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Würzburg/Bad Kissingen/Karlstadt
Nach Software-Chaos und Durchfaxen von Corona-Zahlen: Wie digital arbeiten Unterfrankens Gesundheitsämter heute?
Die Kritik an der technischen Ausstattung der Gesundheitsbehörden war massiv. Was hat sich seit der Pandemie getan und sind Behörden in Unterfranken jetzt besser gerüstet?
In der Pandemie mussten die Gesundheitsämter mit veralteter technischer Ausstattung den Kampf gegen Corona führen. Wie digital arbeiten die Behörden in Unterfranken heute?
Foto: Symbolbild: Getty Images | In der Pandemie mussten die Gesundheitsämter mit veralteter technischer Ausstattung den Kampf gegen Corona führen. Wie digital arbeiten die Behörden in Unterfranken heute?
Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 26.05.2024 02:39 Uhr

Gefaxte Corona-Zahlen, Software-Chaos, Datenerfassung wie "aus der Steinzeit": Für die technische Ausstattung der Gesundheitsämter hagelte es in der Pandemie massiv Kritik. Infektionszahlen wurden zu langsam übermittelt, zur Nachverfolgung der Covid-Fälle und Kontaktpersonen kamen verschiedenste Programme zum Einsatz, Schnittstellen passten nicht zusammen. Was hat sich seitdem getan? Sind Unterfrankens Gesundheitsämter für eine Pandemie inzwischen besser gerüstet?

"Eine Pandemie ist und bleibt eine herausfordernde Situation", heißt es vom Landratsamt Würzburg. Doch das Gesundheitsamt für Stadt und Landkreis Würzburg sei heute besser aufgestellt als zu Corona-Zeiten. Man habe Personal aufgebaut und arbeite deutlich digitaler.

Immer noch kein einheitliches Programm zur Nachverfolgung von Kontaktpersonen

Ähnlich antworten auch die anderen befragten Gesundheitsämter in der Region. Übereinstimmend betonen die Behörden Fortschritte bei der Digitalisierung. Aber nach wie vor werden beispielsweise zur Nachverfolgung von Infektionsketten verschiedenste Anwendungen genutzt. Ein Grund: Das Programm Sormas, das für ein einheitliches Management sorgen sollte, wurde Ende März bayernweit eingestellt. 

Die Verantwortung dafür schiebt das bayerische Gesundheitsministerium dem Bund zu. Sormas habe nur zur Bearbeitung von Covid-19-Fällen gedient, teilt ein Ministeriumssprecher mit. Für andere meldepflichtige Infektionskrankheiten sei die Software nicht nutzbar gewesen. Eine entsprechende Weiterentwicklung habe der Bund abgelehnt.

Stattdessen setze das Bundesgesundheitsministerium auf eine eigene Anwendung für den Infektionsschutz: Das "Elektronisches Melde- und Informationssystem für Gesundheitsämter", kurz Emiga, ist Teil einer geplanten zentralen IT-Plattform für den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Die Entwicklung von Emiga sei noch nicht abgeschlossen, so der Ministeriumssprecher in München. Bayern habe hier bereits "mehrfach" Fortschritte angemahnt.

Längst nicht alle Labore, Ärzte oder Kliniken übermitteln Infektionsfälle digital

Gut funktioniert nach Angaben der unterfränkischen Gesundheitsämter die Arbeit mit Demis, dem "Deutschen Elektronischen Melde- und Informationssystem für den Infektionsschutz". Über das bundesweite Portal können Krankenhäuser, Praxen und Labore meldepflichtige Infektionen an die Gesundheitsämter übermitteln.

Seit 2021 sind laut Ministerium alle bayerischen Gesundheitsämter an dieses Portal angeschlossen. Schnittstellen würden, anders als noch in der Pandemie, reibungslos funktionieren. Der Haken aus Sicht der Gesundheitsämter: Längst nicht alle Labore, Ärzte und Einrichtungen melden Infektionsfälle digital.

So gibt es zum Beispiel im Gesundheitsamt Haßberge nach wie vor ein Faxgerät, "damit noch nicht an die digitale Meldestruktur angeschlossene Akteure weiterhin melden können". Die Behörde selbst sei seit der Pandemie "sehr viel digitaler" geworden, gerade bei der Nachverfolgung von Infektionsketten.

Ähnlich sieht es in den Landkreisen Rhön-Grabfeld, Kitzingen oder Main-Spessart aus. Im Gesundheitsamt Main-Spessart gehe mittlerweile die "überwiegende Anzahl" der Meldungen über Infektionskrankheiten per Demis ein. In der Behörde würden diese Meldungen dann "direkt digital" weiterverarbeitet. Aber auch hier steht einem Sprecher zufolge zur Sicherheit "ein digitales Faxgerät als alternativer Meldeweg zur Verfügung". 

Trotz diverser Förderprogramme: Im Ernstfall lieber wieder eigene Software-Lösungen

Das zeigt: Auch wenn die Politik die Digitalisierung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes seit der Pandemie in den Fokus gerückt und diverse Förderprogramme aufgesetzt hat, ist bei der Umsetzung noch Luft nach oben. Und sollte erneut eine Pandemie ausbrechen, würden sich einige Gesundheitsämter wohl lieber auf eigene Lösungen verlassen als auf Anwendungen von Bund und Land. 

Im Gesundheitsamt Bad Kissingen beispielsweise habe man bereits während der Corona-Pandemie erfolgreich mit eigenen Software-Lösungen und Prozessen gearbeitet, teilt eine Sprecherin des Landratsamtes mit. So habe man zur Nachverfolgung von Infektionen "als erste Behörde im Bundesgebiet" Software-Roboter eingesetzt und Covid-Fälle "vollautomatisiert abgearbeitet". Deshalb würde man in Bad Kissingen guten Gewissens wieder "auf die im Haus bestehenden Erfahrungen und die erhaltene Infrastruktur erneut zurückgreifen". 

 
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Kommentare
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  • Gerhard Zwierlein
    Wer fristwahrend beim Landgericht in Schweinfurt, beim Amtsgericht Würzburg, beim Finanzgericht in Nürnberg einen Brief in der letzten Woche vor Ablauf der Frist übermitteln will, der muss sich in s Auto setzen und hinfahren oder er benutzt ein FAX. Digital geht für den Bürger da gar nichts. Ich persönlich habe den Eindruck, dass mit der Abschaffung der Faxgeräte oder auch nur mit dem Nicht-mehr-veröffentlichen der FAX - Nummer an den Behörden der Bürger einen Nachteil erleidet. Ein Fortschritt ist die Abschaffung eines funktionierenden Systems, für das es digital gar keinen adäquaten Ersatz gibt nicht.
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  • Gerhard Zwierlein
    Es wird immer über das FAX geschimpft. ABER: Die Übermittlung fristwahrender Schriftstücke mittels Telefax ist (in allen Gerichtszweigen) uneingeschränkt zulässig. Damit kann jeder Bürger fristwahrend und nachweisbar Klage oder Widerspruch einlegen. E-Mail ist zwar zuverlässig, aber am anderen Ende könnte jeder sitzen. Eine Empfangsbestätigung bestätigt nur, dass der Mailserver die E-Mail erhalten hat, nicht der Empfänger. Ein Fax verifiziert die Zustellung, eine Unterschrift verifiziert die Identität, deshalb ist ein Fax rechtsverbindlich, denn es übermittelt eine Kopie der Unterschrift und eine E-Mail nicht.
    --> solange Gerichte und Ämter keine entsprechende EMAIL-Funktion für jeden Bürger einrichten, brauchts das FAX. Eigentlich ist eine Verschlechterung eingetreten:
    De-Mail wurde abgeschafft! Das war eine vertrauliche elektronische Kommunikation zwischen eindeutig identifizierbaren Partnern. Versand, Empfang und Inhalte von De-Mails können rechtswirksam nachgewiesen werden.
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  • Daniel Gotthold
    Das hier allen Ernstes FÜR das Fax plädiert wird, im Jahr 2024, das kann man sich nicht ausdenken.
    Und dann wird sich gewundert, warum in Deutschland nichts voran geht.
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