Lügen, Mobbing, Klüngelei, verbale Entgleisungen: Die Vorwürfe der vier Kreisbrandinspektoren im Landkreis Würzburg sind hart. Sie richten sich gegen den obersten Feuerwehrmann. Kreisbrandrat Michael Reitzenstein steht für seine mangelnde Informationspoltik und Kommunikation in der Kritik seiner Kameraden. Auch sein Umgang mit ehrenamtlichen Feuerwehrleuten wird gerügt.
Der Konflikt in der höchsten Feuerwehrebene hält bereits seit Jahren an. Von einem Schwelbrand spricht Landrat Thomas Eberth, der bei seinem Amtsantritt im Mai noch davon ausging, in der Feuerwehr sei alles in Ordnung. Wie dieser anhaltende Streit zu lösen ist, Eberth ist ratlos. Der Rauch wird immer dicker - es droht zu eskalieren. "Da brodelt es extrem", sagt Eberth in einem Gespräch mit dieser Redaktion. Höhepunkt der Auseinandersetzung ist nun ein persönlicher Brief, der an den Landrat adressiert ist. Das Schreiben liegt dieser Redaktion vor. Unterzeichnet ist es von den Kreisbrandinspektoren Winfried Weidner, Heiko Drexel, Christian Neeser und Mathias Olbrich. Es geht um Zwischenmenschliches, nicht um die fachliche Kompetenz des Kreisbrandrates. "Die haben wir zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt", heißt es in dem Schreiben.
Landrat Eberth lobt die Professionalität an der Feuerwehrspitze
Vor viereinhalb Jahren wurde Reitzenstein in Güntersleben von den Kommandanten der Landkreis-Feuerwehren zum Kreisbrandrat gewählt. 99 haben damals ihre Stimme abgegeben, 64 haben für Reizenstein gestimmt. Sieben Stimmen waren ungültig. Reitzenstein gilt als sehr erfahren. Vom Jugendwart bis hin zum Kreisbrandinspektor für den Bereich Nordost hatte er sämtliche Führungspositionen inne. Auch beruflich ist Reitzenstein der Feuerwehr verbunden. Erst als Lehrer an der Staatlichen Feuerwehrschule in Würzburg, später als Sachgebietsleiter. Zu 20 Prozent arbeitet Reitzenstein noch für die Schule, an vier Arbeitstagen in der Woche kümmert er sich um die 112 Feuerwehren im Landkreis Würzburg.
Für Landrat Eberth ist diese Professionalität an der Spitze der Feuerwehr "ein Traum" - neben Reitzenstein sind auch einige Kreisbrandmeister hauptamtlich an der Feuerwehrschule tätig. Gleichzeitig liegt hier aber auch ein Teil des Problems. Denn die vier Kreisbrandinspektoren, in der Feuerwehr-Hierarchie sind sie jeweils für einen Inspektionsbereich im Landkreis zuständig und vertreten den Kreisbrandrat, sprechen von zwei Lagern. Auf der einen Seite die vielen freiwilligen Feuerwehrler - im Landkreis gibt es rund 6000 davon - auf der anderen, die Kreisbrandmeister und der Kreisbrandrat von der Feuerwehrschule. Kreisbrandinspektor (KBI) Winfried Weidner kritisiert in einem Gespräch mit dieser Redaktion: "Die Zusammenarbeit mit den freiwilligen Feuerwehren fehlt." Landrat Eberth kann diesen Eindruck teilen. "Der Kreisbrandrat betrachtet die Feuerwehren teilweise sehr professionell und bewertet ihre Bedeutung für das kulturelle Leben in einer Gemeinde vielleicht zu wenig", räumt er ein.
Kreisbrandinspektoren fühlen sich nicht mehr eingebunden
Das ist die emotionale Seite des Konflikts. Mangelnde Kommunikation die andere. Die Kreisbrandinspektoren beklagen, dass sie von ihrem Chef nicht mehr richtig eingebunden und informiert werden. Beispiele führen sie in ihrem Schreiben an den Landrat dafür keine auf. "Bei der Einsatzplanung wurden wir entmachtet", stellt KBI Weidner fest. Der frühere Kreisbrandrat Heinz Geißler, mehr als zwei Jahrzehnte hatte er diese Position inne, sagt: "Die Kreisbrandinspektoren fühlen sich nicht mehr eingebunden. Reitzenstein entscheidet über ihre Köpfe hinweg." Er nennt als Beispiel die Bestellung eines neuen Kreisbrandmeisters. Von Klüngelei ist die Rede.
Kreisbrandrat Reitzenstein weist diesen Vorwurf zurück. Elf Stellen seien während seiner Dienstzeit mit Kreisbrandmeistern besetzt worden, teils auf Vorschlag und Abstimmung mit den KBIs, manchmal habe er auch die Kommandanten dazu gehört. "Die Stellenbesetzungen sind durch Protokolle belegt. Bei jedem Gebiets-KBM wurde eine schriftliche Anhörung der Kommandanten durchgeführt", schreibt Reitzenstein in einer Stellungnahme. "Genau um den möglichen Vorwurf der Klüngelei aus dem Weg zu gehen, habe ich von Beginn an dieses offene und dokumentierte Verfahren gewählt." Auch den Vorwurf, dass Kollegen der Feuerwehrschule bei der Besetzung bevorzugt würden, räumt Reitzenstein aus. "In meiner Dienstzeit wurden von elf Kreisbrandmeistern zwei mit Kollegen aus der Feuerwehrschule besetzt."
Kreisbrandrat Reitzenstein weist alle Vorwürfe zurück
Vorwurf zwei und drei: Mobbing und Lüge. "Aktiv und bewusst" soll es gewesen sein und sogar zur Dienstunfähigkeit geführt haben, schreiben die Kreisbrandinspektoren in ihrem Brief an Landrat Eberth. Beispiele oder Belege für ihre Behauptung nennen sie nicht. Im Gespräch mit dieser Redaktion bestätigt ein betroffener Feuerwehrmann, der nicht namentlich genannt werden möchte, diese Anschuldigung. Reitzenstein weist das entschieden zurück. "Das sind schwere Vorwürfe, die ich nicht nachvollziehen kann", schreibt er dieser Redaktion. Dabei weist er auch den Vorwurf, bewusst Führungskräfte und den Landrat belogen zu haben, zurück. "Derartige Anschuldigungen gegen meine Person in der Öffentlichkeit ohne jede Grundlage zielen aus meiner Sicht darauf ab, das Ansehen meiner Person zu schädigen", so Reitzenstein weiter. Rechtliche Schritte dagegen will er sich vorbehalten.
Vorwurf vier: der Ton. Bei Feuerwehr-Versammlungen soll Reitzenstein andere angeschrien, beziehungsweise ein solches Fehlverhalten geduldet haben. "Die Stellung der Kameraden wird hierdurch systematisch untergraben und bei den Feuerwehren geschwächt", schreiben die Kreisbrandinspektoren. Auch diesen Vorwurf weist Reitzenstein zurück. Er glaubt, dass sich die KBIs dabei auf eine Lagebesprechung während des Corona-Katastrophenfalls beziehen. Drei der KBIs sollen dabei einen Dienstplan abgelehnt haben, woraufhin es zu einem Wortgefecht gekommen sei. Dabei habe ein Kollege die übrigen drei KBIs lautstark auf den Ernst der Katastrophenlage hingewiesen. "Es ist richtig, dass ich dieses Wortgefecht nicht unterbunden und die Diskussion darüber dann ebenfalls lautstark und entschieden beendet habe."
Vermittlungsgespräche führten zu keinem Erfolg
Die Gräben zwischen Reitzenstein und seinen Stellvertretern scheinen unüberwindbar. Auch Vermittlungsgespräche mit dem Landrat brachten nichts. "Keiner war in der Lage von Angesicht zu Angesicht die Vorwürfe zu konkretisieren", so Eberth. Für Anfang August hatte er alle Kreisbrandmeister zu einem Gespräch eingeladen, um deren Stimmung abzufragen. "Auch sie unterstreichen deutlich die fachliche Qualifikation des Kreisbrandrates", so Eberth in einem Gespräch mit dieser Redaktion. "Wir haben aber auch über Verbesserungsvorschläge was Führungsstil und Kommunikation angeht diskutiert."
Kreisbrandmeister Heiko Menig hat an diesem Treffen teilgenommen. Er bestätigt das, sagt aber auch: "Die Kommunikation von oben nach unten war unter Reitzenstein schon mal besser." Dabei wünscht er sich vor allem einen anderen Informationsfluss. "Es kann nicht sein, dass Kommandanten früher informiert werden als die Kreisbrandmeister." Und: "Manche Entscheidungen der Feuerwehrführung hätten in der breiten Riege der Kreisbrandmeister besprochen werden sollen."
Kreisausschuss diskutiert über Feuerwehrbedarfsplan
Bis zum 13. September wollten die Kreisbrandinspektoren eine Antwort auf ihren Brief. Vor allem möchten sie, dass sich die gesamte Feuerwehrführung - vom KBM bis zum KBR - auf grundlegende Regeln einer Zusammenarbeit einigt. Reitzenstein hat diesen Brief noch nicht beantwortet. Er und Landrat Eberth wollen erst einmal die Sitzung des Kreisausschusses an diesem Mittwoch abwarten. Dabei soll der Feuerwehrbedarfsplan für die nächsten Jahre besprochen werden. "Ein Quantensprung der Professionalität", sagt Eberth. Und was sagen die Kreisbrandinspektoren dazu? "Wir kennen den gar nicht komplett", sagt Weidner. Der Kreisbrandrat widerspricht: "Erstmals wurde das Konzept im Jahr 2018 vorgestellt", schreibt er. Später seien die KBIs immer wieder eingebunden worden. "Schließlich wurde in einer Dienstversammlung am 18. Februar allen KBMs und KBIs der Feuerwehrbedarfsplan vorgestellt."
Sieht Eberth überhaupt noch eine Lösung für den Konflikt? "Leider habe ich auch keinen goldenen Weg", sagt er. "Von Mediation über Abberufung der KBIs und Neugestaltung der Kreisbrandinspektionen ist jetzt in meinen Gedanken alles dabei."
Der Ton macht die Musik. Nicht das Kommando auf dem Kasernenhof. Hier tun Freiwillige ihren Dienst und nicht Festangestellte der Feuerwehrschule!
Noch einmal: Nach der Weitergabe vertraulicher Kommunikationsdetails an die Presse bleibt dem Landrat nur die von ihm, im Schlusssatz erwähnte, Konsequenz.
Dass die KBIs sich an die Presse wenden und vertraulichen Briefverkehr veröffentlichen, darf nur eine Konsequenz haben: Herr Eberth - Handeln sie!!!
Es geht hier um das Gemeinwohl und nicht um verletzte Eitelkeiten.
Wenn KBIs sich weigern in Corona-Krisenzeiten Einsatzpläne auszuführen und die Machtverhältnisse zu ABSOLUTEN UNZEIT infrage stellen, dürfen diese Leute nicht mehr länger in Verantwortlicher Position verantwortungslos handeln!
Wenn man an der Spitze eines Verbands, Vereins, Firma, Abteilung etc. steht gehört nicht nur ausgeprägtes Fachwissen dazu sondern mindestens genau so viel menschliches Führungsgeschick.
Die KBI und KBM kennen die örtlichen Gegebenheiten in ihren Bereichen in der Regel wesentlich besser, als der KBR, der aus einem völlig anderen Zipfel des Landkreises kommen kann.
Gerade deshalb sollte man miteinander sprechen und arbeiten. Und auch mal die Kommandanten zu Wort kommen lassen, bzw. deren Argumente/Anregungen und Nöte ernst nehmen.
Wenn ich dann schon lese, dass der Mainpostredaktion ein PERSÖNLICHER Brief des Landrates an die Kreisbrandinspektoren vorliegt... sagt das doch schon alles über deren Professionalität aus!
In der Führung müssen Profis arbeiten - die sich nicht nur auf Festivitäten in Uniform präsentieren, sondern anpacken und mit Fachwissen neue Strukturen schaffen!!!
Und wenn das boykottiert wird, dann müssen die Quertreiber ihren Posten räumen.
Es geht hier um den Schutz der Bevölkerung und da muss professionell gearbeitet werden.
Und das mit Heinz Geißler der Kreisbrandrats-Vorgänger seinen Senf dazu gibt und keinerlei Loyalität zu seinem Nachfolger an den Tag legt, setzt dem ganzen die Krone auf und zeigt, wo die Verkrustung der Strukturen ihren Ursprung hat.
PRO Professionalität. CONTRA Quertreiber
Es geht hier nicht um Einzelpersonen, sondern um den Schutz der Bevölkerung
Das lässt sich doch bestimmt auch intern lösen!
Wenn nun ein gewählter Landrat auch ganz großen Einfluss auf die Feuerwehren in seinem LK hat, wird er weniger auf die Profis, als auf die vielen freiwilligen, die ja auch politisch einen, (aus meiner Sicht zu großen kEinfluss haben hören.
Aus meiner Sicht muss das Feierwehrwesen neu geregelt werden. Durchaus mit Freiwilligen, aber deutlich professioneller.