Die Mehrheit des Ochsenfurter Stadtrats hat sich in einem Ratsbegehren für eine Bebauung am Oberen Dümmersberg ausgesprochen. Eine Bürgerinitiative ist dagegen. Am 24. Juli kommt es zur Entscheidung. Im Interview tauschen Bürgermeister Peter Juks und BI-Sprecher Werner Binnen ihre Argumente aus - ein Streitgespräch.
Peter Juks: Erst mal muss ich sagen, dass ich mich für eine Lösung eingesetzt habe, die seit 20 Jahren im Flächennutzungsplan der Stadt festgehalten ist. Ich habe das Thema 2015 aufgegriffen, weil es meiner Ansicht nach die städtebauliche Entwicklung in den nächsten 25 bis 35 Jahren voranbringen würde. Wir haben gewisse Probleme, die man damit beheben würde, sei es der Wegzug junger Familien, die drohende Überalterung oder der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Es ist erschreckend, wie viele Leute bei mir aufschlagen, weil sie eine bezahlbare Wohnung brauchen. Die BI möchte kein Wohnen auf dem Dümmersberg, was für die Stadt Ochsenfurt einen Stillstand bedeuten würde. Ich war offen für eine Kompromisslösung, wie sie jetzt mit dem Ratsbegehren gefunden wurde, aber dass ich ein wenig enttäuscht bin, lässt sich nicht abstreiten.
Werner Binnen: Wir haben auch einen Dreiklang. Wir sind nicht gegen Wohnen, ganz im Gegenteil, aber wir wollen eine intensivere Innenentwicklung. Wir wollen keine Donut-Gemeinde werden, die in der Mitte immer mehr ausdünnt, weil drum herum neue Siedlungen entstehen. Wir wollen, dass keine weiteren Naturräume versiegelt werden und wir wollen nicht noch mehr Ackerland verlieren. Die Projektierung auf 25 Jahre ist ein irrer Zeitraum. Wir merken doch, dass wir gerade in einer Zeitenwende sind, nicht nur sicherheitspolitisch, sondern auch energie- und wohnungsbaupolitisch. Wir dürfen nicht weiterhin immer neue Siedlungen ausweisen, sondern müssen mit der Substanz, die wir haben, anders umgehen.
Binnen: Wir haben im Stadtgebiet 27 Hektar Baulücken und Leerstand, hinzu kommen 23 Hektar Leerstandserwartung, weil die Bewohner schon sehr alt sind. Deshalb muss ein Leerstandsmanager her, der die Leute kennt und sie ansprechen kann. Das hat auch in anderen Gemeinden schon funktioniert. Außerdem werden aktuell in den Ortsteilen Baugebiete im Umfang von 12,6 Hektar geplant, um den Baulandbedarf zu decken.
Juks: Ich sage ja nicht, dass Leerstandsmanagement nichts bringt. Aber es ist doch völlig unrealistisch, dass wir damit die Baulandnachfrage decken können. Die Stadt Ochsenfurt hat, solange ich Verantwortung habe und auch in den Generationen zuvor, immer versucht - sei es bei der Städtebauförderung, bei der Dorferneuerung oder in den Gemeindeentwicklungskonzepten - diese Innenentwicklung voranzutreiben, Leerstände zu beheben und Baulücken zu nutzen. Es ist ein Irrglaube, dass man mit Leerstandsmanagement alle diese Flächen bekommt. Deshalb ist es eine ehrliche und zukunftsorientierte Marschrichtung, die Gratwanderung zu gehen zwischen Innenentwicklung und Baulandentwicklung. Das kann man nicht gegeneinander ausspielen, das gehört zusammen, und das macht die Stadt Ochsenfurt seit 25 Jahren. Bestes Beispiel ist Hopferstadt, da haben wir Bauplätze ausgewiesen und trotzdem alle Höfe im Altort voll gekriegt.
Binnen: Sogar die Regierung von Unterfranken leistet sich zwei Leerstandsmanagerinnen. Das Amt für ländliche Entwicklung priorisiert klar die Innenentwicklung. Die Stadt Ochsenfurt hat ihre Verantwortung für Leerstandsmanagement an die kommunale Allianz Fränkischer Süden abgegeben. Allein rechts des Mains haben wir über 100 Baulücken.
Juks: Alles privat.
Binnen: Viele Grundstücke gehören Landwirten. Warum bietet man ihnen keine Ackerflächen zum Tausch an? Andere Gemeinden schaffen das doch auch.
Juks: Weil wir die Flächen gar nicht haben.
Juks: Gehen Sie rauf zum Forst und schauen Sie zum Dümmersberg rüber. Das Baugebiet betrifft nur die intensiv genutzten Ackerflächen. Da steht kein Baum. Trotzdem ist das natürlich ein Thema. Auch die Ackerflächen sind wichtig. Deshalb muss genau zwischen den Interessen abgewogen werden. Und für mich ist die Abwägung zugunsten der städtebaulichen Entwicklung ausgefallen. Was die Eingriffe in die Ökologie angeht, da sind die gesetzlichen Auflagen, etwa hinsichtlich von Ausgleichsflächen, bereits sehr streng. Durch weitere Festsetzungen im Bebauungsplan können wird das Baugebiet sogar zusätzlich ökologisch aufwerten.
Binnen: Auch Ackerflächen sind ökologisch wertvoll. Für die Feldlerche und das Rebhuhn etwa, und das Wild, das solche Flächen zum Wechseln braucht. Bei Starkregen wirkt der Dümmersberg wie ein Schwamm, der Wasser aufnimmt und so die Altstadt schützt. Wir leben hier in einem Hotspot des Klimawandels, allein deshalb verbietet sich eine weitere Versiegelung. Und ich bezweifle, dass Ausgleichsflächen wirklich eine Aufwertung bringen. Bisher gibt es dafür nicht mal ein Kataster, das ist also gar nicht überprüfbar.
Juks: Eben nicht. Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir eine durchmischte Bebauung wollen. Mit Geschosswohnungsbau und bezahlbaren Wohnungen durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft, begrünten Innenhöfen, Doppelhaushälften, barrierefreien Wohnungen und eben auch mit Einfamilienhäusern an den Rändern. Das darf man sich aber nicht vorstellen wie früher, dass auf einem 1000 Quadratmeter großen Grundstück ein kleines Haus steht. Die heutigen Wohnformen sind wesentlich kompakter, flächensparender. Und es ist ganz klar, dass es keine Trabantenstadt werden soll, sondern, soweit es rechtlich möglich ist, an der Hangkante und mit fußläufiger Verbindung zur Altstadt gebaut werden soll. Auch die eingangs erwähnten 550 Bauplätze sind falsch. Es war immer nur von 1200 bis 1400 Bewohnern die Rede, nicht von der Zahl der Bauplätze.
Binnen: Die fußläufige Anbindung funktioniert nicht, weil die Lehmsteige zu steil ist. Die Leute werden deshalb trotzdem das Auto nehmen.
Juks: Das, was wir ursprünglich auf 17 Hektar in drei oder vier Bauabschnitten umsetzen wollten, ist auch in dem kleineren Maßstab machbar.
Binnen: Wir haben ja mit den Stadträten diskutiert. Es war eine gute und konstruktive Diskussion. Wir haben damals gesagt, wir könnten uns auf sechs Hektar inklusive aller Infrastrukturmaßnahmen einlassen, wenn auch mit großen Bauschmerzen. Das Ratsbegehren geht aber von sechs Hektar Bauland aus. Insgesamt würden 8,5 Hektar verbraucht. Außerdem sind viele Leute auf uns zugekommen, die gesagt haben: Lasst euch bloß nicht auf diesen Kompromiss ein. Wir haben da auch eine Verpflichtung den 1400 Bürgerinnen und Bürgern gegenüber, die für unser Bürgerbegehren unterschrieben haben.
Juks: Ich wünsche mir natürlich, dass das Ratsgehren die Mehrheit bekommt, weil ich es wichtig finde, dass sich die Stadt positiv entwickelt, besonders um Hinblick auf die jüngere Generation. Dass diese Entwicklungschance nicht vertan wird, ist für mich elementar.
Binnen: Ich wünsche mir natürlich, dass das Bürgerbegehren die meisten Stimmen bekommt. Wenn es andersherum ausgeht, dann weiß ich trotzdem, dass die Initiative etwas gebracht hat. Wir haben einen Dialog angestoßen und eine kritische Auseinandersetzung. Der Austausch mit den Bürgern und auch mit den Landwirten, das war sehr positiv. Um diesen Dialog in die Zukunft zu tragen, wäre ein Stadtentwicklungsbeirat mit Bürgern und Vertreten der Stadt, der sich regelmäßig trifft, der richtige Weg.
Versiegelung riesiger Flächen, mehr Kreativität und aktives Handeln zeigt.
Gar nicht verstehen kann ich und kritisieren muss ich des Bgm Ausführung (sinngemäß), wer vom Forst da Neuber guckt sehe ja nur freies Feld. Ist er wirklich bereit, für einen populistischen Effekt bestes Ackerland auf Dauer zu vernichten. Wer will denn heute schon wissen, dass zukünftige Generationen dieses nicht schon bald zur Eigenversorgung brauchen.
Es sollte sich auch bis O' furt herumgesprochen haben, dass wir uns angesichts der Probleme, die vor uns liegen, den Luxus freistehender E- und ZFH nicht mehr leisten können, während die Altorte/-stadte dahinsiechen und veröden und die Alten da draußen ohne Infrastruktur Vereinsnamen.
Gruß Gerhard Meißner, Redakteur