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Würzburg
Rena Schimmer und Konstantin Mack über ein Jahr im Würzburger Stadtrat
Eine 22-Jährige (CSU) und ein 24-Jähriger (Grüne) sind seit einem Jahr im Würzburger Stadtrat. Warum sie sich gerne engagieren und trotzdem schon ans Aufhören denken.
Rena Schimmer (CSU) und Konstantin Mack (Grüne) haben sich mit Redakteurin Manuela Göbel (rechts) im Hof des Würzburger Rathauses zur Rückertstraße zum Interview getroffen. 
Foto: Johannes Kiefer | Rena Schimmer (CSU) und Konstantin Mack (Grüne) haben sich mit Redakteurin Manuela Göbel (rechts) im Hof des Würzburger Rathauses zur Rückertstraße zum Interview getroffen. 
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:40 Uhr

Rena Schimmer und Konstantin Mack sind ganz unterschiedliche Menschen mit verschiedenen Vorstellungen, Werten und Zielen. Doch die 22-Jährige und der 24-Jährige haben etwas gemeinsam: Ein großes Interesse an Würzburg und daran, dass ihre Heimatstadt lebenswert ist. Im Interview sprechen die CSU-Stadträtin und der Grünen-Stadtrat über ihre Erfahrungen nach einem Jahr im Würzburger Stadtrat.

Frage: Bis 21.30 Uhr hat die jüngste Sitzung des Stadtrats mit 56 Tagungsordnungspunkten gedauert. Wussten Sie, dass Kommunalpolitik so mühsam ist, als sie am 4. Mai 2020 vereidigt wurden?  

Rena Schimmer: Was heißt mühsam? Es wird viel diskutiert. Das ist für den Meinungsaustausch wichtig und Konstantin und ich diskutieren ja auch eifrig mit (lacht). Das ist Demokratie.

Aber die Fraktion legt doch ihre Meinung meist vor der Sitzung fest. Das ist im Würzburger Ratssaal doch nicht anders als im Berliner Reichstag.

Schimmer: Teilweise. Es gab schon Themen, bei deren Diskussion im Ratssaal ich meine Sicht verändert habe. Und auch natürlich welche, bei denen ich mit einer bestimmten Haltung in die Sitzung ging.  

Konstantin Mack: Zum Beispiel war bei der Diskussion um die Wegnahme von Parkplätzen am Paradeplatz nicht zu erwarten, dass jemand aus der CSU-Fraktion sich noch überzeugen lässt. Aber es ist doch trotzdem immer auch wichtig, andere Perspektiven mitzubekommen. Das ist im Stadtrat viel spannender als im Bundestag, weil wir viel diverser zusammengesetzt sind und verschiedene Erfahrungsschätze einfließen. Wobei natürlich Einzelne auch manchmal Punkte, bei denen gar nichts beschlossen wird, noch ausführlich kommentieren. Das ist auch ein Grund warum die Sitzungen manchmal recht lange dauern.   

Wie erleben Sie es, wenn Ihre Meinung nicht der Fraktionsmehrheit entspricht?   

Schimmer: Bei mir ist das noch nicht vorgekommen.

Mack: Ich bin ja seit meinem 15. Lebensjahr bei der Grünen Jugend und in dieser Zeit sind viele Forderungen von uns auf Widerstand in der Partei gestoßen. Auseinandersetzung bin ich also gewohnt. In der Fraktion besprechen wir uns inhaltlich vor den Sitzungen. Aber, und das schätze ich, gibt es keinen Zwang zur einheitlichen Abstimmung.  

Rena Schimmer (CSU) ist die jüngste Stadträtin Würzburgs.
Foto: Johannes Kiefer | Rena Schimmer (CSU) ist die jüngste Stadträtin Würzburgs.
Woher kommt Ihr Interesse an Politik?

Schimmer: Ich wollte wissen, wie politische Entscheidungen zustande kommen, mehr verstehen, mich einbringen, statt nur zu kritisieren. Die meisten Überschneidungen mit meinen Werten fand ich dann bei der CSU.  

Mack: Ich hatte schon immer ein starkes Gerechtigkeitsempfinden und will dazu beitragen, dass die Welt ein Stückchen gerechter wird.  

Sie sind beide auf Instagram aktiv. Herr Mack, Sie teilen mit Beiträgen über Umweltschutz, Antifaschismus oder soziale Gerechtigkeit ihre politische Haltung mit. Welche politische Haltung haben Sie Frau Schimmer?    

Schimmer: Mir ist eine Politik wichtig, die für alle Menschen da ist und nicht zu Lasten einer Bevölkerungsgruppe geht. So ist beispielsweise Klimaschutz ein wichtiges Thema, aber immer in Relation zur Gesamtsituation. Man muss ihn so gestalten, dass er bezahlbar und realisierbar ist. 

Mack: Das können wir uns beim Klimaschutz nicht mehr leisten. Wir können nicht länger warten, sondern müssen jetzt unsere Lebensgrundlage sichern.   

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Bedeutet konservativ bewahren?   

Schimmer: Ich will schon etwas verändern. Ich setzte mich ja für kommende Generationen ein. Aber man muss dabei die Gesellschaft mitnehmen. Nehmen wir das Beispiel Parkplätze. Den Paradeplatz nutzen auch gehbehinderte oder alte Leute, die nur mit dem Auto in die Stadt kommen. Da hätte ich mir innovative Alternativen zum Streichen von Parkplätzen gewünscht.   

Die Parkplatz-Diskussion würde ich dieses Mal gerne ausblenden. Beim Thema Digitalisierung sind Sie sich bestimmt einig, oder?  

Schimmer: Digitalisierung ist ein wichtiger Aspekt, um Würzburg noch attraktiver zu gestalten. Sie bringt auch den Bürgerinnen und Bürgern viele Vorteile.

Mack: Digitalisierung kann auch soziale Teilhabe fördern. Wir wollen ja Sitzungen im Live-Stream zeigen, damit alle Interessierten sie verfolgen können. Das scheitert aber an der CSU.

Schimmer: Wir haben noch Bedenken wegen Kosten und Sicherheitsaspekten. Ideal wäre es, wenn durch die hybriden Stadtratssitzungen, die wir bei der letzten Stadtratssitzung mehrheitlich auf den Weg gebracht haben, einige dieser Bedenken beseitigt werden. Hier sollen die öffentlichen Teile der Sitzungen im Internet übertragen werden. Wenn das klappt, habe ich persönlich keine Probleme damit.

Tun sich junge Stadträte generell leichter mit Veränderungen als ältere? 

Mack: Ich glaube nicht, dass das am Alter festzumachen ist. Ich kenne viele ältere Menschen, die unglaublich progressiv sind und umgekehrt genug junge, die konservativ sind. Das hat eher mit Haltung zu tun, wobei sich diese auch ändern kann. Wenn man zum Beispiel lange im Stadtrat arbeitet und merkt, dass man seine Forderungen nicht durchsetzen kann, neigt man wohl eher dazu, von vorneherein den Kompromiss zu denken. 

Meinen Sie damit Ihre Fraktions-Kollegen?

Mack: Das ist in allen Fraktion so und ein grundsätzliches Problem in der Politik. Wenn ich zu lange ausschließlich in dieser Blase unterwegs bin, fehlt mir der Blick von außen. Als langjähriger Stadtrat gewöhne ich mich zum Beispiel daran zu denken, dass kurzfristige Veränderungen sowieso an der Bürokratie scheitern und versuche diese gar nicht mehr anzustoßen. Deshalb finde ich es auch wichtig, dass man die Mitgliedschaft im Stadtrat als einen Abschnitt im Leben betrachtet, so dass dort sowohl erfahrene wie neue Leute vertreten sind.  

Ein Vorsatz für die Zukunft. Wie sind Ihre Erfahrungen mit anderen Fraktionen? 

Schimmer: Gut. Auch wenn man politisch streitet, kommt man persönlich miteinander klar. Das ist wichtig für einen guten Dialog, aus dem auch gemeinsame  Anträgen entstehen.  

Mack: Man ist sehr offen auf uns junge Leute zugegangen und die Atmosphäre – auch dadurch, dass sich alle Duzen – ist locker. In der Kommunalpolitik gibt es ja viele Themen, wie im sozialen oder kulturellen Bereich, wo es keine parteipolitischen Unterschiede gibt.     

Konstantin Mack (Grüne) im Innenhof des Würzburger Rathauses.
Foto: Johannes Kiefer | Konstantin Mack (Grüne) im Innenhof des Würzburger Rathauses.
Viele Studierende sind bereits mit Studium und Job voll ausgelastet. Wie schaffen Sie daneben noch die Stadtratstätigkeit, zu der nicht nur lange Sitzungen im Plenum, Ausschüssen und den Fraktionen gehören, sondern auch die Vorbereitungen darauf oder Gespräche mit Fachleuten und Bürgern?

Schimmer: Zeitmanagement und Selbstdisziplin. Aber vor allem sehe ich die Stadtratstätigkeit als eine Art Freizeit. So wie jemand seine Zeit im Fußballstadion verbringt, verbringe ich halt Zeit damit. Und man sieht ja, dass man was verändern kann, das motiviert natürlich.

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Zum Beispiel indem man Anträge stellt. Sie haben bereits an über 60 Anträgen mitgewirkt, Herr Mack. Es ging um leisere Laubbläser, Pop-Up-Radwege oder Stadtteil-Tauschbörsen. Welcher Antrag war bislang für sie der wichtigste? 

Mack: Ein aktuelles Highlight war der Antrag "Vielfalt im öffentlichen Raum sichtbar machen", der unter anderem vor sieht, dass Straßenbahnen am Christopher Street Day mit Regenbogenfahnen beflaggt werden. Ich war wirklich gespannt und freue mich jetzt sehr, dass sich der Stadtrat am Donnerstag mit breiter Mehrheit hinter den Antrag gestellt hat. Aber Veränderungen passieren auch über andere Wege. Zum Beispiel habe ich immer wieder im Stadtrat darauf gepocht, dass Clubs zur Kultur gehören. Jetzt sind diese ja in das Maßnahmenpaket zur Kulturförderung aufgenommen worden und das ist schon auch ein Ergebnis davon, dass junge Leute ihre Lebenswirklichkeit im Stadtrat einbringen können. 

Zu den Personen

Rena Schimmer: Die 22-Jährige studiert Jura und ist Vorsitzende der Jungen Union und Schriftführerin des CSU-Kreisverbandes. Sie arbeitet an der Uni und engagiert sich unter anderem in der Hochschulgruppe des RCDS, im Verschönerungsverein und beim CVJM. Im Stadtrat ist die gebürtige Würzburgerin unter anderem im Planungs-, Umwelt- und Mobilitätsausschuss, Schul- und Sportausschuss und im Sozialausschuss vertreten.
Konstantin Mack: Der 24-Jährige ist in Würzburg geboren und in Kürnach aufgewachsen. Er studiert Philosophie und Europäische Ethnologie. Mit 15 Jahre ist Mack zur Grünen Jugend gegangen, wo er sich auch bundespolitisch engagiert hat. Neben dem Studium arbeitet er an der Uni und im Büro von der Landtagsabgeordneten Kerstin Celina. Er ist Vorsitzender des Ortsverbandes Frauenland, stellvertretender Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Stadtrat und unter anderem im Planungs-, Umwelt- und Mobilitätsauschuss, Sozialausschuss und Kulturausschuss vertreten.  
Quelle: gam
 
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Kommentare
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Bilder sagen mehr als tausen Worte! Was ist auf dem Aufmacherfoto zu sehen?

    Eine junge CSU-Stadträtin mit einen To-Go Pappbecher und ein junger Stadtrat der Grünen mit einem Mehrwegbehältnis. Von einer jungen, mitdenkenden, politisch und sozial engagierten Person erwarte ich, dass sie die Problematik erkennt und auf die umweltschädlichen Becher verzichtet. Dazu muss man wirklich kein Mitglied der Grünen sein um das zu erkennen; das geht auch als CSU Stadträtin.

    Zitat Grünen Stadtrat Mack: "Ein aktuelles Highlight war der Antrag "Vielfalt im öffentlichen Raum sichtbar machen", der unter anderem vor sieht, dass Straßenbahnen am Christopher Street Day mit Regenbogenfahnen beflaggt werden."
    Wennn so etwas "Nebensächliches" als Highlight deklariert wird ist mir wirklich Bang vor der Zukunft.

    Die beiden jungen Menschen sind gewissermaßen Vorbilder für Gleichaltrige und sind auch für ihre Generation verantwortlich. Sie sollten sich wirklich etwas mehr bemühen.
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