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Würzburg
Segnung homosexueller Paare: Entscheidung des Vatikans sorgt im Bistum Würzburg nicht nur für Zustimmung
Der Würzburger Bischof Franz Jung spricht von einem Spagat, der Theologe Wunibald Müller von einem kleinen Wunder. Reaktionen nach der Erklärung aus Rom.
Der Würzburger Bischof Franz Jung gab zur Erklärung aus Rom über die Segnung wiederverheirateter und homosexueller Paare am Dienstag eine Stellungnahme ab.
Foto: Thomas Obermeier | Der Würzburger Bischof Franz Jung gab zur Erklärung aus Rom über die Segnung wiederverheirateter und homosexueller Paare am Dienstag eine Stellungnahme ab.
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:08 Uhr

Einen Tag nach der Erklärung des Vatikans, die nun offiziell die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare zumindest unter bestimmten Bedingungen erlaubt, meldete sich der Würzburger Bischof Franz Jung zu Wort. "Die überraschend veröffentlichte Erklärung 'Fiducia Supplicans' nimmt den Wunsch von Paaren in irregulären Situationen und von gleichgeschlechtlichen Paaren nach dem Segen der Kirche ernst", schrieb Jung am Dienstag. Zugleich versuche sie einen Spagat zwischen den Erfordernissen seelsorglicher Praxis und der offiziellen Lehre der Kirche, ohne diese zu verändern.

Wunibald Müller: Papst Franziskus ist für Überraschungen gut

Mit "irregulären Situationen" sind nicht verheiratete Paare oder nach einer Scheidung wiederverheiratete Paare gemeint. Erklärend fügt der Bischof weiter hinzu, dass Segenshandlungen als Hilfe für ein besseres Leben betrachtet werden, "um die Werte des Evangeliums mit größerer Treue leben zu können". Und mit Skepsis schließt er seine Stellungnahme: "Ob die Segenshandlungen innerhalb des Rahmens, den die Erklärung absteckt, der Erreichung dieses Ziels dienen, wird sich zeigen müssen."

"Meine Begeisterung hält sich in Grenzen"
Hochschulpfarrer Burkhard Hose zur Erklärung

Für den Würzburger Theologen, Psychotherapeuten und Autor Wunibald Müller grenzt die Erklärung aus Rom unterdessen "an ein kleines Wunder". Papst Franziskus sei, "obwohl man es ihm fast nicht mehr zugetraut hätte, für Überraschungen gut", so Müller, bis 2016 Leiter des Recollectio-Hauses in Münsterschwarzach (Lkr. Kitzingen).

Burkard Hose: diskriminierende Lehre bleibt

Positiv ist für ihn, dass die Erklärung zeige: In der katholischen Kirche bewege sich doch noch etwas, und die fortschrittlichen Kräfte in ihr hätten ein Gewicht. Das lässt Wunibald Müller hoffen, was weitere Veränderungen in der Kirche betrifft: die Abschaffung des Pflichtzölibats und die Zulassung von Frauen zum Priesteramt.

"Meine Begeisterung hält sich in Grenzen", sagt dagegen der Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose auf Nachfrage. "Ich sehe einerseits, dass der Papst den Hardlinern in der katholischen Kirche eine Absage erteilt. Aber er löst das Problem der Diskriminierung nicht auf der Ebene, auf der es gelöst werden muss." Die diskriminierende Lehre bleibe unverändert, so Burkhard Hose, der sich vor zwei Jahren zusammen mit dem damaligen Diözesanjugendseelsorger Stephan Schwab der Initiative "#OutInChurch – für eine Kirche ohne Angst" angeschlossen hat.

"Wir sind Kirche": ein kleiner Schritt in die richtige Richtung

Er erläutert, der Papst verlagere das Thema der Anerkennung queeren Lebens rein in den Bereich der seelsorglichen Begegnung. "Das ist freundlich, substanziell verändert sich damit aber nichts." Die vielen Einschränkungen, die mit dem Segen verbunden sind, machen laut Hose deutlich: "Queere Menschen bleiben auch mit dieser Erklärung mit ihrem Leben und ihren Beziehungen Menschen zweiter Klasse."

Grundsätzlich begrüßt die Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" die Erklärung. Es sei ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, der gleichgeschlechtlichen Paaren in ähnlicher Weise wie wiederverheirateten Paaren eine Segnung nun zugestehe.

Christian Weisner und Lioba Hochstrat vom Bundesteam üben jedoch ebenfalls Kritik: Für "Wir sind Kirche" zeige sich, "dass sich in der Haltung und dem Verständnis der römisch-katholischen Kirchenspitze in Bezug auf die Lebensrealität homosexueller wie auch wiederverheirateter Paare nicht wirklich etwas verändert hat".

Diözesanrat im Bistum Würzburg: "Homosexualität ist keine Sünde!"

Nicht als kleinen, sondern "als zaghaften Schritt in die richtige Richtung" bezeichnen die Vorsitzenden des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Würzburg die Erklärung aus Rom. "Eine Kurskorrektur im Blick auf die kirchliche Lehre ist sie jedoch nicht." Für die Vorsitzenden Michael Wolf, Anja Mantel und Ralf Sauer kann die Erklärung "nur ein Anfang hin zu einer für uns notwendigen Gleichberechtigung homosexueller und wiederverheirateter Paare sein."

Sie betonen: "Homosexualität ist für uns keine Sünde!" Außerdem fordern Wolf, Mantel und Sauer von allen Bischöfen, "dass sie sich für eine längst überfällige Weiterentwicklung der kirchlichen Lehre einsetzen, um die wissenschaftlichen Erkenntnisse endlich wahr- und anzunehmen".

Für homosexuelles Paar aus Veitshöchheim ist Erklärung kein Durchbruch

Für Katholiken sei die Erklärung wohl ein Durchbruch, sagt Sigrid Kohm aus Veitshöchheim (Lkr. Würzburg), "für uns jedoch nicht". Kohm und ihre katholisch aufgewachsene Partnerin Gabriele Richter gehörten zu den ersten Frauen in Unterfranken, die sich offiziell das Jawort geben konnten. Das war im Mai 2002, möglich war dies erst seit August 2001.

Die Erklärung aus Rom erlaubt lediglich die Segnung eines gleichgeschlechtlichen Paares, jedoch nicht im Kontext einer Eheschließung. Deshalb hat sich durch die aktuelle Erklärung aus Rom nicht viel geändert, sagen beide. Die Frauen haben sich 2002 von einem evangelischen Pfarrer segnen lassen. "Wir mussten allerdings Stillschweigen bewahren, damit er keinen Ärger bekommt. Er konnte es nur im Rahmen seiner seelsorgerischen Tätigkeit."

 
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  • Inge Deufert
    Menschen, denen diese Segnung wichtig ist und deren Lebenssituationen dann als "Irreguläre Situationen" bezeichnet werden, bin nur ich über diese Formulierung zutiefst bestürzt?
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  • Martin Dobat
    Diözesanrat im Bistum Würzburg: "Homosexualität ist keine Sünde!" Mit dem Wort Gottes, der Bibel ist das nicht kompatibel.
    Martin Dobat
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  • Georg Wohlfart-Mitznegg
    Schweinefleisch zu essen ist auch nicht Bibel- kompatibel.

    Aber gerade die Buchstabenreiter suchen sich aus diesem Buch gerne Phrasen raus, um ihr eigenes Weltbild zu zementieren.

    Was definitiv nicht mit den Lehren Jesu' in Einklang zu bringen ist: Hass, Ausgrenzung und Beleidigungen.

    Außerdem könnten gewisse Leute in verschiedenen monotheistischen Religionen auch endlich damit aufhören, Gott Fehler bei seiner Schöpfung zu unterstellen.
    Und ob man jetzt Menschen als fehlgeleitet und nicht segnungsfähig betrachtet wie Teile der chistlichen Weltanschauungen, oder gleich aufhängt wie in Teilen der islamischen Welt; mit Akzeptieren hat beides sehr wenig zu tun.
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  • Klaus Schröder
    H. Dobat, wo in der Bibel steht denn was zu Thema Homosexualität? Hat Jesus oder wer was dazu gesagt? Die 12 Apostel waren ja nach Meinung von den Päpsten scheinbar nicht verheiratet, vielleicht waren ja einige homosexuell.
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  • Matthias Braun
    Herr Jung,springen sie bitte über ihren Schatten. Alle Menschen sind gleich und die Welt ist bunt . Sexuelle Orientierung ist nichts anderes wie eine Haut - oder Haarfarbe.
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  • Roland Albert
    Die Kirche ist und bleibt eine Inszenierung, die mit dem Aberglauben der Menschen seit Jahrhunderten Geld verdient.
    Egal wie sie heissen, denken und vorschreiben wie zu leben sein soll.
    Diese Faktoren betreffen alle Glaubensströmungen, ob Katholen , Evaangolen, Islamisten, Hindus, Buddhas oder wie sie alle heissen.
    Alle haben die schönsten und teuersten Immobilien und Standorte, erwirtschaftet mit dem Blut anderer.
    Finde den Fehler…
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  • Klaus B. Fiederling
    wenn Sie diese Einstellung haben bitte schön, dann verschonen sie aber uns mit ihren Vorstellungen.
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  • Martin Deeg
    Ja. Und allen Religionen ist gemeinsam, dass die eigenen Ängste und Schuldgefühle - bspw. wegen verdrängter Homosexualität - auf alle anderen projiziert wird und die dafür "abgestraft".
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  • Klaus B. Fiederling
    feiern Sie eigentlich Weihnachten? Und wenn ja, was?? Und wenn sie an dem ganzen nicht glauben: an den Feiertagen einfach zur Arbeit gehen, das wäre dann die wahre Realität von
    Kirchengegnern wie Ihnen!
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  • Roland Albert
    Ich betreibe eine Firma mit 24/7 Dienstleistungen. Lassen Sie diese Provokationen. Allein die Verluste durch kirchliche Feiertage wollen und können Sie nicht beziffern. Aber immer schön im Namen der Kirche andere massregeln. Ich brauch weder Weihnachten noch Ostern noch Pfingsten und den restlichen Zeitklau.
    Ich geh mich zu anderen Zeiten erholen.
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  • Bernd Kleinwechter
    Man kann Weihnachtena uc hals Familienfest OHNE erligiösen Hintergrund feiern. Bspw. simpel und einfach um die Familie zu feiern, dazu muss man kein Christ sein...nebenbei bemerkt wurde Weihnachten von der christlichen Kirche eingeführt um ein heidnisches Feste zu verdrängen ( die Wintersonnenwende). Es ist also grundsätzlich fraglich ob Weihnachten wirklich ein christliches Fest ist oder in der Vergangenheit dazu gedient hat, andere Glaubensrichtungen zu vernichten...womit das christliche Fest wohl eher ein christliches Blutfest ist
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  • Klaus B. Fiederling
    ein kleiner, aber wichtiger Schritt, der von Rom ausgeht, es müssen aber noch mehr, größere Schritte folgen: Zölibatfreistellung. Es muss gar nicht abgeschafft werden, es reicht eine Freistellung für jeden Priester, ob er leben will bis her, oder heiraten. - Frauenordination wäre
    der nächste wichtige Ansatz. In der evangelischen Kirche gibt es schon seit 100en von Jahren
    Frauen am Altar. Mir egal ob Mann oder Frau den Gottesdienst zelebrieren, Hauptsache er spricht die Menschen an, die kommen. Zulassung von Sakramenten von Wiederverheirateten
    Gläubigen. Man weiß ja nicht, was Menschen bewogen hat, ihre erste Ehe scheiden zu lassen, wenn sie nun mit einem neuen Partner ihr Glück gefunden haben, warum schließt man diese
    dann von den sakramenten aus? Wenn Gott so kleinlich wäre wie unsere Kirche, dann Gute Nacht. Da säßen nicht viele Päpste vom Altertum als Heilige im Himmel!!
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  • Steffen Cyran
    Wovon träumen Sie nachts?
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  • Klaus B. Fiederling
    auch Träume können wahr werden, allen Unken zum Trotz!
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  • Peter Koch
    "Da säßen nicht viele Päpste vom Altertum als Heilige im Himmel!!"
    Wer sagt denn, dass da viele Päpste sitzen? Der Heizungskeller des Himmels dürfte allerdings voll von ihnen sein.
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  • Georg Wohlfart-Mitznegg
    Bei den vielen heiligen Priestern ist im Himmel eh ziemlich warm.
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