Ein Flickenteppich an Systemen, Zettelwirtschaft und Excel-Tabellen: Eigentlich sollte das technische Chaos in Bayerns Gesundheitsämtern längst Geschichte sein. Bis Anfang Februar wollte der Freistaat eine einheitliche Software – genannt "Sormas" – einführen. Sie soll helfen, Kontakte von Corona-Infizierten effizienter nachzuverfolgen und zugleich den Austausch zwischen den Gesundheitsämtern erleichtern. Allerdings: Mitte des Monats sind noch immer nicht alle Ämter an das neue System angeschlossen – und längst nicht überall wird damit gearbeitet. Warum nicht? Und wie sieht es in Unterfranken aus?
Bayernweit haben nach Angaben des Gesundheitsministeriums bisher 59 der 76 Gesundheitsämter "Sormas" installiert (Stand 8. Februar), in Unterfranken sind es sieben von neun. Man sei damit auf einem guten Weg, sagt ein Ministeriumssprecher auf Anfrage dieser Redaktion. Und: Bis Ende des Monats sollen alle Ämter die technischen Voraussetzungen haben, um die neue Software einzurichten.
Katharina Schulze: "Sormas" fehlen wichtige Schnittstellen
Für Katharina Schulze ist das viel zu spät. Schnelle und zielgerichtete Umrüstung sehe anders aus, kritisiert die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag. Die Staatsregierung handele, "als wären wir im ersten Monat der Pandemie". Zwar hätten mittlerweile 59 Ämter "Sormas" installiert – benutzt würden jedoch weiterhin mehrere Systeme, weil die entscheidende Weiterentwicklung und wichtige Schnittstellen immer noch fehlten. "Wir haben das Jahr 2021 und die Digitalisierung der Verwaltung steckt bei uns buchstäblich in den Kinderschuhen", so Schulze. "Das ist hochpeinlich und ein Versagen der Staatsregierung."
Das Gesundheitsministerium in München bestätigt, dass "Sormas" in der aktuellen Version noch "die arbeitsverbessernden Funktionen der Schnittstellen" fehlen. Die Verantwortung dafür aber trage Berlin. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) habe sich deshalb bereits an den Bundesgesundheitsminister gewandt. Denn nur durch die Schnittstellen mit der Meldesoftware führe "Sormas" zu Arbeitserleichterungen gegenüber alternativen Systemen – und nur so sei die Umstellung "in der aktuellen Phase der Pandemie vermittelbar".
Das Gesundheitsamt Kitzingen arbeitet seit Ende Januar mit "Sormas"
Bei den Gesundheitsämtern selbst fällt die Begeisterung für "Sormas" verhalten aus. Auch in Unterfranken nutzen noch nicht alle Ämter die neue Software.
Bad Kissingen beispielsweise setze derzeit keine Version von "Sormas" ein, teilt eine Sprecherin des Landratsamtes mit. Ein Grund: die fehlenden Schnittstellen. Zudem bestehe für einen schnellen Umstieg "aktuell kein Handlungsdruck, da das Gesundheitsamt über sehr gut zugeschnittene Lösungen verfügt". Da die Nutzung aber künftig verpflichtend sei, habe man die Verträge unterschrieben und werde umsteigen – allerdings dann gleich auf eine weiterentwickelte "Sormas"-Version.
Auch Stadt und Landkreis Würzburg haben die Verträge für "Sormas" unterschrieben und das Programm eingerichtet. An der Umstellung werde aber aktuell noch gearbeitet, heißt es.
Genau die hat das Gesundheitsamt Kitzingen bereits hinter sich. Ende Januar habe man von einer selbst programmierten Software zu "Sormas" gewechselt, teilt Corinna Petzold-Mühl, Sprecherin des Landratsamtes, mit. Das sei ein "Kraftakt" mit wochenlanger Vorbereitungszeit gewesen und habe ein komplettes Wochenende inklusive Nachtschichten beansprucht. Jetzt laufe der Echtbetrieb mit "Sormas". Und wenn "bald alle Funktionen zur Verfügung stehen, Kinderkrankheiten bereinigt und das Team in der Nutzung eingespielt ist, hoffen alle auf einen Mehrwert".
Noch also bringt "Sormas" nicht die ersehnte Entlastung. Der Deutsche Landkreistag sieht die Einführung daher kritisch. Digitale Kontaktnachverfolgung sei wichtig, heißt es in einer Mitteilung des Verbandes. Die meisten Landkreise würden aber seit Jahren andere Programme nutzen, die sämtliche Aufgaben eines Gesundheitsamtes abbilden – nicht nur die Kontaktnachverfolgung. "Darin liegt ein entscheidender Punkt, wenn man mitten in der Pandemie auf eine andere Software umsteigen möchte, mit allen damit verbundenen Risiken, Schulungsaufwand und möglichen Datenverlusten", so Verbands-Präsident Reinhard Sager. "Das wäre unvernünftig."
Dennoch führt an der neuen Software kein Weg vorbei, bis 28. Februar soll sie flächendeckend eingesetzt werden. Dieses Ziel haben Bund und Länder nun noch einmal bekräftigt. Ob sie es erreichen, bleibt abzuwarten. Bislang haben bundesweit weniger als die Hälfte aller 376 Gesundheitsämter "Sormas" eingerichtet.
Mitarbeit: Angelika Kleinhenz
Jeder kocht sein eigenes Süppchen , manche habe noch gar keine Möglichkeit
das neue Programm zu benutzen und außer viel blabla kam von der bayrischen
Staatsregierung noch herzlich wenig.
Alles auf Kosten des Wahlkampfes :
Die Grünen nörgeln nur was alles falsch läuft , die Freien würden gerne aber können nicht und bei den Schwarzen steht man vor lauter Digitalisierung sich mehr selber im Wege.
Schwarzen steht man
Das Jahr des Echtstarts von Sormas hat man wohl vorsichtshalber aus der Datumsangabe weggelassen. Wenn's dann 2023 oder 2028 wird, kann keiner was sagen.
Im Ernst: offensichtlich ist den lokal Verantwortlichen nicht bewusst, dass nur eine lückenlose Nutzung der Software den gewünschten Nutzen bringt. Wenn da einige Ämter ausscheren und abwarten, eine "neuere Version" der Software zu nutzen, funktioniert das ganze System nicht. Wie ein Navi, auf dessen Karten immer wieder weiße Flecken sind, völlig nutzlos, da die Routenfindung nicht durch die weißen Flecken planen kann. Nur dass beim Navi keine Menschenleben gefährdet sind.
Man arbeite stattdessen mit einer "selbst programmierten Software". Wahrscheinlich eine Excel Liste, eine Insellösung, die nur dort funktioniert. Wird schon irgendwie klappen. Russisch Roulette im Gesundheitsamt. Ich verstehe die Leute nicht.