Der unterfränkische Allgemeinmediziner Dr. Christian Pfeiffer aus Giebelstadt (Lkr. Würzburg) ist neuer Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB). Die Liste an Themen, die auf den 55-Jährigen warten, ist lang. Übervolle Praxen, stockende Digitalisierung, monatelange Wartezeiten auf Facharzttermine und Nachwuchssorgen auf dem Land. Er sehe, sagt Pfeiffer, "die große Gefahr, dass die Versorgung nicht mehr gesichert ist". Ein Gespräch über das Ende der Hausarztpraxis um die Ecke, über Medizinische Versorgungszentren und Finanzinvestoren - und die Zukunft für Patientinnen und Patienten in Unterfranken.
Dr. Christian Pfeiffer: Ich werde auf jeden Fall einen Tag pro Woche in der Praxis tätig bleiben. Denn Hausarzt ist man mit Leib und Seele, das lässt sich nicht wegwischen. Und es würde weh tun, die Behandlung von Patienten ganz aufzugeben. Daneben muss man natürlich merken, wie sich die Entscheidungen der Gesundheitspolitik oder der Kassenärztlichen Vereinigung in der Praxis auswirken.
Pfeiffer: Schon als ich 1997 bei meinem Vater in die Praxis eingestiegen bin, habe ich mich für Berufspolitik interessiert. Ich war von Anfang an im Hausarztverband tätig und später in der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Entscheidung für den Vorstandsposten war deshalb für mich ein logischer Schritt in meinem Leben, von dem ich sagen kann: Ja, das wird mir Spaß machen und das interessiert mich.
Pfeiffer: Wichtig ist, dass ich als Vorstandsvorsitzender der KVB für alle bayerischen Haus- und Fachärzte sowie Psychotherapeuten da bin. Aber ganz klar: Gerade im hausärztlichen Bereich gibt es viele Probleme, zum Beispiel den Hausarztmangel, den wir dringend angehen müssen und der uns vor Herausforderungen stellt. Bei Fachärzten besteht übrigens ebenfalls ein gewisser Mangel, nur ist dieser für die Menschen noch nicht so spürbar.
Pfeiffer: Die Kassenärztliche Vereinigung und die Berufsverbände wollen schon bei den Medizinstudenten Interesse für die Arbeit auf dem Land wecken. Deshalb gibt es zum Beispiel ein Famulatur-Programm und wir haben erreicht, dass an fast allen Universitäten in Bayern ein Lehrstuhl für Allgemeinmedizin eingerichtet wurde. Das ist wichtig, damit die Studenten schon früh die Verwurzelung zur Allgemeinmedizin spüren. Daneben gibt es finanzielle Förderungen für Ärzte, die sich in Regionen mit bestehender oder drohender Unterversorgung niederlassen.
Pfeiffer: Mittlerweile spricht auch unser Bundesgesundheitsminister über mehr Studienplätze, die bayerische Staatsregierung hat die Studienplatzanzahl erhöht. Zudem kommen aus der Politik Signale, dass der "Masterplan Medizinstudium 2020", der die Allgemeinmedizin stärken soll, endlich umgesetzt werden soll – wie es eigentlich schon für 2020 geplant war. Ich denke, es ist jetzt auch in Berlin angekommen, dass der Mangel, der uns bevorsteht, erhebliche Auswirkungen haben wird.
Pfeiffer: Ja. Es gibt wohl leider bald nicht mehr den Hausarzt um die Ecke. Die vorhandenen Hausarztpraxen sind ausgelastet. Ich sehe die große Gefahr, dass die Versorgung nicht mehr gesichert ist. Auf diese Situation steuern wir zu.
Pfeiffer: Vielleicht existiert eine falsche Vorstellung von dem Beruf als Hausarzt. Aus meiner Sicht gibt es nichts, was abwechslungsreicher ist und einfach Spaß macht.
Pfeiffer: Gar keine Frage: Ich würde nichts anderes wollen und wählen.
Pfeiffer: Die Ambulantisierung ist ein wichtiger Punkt. Die Krankenhäuser verbrauchen viel Geld und kämpfen mit erheblichem Personalmangel. Deshalb ist es wichtig, den ambulanten Bereich zu stärken und ihm die Wertschätzung zu geben, die er verdient. Da appelliere ich an die Politik, die finanzielle Vergütung von ambulanten Leistungen zu verbessern und damit die Versorgung sicher zu stellen.
Pfeiffer: Grundsätzlich darf man den Klinikbereich nicht so ausdünnen, dass die Leute vor Ort keine Basisversorgung mehr haben. Gleichzeitig ist ein Punkt richtig: Wir brauchen Schwerpunktzentren, große Kliniken, die Spezialeingriffe durchführen – und dafür muss man auch einen weiteren Weg in Kauf nehmen.
Pfeiffer: Ich denke, es wird vermehrt größere medizinische Einheiten an größeren Standorten geben, die die Umgebung mitversorgen. Und das ist völlig in Ordnung. Das können sogenannte Medizinische Versorgungszentren oder Gemeinschaftspraxen sein. Problematisch sind hingegen investorengetragene MVZs, die renditeorientiert arbeiten. Denn die Gefahr dabei ist, dass dort Rosinen, die Geld bringen, herausgepickt werden – und die Basisversorgung nicht mehr ausgeübt wird.
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