Die Angst vor Rechtsextremismus ist in Deutschland so groß wie lange nicht mehr, der Protest dagegen ebenfalls – das zeigen die vielen Demonstrationen im ganzen Land, bei denen aktuell hunderttausende Menschen gegen die AfD auf die Straße gehen. Dazu tragen auch die jüngsten Enthüllungen von Correctiv bei. Das Recherchenetzwerk berichtete vor Kurzem über ein geheimes Treffen von AfD-Mitgliedern und Rechtsextremen, die im Stillen über sogenannte Remigrationspläne verhandelten.
Die Idee, Menschen mit Migrationshintergrund zum Verlassen des Landes zu drängen, wirft nicht nur Fragen zur politischen Landschaft auf, sondern schürt auch Ängste und Wut innerhalb der betroffenen Gemeinschaft. Was sagen Menschen, die unmittelbar von solchen Diskussionen betroffen sind? Diese Redaktion hat mit sechs Menschen gesprochen, die nicht in Deutschland geboren wurden, mittlerweile aber hier fest verwurzelt sind.
1. Sarul Dubiel (30), Zahnärztin und Musikerin, geboren in der Mongolei: "Der 'Masterplan zur Remigration' ist zutiefst menschenverachtend"
"Trotz meiner mongolischen Herkunft würde ich Deutschland als erste Heimat bezeichnen, da ich hier mittlerweile 21 Jahre wohnhaft bin. Ich hatte das Glück, mit offenen Armen empfangen zu werden – ich habe Rassismus sehr selten erlebt. Vielleicht hatte ich Glück, weil ich die meiste Zeit in sehr weltoffenen Städten gelebt habe – nämlich in Berlin und in Würzburg. Ich lebe gerne hier in Deutschland.
Natürlich hat mich das Treffen von Rechtsextremisten in Potsdam schockiert. Der 'Masterplan zur Remigration' ist zutiefst menschenverachtend. Wenn man das Weltgeschehen betrachtet, ist es doch jetzt umso wichtiger, dass die Menschen über ein Miteinander nachdenken statt über ein Gegeneinander. Zusammenkunft statt Spaltung. Deshalb finde ich die Proteste gegen Rechtsextremismus sehr wichtig – die Menschen, die jetzt auf die Straße gehen, setzen ein wichtiges Zeichen gegen rechtes Gedankengut."
2. Antonino Pecoraro (68), Vorsitzender des Ausländerbeirates, geboren in Italien: "Die Bevölkerung ist gewappnet mit Ideen und Überzeugungen gegen rechts"
"Ich persönlich war sprachlos, als ich zum ersten Mal die Abschiebungspläne der AfD gelesen habe, da dachte ich mir sofort, dass die alten, dunklen Zeiten wieder kommen. Und auch ich als nicht in Deutschland geborene Person fühle mich von den Plänen angesprochen. Das gibt mir zu denken, dass Faschismus in Deutschland nicht vergangen ist, sondern sich in einem Winterschlaf befunden hat. Jetzt wo die AfD in einigen Bundesländern gute Ergebnisse erzielt hat, trauen sich diese Menschen wieder diese Themen anzusprechen, die letztendlich in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in ihren Köpfen waren. Das sehe ich nicht nur als erschreckend, sondern als gefährlich – auch für ganz Europa. Denn nicht nur Deutschland ist von rechtem Gedankengut geprägt, auch in Ländern wie Spanien oder Italien – meinem Heimatland – nehmen die rechtsextremen Bewegungen zu.
Trotzdem denke ich, dass der Rechtsextremismus nicht so weit kommen wird, wie im dunkelsten Kapitel Deutschlands, denn die Bevölkerung ist gewappnet mit Ideen und Überzeugungen gegen rechts, so leicht wird man es hier der AfD und den Rechtsextremen nicht machen. Das ist für mich ein ganz wichtiger Gedanke und eine Sache des Vertrauens gegenüber den Deutschen: Wir haben gelernt, aus dem, was geschehen ist, und wollen das nicht zurück haben."
3. Álvaro Amador (38), Sänger, geboren in Ecuador: "Diese Entwicklungen sind sehr beunruhigend"
"Ich wurde in Ecuador geboren und kam 2004 nach Deutschland. Zuvor habe ich in Guayaquil – meiner Geburtsstadt – eine deutsche Schule besucht. Ich hatte immer den Wunsch, Maschinenbau zu studieren und kam dann durch Kontakte in der Schule zu der FH in Kiel. Innerhalb von sechs Monaten habe ich ein Studienkolleg gemacht, das ist vergleichbar mit dem Fachabi, und bin danach in die FH nach Kiel gewechselt und habe dort studiert.
Von den Demos gegen rechts habe ich natürlich mitbekommen und von den Correctiv-Recherchen habe ich gelesen, was mir schon ein bisschen Angst macht. Doch ich habe mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft, insofern ist meine Angst nicht so stark ausgeprägt. Aber diese Entwicklung und die Vorstellung, dass Rechtsextreme an die Macht kommen könnten, sind sehr beunruhigend. Die Demos wiederum machen mir Hoffnung, denn man sieht, dass die Menschen und vor allem die breite Masse ganz stark gegen rechts angehen wollen.
Ich wünsche mir, dass rechte Parteien stärker unter die Lupe genommen werden und dass, wenn Verstöße gegen das Gesetz stattfinden, die Parteien in deren Ausübung und Aktivitäten eingeschränkt werden."
4. Anastasia Schmid (43), Vorsitzende des Ukraine-Hilfsvereins "Mrija", geboren in der Ukraine: "Der Wunsch, reinrassig zu sein und andere Nationen zu unterdrücken, ist echter Faschismus"
"Ich lebe seit 22 Jahren in Deutschland, ich habe seit vielen Jahren einen deutschen Pass, meine drei Kinder wurden hier geboren, aber ich bin, war und werde eine Ukrainerin bleiben. So fühle ich mich. Wenn ich die unsinnigen (ich scheue nicht dieses Wort) Aussagen höre, 'Menschen mit ausländischen und Migrationshintergrund aus Deutschland zu vertreiben', reagiere ich sehr scharf und erinnere mich sofort an die Werbung eines großen Supermarktes, der den Deutschen anschaulich zeigen wollte, was passieren würde, wenn man alle Produkte aus den Regalen entfernt, die NICHT in Deutschland hergestellt werden. Die Regale waren leer. Im Laden blieben nur etwa 20 Prozent aller Waren übrig. Keine Vielfalt.
Natürlich denke ich nicht, dass Deutschland einfach so leer werden könnte wie die Regale in diesem Supermarkt. Außerdem glaube ich, dass es wohl nicht sehr viele Menschen gibt, die überhaupt keinen Migrationshintergrund haben. Ich denke, es ist wichtig, die Dinge beim Namen zu nennen: Der Wunsch, reinrassig zu sein und andere Nationen zu unterdrücken, ist echter Faschismus. Nicht gelernte Geschichtslektionen wiederholen sich. Und wir alle wissen bereits, wie diese Geschichte enden kann. Wie man sagt: Nie wieder ist jetzt!"
5. Firas Bdiwi (38), Betreiber Firas Levantinische Küche, geboren in Syrien: "Es gibt keine Nationalitäten auf der Welt, sondern es gibt Menschen"
"Ich wurde in Syrien geboren und bin vor ungefähr elf Jahren nach Deutschland geflohen. Hier angekommen, galt es erst einmal Deutsch zu lernen für mich, denn nur wenn du die Sprache sprechen kannst, kannst du Respekt erwarten. Sprache ist der Schlüssel für alles.
Meiner Meinung nach gibt es keine Nationalitäten auf der Welt, sondern es gibt Menschen. Denn niemand kann entscheiden, wo er auf der Welt geboren wird. Und es kommt immer darauf an, was man mit seinem Leben anstellt. Ich habe mich selbstständig gemacht, da ich Deutschland etwas zurückgeben möchte dafür, dass ich so freundlich aufgenommen wurde. Syrien ist mein Mutterland und Deutschland ist jetzt meine zweite Heimat, ich möchte ein guter Sohn für Deutschland sein.
Die rechten Menschen sind meiner Meinung nach sehr weit weg von der Realität, denn Ausländer – natürlich gibt es Ausnahmen – machen viel für das Land. Stellen Sie sich mal vor, in Deutschland gäbe es keine Menschen mit Migrationshintergrund mehr? Alleine in der Spiegelstraße, wo einer meiner Läden ist, müssten gleich mehrere Restaurants schließen. Das wäre doch keine lebendige und lebenswerte Stadt mehr. Der Mensch braucht Vielfalt. Deshalb habe ich keine Angst, dass ich mal aus Deutschland verdrängt werde."
6. Agata Stopińska (48), Mitarbeiterin der Uni Würzburg, geboren in Polen: "Im aktuellen gesellschaftlichen Diskurs vermisse ich Lösungsvorschläge für politische Bildung"
"Ich lebe mehr als die Hälfte meines Lebens in Deutschland, nachdem ich als Studentin nach Freiburg im Breisgau kam, um mein Studium der Linguistik fortzusetzen. An der Universität Würzburg betreue ich ausländische Studierende, mein Arbeitsalltag dreht sich um Integrationsthemen. Im Grunde ist mein ganzes Berufsleben, das ich an deutschen Hochschulen verbracht habe, sowie das Ehrenamt im Ausländer- und Integrationsbeirat der Stadt Würzburg davon geprägt, mich für Völkerverständigung und Toleranz einzusetzen. Mit meinem deutschen Mann habe ich zwei Kinder, die zweisprachig aufwachsen, sodass auch mein privater Alltag ein interkultureller ist.
Die Enthüllungen zur AfD haben mich wie zutiefst empört. Sofort dachte ich an das Werk des polnischen Historikers Władysław Bartoszewski, für den das Wichtigste Anstand war. Mein elfjähriger Sohn, der sich intensiv mit der Geschichte der Neuzeit auseinandersetzt, kam zu mir und meinte, ich solle mich jetzt wegen meiner Sicherheit hier um die deutsche Staatsbürgerschaft bemühen, die ich bisher als EU-Bürgerin nicht vermisst habe. "Im aktuellen gesellschaftlichen Diskurs vermisse ich Lösungsvorschläge für politische Bildung, die gemeinsame Identität und Diversität feiert - gerade zeigt sich, dass die Mehrheit der Bevölkerung genau das will -, statt wie die AfD dumpfe Deutschtümelei anzubieten. “
Es gibt keinen 100%igen Deutschen! Das wurde inzwischen von Wissenschaftlern, anhand DNA - Untersuchungen bestätigt.
Alle die hier geboren wurden, dürfen froh sein. Doch keiner der Hetzer hat es auch eigener Kraft erreicht.
Übrigens, der Mensch ist durch die Evolution ein Ergebnis der Affenreihe. Mir scheint das kommt bei einigen noch groß raus.
Es gibt so viele Problem auf dieser Erde, Kriege, Not, Leid und Umweltschäden. Macht Euch besser darüber Gedanken. Der Hunger nach Macht und Geld schadet nur. Das Unheil kann jeden treffen, selbt wenn er alle Menschen die ihm unbequem sind, wegschickt.
Fangt endlich das Denken an!!!