitshöchheim. Die 10. Panzerdivision soll künftig im Deutschen Heer den Schwerpunkt bei der Landes- und Bündnisverteidigung bilden.
Foto: Thomas Obermeier | Generalmajor Ruprecht von Butler ist Kommandeur der 10. Panzerdivision der Bundeswehr mit Sitz in Veitshöchheim. Die 10.
Torsten Schleicher
 |  aktualisiert: 15.07.2024 13:59 Uhr

Bei der Landes- und Bündnisverteidigung soll die 10. Panzerdivision der Bundeswehr künftig eine herausgehobene Rolle spielen. Seit März 2021 ist Generalmajor Ruprecht von Butler Kommandeur der  Division, deren Stab in Veitshöchheim (Lkr. Würzburg) ist. Im Gespräch sagt der 56-Jährige, was sich seit seit seinem "Brandbrief" vom Dezember 2022 getan hat, wie die Ausbildung ukrainischer Soldaten läuft und welche Veränderungen auf die Truppe zukommen. 

Frage: Herr von Butler, in einem "Brandbrief" an die Führung des Heeres haben Sie im Dezember 2022 auf gravierende Mängel beim Schützenpanzer Puma hingewiesen. Was ist Ihre Bewertung ein halbes Jahr später?

Ruprecht von Butler: Ich habe damals einen Mangel angesprochen, den ich vorgefunden habe. Die Meldung war an meinen Vorgesetzten gerichtet und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Dass dies derartig durch die Medien geht, damit hatte ich nicht gerechnet. Die Ursachen waren viel komplexer als vereinfacht in den Medien dargestellt. Da waren ohne Frage Fehler in der Truppe, aber auch noch Herausforderungen auf Industrieseite. Aber über allem steht: Der Puma ist für uns die technologische Weiterentwicklung, die wir brauchen für die Überlebensfähigkeit und die Durchsetzungsfähigkeit der Panzergrenadiertruppe, da gibt es überhaupt keine Frage.

Was hat sich seitdem verändert?

Von Butler: Was ich festgestellt habe, in Bezug auf den Puma, ist das klare Commitment von Seiten der Industrie: Wir bringen das jetzt gemeinsam zum Laufen! Wir haben die Kooperation zwischen dem Hersteller und uns erheblich verstärkt. Da hat sich aus Sicht der Truppe sehr positiv etwas bewegt. Die beiden Partner Industrie und Bundeswehr sind genau den richtigen Schritt aufeinander zugegangen. 

Die ukrainische Armee braucht jetzt Hilfe bei der Ausbildung. Welche Unterstützung leistet die 10. Panzerdivision?

Von Butler: Ein Ausbildungsstützpunkt in Nordostdeutschland mit mehreren Übungsplätzen wird derzeit durch unsere Division betrieben. In verschiedenen Klassen wird dort ausgebildet, von der Infanterieausbildung bis zum Kampfpanzer Leopard I. Da geht es zum Beispiel um den Angriff auf eine Verteidigungsstellung in einem Grabensystem: Wie geht das taktisch? Schließlich wollen die Ukrainer ihr Land wieder befreien und müssen daher auch Verteidigungsstellungen der Russen aufbrechen. Ein Schwerpunkt ist auch das Räumen von Minen, die die Russen in der Ukraine inzwischen massenhaft vergraben haben. 

Seine 10. Panzerdivision muss 'kaltstartfähig' sein: Kommandeur Generalmajor Ruprecht von Butler in der Balthasar-Neumann-Kaserne in Veitshöchheim.
Foto: Thomas Obermeier | Seine 10. Panzerdivision muss "kaltstartfähig" sein: Kommandeur Generalmajor Ruprecht von Butler in der Balthasar-Neumann-Kaserne in Veitshöchheim.
Welchen Eindruck haben Sie von den ukrainischen Soldatinnen und Soldaten gewonnen?

Von Butler: Ich spüre eine enorme Motivation, eine große Wissbegierde, einen unglaublichen Fleiß. Dazu muss man wissen, dass das Ausbildungsprogramm sechs Tage in der Woche von acht bis 20 Uhr läuft. Es stimmt einen positiv, wenn man sieht, wie die Ukrainer ihre Freiheit und Unabhängigkeit verteidigen – und im Zweifel dafür auch das eigene Leben geben. Krieg darf sich für den Angreifer nicht lohnen, sonst würde es auch andere ermutigen, das Völkerrecht mit Füßen zu treten. Diese tapfere Verteidigungsfähigkeit haben wir in Deutschland vielleicht anfangs unterschätzt. Zugleich macht es einen auch betroffen, weil man natürlich weiß, dass diese Soldatinnen und Soldaten, die wir jetzt ausbilden, in einigen Wochen in der Ukraine im Einsatz sein werden. Auch das geht einem durch den Kopf, wenn man die Ausbildung im Grabensystem sieht oder bei der Minenräumung.

Bei "Grabensystem" denkt man an den Ersten und Zweiten Weltkrieg. Hätten Sie eine solche Form der Kriegführung im Europa des 21. Jahrhunderts für möglich gehalten?

Von Butler: Ganz klar nein. Ich bin seit 37 Jahren Soldat, habe alle möglichen Szenare ausgebildet. Und ich muss sagen, dass ich mit meiner Einschätzung anfänglich falsch lag. Ich habe mir zum Beispiel eingebildet, dass ein russischer Präsident 10.000 Tote nicht verkraften wird, weil er sie nicht verschweigen kann. Ich hätte erwartet, dass die russische Bevölkerung diese Verluste kritisch in Frage stellt – was aber wohl so nicht der Fall ist. Krieg ist immer menschenverachtend. Aber dass man in einer solchen, Menschenleben verachtenden Weise in Mitteleuropa Krieg führt, wie Russland dies tut, das war außerhalb meiner Vorstellungsmöglichkeit. Da werden Ortschaften unter Artilleriefeuer genommen, völlig egal, wer da noch in der Stadt ist. Und hinterher sieht Bachmut eben aus wie Bachmut heute aussieht. Ich denke mir dann auch: Wir müssen dafür sorgen, dass wir und unsere Verbündeten nie in eine solche Situation kommen! Ich möchte nie in die Lage geraten, in Deutschland, Polen oder Litauen russische Minen räumen zu müssen.

Die 10. Panzerdivision soll künftig im Deutschen Heer den Schwerpunkt bei der Landes- und Bündnisverteidigung bilden und deshalb "schnell verlegbar, einsatz- und vor allem kaltstartfähig" sein. Was bedeutet das für die Division?

Von Butler: Kaltstartfähigkeit bedeutet: Wir müssen sofort losfahren können. Aber das heißt auch: Es muss das Gerät, die Munition, das Personal vorhanden sein, die Truppe muss ausgebildet und sofort einsatzbereit sein – und das seit dem Ukrainekrieg in ganz anderem Umfang als bisher. Da reden wir alleine bei einer Landdivision von 15.000 bis 20.000 Soldaten, die dann "kaltstartfähig" sein müssen.

Was bedeutet das für den Dienstalltag?

Von Butler: Zunächst einmal, dass die Truppe auch ihr Gerät hat, und zwar ständig und nicht nur für die Ausbildung auf dem Übungsplatz. Zugleich werden die Forderungen an die Truppe bei der Einsatzbereitschaft höher sein – und bei der Flexibilität. Da kann es passieren, dass man vom nächsten Einsatz eben nicht ein Jahr vorab erfährt, sondern vielleicht in zwei Wochen schon losmuss. Im Kalten Krieg galten solche Dienstbedingungen übrigens für alle 495.000 Soldaten der damaligen Bundeswehr. 

Wie wirkt sich die veränderte Situation auf die Motivation von Soldatinnen und Soldaten aus?

Von Butler: Die Herausforderungen gerade kurz nach Beginn des Ukrainekrieges haben einen positiven Ruck in der Truppe gebracht. Man könnte ihn in dem Satz zusammenfassen: "Das könnte jetzt ernst werden, wir werden gebraucht!". Bei Dingen, die kurz zuvor noch ein Riesenproblem waren, hieß es auf einmal: "Das lösen wir, Herr General!". Mir selbst hat das ein großes Vertrauen in unsere Truppe gegeben: Da sind Frauen und Männer, auf die kannst du dich verlassen.

'Ich möchte nie in die Lage geraten, in Deutschland, Polen oder Litauen russische Minen räumen zu müssen': Generalmajor Ruprecht von Butler, Kommandeur der 10. Panzerdivision der Bundeswehr, beim Gespräch im Divisionsstab in Veitshöchheim. 
Foto: Thomas Obermeier | "Ich möchte nie in die Lage geraten, in Deutschland, Polen oder Litauen russische Minen räumen zu müssen": Generalmajor Ruprecht von Butler, Kommandeur der 10.
Beim Tag der Bundeswehr am 17. Juni geht es auch um Nachwuchsgewinnung. Soldat oder Soldatin im Einsatz zu sein, bedeutet auch bereit zu sein, das eigene Leben einsetzen zu müssen. Was sagen Sie einem jungen Menschen, warum er dennoch zur Bundeswehr kommen soll?

Von Butler: Ich sage ihm: Du kannst zu uns kommen, weil du darauf vertrauen kannst, dass wir dich gut ausbilden, dass du in einer Gefechtssituation die höhere Überlebenschance hast. Wenn wir eine einsatzbereite, starke Armee im Bündnis mit anderen haben, dann wird uns keiner angreifen können. Falls es dennoch notwendig ist, dann bist du bereit, dich dafür einzusetzen, dass andere Menschen, deine Freunde, deine Familie weiter in Frieden und Freiheit leben können, sonst ständen sie schutzlos da. Dafür setzt du im Zweifel auch dein Leben ein – aber das wird nicht leichtfertig geschehen. Sei stolz darauf, dass Du bereit bist, in einer wertebasierten Bundeswehr zu dienen und Werte zu verteidigen.

10. Panzerdivision und Tag der Bundeswehr

Gemeinsam mit der 1. Panzerdivision ist die 10. Panzerdivision einer der beiden mechanisierten Großverbände des Heeres. Die Einheiten und Verbände der 10. Panzerdivision sind im Süden Deutschlands stationiert, der Stab der 10. Panzerdivision in Veitshöchheim. Dort dienen 300 Soldatinnen und Soldaten. Insgesamt gehören 29 Verbände an mehreren Standorten zur Division.
Am Samstag, 17. Juni, findet am Standort in Veitshöchheim der "Tag der Bundeswehr" statt. Einen Tag lang präsentiert sich die Truppe von 8.30 Uhr bis 18 Uhr in der Kaserne und auf dem benachbarten Standortübungsplatz auf dem Würzburger Schenkenfeld. Zum Programm gehören u.a. dynamische Gefechtsvorführungen u.a. mit dem Kampfpanzer Leopard 2 A7V und dem Schützenpanzer Puma sowie Überflüge eines Transportflugzeugs sowie eines Seefernaufklärers.
Quelle: tsc/Bundeswehr
 
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  • mpmonika
    Ich bin dankbar für jede/n die Dienst in der Bundeswehr tut!
    Nur mit dieser starken Armee in Zusammenarbeit mit allen NATO-Staaten wird Putin es nicht wagen noch weitere europäische Länder anzugreifen.
    Und deshalb muss die Ukraine den Krieg gewinnen - koste es was es wolle!
    Leider….!
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  • Eos123456
    Noch bis mindestens 2030 wird die Bundeswehr international keine große Bedeutung haben. Aufgrund der Kannibalisierung durch Materialabgabe an "Ringtauschpartner" und die Ukraine ist sie für die nächsten Jahre allenfalls noch auf Operettenarmee-Niveau.

    https://www.merkur.de/politik/ausruestungsluecken-bei-bundeswehr-nicht-bis-2030-geschlossen-zr-92186261.html

    Zudem quittieren und verweigern immer mehr Soldaten den Dienst, weil die Mängel in Organisation, Beschaffung und "Betriebsklima" einfach nicht mehr tragbar sind.

    https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-immer-mehr-soldaten-verweigern-den-dienst-a-38a5e165-a2ec-4a34-8bce-01f73ca557b4

    https://rp-online.de/politik/deutschland/bundeswehr-nachwuchsmangel-soldaten-quittieren-den-dienst-so-schrumpft-das-heer_aid-87634793

    Als ich Anfang der 70-er Jahre gleich nach dem Abitur meine 2 Jahre ableistete war das noch eine andere Sache. Härter zwar aber eben auch funktionierend.
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  • office@reichelt-schoelch.de
    Verständlich Sehr interessanter Artikel, der, wenn auch vielleicht etwas einseitig, zu positiv-optimistisch, so mancher Träumer von „Frieden durch aktives Nichtstun außer viel medialem Getöse und bitte kostenlos für uns“ zweimal lesen sollte. In der Hoffnung, dass er nicht nur lesen, sondern auch verstehen kann. Es scheint seit längerem klar durch, dass guter Wille der Europäer nichts bewirken wird, da sitzt ein psychisch völlig anders gepolter Mann mit ebenfalls anders fokussiertem Umfeld auf der anderen Seite, dem man mit Vernunft und Logik nicht beikommt.
    Wir sind leider nicht bei Wünsch dir was! Bitter, aber Nichtstun könnte und würde bei dieser Lage wahrscheinlich dramatisch mehr kosten, vor allem zusätzlich Leben. Der Bundeswehr alles Gute und viel Erfolg und den verantwortlichen politischen Geldgebern einen kühlen Kopf, diplomatisches Geschick, Tatkraft, Mut und Durchsetzungsvermögen.
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  • martin-dobat@t-online.de
    Die Bibel beschäftigt sich in über 400 Versen mit den Begriffen Kreig und Feinde.
    Hier haben wir eine Quelle, die uns göttliche Lösungen aufzeigt - leider interessiert das einen großteil der Menschen nicht mehr - ändert jedoch nichts an ihrem Wahrheitsgehalt.
    Lieber Gruß, Marten Dobat
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  • mpmonika
    Ich bin dankbar für jede/n die Dienst in der Bundeswehr tut!
    Nur mit dieser starken Armee in Zusammenarbeit mit allen NATO-Staaten wird Putin es nicht wagen noch weitere europäische Länder anzugreifen.
    Und deshalb muss die Ukraine den Krieg gewinnen - koste es was es wolle!
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  • bacigalupo
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Braun_Matthias@hotmail.com
    Putin als alleinigen Kriegstreiber intetessiert das alles nicht. Schon 2014 beim Überfall auf die Krim hat ihm das nicht interessiert. Er denkt nur an seine Großmachtfantasien. Das gab es schon einmal vor 90 Jahren.
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  • Arcus
    Auch die Lage in Russland, mit den vielen schwer bewaffneten Privatarmeen, ist deutlich komplizierter. Vermutlich werden wer bald froh sein, wenn wir in Russland noch einen Ansprechpartner haben, der noch eine Autorität hat. Heißt, es kann noch alles schlimmer werden.
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