Rund 80 Millionen Behandlungsfälle zählen die bayerischen Arztpraxen pro Jahr – und damit weit über 100 Millionen Termine. Kassenpatienten müssen dabei häufig lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Nicht zuletzt, weil sich der Fachkräftemangel auch in den Praxen längst deutlich bemerkbar macht. Was aber kann man als gesetzlich Versicherter tun, um möglichst schnell einen Termin beim Facharzt zu bekommen? Fünf Tipps von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) und der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland.
1. Gehen Sie zur Erstuntersuchung zum Hausarzt
"Ohne Rücksprache mit dem Hausarzt sollten Patientinnen und Patienten keinen Termin beim Facharzt vereinbaren", sagt Joachim Lentzkow, Hausarzt aus Goldbach und neuer KVB-Vorstandsbeauftragter für Unterfranken. Das Behandlungsspektrum der Hausärzte decke bereits eine Vielzahl an gesundheitlichen Beschwerden ab. Einen Spezialisten aufzusuchen, sei nicht immer notwendig.
Empfiehlt der Hausarzt nach der Erstuntersuchung einen Besuch beim Facharzt, wird er in den meisten Fällen eine Überweisung ausstellen. Patienten können dann damit einen Termin in der Praxis ihrer Wahl vereinbaren.
2. Nutzen Sie die Terminservicestelle der KVB
Wenn Patientinnen und Patienten Schwierigkeiten haben, einen Arzttermin zu bekommen, können sie seit 2020 die Terminservicestelle der KVB nutzen. "Haus- und Fachärzte übermitteln dabei freie Terminzeiten an die Servicestelle", erklärt Marcel Weigand von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland. Diese wiederum vergibt dann Termine an Patientinnen und Patienten, die sich telefonisch unter der 116 117 oder online bei der Servicestelle melden (www.kvb.de/patienten/terminservice).
Für Termine bei Augenärzten, Gynäkologen, Kinder- und Jugendärzten sowie für eine psychotherapeutische Sprechstunde benötigen Patientinnen und Patienten keine Überweisung. In diesen Fällen empfiehlt Weigand, die Smartphone-App oder die Webseite der Terminservicestelle (www.116117-termine.de) zu nutzen, um lange Wartezeiten in der Telefonhotline zu vermeiden.
Bei den anderen Facharztgruppen sei die Terminvermittlung allerdings nur telefonisch möglich. Dafür benötigen Patienten eine dringliche Überweisung von ihrem Hausarzt: Auf dieser ist ein Vermittlungscode vermerkt, mit dem sie sich bei der Servicestelle legitimieren. Die Mitarbeitenden vermitteln dann innerhalb von fünf Werktagen einen Arzttermin. Dieser finde dann zeitnah statt, innerhalb von 35 Tagen nach dem ersten Anruf des Patienten bei der Hotline.
Laut Dr. Birgit Spohn, KVB-Vorstandsbeauftragte für Unterfranken für Fachärzte, erhält die Terminservicestelle monatlich 1200 bis 1300 Anfragen für Termine bei Fachärzten und rund 1700 Terminanfragen für psychotherapeutische Sprechstunden. Dabei seien alle Beteiligten bemüht, gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten eine Lösung zu finden, meint Spohn.
3. Gehen Sie in eine offene Sprechstunde
Wie Marcel Weigand von der Patientenberatung erklärt, sind bestimmte Arztgruppen "grundversorgend" – zum Beispiel Hausärzte oder Orthopäden. Die Kassenärzte sind dann dazu verpflichtet, an mindestens fünf Stunden pro Woche eine offene Sprechstunde anzubieten, zu der Patienten auch ohne Termin kommen können. "Zwar gibt es da eine gewisse Wartezeit", meint Weigand, "aber es ist eine Möglichkeit für akute Fälle."
4. Ziehen Sie Ihre Krankenkasse zu Rate
Auch Krankenkassen können bei der Terminvermittlung unterstützen, sagt Marcel Weigand, zum Beispiel über einen eigenen Terminservice. Darüber hinaus können Patienten bei vielen Kassen eine telefonische Beratung in Anspruch nehmen. Auch dort kann man Antworten auf Fragen zu Symptomen, Diagnosen oder Medikamenten erhalten. Das sei eine gute Möglichkeit für Menschen, die in ländlichen Gegenden mit wenigen Fachärzten wohnten oder die in ihrer Mobilität eingeschränkt seien, meint der Patientenberater.
5. Lassen Sie sich direkt über Ihren Hausarzt einen Termin vermitteln
In sehr dringenden Fällen könne auch der Hausarzt selbst einen Termin bei einem Facharzt vereinbaren, sagt Joachim Lentzkow von der KVB. Ob der gesundheitliche Zustand des Patienten eine solche direkte Vermittlung erfordere, liege jedoch im Ermessen des Hausarztes. Für einen Vermittlungsfall könnten Hausärzte 15 Euro mehr abrechnen, erklärt Marcel Weigand von der Patientenberatung.
Der zum 1. Januar 2023 neu eingeführte Hausarztvermittlungsfall sei "eine große Unterstützung für Patientinnen und Patienten, bei medizinisch akuten Fällen einen zeitnahen Facharzttermin zu bekommen", meint die KVB-Beauftragte Birgit Spohn.
Auch Patientinnen und Patienten, die aufgrund ihrer eingeschränkten Mobilität einen Termin in einer nahegelegenen Praxis benötigen, sollten bei ihrem Hausarzt Unterstützung suchen, empfiehlt Spohn. Hausärzte seien in ihrer Region häufig gut mit anderen Medizinerinnen und Medizinern vernetzt, davon könnten auch die Patienten profitieren. Hingegen seien Hausbesuche von Fachärzten eher schwer umsetzbar, da diese häufig spezielle Untersuchungsgeräte benötigten.
Tipp und Vorschau: Sehen und lesen Sie morgen auf mainpost.de , wo es in der Region viele, wo wenige Arzt-Praxen gibt. In Grafiken zeigen wir dann: "Von Würzburg bis in die Rhön: So verteilen sich Haus- und Fachärzte über Unterfranken".