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Würzburg
Rücktritt wegen verweigerter Entlastung: Turbulenzen im Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg
Die Ermittlungen gegen Führungskräfte des Kommunalunternehmens haben Auswirkungen auf die Senioreneinrichtungen. Ein Defizit von 1,7 Millionen Euro verschärft die Lage.
KU-Vorständin Eva von Vietinghoff-Scheel und Verwaltungsleiter Michael Pfab führten seit 2021 gemeinsam die Geschäfte der Senioreneinrichtungen. Pfab ist jetzt zurückgetreten, weil der Verwaltungsrat ihn nicht vollständig entlastet hat. 
Foto: Archivfoto Michael Ehlers | KU-Vorständin Eva von Vietinghoff-Scheel und Verwaltungsleiter Michael Pfab führten seit 2021 gemeinsam die Geschäfte der Senioreneinrichtungen.
Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 23.07.2024 02:40 Uhr

Das Kommunalunternehmen (KU) des Landkreises Würzburg kommt nicht zur Ruhe. Die laufenden Ermittlungen gegen Vorständin Eva von Vietinghoff-Scheel, den ehemaligen Vorstand Alexander Schraml und eine weitere Beamtin wegen des Verdachts der Untreue haben nun Folgen für die Geschäftsführer der landkreiseigenen Senioreneinrichtungen und der Ochsenfurter Main-Klinik.

Vietinghoff-Scheel führt die Geschäfte zusammen mit Michael Pfab seit Mai 2021. In der jüngsten KU-Verwaltungsratssitzung wurden die Jahresabschlüsse der Senioreneinrichtungen vorgelegt. Mit einem Defizit von 1,7 Millionen Euro liegt das Ergebnis für 2023 weit unter den Erwartungen: Ein Überschuss von 21.000 Euro war geplant. Ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer hat an der Buchführung laut Vorständin Vietinghoff-Scheel "nichts beanstandet".

Bei den Senioreneinrichtungen war ein Überschuss geplant

Normalerweise – etwa bei Vereinen – wird nach so einem Vorgang die Geschäftsführung entlastet. Die Verwaltungsrätinnen und Verwaltungsräte aus unterschiedlichen Fraktionen des Kreistags haben unter Vorsitz von Landrat Thomas Eberth (CSU) in der jüngsten Gesellschafterversammlung jedoch  einstimmig keine vollständige Entlastung der Geschäftsführung ausgesprochen. Stattdessen soll das Ergebnis der Ermittlungen abgewartet werden. 

"Wir hatten die Polizei im Kommunalunternehmen, eine Hausdurchsuchung, E-Mails wurden beschlagnahmt. Wer weiß, was da noch rauskommt." 
Thomas Eberth (CSU), Landrat und KU-Verwaltungsratsvorsitzender

Michael Pfab hat aber eine Entlastung erwartet, weil gegen ihn nicht ermittelt wird. "Das habe ich dem Verwaltungsratsvorsitzenden, Landrat Eberth, auch klar gesagt", schildert er. Die Entlastung sei im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche wichtig. "Das ist das eine", so Pfab. Doch "Haftung und Vertrauen müssen ausgeglichen sein", sagt er. Und dieses Vertrauen sehe er im Moment nicht. Deswegen ist er zurückgetreten.

Warum Geschäftsführer Michael Pfab jetzt zurücktritt

Dass Pfab und Main-Klinik-Geschäftsführer Christian Schell nur unter Vorbehalt entlastet werden, hatte sich in den vorangegangenen Aufsichtsratssitzungen abgezeichnet. Eberth habe überraschend diesen Vorbehalt formuliert, berichten Sitzungsteilnehmer. Die Sitzungen der Aufsichtsräte, wie auch des KU-Verwaltungsrates, finden meistens hinter verschlossenen Türen statt. Nur bei Satzungsfragen, die Rechte Dritter betreffen, wird die Öffentlichkeit zugelassen. 

"Wir hatten die Polizei im Kommunalunternehmen, eine Hausdurchsuchung, E-Mails wurden beschlagnahmt. Wer weiß, was da noch rauskommt", sagt Eberth. Eine vollständige Entlastung würde bedeuten, im Jahr 2023 sei alles ordentlich gelaufen. "Das kann ich in so einer Situation nicht sagen."

Vietinghoff-Scheel kann das mit Blick auf ihre Geschäftsführertätigkeit nachvollziehen, nicht aber bei Pfab und Schell. Sie habe dem Landrat daher vorgeschlagen, getrennt zu entlasten. "Generell hat kein Geschäftsführer einen Anspruch auf Entlastung", sagt Eberth. "Hätte jemand aus dem Verwaltungsrat gesagt, können wir einzeln entlasten, hätten wir darüber diskutieren können."

Warum der Verwaltungsrat keine vollständige Entlastung erteilt hat

Nach Informationen dieser Redaktion gab es einen solchen Vorschlag durchaus von Seiten der SPD. Allerdings, so berichten Sitzungsteilnehmer, sei dieser von einem CSU-Verwaltungsrat "lautstark niedergebrüllt" worden.

"Wenn wir vollständig entlastet hätten und etwas herauskommt, ist es möglicherweise ein Haftungsfall für denjenigen, der entlastet hat, also für den Verwaltungsrat", erklärt ÖDP-Kreisrat Matthias Henneberger, der Mitglied des KU-Verwaltungsrates und im Hauptberuf Steuerberater ist. Dass sie persönlich in die Haftung genommen werden könnten, sei ihre Sorge gewesen und auch der Grund, warum sie mit dem Vorbehalt entlastet haben, berichten einige Verwaltungsratsmitglieder aus der nicht öffentlichen Sitzung.

Landrat Eberth kann die Aufregung bei Geschäftsführer Pfab nicht verstehen. Vor allem, weil der weiterhin Verwaltungs- und Betriebsleiter der Senioreneinrichtungen bleibt - "und das gleiche Gehalt bekommt". Viel mehr Sorge würden ihm die "gruseligen Zahlen" in den Jahresabschlüssen 2023 bereiten. Ein Minus von 1,7 Millionen Euro anstelle eines Plus von 21.000 Euro bei den Senioreneinrichtungen habe ihn überrascht. Auch das Defizit von 3,1 Millionen bei der Main-Klinik,  geplant war ein negatives Ergebnis von 2,4 Millionen Euro, hätte er nicht erwartet. 

Aufnahmestopps in den Pflegeheimen führten zu Defizit

"Das hat sich abgezeichnet. Wir legen regelmäßig betriebswirtschaftliche Auswertungen vor", erwidert Vietinghoff-Scheel und erklärt das Defizit bei den Senioreneinrichtungen hauptsächlich mit einem behördlichen Aufnahmestopp in Röttingen und drei selbstauferlegten, weil die vorgeschriebene Fachkräftequote nicht eingehalten werden konnte. "Das hat uns viel Geld gekostet, was ich dem Landrat aber auch immer wieder gesagt habe", so Vietinghoff-Scheel. 

 
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  • Frank Stößel
    Vielleicht überdenkt man einmal Führungs-, Verwaltungs-und Aufsichtsstrukturen des "Konzerns" KU des Landkreises. Wurde dieses komplex-komplizierte Gebilde vielleicht zu lange Zeit von einem einzigen Vorstand mit Vollmachten geführt, die ihn fast zu einem Neben-Landrat machten, obwohl dessen Dienstherr und Diensgeber des KU ganz klar Kreistag und Landrat sind? Altenpflege, Gesundheit, Mobilität und Müllentsorgung kann man mit einem Vorstandsteam (Vorsitzenden oder Vorsitzende plus ein Vorstand pro Einzelbereich) möglicherweise besser als bisher managen, verwalten und beaufsichtigen. Ein KU muss sich nicht wie ein börsennotiertes Unternehmen in der Privatwirtschaft sehen, sondern als ein Mitbewerber im Zusammenspiel mit anderen privaten, gemeinnützigen und kommunalen Dienstleistungsunternehmen für seine Bürgerinnen und Bürger. Andererseits sind KreisrätInnen im System KU als AufsichtsrätInnen ohne Kompetenzen eines Wirtschaftsprüfers in ihrem Mandatsalltag total überfordert.
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Allen Menschen Recht getan...

    ich unterstelle mal, hätte der Landrat die Dinge einfach laufenlassen und hätte dann ein Whistleblower gezwitschert, hier gebe es fragwürdige Vorgänge, wäre die Welle der Empörung sicher noch viel höher geschlagen... dass so etwas äußerst unangenehm für die Betroffenen ist, verstehe ich, aber mit dem Ermittlungsverfahren bekommen sie andererseits auch die Chance, mit einer weißen Weste aus der Angelegenheit hervorzugehen. Zum Thema Vertrauen gibt es bekanntlich ein schönes Lenin-Zitat, das wörtlich übersetzt lautet "vertraue, aber prüfe nach". Nachdem es hier um öffentliche = Steuer-Gelder geht, möchte ich mich dem anschließen - aber in Sachen Kommunikation wäre von vorneherein mehr Klartext seitens des Landrates gegenüber den Betroffenen definitiv besser gewesen.
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  • Gerhard Lenz
    Ein unentwirrbares Geflecht aus persönlichen Verbindungen und politischen Abhängigkeiten. Dabei gerät die Rekord-Verschuldung des Kommunalunternehmens völlig aus dem Blick. Der Landkreis haftet unbeschränkt für diese schwer durchschaubare "Dachorganisation der Daseinsfürsorge". Ihr Vorstand ist mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet. Die Kontrollmöglichkeiten durch den Verwaltungsrat (Landrat + 14 Kreisräte) erscheinen begrenzt.
    Geregelt ist alles in der Unternehmenssatzung des Landkreises für das lange Zeit hochgelobte KU. Rechnungsprüfungs- und Rechtsaufsichtsbehörden kritisieren sie seit 2017. Dabei geht es um Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit ebenso wie um Personalangelegenheiten. Über die geforderte Neufassung der Satzung wird partei- und verwaltungsintern seit Monaten beraten. Am kommenden Montag (22.07.) soll der Kreistag entscheiden. Wann wird man in der Main Post darüber lesen?
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  • Thomas Fritz
    Sehr geehrter Herr Lenz, wir berichten über die Kreistagssitzung und selbstverständlich auch über die Änderungen der Unternehmenssatzung für das KU und die politische Diskussion dazu im entscheidenden Gremium. Bisher gab es Vorschläge und Diskussionen dazu - das stimmt. Die Satzung wird aber vom Kreistag verabschiedet.
    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Fritz,
    Redakteur
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  • Georg Ries
    Da sind wir gespannt auf Ihre Berichterstattung Herr Fritz! Ihre Objektivität ist nicht zu übersehen bzgl. Landrat und Vorständin 😂
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  • Gurbet Alyol
    mir ist aufgefallen, dass immer wieder dieselben Personen hier nur negative Kommentare hinterlassen. Bevor man jemanden beschuldigt, sollte man ihm die Möglichkeit geben, sich zu äußern. Diese Personen tragen eine große Verantwortung, und es ist wichtig, dass alle Standpunkte fair berücksichtigt werden.

    Ich hoffe auf eine konstruktive Diskussion hier und nicht auf ein kindisches Verhalten. Es scheint, dass die meisten negativen Meinungen hier von Mitgliedern der Grünen Partei und der ÖDP stammen.
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  • Hans Vogel
    Und wieder dient als Begründung das, vom Landrat selbst angestoßene, schwebende Verfahren, um hier weiter zu destabilisieren. Wie praktisch für ihn und seine Argumentation.

    Wenn es dieses durch ihn angestoßene Verfahren nicht geben würde, wäre die Entlastung durch und die Wiederbestellung ebenfalls.

    Jetzt versucht er den Druck auch auf die Ebene unter der Vorständin zu erhöhen, in dem er einfach alle nicht entlastet, obwohl die Separierung der Entlastungen offensichtlich vorgeschlagen wurde und rechtlich möglich ist. Damit nimmt er eine weitere nachhaltige Beschädigung des KU in Kauf.
    Aber das scheint ihm egal zu sein, Hauptsache er setzt seinen Willen durch. UNGLAUBLICH!
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  • Walter Seubert
    Schon mal was von Fachkräftemangel auch in Altenheimen gehört? Dor gibt es strikte Vorgaben wieviel "FACHPERSONAL" vorhanden sein muss. Wenn man kein Personal hat kann man keine Bewohner aufnehmen.
    Zum Thema Defizit Krankenhaus, at der LR noch nichts davon mitbekommen wie es den Krankenhäusern landauf landab geht, zum Beispiel durch Energiepreiserhöhung, Leiharbeitskräfte, Inflation etc.

    Ein parteipolitisches Ränkespiel erster Güte was hie passiert.
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  • Hans Vogel
    Das Traurigste und Erschreckenste daran ist, dass die Mitglieder in den einzelnen Gremien offenbar nicht erkennen was hier gespielt wird, oder willig mitspielen und das ganze so unterstützen. Aber die nächsten Kommunalwahlen sind nicht mehr so fern…
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  • Johannes Metzger
    Eberth spielt schon in seiner Rolle als BRK Vorsitzender in der kürzlich ans Licht ans Licht gekommenen Kletterhallenaffaire, keine glückliche Rolle.
    Jetzt scheint er Probleme zu wälzen, die es ohne ihn gar nicht gäbe. Mein Eindruck ist, der Mann ist dem Amt nicht gewachsen.
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  • Gurbet Alyol
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Gurbet Alyol
    es scheint, dass Sie persönliche Probleme haben, weil Sie keine Lösungsvorschläge machen können. Es ist offensichtlich, dass Sie auch Mitglied der Grünen sind. Beschweren Sie sich auch über das heiße Wetter
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  • Ralf Eberhardt
    Es wird immer befremdlicher. Allerdings hat die MP im Frühjahr Frau Vietinghoff-Scheel zitiert, dass die Senioreneinrichtungen keine Probleme bereiten. Insofern ist diese Veränderung zu 1,7 Mio. Miese schon eine eigenartige Entwicklung.
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  • Georg Ries
    Diese enorme Ergebnisverschlechterung nur mit einem Punkt "Unterbelegung" der Seniorenheime zu erklären ist mir zu dürftig. War der Abschlussprüfer bei der Sitzung des Verwaltungsrates anwesend und wurden die wesentlichen Abweichungen vom Plan tabellarisch vorgestellt? Was hat die Geschäftsleitung unternommen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken? Ergebnis einstimmig, wieso hat der SPDler nicht dagegen gestimmt, war er so eingeschüchtert?? Letztlich ein wenig faktenbelasteter Artikel um sich eine Meinung zu bilden. Fragen über Fragen ......
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  • Klaus Krug
    Ich kann mir kaum vorstellen, dass es bei so einem großen Unternehmen kein unterjähriges, regelmäßiges Reporting durch die Geschäftsleitung gibt. Denn nur dann könnte der Herr Landrat von den schlechten Zahlen "überrascht" worden sein.
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  • Elisabeth Hofmann
    haben Sie nicht den Artikel gelesen, da steht doch klar drin, dass regelmäßig betriebswirtschaftliche Auswertungen vorgelegt werden. Letzter Absatz
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  • Hans Vogel
    Das hat er wahrscheinlich genauso vergessen, wie die Tatsache, dass er das Ermittlungsverfahren angestoßen hat.
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