zurück
Würzburg
Nach tödlichem Unfall im Würzburger Ringpark: Warum fällt ein 20 Meter hoher Baum einfach um?
Eine umfallende Buche hat im Ringpark eine 59-jährige Würzburgerin erschlagen. Ein Forstingenieur erklärt, wie es zu dem Unfall gekommen sein könnte.
Die im Ringpark hinter dem Justizzentrum in der Ottostraße umgestürzte Buche wird am Dienstag entfernt. 
Foto: Heiko Becker | Die im Ringpark hinter dem Justizzentrum in der Ottostraße umgestürzte Buche wird am Dienstag entfernt. 
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:00 Uhr

Bürgermeister Martin Heilig drückte am Vormittag auf einer Pressekonferenz die Anteilnahme der Stadt Würzburg nach dem tödlichen Unfall im Ringpark aus. "Wir sind tief schockiert", sagte Heilig, nachdem die Polizei am Vormittag bekannt gegeben hatte, dass eine 59-jährige Frau in der Nacht zum Dienstag an ihren Verletzungen gestorben ist.

Die Würzburgerin war am Montagnachmittag auf ihrem Fahrrad von einem Baum im Ringpark getroffen worden, der bei schönstem Wetter einfach umgefallen war. "Das ist eine Tragödie", sagte Heilig. "Wir sind bei den Angehörigen und sprechen ihnen unser Mitgefühl aus." 

Heilig, der als Umweltreferent für das Gartenamt zuständig ist, erklärte, dass der 25 Meter hohe und 100 bis 120 Jahre alte Baum bei "Windstille und schönstem Wetter" im Ringpark hinter dem Justizzentrum einfach entwurzelt wurde. In den letzten Jahrzehnten habe es bei über 44.000 Bäumen in der Stadt keinen derartigen Vorfall mit solchen Folgen gegeben.

Kaum ein Baum im Würzburger Ringpark ist gesund

Die Buche sei im Dezember kontrolliert und danach regelmäßig in Augenschein genommen worden. "Es war klar, dass der Baum nicht gesund war", sagte Heilig. "Aber das ist aufgrund der Klimakrise leider kaum noch ein Baum im Ringpark." Es habe aber keine Hinweise gegeben, dass die Buche nicht mehr standfest sein könnte. 

Bürgermeister Martin Heilig beantwortet auf einer Pressekonferenz Fragen zum tödlichen Baumunfall im Würzburger Ringpark.
Foto: Manuela Göbel | Bürgermeister Martin Heilig beantwortet auf einer Pressekonferenz Fragen zum tödlichen Baumunfall im Würzburger Ringpark.

Wie kann es dann sein, dass der Baum an einem windstillen Nachmittag plötzlich umgefallen ist? Laut Heilig wird diese Frage von einem externen Gutachter geklärt und ist Teil der Ermittlungen der Würzburger Polizei. "Ich kann und darf ich darüber nicht spekulieren."    

Experte: Abgestorbene Feinwurzeln als mögliche Ursache für plötzliches Umfallen

Der Forstingenieur Peter Naumann vom Bergwaldprojekt in Würzburg hält abgestorbene Feinwurzeln für eine denkbare Ursache des plötzlichen Umfallens. Zusätzlich zu den dicken Hauptwurzeln gebe dieses feine Spinnennetz dem Baum im Boden Halt.  

Abnehmende Niederschläge bei gleichzeitig steigenden Temperaturen führen laut Naumann dazu, dass weniger Wasser in tiefere Bodenschichten dringt. "Unter diesen Bedingungen sterben gerade bei Buchen feine Wurzeln rasch ab." Die Folgen seien eine zunehmende Anfälligkeit für Krankheiten, wie Pilze, die dann zum Beispiel die Hauptwurzeln angreifen können. Von außen sei das Absterben der Feinwurzeln nicht erkennbar. 

Jedes Jahr werden bis zu 600 Bäume wegen der mangelnder Verkehrssicherheit gefällt

Im ganzen Stadtgebiet leiden Bäume unter der Klimakrise. Baumpflege und Kontrolle wurden laut Heilig deshalb ausgebaut. Rund 40 Angestellte der Stadt sind im Sommer mit dem Bewässern von Park- und Straßenbäumen beschäftig. Fünf Mitarbeiter des Gartenamtes kontrollieren diese auf Schäden, sieben übernehmen die Pflege. Etwa 900.000 Euro würden jährlich zusätzlich extern für diese Aufgaben ausgegeben. Heilig: "Trotzdem ist so eine Tragödie passiert. Das ist einfach schrecklich."   

Rund 25 Meter hoch war die Buche, die am Montag im Ringpark umgefallen ist und eine Radfahrerin tödlich verletzt hat. Eine Fußgängerin wurde leicht verletzt.   
Foto: Heiko Becker | Rund 25 Meter hoch war die Buche, die am Montag im Ringpark umgefallen ist und eine Radfahrerin tödlich verletzt hat. Eine Fußgängerin wurde leicht verletzt.   

Zwischen 400 und 600 Bäume wurden zuletzt jährlich in Parks und an Straßenrändern in Würzburg gefällt, weil sie nicht mehr standfest waren. Über 100 waren es 2020 alleine im Ringpark. Aufgrund der hohen Anzahl an Bäumen, die unter anderem wegen der Verkehrssicherheit gefällt wurden, ist die Stadt Würzburg im vergangenen Jahr vom Bund Naturschutz kritisiert worden.

Was kann man für mehr Sicherheit tun?

"Wir sind hier in einem Dilemma", sagte Heilig. Zum einen sorge die Klimakrise dafür, dass Bäume krank und damit zum Risiko werden. Zum anderen brauche man gerade wegen der steigenden Temperaturen Bäume in der Stadt, die für Abkühlung sorgen.

Als Folge des Unfalls werde die Stadt überlegen, was man für noch mehr Sicherheit tun könne, sagte Heilig. Eine präventive Maßnahme sei beispielsweise das Pilotprojekt im Ringpark zwischen Hauptbahnhof und Friedensbrücke, wo auch alte Bäume künftig regelmäßig automatisch bewässert werden sollen.

In Augsburg steht nach einem tödlichen Baumunfall ein städtischer Mitarbeiter vor Gericht

Die Ermittlungen des tödlichen Unfalls im Ringpark führt die Polizeiinspektion Würzburg. In Augsburg wird eine ähnliche Tragödie Ende September vor Gericht verhandelt. Wie die Augsburger Allgemeine berichtet, ist dort 2021 ein Ahorn auf einem Spielplatz umgefallen und hat ein Kind tödlich und seine Mutter schwer verletzt. Der Prozess soll klären, ob ein Baumkontrolleur der Stadt für den Unfall verantwortlich zu machen ist, weil er den Schaden hätte erkennen können.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Manuela Göbel
Bund Naturschutz Würzburg
Bäume
Martin Heilig
Niederschlag
Polizei
Schwerverletzte
Stadt Würzburg
Verkehrssicherheit
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Matthias Braun
    Ein wirklicher schlimmer Unfall der, so ist dem Bericht zu entnehmen, trotz Prüfung der Bäume jederzeit wieder passieren kann. Wenn abgestorbene Wurzeln daran schuld sind ist das ja jederzeit wieder möglich. Muss dann in trockenen Sommern möglicherweise mehr bewässert werden ist eine nicht unerhebliche Frage um Fälle wie diesen vorzubeugen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Stefan Krug
    oder der Ringpark gesperrt werden?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Roland Rösch
    Sehr tragisch und muss natürlich auch aufgeklärt werden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten