
Ein 59-Jähriger aus Oberdürrbach hat am vergangenen Wochenende etwas erlebt, das er nicht so schnell vergessen wird. Bei dem Sturm am vergangenen Freitagabend gab es gegen 21 Uhr plötzlich einen lauten Knall, der ihn hochschrecken ließ. "Der nur etwa ein Meter von unserem Grundstück entfernte Baum des Nachbargrundstücks war auf unser Haus gefallen. Ein Ast steckte auf Kopfhöhe in der Badezimmerdecke, ein anderer in der Nähe des Kopfende eines Bettes", erzählt er im Gespräch mit der Redaktion.

Zum Glück, so der Familienvater, sei niemandem etwas passiert. Er sei an dem Abend allein zu Hause gewesen. "Es hätte aber ganz anders ausgehen können, zum Beispiel wenn jemand zu dem Zeitpunkt im Bad gewesen wäre, denn der Einschlag des Baumes war genau auf Spiegelhöhe".
War der Baum nicht gesund?
Trotz des extremen Vorfalls ist der 59-Jährige nicht ganz überrascht, denn er habe bereits befürchtet, dass so etwas passieren könnte. Die Lage des Baumes, wahrscheinlich eine Fichte, am Hang direkt oberhalb seines Hauses war nicht optimal, nach Einschätzung des Mannes sei der Baum nicht gesund gewesen und "schon recht morsch". In der vergangenen Zeit habe er nach Möglichkeiten gesucht, wie sich das Problem beheben lasse und habe auch mit dem Eigentümer des unbebauten Grundstücks gesprochen, auf dem der Baum stand. Bislang sei aber nichts in Angriff genommen worden. Die Redaktion hat mehrfach versucht, den Eigentümer des benachbarten Grundstücks für eine Stellungnahme zu erreichen. Leider war dieser nicht erreichbar.
Momentan, so der Oberdürrbacher Hauseigentümer, sehe es so aus, als werde zunächst seine Wohngebäudeversicherung die Beseitigungs- und Reparaturarbeiten übernehmen. Alles Weitere werden die Experten klären, zum Beispiel, ob der Baum standfest war.
Wie Rechtsanwalt Jürgen Kirchner und Vorsitzender des Haus- und Grundbesitzervereins Würzburg und Umgebung e. V. im Gespräch mit der Redaktion erläutert, stellten sich immer wieder haftungsrechtliche Fragen, wenn beispielsweise herabfallende Äste oder Bäume einen Schaden verursachten.
Bei der Frage, ob Baumbesitzer für bei Sturm entstandenen Schaden am Haus des Nachbarn haften, spiele eine Rolle, ob der Baum gesund und ausreichend widerstandsfähig war, um normalen Wettereinwirkungen standzuhalten. "Ist das der Fall gewesen, spricht man bei Sturm von höherer Naturgewalt und dem Baumeigentümer darf der Schaden nicht zugerechnet werden", so Kirchner. Greifen würde dann die Wohngebäudeversicherung des Geschädigten. Aber Achtung: Als Sturmschaden gilt ein umgestürzter Baum bei den meisten Gebäudeversicherern erst ab der Windstärke 8.
Wer haftet für den Schaden?
Eine Haftung des Baumbesitzers komme aber dann in Betracht, wenn es sich beispielsweise um einen kranken Baum gehandelt habe, "der nicht mehr ausreichend standfest war". Dann wird laut Kirchner untersucht, ob der Eigentümer seiner Verkehrssicherungspflicht ausreichend nachkam und den Baum in regelmäßigen Abständen kontrollierte.
Wenn dies nicht der Fall war, müsse der Baumbesitzer haften, gegebenenfalls kümmere dessen Haftpflichtversicherung sich um die Schadensersatzansprüche. Allerdings hat es das Oberlandesgericht Düsseldorf bereits für eine Haftung ausreichen lassen, wenn der Baum alt und dadurch brüchig war, selbst wenn keine Schäden sichtbar waren.
Tipps zur Prävention
Da ein Grundstückseigentümer dafür zu sorgen hat, dass von den dort stehenden Bäumen keine Gefahr ausgeht, müssen die Eigentümer ihren Baumbestand zweimal im Jahr überprüfen und die Bäume auf Schäden und Totholz kontrollieren. Da gemäß der genannten Entscheidung des OLG Düsseldorf eine Haftung auch für brüchige Bäume in Betracht kommt, selbst wenn kein Schaden erkennbar war, sollte man bei solchen alten Bäumen im Zweifel auch einen Fachmann hinzuziehen.
Je näher ein Baum an der Grundstücksgrenze steht, je größer und älter er ist, umso höher ist die Pflicht des Baumeigentümers, ausreichende Gefahrenvorsorge zu treffen.
Baum wird professionell vom Dach entfernt
Bei einem Vor-Ort-Termin in Oberdürrbach konnte sich die Redaktion selbst ein Bild von der Lage machen. In dem Schlafzimmer, in das ein größerer Ast eingeschlagen hatte, begann bereits Wasser aus dem Loch in der Wand zu tropfen: "Ich hoffe natürlich nicht, dass jetzt noch ein Wasserschaden hinzukommt und sich Schimmel bildet", so der 59-Jährige. Um den Baum professionell vom Dach zu entfernen, hat er eine Firma für Baumpflege zur Hilfe geholt.
