
"Lärmbelästigungen, ältere Menschen meiden die Mainwiesen zum Spazierengehen da zu laut und zu überfüllt, Grünflächen nicht mehr vorhanden...", die Beschwerdeliste von mehreren Sanderauer Anwohnerinnen und Anwohnern ist lang. Mehrmals schon hat diese Redaktion über die Zustände am Mainufer im südlichen Stadtgebiet berichtet. Die Gründe: Partys, laute Musik, Müll, Geschrei und vollurinierte Hauswände. Anwohnerinnen und Anwohner gründeten die Interessensgemeinschaft Äußere Sanderau, sie fühlen sich im Stich gelassen und wenden sich erneut an die Redaktion.
Ortstermin auf einem Grünstreifen im Viertel. Mehrere Anwohnerinnen und Anwohner sind gekommen, um ihren Unmut über die "noch immer anhaltende, kaum aushaltbare Situation" zu äußern. Karin Knorr ist Teil der Interessensgemeinschaft, alle weiteren Mitglieder möchten namentlich nicht genannt werden - aus Angst, dass jemand "mit bösen Gedanken" den Namen am Klingelschild lesen könne. Knorr zeigt ein Protokoll, das aufführt, wann es Lärmbelästigungen gibt und wie oft die Polizei gerufen werden muss.
"Durch das Nachtleben-Konzept ist die Situation zwar ein bisschen besser geworden, trotzdem können viele noch immer nachts nicht schlafen", sagt Knorr.
Nachtleben-Konzept soll Situation verbessern
Dabei hat die Stadt schon viel unternommen, um die Situation am Mainufer für alle zu verbessern. Zum Hintergrund: Unter dem Namen "Nachtleben in Würzburg - sicherer und konfliktfreier machen!" hat sie ein Konzept entwickelt, um Lärm und Müll an den sogenannten Party-Hotspots in Würzburg entgegen zu wirken. Im August vor einem Jahr startete das Projekt. Das Konzept beinhaltete präventive Abstimmungs- und Gesprächsrunden, ein Allparteiliches Konfliktmanagement durch ein "Miteinander-Team", Planungs- und Gestaltungsfragen und neue, verbindliche Regeln, die auch durchgesetzt und bei Störungen mit Verwarngeldern belegt werden. So gibt es beispielsweise am Sanderauer Mainufer ein Musikanlagenverbot ab 22 Uhr.

Ab dem Grillplatz unterhalb der Minigolfanlage entlang des Ufers in südliche Richtung Feggrube und Sportzentrum der Turngemeinde Würzburg sind dafür die sogenannten Stadtterrassen entstanden. Mit neuen Möbeln, mehr Mülleimern und temporären, beleuchteten Toiletten will die Stadt hier Anreize schaffen, um die Feiernden im Sommer von den großen Wohnhäusern weg in Richtung Feggrube zu verlagern.
Positiv: Viele Menschen nutzen auch die Stadtterrassen
Kontrollieren sollen das unter anderem die Nacht-Mediatoren des "Miteinander-Teams", die freitags und samstags situationsabhängig an den Mainwiesen und in der Sanderstraße unterwegs sind, um die Regeln zu erklären und bei kritischen Situationen konfliktlösend zu sensibilisieren. "Wir haben da eine Besserung festgestellt", erklärt ein Anwohner, dessen Frau mal mehrere Nächte nicht schlafen konnte und "fix und fertig" arbeiten gehen musste. "Doch das Hauptproblem findet jetzt Sonntag bis Donnerstag statt", sagt er. "Sobald das Wetter gut ist, stürmen die Leute ans Mainufer."
Dass viele Menschen zwar auch die Stadtterrassen nutzen, die die Stadt extra für diesen Zweck angelegt hat, beobachtet eine weitere Anwohnerin. "Trotzdem bleiben genug Menschen zum Feiern im Wohnviertel", ärgert sie sich. Laut Interessensgemeinschaft Sanderau werde im Viertel "zu wenig kontrolliert und sanktioniert", sind sich alle Mitglieder einig.
Auch die Polizei weiß um die positive Wirkung der Mediatoren
Die Polizeiinspektion Würzburg-Stadt habe im Zeitraum vom 1. Juni bis 16. August dieses Jahres zehn Einsätze aufgrund von Ruhestörungen im Bereich Mainufer Sanderau angefahren, erklärt Martin Meilhammer, Pressesprecher der Polizeiinspektion Würzburg-Stadt, auf Anfrage.
"Es wird wie im Vorjahr immer noch gerne und viel an den Mainufern gefeiert", bestätigt er. "Der Einsatz von Nachtmediatoren trug jedoch in diesem Jahr dazu bei, die Feiernden aufzuklären. Die persönliche Ansprache durch diese oder durch Polizeibeamte führte in der Regel zu Verständnis und Einhaltung der Regeln." Dennoch komme es leider weiterhin zu Ruhestörungen aus dem Bereich.
Konfliktmanagerin kann als Anwohnerin keine verstärkten Lärmbelästigungen bestätigen
"Im Vorfeld zum Start unseres Projekts wurden ausführliche Beobachtungen durchgeführt, anhand derer entschieden wurde, wann unsere Nachtmediatoren mit Blick auf das vorhandene Budget am sinnvollsten eingesetzt werden. Die Beschwerdelast, also von wo die meisten Beschwerden von Anwohner:innen eingehen, spielte dabei eine zentrale Rolle", erklärt Jenifer Gabel, eine der beiden Konfliktmanager im Projekt "Miteinander leben und feiern". Freitags und samstags sei an den Hotspots am Main und in der Innenstadt die Beschwerdelast am höchsten gewesen.

Jenifer Gabel lebt selbst in der Sanderau direkt am Main und begleitet die Nacht-Mediatorinnen -und Mediatoren regelmäßig auf ihren Einsätzen. Sie könne die verstärkten Lärmbelästigungen von Sonntag bis Donnerstag nicht bestätigen. "Wir haben nicht den Eindruck, dass die Feiernden strategisch planen, wann sie ans Mainufer feiern gehen. Da denkt kaum jemand 'Mittwoch sind keine Mediatoren da, da können wir Party machen'."
Was sie jedoch schon bestätigen kann, ist, dass es einen gewissen Teil an uneinsichtigen Menschen gibt. Gabel spricht von 15 bis 20 Prozent. Doch: "Wir verstehen unsere Arbeit als andauernden Prozess. Wir versuchen, auch diese Menschen zu der Einsicht zu bewegen, dass es uncool ist, wenn ihr Spaß auf Kosten anderer geht. Diesen Bewusstseinswechsel wollen wir hinbekommen."
Ordnungsdienst agiert mehr bei einzelnen Beschwerdelagen
In einer vor Kurzem veröffentlichten Pressemitteilung der Stadt, spricht Uwe Zimmermann, Leiter der Allgemeinen Bürgerdienste, von einer "positiven Bilanz" für das erste Jahr des Nachtleben-Konzepts. So seien an einigen Hotspots die Beschwerdelagen sehr niedrig bis kaum mehr vorhanden.
Dass am Sanderauer Mainufer "noch immer Anwohnerbeschwerden da sind, müssen wir ernst nehmen und wollen wir auch ernst nehmen", erklärt Zimmermann auf Anfrage der Redaktion. In einem wöchentlichen Jour fixe, bestehend aus Polizei, Kommunalen Ordnungsdienst und Miteinanderteam "gehen wir nochmal ganz konkret auf die Situationen und die Beschwerden ein."
Eine Neuigkeit kristallisiere sich derzeit heraus. "Wir gehen mehr und mehr weg vom Gießkannenprinzip und agieren mehr bei einzelnen Beschwerdelagen", so Zimmermann. "Wir wollen nicht mehr aus der Adleraugenebene von oben nach unten auf die Stadt gucken, sondern aus der Froschperspektive auf örtliche Störungen achten."
"Mit unserer Kampagne haben wir schon viel erreicht, doch die Spitzen zu kappen, bleibt eine Herausforderung." Er möchte große Straßenkontrollen umgehen, findet die Herangehensweise zu überproportional und möchte mehr auf Kommunikation setzen. "Trotzdem kann es sein, dass wir durch besondere Aktionen mal den Schwerpunkt an einzelnen Hotspots setzen."
Mensch Leute, lasst doch den Anwohnern ab 22.30 ihre verdiente Nachtruhe. Ihr werdet auch einmal alt und braucht euren Schlaf.