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Würzburg
Migration, Cannabis, Rente: So ticken die Direktkandidaten zur Bundestagswahl im Wahlkreis Würzburg
Kontrovers, aber sachlich: Die Würzburger Kandidaten und Kandidatinnen von sechs Parteien zeigen im Livestream, wie demokratischer Austausch geht. 
Selfie nach der Diskussion von links: Vorne Andrew Ullmann (FDP), Jessica Hecht (Grüne) und Katharina Räth (SPD), dahinter Paul Lehrieder (CSU), Aaron Valent  und Federico Beck (AfD) und ganz hinten  die Main-Post-Redakteure Thomas Fritz und Christoph Sommer.
Foto: Andrew Ullmann | Selfie nach der Diskussion von links: Vorne Andrew Ullmann (FDP), Jessica Hecht (Grüne) und Katharina Räth (SPD), dahinter Paul Lehrieder (CSU), Aaron Valent  und Federico Beck (AfD) und ganz ...
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 08.02.2025 02:36 Uhr

Nachdem die Kameras aus sind, stehen Jessica Hecht (Bündnis 90/ Die Grünen), Katharina Räth (SPD), Andrew Ullmann (FDP), Aaron Valent (Die Linke) und Paul Lehrieder (CSU) beisammen - da Hülya Düber (CSU) aus persönlichen Gründen absagen musste, ist der Bundestagsabgeordnete für sie eingesprungen. Sie duzen sich, sie kennen sich - am nächsten Abend wird man sich bei der nächsten Diskussionsrunde treffen.   

Vorher hatten die Würzburger Direktkandidatinnen und -kandidaten zur Bundestagswahl kontrovers, aber sachlich diskutiert. In den Redaktionsräumen der Main-Post beantworteten sie in einer online übertragenen Live-Veranstaltung Fragen von Leserinnen und Lesern.  

"Die meisten Menschen bewegt das aktuelle Migrationsthema", begann Main-Post-Redakteur Christoph Sommer. Ob die CDU künftig mit der AfD koalieren würde, war eine Frage. Welche Lösungen Parteien der Mitte zur Begrenzung der Migration haben, eine andere.

Grünen-Politikerin Hecht erklärte, dass sich Probleme nicht durch Zurückweisung an deutschen Grenzen, sondern nur gemeinsam mit europäischen Partnern und bei Einhaltung der Menschenrechte lösen ließen. "Viele Kommunen und Landkreise haben Schwierigkeiten bei der Unterbringung von Flüchtlingen, das verstärkt die Wohnungsnot", sagte Hecht. Und: "Es gibt Grenzen der Aufnahmefähigkeit." Das wichtigste sei, die "friedliche Mehrheit" von Geflüchteten gut zu integrieren

Viele Fragen von Lesern und Leserinnen zum Migrationsthema

CSU-Abgeordneter Lehrieder verteidigte das Vorgehen der Union. "Die Attentate von Magdeburg und Aschaffenburg haben die Situation verändert." Da Grüne und SPD "wegen Wahlkampfgetöse" bei einer Verschärfung der Migrationspolitik nicht mitgemacht hätten, habe die Union die Zustimmung der AfD in Kauf genommen. Eine Zusammenarbeit mit der AfD oder gar eine Koalition werde es aber keinesfalls geben. Laut Lehrieder habe man mit dem Vorstoß nicht länger warten können. Denn: "Zwei Drittel der Bevölkerung wollen, dass etwas passiert." 

Dieses Argument brachte auch Federico Beck (AfD) vor: "Über 60 Prozent der Bevölkerung wollen diese Veränderung. Was ist jetzt nicht demokratisch?"

Diskussion mit Würzburger Politikern zur Bundestagswahl in den Reaktionsräumen der Main-Post am Heuchelhof in Würzburg: Fragen von Main-Post-Leserinnen und Lesern wurden live beantwortet .
Foto: Thomas Obermeier | Diskussion mit Würzburger Politikern zur Bundestagswahl in den Reaktionsräumen der Main-Post am Heuchelhof in Würzburg: Fragen von Main-Post-Leserinnen und Lesern wurden live beantwortet .

Die Frage von Main-Post-Redakteur Thomas Fritz, ob man jetzt noch eine Koalition mit der Union plane, beantwortete SPD-Kandidatin Räth: Friedrich Merz habe sein Wort gebrochen und damit Vertrauen verspielt. Aber: "Demokraten müssen miteinander reden. Ich kann keine Koalition mit einer demokratischen Partei ausschließen."   

FDP-Abgeordneter Ullmann sagte, ihm sei die Zustimmung zum Fünf-Punkte-Plan und zwei Tage später zum Zustrombegrenzungsgesetz nicht leicht gefallen. "Aber als Volksvertreter muss man Politik für die Menschen machen. Dass die Parteien der Mitte die Probleme der Migration nicht ernst genommen haben, hat die AfD groß gemacht." Auch er kritisierte, dass "Rot und Grün Kompromissvorschläge abgelehnt haben".  

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Räth und Hecht widersprachen: Eine generelle Zurückweisung aller Asylsuchenden an den deutschen Grenzen sowie einer Inhaftierung von Ausreisepflichtigen habe man nicht zustimmen können, weil dieser Vorschlag inhuman sei und bestehende Gesetze gebrochen hätte.

Bürgerversicherung, Cannabis und Klimaschutz

Eine weitere Frage, die Leserinnen und Leser interessierte: Wer will eine Bürgerversicherung für alle, anstelle des bisherigen Systems aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung? SPD, Grüne und Linke sind dafür. Linken-Kandidat Valent: "Die Krankenversicherung beruht auf dem Solidaritätsprinzip, es ist nicht fair, dass man sich aus diesem System freikaufen kann, wenn man genug Geld hat." Wenn alle einzahlten, würde das nicht alle aber einen Teil der Probleme im Gesundheitssystem lösen.

FDP-Gesundheitsexperte Ullmann meinte dagegen: "Wir haben keine Zweiklassenmedizin in Deutschland. Das Problem seien nicht fehlende Einnahmen, sondern zu hohe Ausgaben."   

Zur Cannabis-Legalisierung erklärten die Vertreter von CSU und AfD, dass sie diese rückgängig machen würden.  Bei der Frage nach einer Mietpreisbremse hatten AfD, CSU und FDP eine andere Meinung als der Rest. Beck erklärte, seine Partei wolle weniger Staat, "also auch weniger Regularien". Laut Lehrieder verhindere ein Mietendeckel Investitionen. Sollen Beamte in die Rentenversicherung einzahlen? Diese Frage beantworteten die Vertreter von FDP und CSU mit Nein, alle anderen mit Ja. 

"Warum reden die Grünen im Wahlkampf nicht über Klimaschutz?", wollte ein Leser wissen. Hecht sagte, dass Klimaschutz "das gesamte Wahlprogramm und die Haltung" der Grünen bestimme. Es gebe aber anderer Probleme, die auch Menschen umtreibe und "dazu sagen wir natürlich auch was". 

Die SPD verbindet laut Kandidatin Räth "Klimaschutz mit der sozialen Frage". Es brauche Förderprogramme für Menschen, die sich zum Beispiel ein E-Auto oder eine Sanierung nicht leisten könnten.  

Lehrieder: "Wir können auch zusammenarbeiten"

Zum Schluss fragen die Journalisten, wie sich die Kandidaten in den nächsten vier Jahren in die Gesellschaft einbringen wollen. Bemerkenswert war die Antwort von Aaron Valent, der bei der wöchentlichen Sozialberatung seiner Partei in Würzburg weiter arbeiten will, wo er Menschen bei Problemen mit Behörden oder Sozialkassen hilft. "Falls ich in den Bundestag komme, werden ich einen Teil meiner Diät für solche Projekte zur Verfügung stellen. Denn wir müssen in der Gesellschaft zusammen halten.

Ähnliche Worte fand auch der scheidende Bundestagsabgeordnete Paul Lehrieder in seinem Schlusswort. Er appellierte an die Vertreter der demokratischen Parteien in der Runde: "Arbeitet zusammen, vor allem für die Menschen am Rande der Gesellschaft." In seiner letzten Sitzung im Bundestag habe er sich für bessere Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern eingesetzt und habe breite Unterstützung bekommen. "Wir können auch zusammenarbeiten."

 
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    Da schimpft die CSU lautstark über die Grünen als Verbotspartei. Selbst aber den Leuten vorschreiben wollen, welche Drogen zu konsumieren sind (Alkohol) und wie man zu sprechen hat (Genderverbot). Ihr passt schon gut zur AfD. Rückwärtsgewandt, reaktionär und vernünftigen Lösungen stets verschlossen. So kommen wir in Deutschland garantiert nicht weiter.
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  • Bernhard Roschlau
    Das sagt Amnesty International Deutschland zum Thema Migration:
    https://www.amnesty.de/pressemitteilung/deutschland-zustrombegrenzungsgesetz-menschenrechte-asyl-migration
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  • Bernhard Roschlau
    Bitte belegen Sie Ihre Amnesty-International-Aussage mit einem entsprechenden Link und fügen Sie diesen in einen neuen Kommentar ein.
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  • Georg Wohlfart-Mitznegg
    Auch beim Thema Hanf gibt es eine Solidarisierung zwischen den Unionen und der afd, man steht sich ja nah,
    kämpft ums selbe Klientel
    und will die Zeit zurückdrehen.

    Wie wärs, mal nach vorne zu schauen,
    zu überlegen, von wem eigentlich
    die ganzen Tonnen Koks gezogen werden
    und warum,
    und da eine ehrliche Diskussion
    vom Zaun zu brechen?

    Oder wäre das zuviel der Ehrlichkeit?

    Erfahrene Suchttherapeut*inn*en könnten sich tatsächlich mal darum kümmern, warum Substanzen dermaßen gefragt sind, es gibt ja scheinbar viele Gründe, warum Menschen ihre Stimmung verändern wollen.

    Die Strategie, etwas zu verbieten,
    damit es als Problem nicht mehr wahrgenommen werden soll
    ist doch nicht erst einmal gescheitert.
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  • Alfred Mahler
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Martin Dobat
    Mit einer mehr als 40 – jährigen Erfahrung als Suchttherapeut, mit Erfahrung o. Jugendarbeit, Selbsthilfegruppe, Therapie und vielen Hundert Kontakten zu Abhängigen kann ich nur warnen, Cannabis zu legalisieren. Alkohol ist noch immer ein großes gesellschaftliches Problem und kaum in den Griff zu bekommen, ein weiteres „Fass“ – Cannabis, aufzumachen, halte ich für nicht sinnvoll. Alle stimmungsverändernden „Drogen“ halte ich für sehr gefährlich. Ein Stück weit ist das auch Klientelpolitik für eine „allzeit feiern wollende Jugend.“ Das Richtige zu tun ist nicht immer populär! – Danke, Herr Lehrieder
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  • Martin Deeg
    Als erfahrener Suchttherapeut sollten Sie wissen, dass ein Suchtpotential bei Cannabis so gut wie nicht besteht.

    Eines der größten Problem für die Menschen war die sinnfreie Kriminalisierung - durch einen Staat, der die Droge Alkohol praktisch als soziale „Pflicht“ fördert.

    Die Folgen sind bekannt, die Droge Alkohol, ein Nervengift, hat äußerst hohes und gesellschafsschädigendes Suchtpotential!
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  • Martin Dobat
    Lieber Herr Deeg, sicher meinen Sie die körperliche Abhängigkeit, da haben Sie recht, davon sprach ich auch nirgend wo. Das es eine psychische Abhängigkeit, einen Gewöhnung gibt, wissen viele nicht, bzw. wollen es nicht wahrhaben. Lieber Gruß
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  • Martin Deeg
    Und inwiefern hilft die Kriminalisierung gegen diese "psychische Abhängigkeit", die ja die Betroffenen ggf. als Kranke qualifiziert?
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  • Johannes Metzger
    Man könnte ja auch die deutlich gefährlichere, toxische Droge (wohl gemerkt, auf der Ebene von Kokain und Heroin) ähnlich reglementieren wie Cannabis heute.
    Dann würden wir das Suchtproblem deutlich reduzieren.
    Und auch in den Bierzelten könnten Söder, Aiwanger & Co nicht mehr jeden Bockmist erzählen. Mit klarem Kopf, würden sie ausgebuht.
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  • Alfred Mahler
    Mir tun alle Menschen leid, die Ihre Profession erdulden mussten. Sie haben ganz sicher niemandem geholfen. Mit dieser Einstellung sind Sie Teil des Problems!
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  • Jo Schmitt
    Solange Alkohol-Abusus immer noch als sakrosankt betrachtet wird sollte man sich bei einer Ablehnung der Cannabis-Freigabe nicht allzuweit aus dem Fenster lehnen.
    Das Aufprall könnte wehtun.
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  • Martin Deeg
    "2024 gab erstmalig mit rund 59 Prozent die Mehrheit der Befragten an, einer entsprechenden Legalisierung voll oder eher zuzustimmen."....

    Quelle: Statista

    Die CSU beruft sich also beim Populismus-Thema "Migration" auf eine angebliche "Mehrheit" der Bürger auf Basis unterkomplexer Fragestellung und dumpfer Emotionalisierung - ignoriert aber die glasklare Mehrheit beim Thema Cannabis und fabuliert davon, bereits erreichte positive Errungenschaften zusammen mit der Afd "rückabwickeln" zu wollen.

    Super, Herr Lehrieder...!
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