
90 Stolpersteine hätte es gebraucht, um an die Opfer der Shoa zu erinnern, die vor ihrer Deportation zwangsweise in der ehemaligen Israelitischen Lehrerbildungsanstalt (ILBA) in der Bibrastraße 6 untergebracht waren. "So viele Stolpersteine kann man nirgendwo verlegen", sagt Elke Wagner vom Arbeitskreis Stolpersteine. Deswegen wurde auf ihre Initiative im heutigen Festsaal-Gebäude der Erlöserschwestern ein eigener Erinnerungsort an die Opfer und an die ILBA geschaffen, der am kommenden Montag in Anwesenheit prominenter Gäste offiziell eingeweiht wird.
Dabei geht es nicht nur um das Gedenken an die Opfer des NS-Regimes: "Es kam der Gedanke dazu, an diesen Ort als bedeutendes Lehrerseminar zu erinnern, das durchaus europaweit Einfluss hatte", so Elke Wagner. Die Israelitische Lehrerbildungsanstalt war bereits 1864 vom Würzburger Rabbiner Seligmann Bär Bamberger gegründet worden. Schule und Internat zogen 20 Jahre später aus der Kettengasse in die größeren Räume in die Bibrastraße um. Die ILBA erhielt einen Musikraum, eine Turnhalle und ab 1927 sogar eine eigene Synagoge.
Ab 1939 war das Gebäude ein Sammellager
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde die ILBA bei den Novemberpogromen 1938 geplündert und aufgelöst. Ab 1939 diente das Gebäude als Sammellager für Jüdinnen und Juden, denen man ihre Wohnungen weggenommen hatte. Die letzten Bewohnerinnen und Bewohner der Bibrastraße 6 wurden am 17. Juni 1943 nach Theresienstadt und Auschwitz deportiert, darunter mit Johanna Stahl und Iwan Schwab auch die letzten Repräsentanten der jüdischen Gemeinde.
"Hier war, natürlich unfreiwillig, der letzte Sitz der jüdischen Gemeindeverwaltung", erläutert Ricardo Altieri, Leiter des Johanna-Stahl-Zentrums, das an der Konzeption des Erinnerungsorts beteiligt war. Am 16. März 1945 wurde das Gebäude in der Bibrastraße 6 bis auf den Torbogen komplett zerstört, 1954 erwarb die Kongregation der Schwestern des Erlösers das Grundstück von der Internationalen Jüdischen Wiedergutmachungsbehörde und erweiterte damit ihr Areal.

Wie der Würzburger Historiker Roland Flade herausgefunden hat, gab es immer eine gute Verbindung zwischen den Erlöserschwestern und ihren jüdischen Nachbarinnen und Nachbarn. Während der Nazi-Herrschaft halfen die Schwestern ihnen heimlich auf vielfältige Art und Weise und brachten sich damit selbst in Gefahr.
Passender Ort zur Erinnerung an die Vergangenheit
Heute befindet sich in der Bibrastraße 6 der Festsaal der Erlöserschwestern. "Die Schwestern haben wieder geistliches Leben in diese Räume gebracht", sagt Elke Wagner. Vier große Erinnerungs- und Informationstafeln werden im Erdgeschoss direkt hinter dem Eingangstor angebracht, an der Wand gegenüber wird eine fünfte Tafel über die heutige Nutzung des Gebäudes berichten.
Die Erlöserschwestern waren sofort einverstanden: "Hier war ein geistlicher Ort und ein Bildungsort. Auch in unserem Festsaal geht es um Bildung und Kultur", betont Generaloberin Sr. Monika Edinger: "Es ist ein passender Ort, um an die Vergangenheit zu erinnern, aber auch um heute Leben und Kultur weiter zu prägen."

Links neben dem Torbogen erinnert an der Außenwand des Gebäudes seit langem eine Tafel an Rabbiner Seligmann Bär Bamberger. Da die Türen zum Gebäude nicht immer offen stehen, wird außen auch ein QR-Code angebracht, der mit dem Smartphone direkt zu den Informationen der Gedenktafeln führt. Außerdem ist in dem Gebäude seit Anfang des Jahres die Geschäftsstelle der 104. Deutschen Katholikentags untergebracht, die bis Mitte des kommenden Jahres für viel Publikumsverkehr am neuen Gedenkort sorgen wird.
heißt Sr. Monika Edinger.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
danke für den Hinweis auf das Datum - wir haben den Fehler inzwischen korrigiert.
Mit freundlichen Grüßen,
Patrick Wötzel