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Würzburg
Mehr Kirche vor Ort, mehr Vernetzung, mehr Mitbestimmung: Bistum Würzburg stellt Zukunftsstrategie vor
Nach einem Jahr Beratungen hat die Leitung der Diözese Würzburg die grundsätzlichen Richtlinien kirchlichen Handelns neu formuliert. Wie sie lauten und wie es weitergeht.
'Wir haben keine Zeit zu verlieren': (v.li.)  Generalvikar Jürgen Vorndran und Bischof Franz Jung bei der Vorstellung der strategischen Ziele des Bistums Würzburg.
Foto: Patty Varasano | "Wir haben keine Zeit zu verlieren": (v.li.)  Generalvikar Jürgen Vorndran und Bischof Franz Jung bei der Vorstellung der strategischen Ziele des Bistums Würzburg.
Christine Jeske
 und  Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 22.07.2024 02:31 Uhr

Sinkende Steuereinnahmen, schwindende Mitgliederzahlen, gesellschaftliche Veränderungen: Lange wurde im Bistum Würzburg über mögliche Zukunftsmodelle diskutiert. Vor einem Jahr begann dann ein "Strategieprozess", dessen Ergebnisse die Diözese jetzt mit der 70 Seiten starken Strategie-Broschüre "Zukunft gestalten" vorgestellt hat. Laut Bischof Franz Jung ein Dokument, das für das Bistum in den kommenden Jahren eine zentrale Rolle spielen wird: "Zukunft ist kein Schicksal. Man kann sie gestalten. Sonst werden wir gestaltet."

Erreicht sei damit ein Etappenziel, sagt Jung. An den Zielen hätten Bistumsleitung, Gremien wie etwa der Diözesanrat sowie der Diözesan-Caritasverband und zahlreiche weitere Personen gefeilt. Der Prozess sei "gerade angesichts der ernüchternden Entwicklungen in unserer Kirche und unserer Gesellschaft" nötig geworden. 

Wesentlicher Anlass für die strategische Neuausrichtung "ist auch der massive Verlust an Vertrauen in die Institution Kirche", sagt Generalvikar Jürgen Vorndran.

Was sind die Grundsätze der neuen Strategie der Diözese?

Schwerpunkt allen kirchlichen Handelns soll künftig "Seelsorge und sozial-caritatives Handeln" sein. Die "Kirche vor Ort" soll bei der Lenkung der Ressourcen höchste Priorität haben, erklärt Vorndran.  "Wir geben den ländlichen Raum nicht auf", sagt Bischof Franz Jung. Dabei sollen die unterschiedlichen Akteure mit ihren jeweiligen Fähigkeiten und Aufträgen noch stärker in Netzwerken zusammengeführt werden.

Stellten an diesem Freitag die strategischen Ziele der Diözese Würzburg vor: (v.li.) Diözesanratsvorsitzender Michael Wolf, Generalvikar Jürgen Vorndran, Bischof Franz Jung und Bernhard Lutz, stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Seelsorge.
Foto: Patty Varasano | Stellten an diesem Freitag die strategischen Ziele der Diözese Würzburg vor: (v.li.) Diözesanratsvorsitzender Michael Wolf, Generalvikar Jürgen Vorndran, Bischof Franz Jung und Bernhard Lutz, stellvertretender Leiter ...

Grundlage sollen weiterhin die "Pastoralen Räume" sein. Leitung und Verantwortung sollen "im Geiste der Synodalität" auf allen Ebenen "partizipativ und transparent" gestaltet werden. Angestrebt werden außerdem "konsequente Dienstleistungsorientierung" und "aktive Fehlerkultur".

Was wurde bisher im Bistum Würzburg beschlossen?

Beschlossen ist zunächst nur die Ausrichtung aller Bereiche auf die zentralen strategischen Ziele der Diözese - ohne Rücksicht auf bisherige Strukturen oder Zuständigkeiten. Daraus ergibt sich einerseits ein "Zielbild", das grundsätzliche Werte wie "Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung" oder "Synodalität, Partizipation und Transparenz" benennt.

Anderseits finden sich erste Hinweise, wie die einzelnen "Handlungsfelder" künftig finanziell ausgestattet werden könnten. So soll "Kirche vor Ort" bis 2030 eine Mittelzuweisung von 47 Prozent des Haushalts bekommen. Im Jahr 2023 waren es 42,5 Prozent.

Im Bereich "Pastoral" deutet sich damit eine Stärkung des ländlichen Raums zuungunsten der diözesan organisierten Ebene an. Im Bereich "Schule" sinkt die Mittelzuweisung von 3 auf 2 Prozent, also um ein Drittel. Dies ist dem Rückgang der Schülerzahlen im katholischen Religionsunterricht und der Zahl entsprechender Lehrkräfte geschuldet, sagt Bernhard Lutz, stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Seelsorge. "Wir werden unsere Schulen weiterführen", versichert Jung indes.

Wie geht es nun mit der Zukunftsstrategie weiter?

Eine Reihe von Arbeitsgruppen soll ab September und bis Ende März 2025 Vorschläge erarbeiten, wie die grundsätzliche Strategie in konkrete Strukturen und Abläufe gefasst werden soll. Mitglieder seien "in der Regel die Abteilungsleitungen sowie weitere Personen mit fachlicher Expertise im entsprechenden Handlungsfeld", sagt Bernhard Lutz.

Laut Bischof Jung geht es nun darum, "mit Besonnenheit, Entschiedenheit und Klarheit" zu überlegen: "Wo soll die Reise hingehen?" Mit dem Strategiepapier seien "das Spielfeld" und "der Lösungsraum" beschrieben und "der Rahmen definiert", sagt Diözesanratsvorsitzender Michael Wolf.

Ziel ist es Lutz zufolge, bis Ende Juli 2025 erste konkrete strategische Maßnahmen auf den Weg zu bringen.

Wie sind überhaupt die finanziellen Spielräume der Diözese Würzburg?

"Den Haushalt zu konsolidieren, das haben wir geschafft", sagt der Würzburger Bischof. Dennoch werde das Bistum weiterhin darauf schauen müssen, "was der finanzielle Rahmen erlaubt und was nicht". Im Januar 2024 hatte Finanzdirektor Sven Kunkel einen Bilanzgewinn in Höhe von 2,1 Millionen Euro für 2022 bekannt gegeben. In den Jahren zuvor hatte das noch ganz anders ausgesehen. 2019 gab es sogar ein Defizit in Rekordhöhe: 40,7 Millionen Euro.

Mehr Kirche vor Ort, mehr Vernetzung, mehr Mitbestimmung: Bistum Würzburg stellt Zukunftsstrategie vor

Wichtigste Einnahmequelle ist die Kirchensteuer. Sie wird weniger werden. Die Diözese plant 2024 mit Kirchensteuereinnahmen in Höhe von 171,1 Millionen Euro. In der Bilanz für 2022 stehen noch 186,3 Millionen. 2023 werden es nach vorläufiger Berechnung mehr als 14 Millionen Euro weniger sein: etwa 172,1 Millionen Euro. Insgesamt müssten bis 2030 die Ausgaben um zirka 18 Prozent gegenüber 2023 reduziert werden, so Finanzdirektor Kunkel im Januar.

 
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  • Lothar Unsleber
    Das sind alles leere Worthülse die keinen Inhalt erfahren werden. Damit sollen nur die Kirchensteuerzahler bei Laune gehalten werden. Um Menschen und Kirchengemeinden geht es schon länger nicht mehr. Mit der Einführung der Pastoralen Räume wurde der Niedergang der "Kirche vor Ort" eingeleitet. Gleiches gilt für die Seelsorge. Ehrenamtlich Engagierte werden ignoriert und/oder schikanier bis sie aufgeben. Dies jedenfalls ist meine Erfahrung der letzten Jahre.
    In dieser Organisation geht es nur noch um Geld und Macht. Die untergliederten Organisationsebenen werden über eine Beförderungsstrategie zu "internem Gehorsam" und somit zu einer gewissen Hörigkeit erzogen, damit die Vorgaben der beiden Verantwortlichen umgesetzt werden können. Für mich muss, je früher desto besser, der Automatismus der Kirchensteuer abgeschafft werden. Wenn man sich selber darum kümmern muss, dass Einnahmen generiert werden, ist ein (kreatives) agieren notwendig. Immer nur Reagieren taugt da nicht.
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  • Gerhard Zwierlein
    In anderen europäischen Ländern, wie Italien und Spanien, gibt es keine verpflichtende Kirchensteuer; stattdessen können Bürger wählen, ob sie einen Teil ihres Einkommens an Religionsgemeinschaften oder soziale Programme zahlen. Das heißt - durch einen Kirchenaustritt spart keiner, weil das Geld dann für andere als kirchliche Zwecke verwendet wird. Das sollte man bei uns auch endlich machen. Dann kann man sich entweder für den Himmel (Kirche) oder für die Elbphilharmonie (Kultur) entscheiden. An den Haushaltsansätzen kann man schön erkennen: Kirche dient der Allgemeinheit. Das sollte man bei all den Skandalen, Kirchenaustritten mal erwähnen. Besonders die Älteren wären ohne Kirche und Pfarrgemeinde allein gelassen. Schade, dass sich immer mehr Gemeinden aus der Unterstützung für die Kirche verabschieden. Mal ironisch festgestellt: Wolfgang Petrys Hit gewinnt aus kirchlicher Sicht immer mehr an Bedeutung !
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