Die Verunsicherung in zwölf Gemeinden ist groß: Westlich von Würzburg soll das zweitgrößte Trinkwasserschutzgebiet Bayerns ausgewiesen werden. Die Rede ist von 66 Quadratkilometern.
Davon betroffen: Waldbüttelbrunn, Hettstadt, Waldbrunn, Eisingen, Altertheim, Greußenheim, Helmstadt, Leinach, Uettingen, Höchberg und Zell am Main im Landkreis Würzburg sowie Gerchsheim, ein Ortsteil von Großrinderfeld im Main-Tauber-Kreis. In fast all diesen Gemeinden muss künftig bei jedem neuen Bauprojekt der Schutz des Grundwassers stärker in den Blick genommen werden.
Das gefällt nicht jedem. Bei drei Treffen des Würzburger Landrats Thomas Eberth (CSU) mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der zwölf Gemeinden, Vertretern des Wasserwirtschaftsamtes, des Wasserversorgers und der unteren Wasserrechtsbehörde wurde beispielsweise auch diskutiert, ob die geplante Erweiterung des Trinkwasserschutzgebiets der Zeller Quellen von acht auf 66 Quadratkilometer überhaupt nötig ist.
Dass sie nötig ist, sagen hydrogeologische Gutachten der Trinkwasserversorgung Würzburg GmBH (TWV). Die Zeller Quellen versorgen die Hälfte der Bevölkerung der Stadt Würzburg mit sauberem Trinkwasser. Die Stadt sei auf das Grundwasser angewiesen, das im Landkreis entsteht, sagt die TWV. Der Landrat argumentiert, der Trinkwasserschutz müsse mit der Lebensqualität der 18.000 Landkreisbewohner auf den 66 Quadratkilometern vereinbar sein. Der Landkreis müsse einen Ausgleich erhalten.
Wird die Lebensqualität im Landkreis tatsächlich durch das Schutzgebiet beeinträchtigt? Welche Verbote und Kosten kommen auf Kommunen, Landwirte und Häuslebauer zu? Antworten gibt Alfred Lanfervoß, seit 30 Jahren Abteilungsleiter bei der Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH.
Alfred Lanfervoß: Natürlich. Die Menschen vor Ort wollen wissen: Was bedeutet ein Wasserschutzgebiet? Kommen Kosten auf uns zu? Darüber muss man ganz offen sprechen. Wir halten den direkten Austausch mit den Betroffenen für wichtig. Mit der Gemeinde Helmstadt gab es bereits eine Informationsveranstaltung.
Lanfervoß: Das kommt darauf an. Wichtig ist aber: Der größte Teil des neu ausgewiesenen Schutzgebiets, 60 von den insgesamt 66 Quadratkilometern, sollen künftig in der "weiteren Schutzzone III B" liegen. Hier gibt es geringere Anforderungen an den Grundwasserschutz. Das meiste ist in dieser Zone weiter erlaubt. Dort müssen Umweltauflagen eingehalten werden, die unabhängig vom Wasserschutzgebiet bereits gelten. Sie müssen oft nur strenger kontrolliert werden.
Lanfervoß: Nein. Die Düngeregeln und der Maschineneinsatz ändern sich nicht. Allerdings werden wir Landwirten freiwillige Kooperationen vorschlagen, wie es sie in anderen Schutzgebieten und auch in der Gemeinde Zell am Main bereits gibt. Dort erhalten Landwirte Ausgleichszahlungen von uns, wenn sie ihre Flächen über die gesetzlichen Standards hinaus grundwasserschonend bewirtschaften.
Lanfervoß: Bodenaushub ist in Zone III B erlaubt. Gruben dürfen wieder mit natürlichem Material, nicht aber mit Abfällen oder wassergefährdenden Stoffen aufgefüllt werden.
Lanfervoß: Neue Baugebiete sind in Zone III B weiter möglich. Auch Keller dürfen gebaut werden - bis zu einer Tiefe von vier Metern und solange ein Ein-Meter Abstand zum Grundwasserleiter stehen bleibt. Auf Häuslebauer kommen aus unserer Sicht keine höheren Kosten zu.
Lanfervoß: Gemeinde- und Kreisstraßen, auf denen weniger als 2000 Fahrzeuge pro Tag fahren, dürfen "normal" gebaut werden. Für stärker befahrene Straßen kommen zusätzliche Anforderungen hinzu. Rad-, Feld-, oder Waldwege sind in allen Zonen des Wasserschutzgebietes ohne Einschränkungen weiter möglich.
Lanfervoß: Ja. Sollten dort aber wassergefährdende Stoffe gelagert werden, müssen Schutzvorkehrungen getroffen werden. Es kommt auf die Dimension an. Eine Raffinerie wäre in einem Wasserschutzgebiet ausgeschlossen.
Lanfervoß: In der Regel nicht - mit einer Ausnahme: Abwasserkanäle müssen besser überwacht werden. In einem Wasserschutzgebiet müssen öffentliche Abwasserrohre alle fünf Jahre, statt alle zehn Jahre, kontrolliert werden. Für Privatleute gilt eine Prüffrist von zehn statt 20 Jahren. Sollte ein Abwasserrohr beschädigt sein, muss es in Stand gesetzt werden - im Wasserschutzgebiet genauso wie außerhalb.
Lanfervoß: Ja. Nur bei besonders großen Anlagen und einer besonders tiefen Verankerung im Boden, muss man im Einzelfall prüfen, ob der Abstand zum Grundwasser ausreicht.
Lanfervoß: Erdwärmekollektoren sind in Zone III B erlaubt - auch wieder bis zu einer Tiefe von vier Metern. Bohrungen in größerer Tiefe sind verboten. Das hat aber nichts mit dem Wasserschutzgebiet zu tun. Das Landesamt für Umwelt hat tiefere Bohrungen in Kluft- und Karstbereichen in ganz Bayern verboten. Und der Untergrund westlich von Würzburg ist ein Kluft- und Karstgrundwasserleiter.
Lanfervoß: Ganz genau. Deshalb ist es auch so wichtig, dass das Schutzgebiet in dieser Größe erweitert wird. Das haben in den letzten 30 Jahren viele Gutachten gezeigt. Es geht um das wichtigste Wasservorkommen der Stadt Würzburg, von dem mehr als 65.000 Menschen abhängen!
Lanfervoß: Wäre das Schutzgebiet schon ausgewiesen, wäre der unterirdische Gipsabbau der Firma Knauf grundsätzlich verboten. Dieser Maßstab ist aber auch jetzt bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens anzusetzen.
Lanfervoß: In Zone II, der engeren Schutzzone, sind grundsätzlich keine neuen Bau- und Gewerbegebiete, Bundes- oder Kreisstraßen, Windräder, Erdwärme oder große öffentliche Veranstaltungen erlaubt. Die Zone II betrifft aber keine bebauten Gebiete Waldbüttelbrunns. Und sie wird sich von aktuell fünf auf künftig 4,6 Quadratkilometer verkleinern. In Zone III A sind einige Nutzungen ebenfalls verboten, mit Einschränkungen versehen oder müssen im Einzelfall geprüft werden. Das betrifft aber einen kleinen Bereich von lediglich 1,1 Quadratkilometer.
Lanfervoß: Richtig. Hier gilt ja schon das bestehende Wasserschutzgebiet.
Lanfervoß: Immer, wenn man den Wasserhahn aufdreht, muss das Wasser irgendwo herkommen und irgendwo geschützt werden. Es gibt keine Stadt, die ein so großes Gewinnungsgebiet in ihrem Stadtgebiet hat, dass sie ihr Trinkwasser damit decken kann. Landkreisbewohner nutzen ja auch die Schulen, die Krankenhäuser und öffentlichen Einrichtungen der Stadt, in denen das Wasser verteilt wird. Es ist ein gegenseitiges Miteinander.
Lanfervoß: Nein. Beim Wasserschutzgebiet geht es nicht um ein privatwirtschaftliches Interesse, sondern darum, ein Allgemeingut auf Dauer zu erhalten: unser Trinkwasser!