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Pabrade/Veitshöchheim
Veitshöchheimer Bundeswehr-General bei Großübung in Litauen: "Mit uns kann man abschrecken, weil wir etwas können"
In Litauen übte die 10. Panzerdivision die Verteidigung der Nato-Ostflanke. Kommandeur Ruprecht von Butler erklärt vor Ort, wie groß die Gefahr eines Angriffs ist.
Generalmajor Ruprecht von Butler, Kommandeur der 10. Panzerdivision der Bundeswehr, kurz vor Abschluss der Übung 'Quadriga 24' auf dem Truppenübungsplatz in Pabrade in Litauen.
Foto: Torsten Schleicher | Generalmajor Ruprecht von Butler, Kommandeur der 10. Panzerdivision der Bundeswehr, kurz vor Abschluss der Übung "Quadriga 24" auf dem Truppenübungsplatz in Pabrade in Litauen.
Torsten Schleicher
 |  aktualisiert: 15.07.2024 21:55 Uhr

Es war das größte Nato-Manöver seit dem Ende des Kalten Krieges. Bei der Übung "Steadfast Defender" ("Standhafter Verteidiger") ging es von Januar bis Ende Mai 2024 um den Bündnisfall: Verteidigung gegen einen Angriff aus Russland auf alliiertes Territorium. Die Bundeswehr übte bei dem Manöver die Vereidigung der Nato-Ostflanke in Litauen. Federführend: die  10. Panzerdivision mit Stabssitz in Veitshöchheim (Lkr. Würzburg).

Bei einer großen Abschluss-Gefechtsvorführung auf dem litauischen Truppenübungsplatz Pabrade, nur 10 Kilometer von der weißrussischen Grenze entfernt, sprach Divisionskommandeur Generalmajor Ruprecht von Butler vor Ort über reale Bedrohungen, gesammelte Erfahrungen - und die Botschaft, die von der Übung ausgeht.

Frage: Herr Generalmajor, schon 2021 wiesen Sie auf die Bedrohung hin, die man in Litauen vor einer russischen Aggression empfindet. Inzwischen wird in der Ukraine gekämpft. Welche Gedanken bewegen Sie hier in Litauen vor dem Hintergrund der veränderten Lage?

Ruprecht von Butler: Mich bewegt die Entwicklung sehr. Als wir 2021 zur Übung "Schneller Degen" hier in Litauen waren, stellte die Situation, in der wir uns heute befinden, nur eine theoretische Annahme dar. Aber auch damals haben uns die Menschen in Litauen sehr deutlich gesagt: Wir fühlen uns hier an der Ostflanke der Nato bedroht. Litauen war Teil der ehemaligen Sowjetunion und sieht sich deswegen Machtansprüchen gegenüber. Dieses Land ist mehrfach von Russland besetzt worden und hat sich immer dagegen gewehrt. Insofern ist die Nato für Litauen die Lebensversicherung, das spüren Sie hier bei allen Menschen. Sie finden hier kaum eine Familie, die nicht irgendwie von der Zeit der russischen Besetzung betroffen war. Hier sagen die Menschen: Das darf nie wieder passieren! Auch deshalb weht auf dem Palast des litauischen Präsidenten neben der Staatsflagge und der Europafahne auch die Fahne der Nato. Das ist das klare Zeichen: Wir gehören zu einem Bündnis, das unsere Freiheit garantiert.

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Ist die angelaufene Stationierung von 5000 Bundeswehrsoldaten in Litauen für ausreichend?

von Butler: 5000 Soldatinnen und Soldaten sind es ja nicht alleine, die die Ostflanke der NATO verteidigen, sondern es ist das gesamte Bündnis entlang der gesamten Ostflanke. Diese Kräfte müssen aber bei einem Angriff zum großen Teil erst herangeführt werden. Mit der Vorstationierung von 5000 in Litauen macht Deutschland schon einmal deutlich, wir meinen das ernst und die ersten 5000 sind schon da im Baltikum. Denn was ist das kritische Szenario, das Putin verfolgt? Es besteht darin, Länder zu isolieren. Er will einzelne Brocken aus dem Bündnis herausbrechen, erst recht in der geostrategischen Lage des Baltikums. Das bewegt die Litauer sehr.

Ein Kampfpanzer der Bundeswehr vom Typ Leopard 2 feuert auf dem Truppenübungsplatz Pabrade in Litauen, rechts ein Schützenpanzer Puma. 
Foto: Torsten Schleicher | Ein Kampfpanzer der Bundeswehr vom Typ Leopard 2 feuert auf dem Truppenübungsplatz Pabrade in Litauen, rechts ein Schützenpanzer Puma. 
Halten Sie einen Angriff Russlands auf Litauen oder die anderen baltischen Staaten für realistisch?

von Butler: Dieses Szenario ist mit den entsetzlichen Bildern aus dem Ukrainekrieg realistisch geworden. Schauen Sie auf die Hauptstadt Vilnius mit ihren 540.000 Einwohnern. Wir wissen, dass die Russen rücksichtslos auch in Städte schießen. Vilnius könnten die Russen mit einfacher Rohrartillerie aus Weißrussland heraus beschießen, dazu müssten sie ihren Fuß nicht einen einzigen Quadratmeter über die Grenze setzen.

Wie realistisch war das Übungsgefecht hier auf dem Truppenübungsplatz Pabrade?

von Butler: So realistisch wie eine Gefechtsdarstellung stattfinden kann. Der einzige Unterschied ist die gegnerische Waffenwirkung, denn auch der Feind wird seine Waffen einsetzen. In einem solchen Krieg würde es zudem Verwundete und Gefallene geben. In unserer Ausbildung kann man sehr viel Realität abbilden, aber es gibt eben auch Grenzen.

Fotoserie
Großübungen dienen immer auch dazu, neue Technik zu erproben und Erfahrungen zu sammeln. Wie war das hier?

von Butler: Allein aufgrund der Multinationalität und unterschiedlicher Spezialisierungen einzelner Nationen war die Übung "Quadriga 24" sehr wichtig. So arbeiten die Niederländer zum Beispiel mit bodengebundenen, robotergesteuerten Systemen, die auch bewaffnet sind. Ob das die Fähigkeiten für einen Krieg in Zukunft sind, ist eine andere Frage. Allerdings blicken wir auch sehr aufmerksam auf den Krieg in der Ukraine. Wir beobachten, wie Russland kämpft und auch welche Mittel, zum Beispiel Drohnen, eingesetzt werden. Besonders erschreckend sind für mich die Brutalität, das Unter-Feuer-Nehmen von Zivilisten, aber auch die Art und Weise, wie man zum Teil unter Missachtung des Völkerrechts Krieg führt. Deshalb ist es jetzt wichtig, unsere Soldatinnen und Soldaten vorzubereiten und unsere Fähigkeiten entsprechend zu prüfen und anzupassen.

Am Ende der Übungsserie 'Quadriga 2024': (v.li.) Litauens Verteidigungsminister Laurynas Kasčiūnas links) Bundeswehr-Generalinspekteur Carsten Breuer, Litauens Armeechef Valdemaras Rupšys, Kommandeur Ruprecht von Butler sowie weitere Führungskräften der 10. Panzerdivision auf dem Truppenübungsplatz Pabrade.
Foto: Torsten Schleicher | Am Ende der Übungsserie "Quadriga 2024": (v.li.) Litauens Verteidigungsminister Laurynas Kasčiūnas links) Bundeswehr-Generalinspekteur Carsten Breuer, Litauens Armeechef Valdemaras Rupšys, Kommandeur Ruprecht von ...
Worum konkret ging es der 10. Panzerdivision bei Quadriga?

von Butler: Die 10. Panzerdivision hat ja den besonderen Auftrag, als "Division 25" inklusive weiterer Verstärkung mit bis zu 30.000 Soldatinnen und Soldaten für die Verteidigung der Nato-Ostflanke zur Verfügung zu stehen. Das bedeutet, dass wir die Fähigkeiten haben, rückwärtige Räume zu schützen sowie den unmittelbaren Kampf und den Kampf in der Tiefe zu führen. Bei der Übung "Quadriga 24" haben wir die Verlegung von rund 2500 Soldatinnen und Soldaten aus allen vier Brigaden geübt, entscheidend war die Entfernung von 2000 Kilometern bis nach Litauen. Dafür haben wir alle Möglichkeiten genutzt, um unsere Verfahren und Prozesse zu erproben: Wir sind über See und mit der Bahn gekommen, wir sind auf dem Landweg marschiert. Und ich kann sagen, diese strategische Verlegung hat hervorragend funktioniert. Ich habe mich von der Leistungsfähigkeit der Division überzeugen können. Das ist der wichtigste Punkt: Wir können das.

Wie schätzen Sie die Kampffähigkeit der Truppe ein?

von Butler: Also ich schaue da besonders auf die "Division 25", also das Ziel, bis 2025 wieder eine voll einsatzbereite Division zu haben. Sicherlich haben wir noch keine 100 Prozent erreicht, aber wir gehen los, wenn wir gefordert sind, und zwar mit dem, was wir haben. Zudem wird die Fähigkeit der Flugabwehr aktuell wiederaufgebaut, aus meiner Sicht sehr wichtig. Grundsätzlich aber ist das Allerwichtigste unser gutes Personal. Was die Männer und Frauen hier geleistet haben, was sie können, das ist tief beeindruckend. Das beste Material nützt uns nämlich nichts, wenn wir nicht dieses tolle Personal hätten.

Welche Botschaft geht aus Ihrer Sicht von "Quadriga 2024" aus?

von Butler: Die Übung hatte ein strategisches Ziel. Wir waren hier bewusst laut, wir wollten uns zeigen, damit ein möglicher Aggressor weiß: Hier ist eine einsatzfähige Truppe, hier wird Schulter an Schulter multinational gekämpft – Litauer neben Franzosen, neben Niederländern und neben Deutschen. Für mich lautet die klare Botschaft: Mit uns kann man abschrecken, weil wir etwas können.

 
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  • Erich Spiegel
    "Mit uns kann man abschrecken". Das glaubt der General doch selbst nicht. Die Bundeswehr hat Munition für max. zwei Tage. Das konnte man in (seriösen) Zeitungen lesen. Der Geralinspekteur der Bundeswehr gab zu, dass die Bundeswehr "blank" ist. Ohne die USA ist Deutschland hilflos. Ob uns die USA zukünftig noch beschützen ist fragwürdig. Die amerikanische Bevölkerung hat keine Lust mehr laut Umfragen für Deutschland den Kopf hin zuhalten. "America first" lautet die Devise. Notwendig wäre es, dass die Bundeswehr massiv verstärkt wird auch wenn dafür Sozialleistungen stark gekürzt werden müssen. Freiheit und Demokratie gibt es nicht zum Nulltarif. Diktaturen machen mit Demokratien kurzen Prozeß, wenn sie können (siehe Hong Kong). Die ungeschminkte, bittere Wahrheit wäre bessser als irgendwann im Krieg aufzuwachen. Nur damit macht man sich keine Freunde. Deswegen werden Beruhigungspillen verteilt.
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  • Johannes Metzger
    Wenn wir dem russischen Expansionsdrang Einhalt gebieten wollen, müssen wir zunächst die Ukraine mit allen Kräften unterstützen. (Ukraine First Bundeswehr second.)Das geht freilich nur, wenn wir auch die notwendigen finanziellen Mittel dafür bereitstellen. Mit der jetzigen Schuldenbremse wird das nicht gelingen. Ich bin immer wieder erstaunt, wenn Abgeordnete von CSU/CDU und FDP größere Anstrengungen fordern, aber nicht bereit sind, dafür auch Geld zur Verfügung zu stellen.
    Wenn CSU / CDU und FDP von einer Priorisierung im Haushalt sprechen, meinen sie massive Kürzung in d Sozialhaushalten. Um aber ohne Steuererhöhungen und reformieren der Schuldenbremse die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen (mehr als 40mrd/anno alleine für die Bundeswehr; Unterstützung Ukraine auch 2stelliger Mrd.Betrag/anno ) müsste auch beim größten Posten im Bundeshaushalt, den Rentenzuschüssen massiv gespart werden. Heißt Rentenkürzung
    Das sollte jeder wissen, der jetzt am WE das EU Parlament wählt.
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  • Manfred Englert
    Ich würde einen Soli einführen, gestaffelt nach Einkommen.
    Schuldenmachern wie Grün/Rot/Links muß auf jeden Fall die kalte Schulter gezeigt werden, ebenso wie so manchem Kommentator
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  • Johannes Metzger
    Sonderschulden in 3 stelliger Milliardenhöhe, wie sie CSU/CDU bereits zugestimmt haben, sind sicher nicht die Lösung. Da haben Sie Recht. Der CDU Abgeordnete Roderich Kiesewetter fordert sogar ein weiteres Sonderschuldenpaket von 300Mrd. plus zusätzlichen 40 mrd. /anno für die BW. Wie er letzteres finanzieren will, darüber schweigt er sich aus. Bevor wir aber eine weiteren Soli (dem ich offen gegenüberstehe) sollten wir die leistungslosen Einkommen zur Finanzierung heranziehen. Erbschaften etc. müssen endlich ihren Beitrag leisten. Denn letztlich wird ja nicht nur die Bundesrepublik als Staat, sondern auch die dort vorhandenen leistungslosen Billiardenvermögen verteidigt.
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  • Jürgen Huller
    Von was glauben Sie, würde eine von der Union geforderte Wehrpflicht bezahlt werden, mit allem, was dazu gehört? Ausrüstung, Kasernen, ...

    Der bayerische Außenminister Söder wollte sogar vor gar nicht langer Zeit Flugzeugträger für Deutschland.

    Von welchem Vermögen möchte denn die Union das alles bezahlen?

    Von ihrem eigenen Un-Vermögen?

    Na dann mal raus mit der kalten Schulter.
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  • Erich Spiegel
    Jürgen Huller, bezahlen muss es wie immer die Bevölkerung. Trotzdem braucht Deutschland eine Kriegstüchtige Bundeswehr auch wenn bei Sozialleitungen gekürzt werden muss. Wer schwach ist wird angegriffen. Jeder, der im Geschichtsunterricht aufgepasst hat weiss das. Die Bundeswehr muss so stark sein, dass niemand angreift. Am besten Atomwaffen. Hätte die Ukraine nicht den Fehler gemacht ihre Atomwaffen freiwillig abzugeben, hätte sie heute Frieden.
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  • Hans Schwinger
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  • Jutta Nöther
    Sie wollen mit der Bahn kommen?!?!
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  • Stefan Wolz
    Na dann, los geht's Attacke!!!
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  • Fabian König
    Was soll das? Kein Mensch in der NATO will einen Krieg mit Russland. Aber wenn Russland ihn will, muss man ihnen die Zähne zeigen und ihnen auch mal klarmachen, wo der Barthel den Most holt. Eben damit Putin gar nicht erst in Versuchung kommt. Hitler konnte am Ende auch nur auf dem Schlachtfeld besiegt werden. Sowohl damals als auch heute ist das, was wir in der Ukraine sehen, nichts anderes als ein Eroberungsfeldzug. Das muss uns klar sein.
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  • Norbert Meyer
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