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Hopferstadt
Paradebeispiel Hopferstadt: Wie ein 650-Einwohner-Dorf die Wärmewende geschafft hat
Was sich die Ampel-Koalition wünscht, ist in Hopferstadt teilweise Realität. Ein Nahwärmenetz versorgt 80 Prozent der Haushalte – und ersetzt 500.000 Liter Heizöl im Jahr.
Während andere von großen Öl- und Gasanbietern abhängig sind, stammt die Wärme für etwa 80 Prozent der Haushalte in Hopferstadt aus zwei Biogasanlagen am Ortsrand.
Foto: Fabian Gebert | Während andere von großen Öl- und Gasanbietern abhängig sind, stammt die Wärme für etwa 80 Prozent der Haushalte in Hopferstadt aus zwei Biogasanlagen am Ortsrand.
Anna-Lena Behnke
 |  aktualisiert: 29.08.2023 04:59 Uhr

Wer mit dem Auto von Ochsenfurt Richtung Hopferstadt unterwegs ist, sieht die weißen und grünen Kuppeln schon aus der Ferne. Etwas außerhalb des Ortes betreiben Landwirte zwei Biogasanlagen. Im ländlichen Raum so weit nichts Besonderes. Doch für den Ochsenfurter Ortsteil mit etwa 650 Einwohnerinnen und Einwohnern spielen diese Anlagen eine entscheidende Rolle.

"Hier entsteht die Wärme, die dafür sorgt, dass die Verbraucher später ihre Häuser heizen können", sagt Burkard Haaf mit einer Handbewegung in Richtung der Gasspeicher. Denn die Anlagen versorgen über ein Nahwärmenetz etwa 80 Prozent der Haushalte in Hopferstadt. Das Versorgungsnetz gehört keinem großen Konzern, sondern den Nutzerinnen und Nutzern, die sich zu einer Bürgergenossenschaft zusammengeschlossen haben. Haaf ist seit 2014 Vorstandsvorsitzender dieser Nahwärmegenossenschaft.

Günstiges Heizen, weniger fossile Energie

Er spricht von einer Win-win-Situation. Denn die Wärme ist quasi ein Nebenprodukt der Biogasanlagen. Für die Menschen in Hopferstadt bedeutet die jedoch günstiges Heizen – und weniger Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. " Wir sparen jedes Jahr ungefähr 500 000 Liter Heizöl", sagt Haaf.

Ein neues Konzept ist die Nahwärmeversorgung vor Ort nicht. Der Anschluss der ersten Wohnungen ist bereits mehr als zehn Jahre her. Damit war Hopferstadt seiner Zeit voraus. Im Vorfeld habe es damals viel Überzeugungsarbeit gebraucht, um genügend Haushalte für das Nahwärmenetz zu begeistern, erinnert sich Klaus Metzger, Aufsichtsratsvorsitzender der Nahwärmegenossenschaft. Heute hingegen haben Orte wie Hopferstadt eine Art Vorbildcharakter. Doch wie funktioniert ein solches Wärmenetz? Und können sich andere Ortschaften etwas abschauen?

Neun Landwirte bewirtschaften gemeinsam eine Biogasanlage

Gemeinsam mit den Landwirten Lothar Kechel und Rainer Schimmer steht Burkard Haaf auf einem Areal einige hundert Meter vom Ortskern entfernt – sozusagen dem Ausgangspunkt des Nahwärmenetzes. Kechel ist Betreiber der Anlage und Geschäftsführer der Bioenergie Hopferstadt GmbH, Schimmer ebenfalls Geschäftsführer. Gemeinsam mit sieben weiteren Landwirten bewirtschaften sie die kleinere der beiden Anlagen in Hopferstadt, die 2006 in Betrieb gegangen ist.

Rainer Schimmer (links) und Lothar Kechel sind Geschäftsführer der Bioenergie Hopferstadt GmbH. Gemeinsam mit sieben anderen Landwirten bewirtschaften sie eine der beiden Biogasanlagen am Ortsrand von Hopferstadt.
Foto: Fabian Gebert | Rainer Schimmer (links) und Lothar Kechel sind Geschäftsführer der Bioenergie Hopferstadt GmbH. Gemeinsam mit sieben anderen Landwirten bewirtschaften sie eine der beiden Biogasanlagen am Ortsrand von Hopferstadt.

Dort wird vornehmlich aus Mais, Gülle und Mist Biogas erzeugt und über Motoren und Generatoren in Strom verwandelt, der ins öffentliche Netz eingespeist wird. Die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) übernehme die Steuerung, erklärt Lothar Kechel. Werde mehr Strom gebraucht, können die Generatoren hochgefahren werden.

Was übrig bleibt, sind nährstoffreiche Gärreste, die zurück auf die Felder gebracht werden, – und Wärme. Ohne das Nahwärmenetz bliebe die zu einem großen Teil ungenutzt, sagt Kechel. Wieder fällt der Begriff "Win-win-Situation". "Es profitieren wir als Landwirte, die Genossenschaft – und die Umwelt", bekräftigt Schimmer. Denn Biogas zählt zu den CO₂-neutralen Brennstoffen. Ein optimales Konzept, so sind sich die Landwirte einig.

146 Haushalte sind an das Netz angeschlossen

Etwa dreihundert Meter entfernt auf dem Gelände eines alten Bauernhofs befindet sich die Nahwärme-Zentrale. Dort erhitzt die Abwärme einen zentralen, über 20.000 Liter fassenden Pufferspeicher. In Spitzenzeiten – etwa an kalten Wintertagen – könnten die beiden Biogasanlagen im Dorf bis zu 1500 Kilowatt Heizleistung liefern, sagt Kechel. Genügend, um die angeschlossenen Haushalte zu versorgen, sagt Thomas Haaf, technischer Vorstand der Nahwärmegenossenschaft. Zur Sicherheit steht neben dem Pufferspeicher aber noch ein mit Öl betriebener Heizkessel. Allerdings nur für absolute Notfälle, sagt Haaf.

In der Nahwärme-Zentrale: Thomas Haaf (von links), technischer Vorstand, Burkard Haaf, Vorstandsvorsitzender und Klaus Metzger, Aufsichtsratsvorsitzender der Nahwärmegenossenschaft.
Foto: Fabian Gebert | In der Nahwärme-Zentrale: Thomas Haaf (von links), technischer Vorstand, Burkard Haaf, Vorstandsvorsitzender und Klaus Metzger, Aufsichtsratsvorsitzender der Nahwärmegenossenschaft.

Von der Nahwärme-Zentrale aus werde das rund 78 Grad heiße Wasser über ein sieben Kilometer langes Leitungsnetz an die Haushalte verteilt, wo ein Wärmetauscher die Energie an die Heizanlage im Haus überträgt. 146 Abnehmer hat die Genossenschaft nach eigenen Angaben zurzeit.

Einer von ihnen ist Johannes Reißmann, der mit seiner Familie auf einem sanierten ehemaligen Bauernhof lebt und seit 2017 Nahwärme bezieht. Von dem Konzept sei er durchwegs überzeugt, sagt Reißmann: "Es funktioniert gut, wir sparen fossile Energieträger und es ist konstant relativ günstig." Einziger Nachteil: "Ich bin gebunden und könnte nicht so einfach wechseln." Doch dafür gebe es auch keinen Grund.

Bei Problemen rücken Hobby-Handwerker aus

Was die Verbraucherpreise angeht, halten sich die Vorstandsmitglieder bedeckt. Nur so viel: "Es ist sehr viel günstiger als Öl oder Gas", sagt Thomas Haaf. Gleichzeitig fallen weitere Kosten – etwa für den Schlotfeger oder Reparaturen am Heizkessel – weg.

Größere Probleme habe es seit dem Bau des Netzes keine gegeben, sagt Burkard Haaf. Habe ein Haushalt Probleme mit der Wärmeversorgung, gebe es keinen langwierigen Kundenservice. Stattdessen klingle dann bei ihm oder Thomas Haaf das Telefon.

Und sie wiederum hätten zwei handwerklich versierte Rentner an der Hand, die in so einem Fall bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern im Ort vorbeischauen, sagt der Genossenschaftsvorsitzende. "Einer sagt immer: ,Ich schaue mir das mal an, wenn ich Zeit habe.' Aber eigentlich weiß ich genau, dass er sofort losfährt."

Betreiber von Biogasanlagen haben mit Unsicherheiten zu kämpfen

Zu schön, um wahr zu sein? Ein Wermutstropfen ist das nahende Ende der staatlichen Förderung von Biogasanlagen. Bislang garantiere das Erneuerbare-Energien-Gesetz Betreibern feste Erlöse pro Kilowattstunde, sagt Geschäftsführer Kechel. Doch diese Garantie laufe in den kommenden Jahren aus. "Wir wissen nicht, was wir dann für unseren Strom bekommen", sagt der Geschäftsführer der Bioenergie Hopferstadt GmbH. Ihrem Unternehmen fehle dann die Sicherheit.

In den Biogasanlagen am Ortsrand von Hopferstadt entsteht vornehmlich aus Mais, Gülle und Mist Biogas und daraus wiederum Strom und Wärme.
Foto: Fabian Gebert | In den Biogasanlagen am Ortsrand von Hopferstadt entsteht vornehmlich aus Mais, Gülle und Mist Biogas und daraus wiederum Strom und Wärme.

"Wenn wir unseren Strom an der Strombörse verkaufen müssen, wäre es bei den aktuellen Preisen schon fast unwirtschaftlich, unsere Anlagen weiterzubetreiben", sagt Kechel. Das hat auch die Nahwärmegenossenschaft im Blick. "Es ist klar, dass niemand eine Biogasanlage betreibt, wenn das ein finanzielles Drauflege-Geschäft ist", sagt Thomas Haaf. 

Höhere Preise für die bezogene Wärme könnten eine Folge dieser Veränderungen sein, sagt Haaf. Oder im schlimmsten Fall das komplette Aus der Anlagen. Bisher sei das alles noch kein großes Thema. Trotzdem: Für den Fall, dass in der Zukunft einmal keine Wärme vonseiten der Biogasanlagen mehr zur Verfügung steht, gebe es eine Alternative. Dann könnte etwa auch eine Hackschnitzel-Anlage die nötige Energie erzeugen, sagt Burkard Haaf. Denn eines sei klar: Es soll weitergehen mit der Nahwärme.

Große Aufmerksamkeit – wie etwa dem Energiedorf Großbardorf – sei ihnen bisher erspart geblieben, sagt Haaf mit einem Schmunzeln. "Wir brauchen da auch keine Bestätigung. Wir wissen schon, dass wir auf dem richtigen Weg sind."

Herzstück der Nahwärme-Zentrale: Ein etwa 20 000 Liter fassender Pufferspeicher. Das heiße Wasser aus dem Tank wird über ein etwa sieben Kilometer langes Leitungsnetz an die Haushalte verteilt.
Foto: Fabian Gebert | Herzstück der Nahwärme-Zentrale: Ein etwa 20 000 Liter fassender Pufferspeicher. Das heiße Wasser aus dem Tank wird über ein etwa sieben Kilometer langes Leitungsnetz an die Haushalte verteilt.
 
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  • „Durchschnittlich etwa 5 Prozent des in Biogasanlagen produzierten Methans entweicht unkontrolliert in die Atmosphäre – etwa 300.000 Tonnen pro Jahr. Dabei ist Methan ein hochwirksames Klimagas: Sein Treibhauspotenzial ist mindestens 28 mal höher als das von Kohlendioxid.
    Damit können Biogasanlagen in der Gesamtbetrachtung sogar mehr Emissionen an klimaschädlichen Gasen verursachen als einsparen,“schreibt das Umweltbundesamt.
    Sind die Werte für die Hopferstädter Anlage auch bekannt? Vielleicht hakt die MP mal nach.
    Unter diesen Umständen ist natürlich nachvollziehbar, warum Biogasanlagen nicht mehr gefördert werden sollen.
    Darüberhinaus soll es lt behördlichen Angaben :„alle zwei Wochen zu schweren Unfällen in Biogasanlagen in D kommen: Brände und Explosionen in Biogasanlagen, tödliche Schwefelwasserstoffwolken, unkontrollierte Methanemissionen, Gülle-Tsunamis etc.“
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  • Karl Weeth
    Der Autor eines Textes, den ich gelesen habe, vertrat sinngemäß folgende Meinung:

    Einerseits können Biogasanlagen organische Abfälle wie landwirtschaftliche Rückstände, Lebensmittelabfälle und Gülle in Biogas umwandeln, wodurch die Methanemissionen aus diesen Abfällen reduziert werden. Andererseits können während des Biogasproduktionsprozesses Methan- und Lachgasemissionen austreten. Lachgas ist ein weiteres starkes Treibhausgas. Diese negativen Auswirkungen lassen sich aber minimieren, indem eine sorgfältige Planung und Umsetzung erfolgt. Auch eine Auswahl geeigneter Rohstoffe sowie sowie eine effiziente Gestaltung minimieren die Emissionen. Biogasanlagen sind nicht von Natur aus klimafreundlich, vielmehr spielen die individuellen Entscheidungen und Umstände eine erhebliche Rolle bzgl. Klimafreundlichkeit.
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  • Andreas Gerner
    Das UBA verzerrt mit der Aussage.

    Pflanzenbau ist ein Zyklus. Er geht immer damit einher, dass die Pflanzen nach der Ernte bzw. dem Absterben entweder verdaut werden (vom Menschen, von Tieren oder eben Bakterien), oder wieder verrotten. Dabei werden Methan und CO2 frei.

    Dem Klima ist egal, ob die Gase von den Äckern entweichen, aus Ihrer Atemöffnung bzw. der Kehrseite, aus dem Schlund der Rinder, aus Silos, Lagerbehältern, durch Lecks oder den Methanschlupf der Gasmotoren.

    Jedoch wird in BGAs das allermeiste Methan eben aufgefangen, statt zu entweichen.
    Die 5% Annahme stammt aus einer Zeit, wo Lagerbehälter oftmals keine Abdeckung hatten, Dichtsysteme Prototypen waren, Überschussgas nicht abgefackelt wurde, Faulraumbelastung übertrieben wurde. Zudem sind in "durchschnittlich" die Faultürme der Kläranlagen dabei. Die Fäkalien gasen viel Methan schon "auf der Anreise" aus.

    Moderne landwirtschaftliche BGA sind erheblich besser.
    UND: Methan zerfällt wieder. Mehrt sich also nicht!
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