zurück
Würzburg
Nach Austausch der Führungsriege: Neue Kritik am Würzburger Kreisbrandrat
Kreisbrandrat Reitzenstein hat neue Führungskräfte berufen und ist seine Kritiker losgeworden. Eine Entscheidung, die manchen Feuerwehr-Kommandanten verärgert.
Die neuen Kreisbrandinspektoren im Landkreis Würzburg: Kreisbrandrat Michael Reitzenstein (Mitte) und die vier Kreisbrandinspektoren (von links) René Herbert (Inspektion West), Markus Fleder (Inspektion Nord-Ost), Karsten Ott (Inspektion Mitte) und Markus Dürr (Inspektion Süd).
Foto: Christian Schuster, Pressestelle Landratsamt | Die neuen Kreisbrandinspektoren im Landkreis Würzburg: Kreisbrandrat Michael Reitzenstein (Mitte) und die vier Kreisbrandinspektoren (von links) René Herbert (Inspektion West), Markus Fleder (Inspektion Nord-Ost), ...
Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 09.02.2024 13:04 Uhr

Ruhe bei der Feuerwehr – das wünscht sich Landrat Thomas Eberth (CSU) nach der deutlichen Kritik am Führungsstil seines obersten Feuerwehrchefs. Im September 2020 hatten sich die Kreisbrandinspektoren Winfried Weidner, Heiko Drexel, Christian Neeser und Mathias Olbrich in einem persönlichen Brief an Eberth gewandt und sich massiv über Reitzenstein beschwert. Dabei ging es nicht um dessen fachliche Kompetenz, sondern um seine persönlichen und zwischenmenschlichen Fähigkeiten. Auch waren sie mit seiner Informationspolitik unzufrieden. 

Kreisbrandrat Reitzenstein hat Führungsteam komplett ausgetauscht

Weidner, Drexel, Neeser und Olbrich sind mittlerweile nicht mehr im Amt. Neeser und Olbrich sind im Laufe der Auseinandersetzung zurückgetreten, Weidner und Drexel wurden von Reitzenstein nicht mehr zu seinen Stellvertretern ernannt. Denn, Reitzenstein hat seinen Rücktritt im April 2021 mit der Vertrauensfrage verbunden und stellte sich im Juni zur Wiederwahl. Bei dieser sprachen sich schließlich 60 der 103 Feuerwehrkommandanten und -kommandantinnen für ihn aus, 42 stimmten gegen ihn. Einen Gegenkandidaten hatte er nicht. Bis Dezember 2025 ist der 60-Jährige nun im Amt. 

Mit seinem erneuten Amtsantritt nach dem Rücktritt darf Reitzenstein nach dem Feuerwehrgesetz "im Benehmen mit den Kommandanten" auch seine Stellvertreter neu bestimmen, was er prompt auch umgesetzt hat. Mit Markus Dürr, Markus Fleder, René Herbert und Karsten Ott hat Reitzenstein nun ein Führungsteam aufgebaut, mit dem Landrat Eberth "den personellen und inhaltlichen Neuanfang" in der Landkreis-Feuerwehr schaffen möchte. Eberth hofft, dass nun "alle wieder ohne Störfeuer von außen" ihren Dienst leisten können. 

Kommandanten sprechen sich mehrheitlich gegen Kreisbrandinspektor Ott aus

Aber kaum sind die neuen im Amt, gibt es in einigen Ortsfeuerwehren wieder Unruhe. Vor allem die Ernennung von Karsten Ott sorgt im Inspektionsbereich Mitte für Verdruss bei den Kommandanten. Denn, die Mehrheit der 29 örtlichen Feuerwehren von der westlichen Landkreisgrenze bei Kirchheim bis zur östlichen bei Frickenhausen haben sich nicht für Reitzensteins Vorschlag ausgesprochen, sondern wollten ihren bisherigen Kreisbrandinspektor (KBI) Heiko Drexel behalten. Nach Informationen dieser Redaktion haben sich 17 der 29 Kommandanten, dazu gehören auch Frauen, bei einer schriftlichen Befragung für Drexel ausgesprochen. 

"Wer keine Kritik vertragen kann, ist fehl am Platz." 
Erika Kleindienst, Kommandantin in Kleinochsenfurt

Warum er Drexel nicht mehr zu seinem Stellvertreter ernannt hat, darüber möchte Reitzenstein nicht sprechen. "Zu Personalentscheidungen können wir generell keine Auskünfte geben", teilt die Pressestelle des Landratsamtes auf Nachfrage mit. Überhaupt hält sich Reitzenstein sehr mit Erklärungen zurück. Auf die Frage, ob seine Vorschläge in allen Inspektionsbereichen auf uneingeschränkte Zustimmung trafen, heißt es von der Pressestelle: "In einem Inspektionsbereich wurde auch ein bisheriger KBI zur Wiederbenennung vorgeschlagen. Diese Vorschläge hat der Kreisbrandrat in seine Entscheidungen miteinbezogen und abgewogen." 

Ein Verhalten, das bei den Feuerwehrkommandanten nicht gut ankommt. "Wenn man schon die Kommandanten abstimmen lässt, sollte der Kreisbrandrat dieses Ergebnis auch akzeptieren. Sonst ist alles für die Katz'", sagt Siggi Kuhn, Kommandant der Feuerwehr Euerhausen. Dass Reitzenstein erst zurücktrete, sich dann erneut zur Wahl stellt und schließlich die KBIs absetzt – "das ist nicht die feine englische Art".

Auch an Landrat Thomas Eberth gibt es Kritik von den Feuerwehrkommandanten

Auch Erika Kleindienst aus Kleinochsenfurt, eine der wenigen Frauen an der Spitze einer örtlichen Feuerwehr, ist mit der Entscheidung nicht glücklich. "Ich bin damit gar nicht einverstanden", sagt sie. "Dass man sich nicht nach der Mehrheit richtet, hat mit Demokratie nichts zu tun. Warum fragt uns der Kreisbrandrat überhaupt, wenn er sich nicht danach richtet?" Und weiter kritisiert sie, dass weder sie noch ihre Kollegen über die Streitigkeiten in der obersten Führungsriege nie informiert worden sind. Sie ist fest davon überzeugt, dass Drexel gehen musste, weil er Kritik am Kreisbrandrat übte. "Doch, wer keine Kritik vertragen kann, ist fehl am Platz", sagt sie in Richtung Reitzenstein.

Ein dritter Kommandant aus dem Bereich Mitte, er möchte namentlich nicht genannt werden, sagt: "Wenn ich 17 Gegenstimmen habe, ist kein Benehmen hergestellt. Der Kreisbrandrat muss seine Entscheidung begründen. Darauf warten viele noch." Dass Drexel nun "abserviert" worden sei, tue ihm und vielen Feuerwehrleuten sehr leid, "denn er ist bei vielen sehr beliebt". 

"Wenn vier Leute einer Meinung sind, warum hält der Landrat dann noch zu seinem Kreisbrandrat?"
Siggi Kuhn, Kommandant in Euerhausen

Und auch an Thomas Eberth gibt es Kritik. Siggi Kuhn ist enttäuscht vom Landrat, weil er keine Stellung bezogen hat und fragt sich: "Wenn vier Leute einer Meinung sind, warum hält der Landrat dann noch zu seinem Kreisbrandrat?" Auch Drexel versteht das Verhalten des Landrats nicht. Es habe zwar viele Gesprächsrunden gegeben, sagt er. "Aber der Landrat hat dabei nicht versucht, einen Konsens zu finden." 

Benehmen bedeutet keine mehrheitliche Zustimmung

Auch bei einer Dienstversammlung der Feuerwehrkommandanten kam die Frage auf, warum Drexel nicht mehr als KBI berufen wurde. Wieder verwies Reitzenstein auf eine Personalangelegenheit. Die Entscheidung würde er dem Betroffenen persönlich erklären. Das allerdings lehnt Drexel ab, "weil es schon viele Gespräche gab".  

Obwohl sich im Bereich Mitte die Mehrheit gegen Karsten Ott als Kreisbrandinspektor ausgesprochen hat, sei seine Ernennung mit dem Bayerischen Feuerwehrgesetz vereinbar, teilt ein Pressesprecher der Regierung von Unterfranken mit. Denn, "Benehmen bedeutet nicht (mehrheitliche) Zustimmung".

Vielmehr handele es sich dabei um eine gesetzliche vorgeschriebene Form der Mitwirkung bei einem Rechtsakt. Die Behörde ist dabei jedoch rechtlich nicht an die Stellungnahme der anderen Stelle gebunden. Deshalb ist das Benehmen stets vom Einvernehmen abzugrenzen. Bei einem Einvernehmen muss nämlich ein Einverständnis der anderen Stelle vorliegen. 

Die neuen Kreisbrandinspektoren

Karsten Ott, Bereich Mitte:
Ott (47) ist seit 1988 bei der Feuerwehr. Zunächst wirkte er als Jugendwart bei der Freiwilligen Feuerwehr Reichenberg, bevor er die dortigen Rettungskräfte zwölf Jahre lang als Kommandant und weitere fünf Jahre als Vorsitzender anführte. In den vergangenen 14 Jahren übte er auf Kreisebene die Position als Kreisbrandmeister und Leiter des Fachbereichs Atemschutz aus. Während seiner Anstellung als Ausbilder in der Staatlichen Feuerwehrschule Würzburg bildete er sich vielfach weiter bis hin zum Masterabschluss im Vorbeugenden Brandschutz.
Markus Fleder, Bereich Nord-Ost: 
Fleder (45) kommt aus Rimpar. Er trat 1990 in die Feuerwehr ein. Er war Jugendwart bei der Freiwilligen Feuerwehr Grüntersleben (1998 bis 2004) und Schriftführer der Jugendfeuerwehr im Landkreis Würzburg. Nach einem Wechsel zur Freiwilligen Feuerwehr Rimpar übernahm er von 2012 bis 2018 das Amt des 2. Kommandanten, 2018 wurde er Kreisbrandmeister, 2020 zum Kreisbrandinspektor berufen. Fleder ist bereits seit 2020 Kreisbrandinspektor. Er wurde nach dem Rücktritt von Mathias Olbrich berufen. Er ist bei der Staatlichen Feuerwehrschule angestellt. Er leitet das Sachgebiet Technik und ist als Ausbilder im Bereich Absturzsicherung tätig. 
Markus Dürr, Bereich Süd: 
Dürr (50) trat der Freiwilligen Feuerwehr in seinem Wohnort Eichelsee 1988 bei und war dort zunächst Gruppenführer und 2. Kommandant. Seit 1995 hat er das Amt des 1. Kommandanten inne und engagierte sich von 2009 bis 2021 als Kreisbrandmeister.
René Herbert, Bereich West: 
Herbert (38) kommt aus Erlabrunn. Er trat der Freiwilligen Feuerwehr in seinem Wohnort im Jahr 1999 bei und wirkte dort unter anderem als Truppführer, Atemschutzträger, Maschinist, Bootsführer und Zugführer. Ab 2014 engagierte sich Herbert auch auf Kreisebene und übernahm die Position als Fach-Kreisbrandmeister für Atemschutz. Vor seiner Berufung zum Kreisbrandinspektor war er von 2019 bis 2021 Kreisbrandmeister im Bereich West. Er ist als Fachlehrer für Brand- und Katastrophenschutz, sowie bei der Ausbildung der Feuerwehr-Ausbilder und Führungskräfte an der Feuerwehrschule tätig. 
Quelle: Landratsamt Würzburg
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Geroldshausen
Erlabrunn
Rimpar
Reichenberg
Güntersleben
Eichelsee
Kleinochsenfurt
Euerhausen
Thomas Fritz
Brandschutz
Brände
CSU
Feuerwehren
Feuerwehrkommandanten
Freiwillige Feuerwehr
Katastrophenschutz
Kreisbrandinspektoren
Kreisbrandmeister
Kreisbrandräte
Regierung von Unterfranken
Thomas Eberth
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Fakenews
    Die Kommentare hier sind einfach unterirdisch und eine Beleidigung der ehrenamtlichen, unentgeltlichen Arbeit der Kameradinnen und Kameraden vor Ort. Wer in den funktierenden Strukturen zur Brandbekämpfung vor Ort auf volle Professionalität umrüsten will, kann ja gerne in seinem brennenden Haus ausharren, bis aus Würzburg jemand vorbeikommt. Aber bitte danach nicht nach Schuldigen suchen...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Sportfreund
    Die Chance, einen adäquaten Gegenkandidaten zu stellen, wurde ja auch nicht genutzt.

    Ehrenamt hin oder her - hier geht es nicht um den Vorsitz des Vogelzüchtervereins, sondern um die Führung/Adiminstration aller Feuerwehren im gesamten Landkreis. Und da geht es in erster Linie um Kompetenz. Und die ist vorhanden, dies bestätigt ja sogar die „Gegenseite“.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Albatros
    Sehr richtig, es geht um Kompetenz. Kompetenz hat in aller erster Linie etwas mit Führung zu tun, und gerade hier steht Herr Reitzenstein stark in der Kritik. Sie sollten sich einmal die Frage stellen warum gestandene Leute aus der zweiten Reihe ihren Hut nehmen und anschließend KBI‘s installiert werden, obgleich diese nicht unbedingt die Stimmenmehrheit aus den Wehren hatten. Der Landrat weiß sehr wohl um die Bedeutung der Freiwilligen Feuerwehren, war aber leider nicht bereit, eine vollständige Neuausrichtung der Führungsspitze zu vollziehen. Herr Reitzenstein hat leider nicht begriffen dass ein KBR keine One-Man-Show ist. Bleibt abzuwarten wie lange die neue Führung funktioniert, ich befürchte nicht sehr lange.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Einwohner
    Führungspositionen werden auch in keinem Unternehmen demokratisch besetzt sondern der Chef bestimmt. Warum also rumgejammere?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • matthiasr
    Mann kann es halt nicht jedem recht machen....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Arcus
    Die Feuerwehr muss professioneller aufgestellt werden. Dazu sind die zum Teil in der Vergangenheit lebenden Feuerwehrkommandaten nicht in der Lage. Hier ist konsequentes Durchgreifen erforderlich und das wird jetzt gemacht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • chris.buchholz@gmx.de
    @arcus: Unabhängig von dieser speziellen Thematik. Woher kommt Ihre negative Einstellung gegenüber der Feuerwehr? Warum müssen Sie immer alles was die Feuerwehr betrifft schlecht reden? Was ist ihnen denn nicht professionell genug? Ich würde mich über eine faktenbasierende Antort freuen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Albatros
    "Dazu sind die zum Teil in der Vergangenheit lebenden Feuerwehrkommandaten nicht in der Lage". Wie kommen Sie eigentlich zu einer derart unverschämten Beurteilung? Diese Feuerwehrkommandanten arbeiten ehrenamtlich und opfern sehr viel ihrer Freizeit für Ausbildung, Einsätze, Übungen und sonstige Aktivitäten. Ich kenne Herrn Reitzenstein und einen Teil der zurückgetretenen Kollegen. Ich habe in der Angelegenheit meine eigene Meinung, aber die tut nichts zur Sache. Ich habe ich vor allen freiwilligen Feuerwehrkameraden allergrößten Respekt, weil diese Leute Tag und Nacht für uns, vor allem im ländlichen Raum, da sind. Diese Leute haben alle einen Beruf und keiner fragt danach, wenn sie in der Nacht zuvor, 4 oder 5 Stunden unentgeltlich im Einsatz waren. Ihr Kommentar zeigt, dass Sie von der Arbeit einer freiwilligen Feuerwehr keinerlei Ahnung haben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    hm, mal so nebenbei gefragt: is des ihr Ernst?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • georg-ries@web.de
    Das funktioniert aber nur bei einem Mindestmaß an Führungsfähigkeit. Da scheint es im Argen zu liegen!
    Die Berichterstattung erschien mir immer sehr freundlich für den KBR.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Sportfreund
    Es geht hier um die Rettung von Menschenleben und nicht um verletzte Eitelkeiten. Das sollte auch einmal in den Vordergrund gestellt werden und nicht nur die einseitige Berichterstattung über den ach so gemeinen Kreisbrandrat.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • mainpost@swamp.franken.de
    Glauben Sie wirklich, daß 42 Feuerwehrkommandanten nur wegen verletzter Eitelkeiten gegen den einzigen Kandidaten stimmen?

    Ich habe keine Ahnung, was da los ist. Aber irgendwas werden sich die 42 wohl gedacht haben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten