Fast drei Jahre alt ist der Grundsatzbeschluss, mit dem sich der Ochsenfurter Stadtrat mehrheitlich für ein neues Baugebiet auf dem Oberen Dümmersberg für bis zu 1400 Menschen entschied, plus Erweiterung des Gewerbegebietes in Hohestadt und einer neuen Erschließungsstraße, der sogenannten Südspange. Die geplante Entwicklung wird nun in Frage gestellt, und zwar von einer Bürgerinitiative (BI), die ein Bürgerbegehren und damit letztlich einen Bürgerentscheid herbeiführen will. Ihr Vorhaben erläuterten die Sprecher am Montag bei einer Pressekonferenz in einer Scheune auf dem Dümmersberg.
Breite öffentliche Diskussion gewünscht
"Dieses Baugebiet sprengt die natürliche Entwicklung Ochsenfurts und ist unpassend für eine Stadt dieser Größe", sagte Toni Gernert. Gernert war früher Vorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion und ist jetzt gemeinsam mit dem ehemaligen CSU-Stadtrat Manfred Singer einer der BI-Akteure. Im April hätten sich, auf Initiative von Werner Binnen hin, einige Bürger zusammengefunden, die dem Vorhaben ablehnend gegenüberstehen, so Gernert. Es handle sich, betonte er, um überparteiliche Bestrebungen. Es bedürfe über ein Projekt dieser Dimension einer breiten öffentlichen Diskussion.
SPD-Stadtrat Tilo Hemmert ging in seinem kurzen Vortrag der Frage nach, ob zur Deckung des Bedarfs an neuem Wohnraum in Ochsenfurt das geplante Baugebiet überhaupt nötig sei, oder ob in der Kommune an anderer Stelle geeignete Flächen nicht schon zur Verfügung stehen. Das sei der Fall, so sein Resümee. Hemmert hatte für seine Berechnung eine Innenentwicklungsstudie der Allianz Fränkischer Süden aus dem Jahr 2016 herangezogen und war zu dem Ergebnis gekommen, das ein Flächenbedarf von 29 Hektar bestehe. Leerstände, Baulücken und aktuell ausgewiesene kleine Baugebiete zusammen genommen, kämen diese 29 Hektar locker zusammen, so Hemmert.
Solche Flächen gelte es als Wohnraum verfügbar zu machen, meinen die Vertreter der Bürgerinitiative. Schon in den 1980er Jahren habe es erste Diskussionen über ein Baugebiet auf dem Oberen Dümmersberg gegeben, erinnerte Werner Binnen. Doch inzwischen habe sich Vieles verändert. Während damals die natürlichen Ressourcen unendlich und Neubaugebiete als Ausdruck des Wohlstands erschienen seien, habe sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, dass es kein grenzenloses Wachstum geben könne. Mit den Rezepten des letzten Jahrtausends seien die Herausforderungen der Gegenwart nicht zu meistern, so Binnens Schlussfolgerung.
Mit einem Baugebiet auf dem Oberen Dümmersberg gehe zudem wertvolles Ackerland verloren, kritisierte er. Unter anderem deswegen haben sich auch Landwirte der Bürgerinitiative angeschlossen. Wie etwa Joachim Kühne und Christian Geiger aus Hohestadt, beide noch jung und fest entschlossen, trotz der vielen Herausforderungen ihres Berufs die Landwirtschaft in Ochsenfurt verantwortungsvoll weiter zu betreiben. "Immer mehr Leute wollen inzwischen regionale Produkte", sagte Christian Geiger. Deswegen sei er nicht bereit, sein Erbe zu verkaufen. Ein klares Nein zu diesem irrsinnigen Projekt, laute seine Meinung.
Wichtige Versickerungsfläche für das Oberflächenwasser
Für den Erhalt des Oberen Dümmersbergs in seiner jetzigen Form spricht laut Werner Binnen zudem seine Bedeutung als Versickerungsfläche für das Oberflächenwasser. Starkregenereignisse seien durch den Klimawandel immer häufiger zu beobachten. Ein Kanal, der im Stande sei, solche Wassermengen aufzunehmen und abzuleiten, könne gar nicht gebaut werden. Werner Binnen erinnerte auch an die Bedeutung des Areals als Lebensraum etwa für die Feldlerche, für Fasane, Rebhühner oder Eidechsen.
Für die Bürgerinitiative liegt die Lösung der Wohnbau-Problematik daher eindeutig in der Innenentwicklung sowohl der Altstadt wie auch der Stadtteile. Dass das für die Kommunen aus verschiedenen Gründen nicht immer leicht ist, habe auch der Gesetzgeber festgestellt und inzwischen reagiert, sagte Tilo Hemmert. So schaffe etwa das neue Baulandmobilisierungsgesetz erweiterte Möglichkeiten für die Geltendmachung von Vorkaufsrechten für die Kommunen und für den Erlass von Baugeboten.
Die Bügerinitiative will unverzüglich mit dem Sammeln von Unterschriften für das Bürgerbegehren starten. Rund 1000 seien nötig, so Toni Gernert. Am kommenden Samstag wollen die Initiatoren in der Altstadt die Listen bereithalten, auch in der Buchhandlung am Turm und im Kino Casablanca liegen sie aus. Sobald die nötige Anzahl beisammen ist, wovon Toni Gernert zuversichtlich ausgeht, werden die Listen an die Stadt weitergeleitet. Diese muss dann die Voraussetzungen prüfen und einen Bürgerentscheid ansetzen. Spätestens im kommenden Jahr, sagte Gernert, könnten die wahlberechtigten Ochsenfurter Bürger dann über das Projekt abstimmen.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Beitrag war nicht genannt, in welchen politischen Funktionen einzelne Mitglieder der BI tätig sind oder waren. Wir haben dies entsprechend ergänzt.
die altstadt "vergammelt" zusehens, hier herscht dringend handlungsbedarf, um das wohnen auch für junge familien attraktiver zu machen und anreize zu schaffen.
was ist mit dem bärenhaus? warum hat man das feuerwehrhaus und dessen umfeld nicht selbst in die hand genommen, jetzt wo für die große rathauslösung gestimmt wurde, könnte man doch einmal im jetzigen bauamt/hauptstraße 39 schönen bezahlbaren wohnraum schaffen. die stadtnahen flächen um das ärztehaus/ehemalige malzfabrik/ fabrikstraße wären doch ideal um stadtnah wohnbauflächen mit konzept zu entwickeln.
konzept, das ist wohl das, was in ochsenfurt fehlt, leider ist erst wieder 2026 komunalwahl!
die innenstadt "vergammelt" zusehens, für eine gesunde innenstadtentwicklung mit anreizen zur sanierung wären die mittel viel besser angelegt. was ist mit dem bärenhaus ? warum hat man das alte feuerwehrhaus und deren umfeld nicht selbst entwickelt? wären die flächen um das ärztehaus/malzfabrik/fabrikstraße nicht sinnvoller für junge familien zu entwickeln? jetzt, wo man sich für die große rathaus lösung entschieden hat, könnte man doch bezahlbaren wohnraum im ehemaligen bauamt schaffen, dafür würde es sich lohnen einen blick nach röttingen zu richten.
es herrscht hoher handlungsbedarf in ochsenfurt, aber im stadtrat wohl keine einigkeit!
marktbreit erweitert zum dritten mal ihren wohnmobilstellplatz, in ochsenfurt ist dieser z.b. immer noch in weiter ferne. leider ist die nächste bürgermeisterwahl erst 2026 !
Bestes Ackerland??? Kennt denn keiner die Bonität der Böden dort oben?
Genauso unsozial und unmenschlich ist es über die Zuckerfabrik zu befinden, wenn sie einem nicht gehört! Wir leben nicht im Sozialismus!
Eine Fabrik die gesundheitsschädliche Produkte herstellt, deren Rohstoff mit riesigen Maschinen unter massivem Einsatz von Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln gewonnen wird, zuschließen, hat mit Sozialismus nichts zu tun.
Es käme ja auch niemand auf die Idee, die Schließung von Drogenlaboren, Sozialismus zu nennen.
BTW: vermutlich schließt die Südzucker das Werk mittelfristig aus rein wirtschaftlichen Gründen selbst. Man muss sich ja nur die Entwicklung auf dem Süßstoffmarkt anschauen. Auch deshalb muss das riesige Gelände auf dem die Zucker steht, mit in die städtebaulichen Planungen einbezogen werden.
Weiteres Versiegeln im großen Maßstab wie am Dümmersberg geplant muss ein Ende haben.
Die Innenentwicklung muss endlich vorangetrieben werden. Dann gibts auch genügend Wohnraum.
Perspektivisch kann auch die Fläche der Zuckerfabrik mit in die städtebauliche Entwicklung einbezogen werden. Denn es macht keinen Sinn eine Fabrik am Leben zu erhalten, deren Hauptzweck es ist, ein Lebensmittel zu produzieren dessen ausgesprochen schädliche
Wirkung auf die Gesundheit nun mittlerweile jedem bekannt ist. Gott sei Dank, gibts noch genügend Bürger, die nicht jeden Blödsinn, den die Stadtspitze produziert, mitmacht.
Saniert Eure Altstadt , liebe _Ochsenfurter und macht sie (wieder) lebenswert, dann habt Ihr genug zu tun.