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Waldbrunn
Vorwürfe: Ist das Gesundheitsamt Würzburg dem Corona-Kampf gewachsen?
Eine Unternehmerin aus Waldbrunn erhebt nach einer Infektion in ihrem Betrieb Vorwürfe gegen das Würzburger Gesundheitsamt. Worum es geht und wie die Behörde reagiert.
73 Personen arbeiten im Gesundheitsamt Würzburg unter Hochdruck an der Verfolgung von Kontaktketten. Doch funktioniert das auch immer wie gewünscht?
Foto: Thomas Obermeier | 73 Personen arbeiten im Gesundheitsamt Würzburg unter Hochdruck an der Verfolgung von Kontaktketten. Doch funktioniert das auch immer wie gewünscht?
Aaron Niemeyer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:22 Uhr

Ines Hensel ist empört. "Die letzten Monate mussten wir leider immer wieder sehr unerfreuliche Erfahrungen mit dem Würzburger Gesundheitsamt machen", schreibt die Unternehmerin aus Waldbrunn an die Redaktion. Ihr Vorwurf: Das Gesundheitsamt habe viel zu spät auf eine gemeldete Infektion in ihrem Betrieb reagiert. Durch Arbeitsweisen "wie im letzten Jahrhundert" drohten ihr Verdienstausfälle. Eine Erfahrung die ihrer Ansicht nach viele Unternehmen in der Region teilten.

Das Gesundheitsamt Würzburg bestätigt den Vorfall und spricht von einem zwischenzeitlichen Engpass, der inzwischen behoben sei. Doch was ist passiert?

Firma aus Waldbrunn musste fast eine Woche auf Anweisungen warten

Am 7. April, so Hensel, habe einer ihrer Mitarbeiter (wohnhaft in Wertheim) ihr telefonisch mitgeteilt, dass er positiv auf Corona getestet worden sei. Zuvor habe der Mitarbeiter Kontakt mit Kollegen gehabt, diese habe sie sofort nach Hause geschickt. Am selben Tag habe das Gesundheitsamt Main-Tauber die Daten der Kontaktpersonen erfragt, um diese nach Würzburg zu übermitteln, von wo weitere Anweisungen kommen sollten. Doch die ließen, so Hensel, trotz zahlreicher Kontaktversuche, fast eine Woche lang auf sich warten – und die Firma wirtschaftlich im Unklaren.

Erst am 13. April habe sich das Gesundheitsamt Würzburg mit einer auf denselben Tag datierten Quarantäne-Anordnung gemeldet. "Wenn das Datum nicht geändert wird, müssen wir den Lohnausfall selbst bezahlen, weil wir die Leute ja ohne schriftliche Info vom Gesundheitsamt nach Hause geschickt haben", so Hensels Befürchtung.

Konfrontiert mit dem Vorwurf der verzögerten Kontaktverfolgung, antwortet das Gesundheitsamt Würzburg: "Aufgrund des sehr hohen Arbeitsaufkommens bei den positiv getesteten Personen und den Kontaktpersonen konnte – auch aufgrund des Wochenendes, an dem die Dienstmannschaft am Anschlag gearbeitet hat – die Kontaktaufnahme erst ab 13. 4. erfolgen." Auch aufgrund dieser Erfahrung sei das Personal zur Kontaktverfolgung nun deutlich aufgestockt worden.

Hensel: Veraltete Arbeitsweisen mitverantwortlich für Verzögerung

Unternehmerin Hensel aus Waldbrunn vermutet neben personellen Schwierigkeiten jedoch noch eine weitere Ursache für die Verzögerungen. So sei ein Austausch zwischen den Gesundheitsämtern Main-Tauber und Würzburg aufgrund überlasteter Faxgeräte erst nach einem Tag erfolgt. Das Gesundheitsamt Main-Tauber bestätigt den Verzug, hält jedoch fest: "Insgesamt hat der Main-Tauber-Kreis aus unserer Sicht nicht zu einer Verzögerung beigetragen."

Hensel hingegen kritisiert: "Ich finde, das ist ein Skandal, vor allem wenn man bedenkt, dass da tickende Zeitbomben draußen rumlaufen, nur weil die Gesundheitsämter ein Jahr nach Beginn der Pandemie immer noch wie im letzten Jahrhundert arbeiten." Im Gespräch verweist sie zudem auf die für Gesundheitsämter eigentlich bayernweit verpflichtende SORMAS-Software, die den Austausch der Gesundheitsämter vereinfachen soll, in Würzburg bislang jedoch nicht eingesetzt würde.

Das Gesundheitsamt Würzburg bestätigt dies und verweist auf fehlende Kompatibilität der Software sowie mangelnde Archivierungsmöglichkeiten: "Die Regierung von Unterfranken und das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege sind über die Mängel (...) bereits Mitte März informiert worden", so ein Sprecher in einer Mail an die Redaktion.

Handwerkskammer und IHK: Keine ähnlichen Vorfälle in Würzburg bekannt

Im Ministerium ist man sich der Situation in Würzburg bewusst: "Das Gesundheitsamt Würzburg ist eines der bayerischen Gesundheitsämter, die SORMAS derzeit noch nicht produktiv nutzen", schreibt eine Sprecherin auf Anfrage. Aktuell würde an einer Verbesserung der Kompatibilität gearbeitet. Wirklich verpflichtend würde die Nutzung in Würzburg erst, sobald die Software eine Verbesserung der Arbeitsweise garantieren könne.

Doch war nun der Vorfall in Waldbrunn ein Einzelfall oder die Regel? "Aktuell können wir bekannte Infektionen in vollem Umfang nachverfolgen", so das Gesundheitsamt. 73 Personen würden dafür eingesetzt – davon sieben Soldaten der Bundeswehr.

Eine Nachfrage bei Handwerkskammer und IHK nach Erfahrungsberichten von Würzburger Unternehmen ergibt kein gegenteiliges Ergebnis. Stattdessen schreibt IHK-Sprecher Marcel Gränz: "Die Gesundheitsämter arbeiten seit Monaten am Anschlag. (...) Allerdings ist es vermutlich kein Geheimnis, dass seitens der Politik versäumt wurde, den öffentlichen Gesundheitsdienst personell sowie digital adäquat aufzustellen."

Und was wurde aus Hensels Datierungs-Dilemma in Waldbrunn? "Das wurde vom Gesundheitsamt Würzburg zurückdatiert, so haben wir die Möglichkeit, den Verdienstausfall ersetzt zu bekommen", so die Unternehmerin einige Tage nach dem Vorfall.

 
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Kommentare
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  • Rudolf Schulz
    Faxgeräte. Da muss man sich leider auch wieder an die hohen Vertreter unserer Politik wenden. Denn Datenschutz geht leider immer noch vor Gesundheits- oder Opferschutz. Eine Behörde darf persönliche Daten, und das ist halt Gesetz, nur über sichere Leitungen versenden. Wer email benutzt bekommt es mit den Datenschützern zu tun, und die können einem kleinen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes arg zusetzen.
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  • peterlesbub
    In der Finanzverwaltung von Bayern ist es Vorschrift, zuerst von Firmen / Steuerberatern schriftlich die Einverständnis einzuholen, mit Ihnen mit Mail zu kommunizieren. Stichwort Datenschutz und Steuergeheimnis. Fax und Mail sind nach Ansicht der Daenschützer mit Postkarten gleichzusetzen.
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  • hansi07
    Main-Tauber-Kreis? Das ist ja Ausland. Dass sich das Virus da überhaupt über die Grenze traut...
    Da erlebt man wieder Föderalismus von seiner negativen Seite.
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  • Albatros
    Ich denke Mitarbeiter aus dem Öffentlichen Dienst oder der Verwaltung wussten bis zur Corona-Pandemie überhaupt nicht was Stess ist. Ich kenne viele Mitarbeiter aus Behörden und Verwaltung, teilweise kommen auch welche aus meinem Freundeskreis, nun, tot gearbeitet hat sich dort noch keiner. Und jetzt, in der Pandemie müssen diese Leute mal richtig ranklotzen und merken, wie schnell sie an ihre Grenzen kommen. Ich war vor ein paar Wochen 1. Kontaktperson eines Infizierten, dieser hatte mich namentlich beim GA gemeldet. Ich wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt vom Gesundheitsamt kontaktiert. Ich habe mich in einem Zeitraum von einer Woche mehrfach selbst getestet. Ich arbeite beruflich relativ viel mit Behörden und muss einfach feststellen, dass die Strukturen in vielen Ämtern immer noch das Niveau von vor 30 Jahren haben.
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  • SIK
    Sie haben sowas von keine Vorstellung was im öffentlichen Dienst abgeht und wie sich die Arbeit in der Vergangenheit verändert hat! Zum Glück hat Deutschland die nicht im öffentlichen Dienst Beschäftigten!
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  • mone
    Ganz schwache Leistung, nach positiven Test wurde niemand der Kontaktpersonen informiert.
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  • jlattke
    Wenn sich die Inkompetenz der Politik mit der Bürokratie der Behörden verbrüdert … DAS sind die eigentlichen Skandale dieser Pandemie. Immer noch auf bürokratischen Blödsinn bestehen ohne dafür zu sorgen das der wenigstens funktioniert.

    Es ist zum heulen!
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  • elkatvelo@t-online.de
    man muss sich doch nur das Foto vom Büro im gesundheitsamt anschauen.
    X-Anweisungen handschriftlich auf flipcharts geschrieben. Verschiedene Anweisungen handschriftlich ausgext.
    Zig rote und gelbe Haftzettel rumhängen - wer soll da durchblicken. Schaut das an jedem Arbeitsplatz so aus.
    Ich kann mich an ein interview von Gesundheitsminister erimmern, wo es hiess, dass landesweit mobile teams die gesundheitsämter unterstüzen können ? Nehmen die dann alle ihre gelben und roten Haftzettel mit ?
    Wie schon geschrieben, wo sind die headsets für die Mitarbeiter, habe selbst erfahren, wie man sich damit die Arbeit besser organisieren kann. Ausserdem versteht man den Gesprächspartner viel besser, keine Hörfehler, somit keine falschen Angaben, die per Fax weitergegeben werden, usw usw usw.

    Was sagt denn der Landrat als oberster Dienstherr dazu ?
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  • SIK
    Die Erfahrung tagelang nicht zu
    wissen was zu tun ist (bei uns Kontaktperson K1) mussten wir mit dem Würzburger Gesundheitsamt auch machen und zwar schon im September 2020!!!!! Da war noch keine Überlastung und kurzfristiger Engpass wegen vieler Neufälle! Ich frage mich die ganze Zeit, ob Corona erst seit ein paar Wochen kursiert! ES IST SEIT ÜBER EINEM JAHR DA!!! Man muss doch nunmehr in der Lage sein mit allen Situationen, die im vergangenen Jahr schon mal aufgetreten sind, fertigzuwerden!!!!????? Immer diese Ausreden!
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  • SIK
    Ich muss noch etwas ergänzen! Meine Kritik richtet sich hierbei klar gegen die Führungsebene und die Politik! Die MitarbeiterInnen sind die ärmsten Sch..... der Welt! Wie immer stinkt der Fisch vom Kopf!
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  • mcallen@t-online.de
    Faxgeräte...
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  • stefan.behringer@web.de
    Ein Headset für Mitarbeiter/innen, die den ganzen Tag telefonieren und gleichzeitig den PC (oder das Fax) bedienen müssen, wäre auch mal eine Investition, die sich in Schnelligkeit und Gesundheit der Mitarbeiter auszahlen könnte.
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  • joschi2020
    Wenn die Pandemie mal eingedämmt ist sind auch die Gesundheitsämter up to date... hoffentlich
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  • Einwohner
    Hatten die Mitarbeiter in der Firma so engen Kontakt, dass sie sich untereinander anstecken könnten? Einhaltung Abstand, Lüften und Hygieneregeln in Büro, Montagehalle und Pausenzone? Kein Homeoffice in dieser Firma? Selbsttests?
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  • Ihensel
    Die Büroarbeit findet schon seit einem Jahr soweit möglich im HomeOffice statt. In der Produktion ist es leider nicht möglich, da muss auch mal einer was halten während der andere es festschraubt. Daher sind in dem beschriebenen Fall drei von 65 Mitarbeitern infrage gekommen, die sich hätten infizieren können.
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  • t.r.kamitz@t-online.de
    Hallo MP,
    interessant wäre, wann hat sich die Unternehmerin an die MP gewandt, wann hat die MP recherchiert und wann hat das Gesundheitsamt dann zurückddatiert?
    Erst dann kann man erkennen aus welchem Beweggrund die Öffentlichkeit eingedchaltet wurde.
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  • Ihensel
    Hallo EifrigerLeser, ich habe mich am 19.4.2021 an die MainPost gewandt. Wie lange die auf Antwort vom Gesundheitsamt warten mussten, weiß ich nicht.

    Das Gesundheitsamt hat die Quarantäne-Anordnung auf unsere Bitte hin zurück datiert, dafür war kein Druck seitens der Presse notwendig. Ob wir die Lohnkosten allerdings ersetzt bekommen, wird sich noch zeigen.
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  • t.r.kamitz@t-online.de
    Vielen Dank für Ihre Antwort. Und wann hat das Gesundheitsamt dann zugesagt und zurückdatiert?
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  • Ihensel
    Das war schon wenige Tage später. In dem Fall ist die Reaktionszeit nicht so wichtig, denn da kann sich ja keiner mehr anstecken.

    Interessant wird jetzt zu sehen, ob das Gesundheitsamt den Lohnausfall bezahlen wird.
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  • t.r.kamitz@t-online.de
    Da Sie immer ausweichend antworten, scheint mir, dass für Sie nur der finanzielle Aspekt wichtig zu sein scheint. Dies wiederholen ja auch nochmals.
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