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Würzburg
Mangel an Hausärzten: Wie die Uni Würzburg dagegen vorgeht
Im Kampf gegen den Hausärztemangel braucht es neue Modelle - und eine Aufwertung der Allgemeinmedizin. Ein Lehrstuhl und zwei Professorinnen in Würzburg tragen dazu bei.
Fast zwei Drittel aller Medizin-Studierenden in Deutschland sind mittlerweile weiblich. Das hat Folgen für das Berufsbild und für Arbeitsmodelle. Unser Bild zeigt eine Studentin beim Würzburger Campus-Festival.
Foto: Daniel Peter | Fast zwei Drittel aller Medizin-Studierenden in Deutschland sind mittlerweile weiblich. Das hat Folgen für das Berufsbild und für Arbeitsmodelle. Unser Bild zeigt eine Studentin beim Würzburger Campus-Festival.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 27.04.2023 08:13 Uhr

Die medizinische Versorgung auf dem Land ist eine Herausforderung: Ärzte gehen in Ruhestand, Nachfolger fehlen, Praxen schließen. Jetzt will sogar die Deutsche Bahn rollende Arztpraxen anbieten: Gesundheitsbusse mit Hausarzt und Helferin an Bord, die ausgewählte Gemeinden anfahren. Mobile Praxen können Versorgungsengpässe überbrücken, niedergelassene Hausärzte ersetzen sie nicht.

Lehrstuhl an der Uni Würzburg mit zwei Frauen besetzt

Woher aber soll der Nachwuchs kommen? Eine Option: die Allgemeinmedizin im Studium aufzuwerten und zu stärken, wie es der von der Bundesregierung beschlossene "Masterplan Medizinstudium 2020" vorsieht. Folgerichtig scheint deshalb die Einrichtung weiterer Lehrstühle für Allgemeinmedizin. In Bayern hat die Würzburger Julius-Maximilians-Universität (JMU) als vierte Uni nach den beiden Münchner Hochschulen und Erlangen-Nürnberg Ende 2017 einen solchen Lehrstuhl erhalten.

Bei ihrer Antrittsvorlesung: Die beiden Professorinnen Anne Simmenroth und Ildikó Gágyor (von links) vom Institut für Allgemeinmedizin mit Dr. Dieter Geis (links), Ehrenpräsident des Bayerischen Hausärzteverbandes, und Prof. Ferdinand Gerlach von der Goethe-Uni Frankfurt/Main.
Foto: Thomas Obermeier | Bei ihrer Antrittsvorlesung: Die beiden Professorinnen Anne Simmenroth und Ildikó Gágyor (von links) vom Institut für Allgemeinmedizin mit Dr.

Für Aufsehen sorgte vor allem die Besetzung: Dass sich in Würzburg mit Anne Simmenroth und Ildikó Gágyor zwei Medizinerinnen eine Professur teilen und zusätzlich in Hausarztpraxen arbeiten, ist bis dato einmalig in Deutschland und könnte als Arbeitsmodell Schule machen. Die beiden Professorinnen und Mütter stehen vorbildhaft für ein verändertes Rollenbild. Ihr Beispiel könnte dazu beitragen, dass mehr junge Mediziner den Weg in eine Hausarztpraxis finden, wurde jetzt bei der Antrittsvorlesung der beiden Ärztinnen am Uniklinikum Würzburg deutlich.

"Der Effekt ist mit Zahlen aus anderen Hochschulen belegbar."
Prof. Ferdinand Gerlach, Direktor Allgemeinmedizin an der Uni Frankfurt/Main 

"Der Hausarzt der Zukunft ist eine Hausärztin", sagt Prof. Ferdinand Gerlach, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin an der Goethe-Uni Frankfurt/Main und Vorsitzender des Sachverständigenrates im Gesundheitswesen. Der Frauenanteil unter den Medizinstudenten liege mittlerweile bei deutlich über 60 Prozent. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf werde auch deshalb immer wichtiger.

Gerlach ist überzeugt, dass ein eigener Lehrstuhl und seine inhaltlichen Studienangebote am Ende mehr Hausärzte hervorbringen: "Der Effekt ist mit Zahlen aus anderen Hochschulen belegbar." Der Nachwuchs erfahre durch die direkte Begegnung, wie attraktiv die Allgemeinmedizin als "Gesprächs- und Beziehungsmedizin" sein könne. Nur in der Allgemeinmedizin würden Studierende in den Praxen eins zu eins betreut. "Und sie erleben, dass Patienten in der Regel ein gutes Verhältnis zu ihren Hausärzten haben."

Seit drei Jahren wieder Zuwächse bei jungen Allgemeinmedizinern

Wer schon im Studium solche Einblicke erhält, entscheidet sich später offenbar eher für die Allgemeinmedizin.  Immerhin: Laut Ärztekammer steigt nach einem Einbruch vor zehn Jahren bundesweit seit 2016 die Zahl der Facharztanerkennungen für Allgemeinmedizin wieder  – von 1290 über 1394 (2017) auf  1556 im vergangenen Jahr, rund zwei Drittel davon sind Frauen.

Die beiden Professorinnen Anne Simmenroth und Ildikó Gágyor vom Institut für Allgemeinmedizin überzeugten bei ihrer Antrittsvorlesung nicht nur fachlich, sondern auch mit einer Gesangseinlage.
Foto: Thomas Obermeier | Die beiden Professorinnen Anne Simmenroth und Ildikó Gágyor vom Institut für Allgemeinmedizin überzeugten bei ihrer Antrittsvorlesung nicht nur fachlich, sondern auch mit einer Gesangseinlage.

Für eine flächendeckende Versorgung braucht es aber deutlich mehr Zuwachs. Viele Hausärzte gehen bald in den Ruhestand, auch in der Region Mainfranken. Schon jetzt gelten Bereiche wie Lohr (Lkr. Main-Spessart) und Schweinfurt-Nord als unterversorgt, sagt Christian Pfeiffer, Allgemeinmediziner und Beauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung (KVB) für Unterfranken. Hausärzte, die sich in unterversorgten Region niederlassen, fördert die KVB mit bis zu 100.000 Euro. 

"Bedürfnisse von Patienten und Arzt lassen sich vereinbaren."
Dr. Jürgen Schott über Hausarzt-Zentren

In Schweinfurt-Süd wird die Versorgung beispielsweise durch ein Hausarzt-Zentrum in Grafenrheinfeld sichergestellt. Neun Ärzte sind hier beschäftigt, davon sechs Frauen. Vorteil: Durch die Zusammenarbeit im Zentrum lassen sich Arbeitszeiten, Wochenend- und Schichtdienst besser  regulieren.  Dr. Jürgen Schott, der gemeinsam mit seiner Frau in dem Zentrum arbeitet, hält es für ein Modell der Zukunft: "So lassen sich die Bedürfnisse von Patienten und Arzt oder Ärztin vereinbaren."

Dr. Christian Pfeiffer, Facharzt für Allgemeinmedizin und regionaler Vorstandsbeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung für Unterfranken.
Foto: Andreas Jungbauer | Dr. Christian Pfeiffer, Facharzt für Allgemeinmedizin und regionaler Vorstandsbeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung für Unterfranken.

KVB-Regionalbeauftragter Pfeiffer freut sich, dass die Allgemeinmedizin aus ihrem akademischen Schattendasein tritt. Der neue Lehrstuhl sei ein "wahnsinniger Imagegewinn" und eine Aufwertung des Fachs auch gegenüber Kollegen anderer Fachrichtungen. Dass Allgemeinmediziner in der Vergangenheit gerne mal als Wald- und Wiesendoktores belächelt wurden, damit soll es nun vorbei sein.

Hausärzte-Vertreter Dieter Geis setzt auf Akademisierung der Allgemeinmedizin

Das hofft auch Dr. Dieter Geis, Ehrenvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes. Der Allgemeinmediziner aus Randersacker rechnet mit einer weiteren Durststrecke von fünf bis sieben Jahren. Nur durch die weitere Akademisierung der Allgemeinmedizin lasse sich genügend Nachwuchs für die Praxen gewinnen, so Geis' Überzeugung: "Über einen eigenen Lehrstuhl lernen Studenten den Beruf des Allgemeinmediziners vom ersten Semester an kennen."

Nach dem Studium bleibe die Uni Ansprechpartner: Angehende Hausärzte müssen sich nicht auf eigene Faust durchschlagen, sondern können auf Weiterbildungsprogramme des Lehrstuhls zurückgreifen. Dass es künftig noch mehr Allgemeinmediziner braucht, steht für Geis außer Frage: "Die Menschen werden immer älter. Sie medizinisch zu begleiten, dafür brauchen wir vor allem die Hausärzte."

 
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  • engert.andreas@gmx.de
    Für mich bleibt die Zukunft des Allgemeinarztes eine ganz andere: die Kommune betreibt die Praxis vor Ort - und der Arzt ist kommunaler Angestellter (da können sich auch zwei Ärzte eine Stelle teilen - oder drei Ärzte zwei Stellen) .
    Meiner Überzeugung nach wollen einfach viele gerade junge Ärzte bzw Ärztinnen nicht als Selbstständige arbeiten, den Aufwand mit Angestellten, der Abrechnung etc - sondern zur Arbeit kommen, für die Patienten da sein - und wieder nach Hause gehen - und mit der Bürokratie nichts zu tun haben. Gerade wenn es viele junge Ärzte sind, die dann auch mal ne Familie gründen wollen, wäre das ein guter Weg in die Zukunft!
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  • Einwohner
    Gibt es eigentlich zuverlässige Statistiken ob heute tatsächlich weniger Hausärzte pro Bevölkerung vorhanden sind oder ob einfach die Nachfrage grösser ist weil jeder ständig zum Arzt rennt?
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