zurück
Bergtheim/Unterpleichfeld
Landratsamt Würzburg bestätigt: Der umstrittene Tiefenbrunnen gehört dem Besitzer der Wasseruhr, die rückwärts lief
Der einzige Tiefenbrunnen zur Feldbewässerung in Unterfranken soll jetzt zurückgebaut werden. Unklar ist, warum er genehmigt wurde. Klar ist: Andere Landwirte sind sauer.
Wasser fürs Feld:  Eine Pumpanlage eines Brunnens zur Bewässerung in der Bergtheimer Mulde im Landkreis Würzburg im Sommer 2022.
Foto: Thomas Obermeier | Wasser fürs Feld:  Eine Pumpanlage eines Brunnens zur Bewässerung in der Bergtheimer Mulde im Landkreis Würzburg im Sommer 2022.
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 08.07.2023 05:09 Uhr

Dass ein Landwirt in der Bergtheimer Mulde seit 20 Jahren seine Felder mit besonders reinem Tiefengrundwasser bewässern darf, beschäftigt inzwischen auch den Bayerischen Landtag. Jetzt bestätigt das Landratsamt Würzburg auf Anfrage der Redaktion: Der Landwirt, der die Genehmigung für den Tiefenbrunnen hat, ist derjenige, bei dem eine Wasseruhr im Sommer 2022 rückwärts gelaufen ist. Der Fall verärgert auch andere Landwirte im nördlichen Landkreis Würzburg. 

Das Besondere am Tiefenbrunnen: Es ist der einzige Brunnen in Unterfranken, der sehr reines Grundwasser aus 150 Metern Tiefe zur Bewässerung fördert. Laut Bayerischem Umweltministerium ist "nach aktueller Begutachtungspraxis einer derartige Tiefe nicht mehr zulässig". Denn zur Bewässerung darf eigentlich nur Wasser aus der oberflächennahen erste Grundwasserschicht gepumpt werden. Diese liegt in der Bergtheimer Mulde zwischen 15 und 60 Meter unter der Erde.      

Wasserwirtschaftsamt genehmigte Entnahme aus dem Tiefenbrunnen 2022 erneut

Warum der Landwirt im Jahr 2003 die Genehmigung für die Bohrung in die dritte Grundwasserschicht erhielt? Diese Frage beantworten weder das Landratsamt Würzburg, noch das zuständige Wasserwirtschaftsamt in Aschaffenburg. "Die Akten sind nicht mehr da", sagt Friedrich Altmann, der das Wasserwirtschaftsamt seit Juli 2021 leitet.  

Zweigstelle des Wasserwirtschaftsamtes Aschaffenburg in Würzburg. Die Behörde genehmigte erst 2021 den Weiterbetrieb eines Tiefenbrunnens in der Bergtheimer Mulde.
Foto: Thomas Obermeier | Zweigstelle des Wasserwirtschaftsamtes Aschaffenburg in Würzburg. Die Behörde genehmigte erst 2021 den Weiterbetrieb eines Tiefenbrunnens in der Bergtheimer Mulde.

Die Genehmigung zur Entnahme von jährlich 20.000 Kubikmetern Wasser aus diesem Tiefenbrunnen lief laut Altmann 2021 nach 18 Jahren aus. 2022 habe das Wasserwirtschaftsamt eine neue Genehmigung bis Ende 2023 erteilt, sagt Altmann. Er begründet diese Erlaubnis mit "Verhältnismäßigkeit": Hätte der Betrieb das Wasser nicht bekommen, hätte das wirtschaftliche Konsequenzen gehabt.

Umweltschützer: Rückgang des Grundwassers seit langem bekannt

"Warum werden Wasserrechte dann überhaupt befristet?", fragt Andrea Angenvoort-Baier von der Würzburger Agenda 21-Gruppe "Wasser am Limit". Seit 20 Jahren sei bekannt, dass das Grundwasser in der Bergtheimer Mulde zurück gehe. Dass die jüngsten Dürrejahren nicht Anlass genug waren, diesen Brunnen zu schließen, sei besorgniserregend, sagt Angenvoort-Baier. Das besonders reine Grundwasser aus dieser Tiefe gilt als Notreserve für das Trinkwasser künftiger Generationen.

Der Landwirt selbst äußert sich auf Nachfrage der Redaktion nicht zu seinem Tiefenbrunnen. An einem anderen seiner Brunnen hatten Umweltschützer im vergangenen Sommer eine Wasseruhr entdeckt, die über mehrere Tage 20.000 Kubikmeter rückwärts zählte. Der Landwirt erklärte dies mit einem Bedienungsfehler. Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen ihn wegen Betrugsverdachts werden laut Staatsanwaltschaft Würzburg in den nächsten Wochen abgeschlossen.  

Landwirte verärgert: "Offensichtlich gelten für einen andere Regeln"

Auch Landwirte in der Region ärgern sich über den Tiefenbrunnen und den Fall der Rückwärts-Uhr. Einigen Bauern wurden in den vergangenen Jahren die genehmigten Wassermengen gekürzt, andere bekommen gar kein Wasser. "Ich muss mit meiner Wassermenge auskommen und kann eben nur so viel Gemüse anbauen, wie ich damit bewässern kann", sagt ein Landwirt gegenüber der Redaktion. "Wer Wasser ohne Ende bekommt, kann immer mehr Flächen bewirtschaften und damit immer mehr Profit machen."

Ein weiterer Gemüsebauer berichtet, um den elterlichen Betrieb zukunftssicher übernehmen zu können, würde er jährlich 5000 bis 10.000 Kubikmeter Wasser zur Bewässerung brauchen. Wegen des Grundwasserproblems in der Bergtheimer Mulde habe er 2022 jedoch keinen Brunnen bohren dürfen. "Dass ich diese Chance nicht bekomme, aber für einen anderen offensichtlich andere Regeln gelten, ist extrem ungerecht."   

Ungerecht findet die Wasserverteilung auch Michael Stolzenberg, Kreisobmann des Bauernverbandes. "Da sich auf unseren Äckern Grundwasser neu bildet, sollten alle Landwirte proportional zu ihren  Flächen Wasser bekommen." Angesichts der zunehmenden Knappheit müsse das Wasser zwischen Gewerbe, Privatverbrauchern und Landwirtschaft gerechter verteilt werden.   

Tiefenbrunnen muss bis Ende 2023 geschlossen werden

Der umstrittene Tiefenbrunnen soll jetzt bald versiegen. Eine vom Wasserwirtschaftsamt 2021 angeordnete Überprüfung habe ergeben, dass die Brunnentechnik nicht in Ordnung ist, sagt Leiter Andreas Altmann. Außerdem werde dort Grundwasser angebohrt, das in Kitzingen als Trinkwasser genutzt wird. "Im März 2023 wurde deshalb entschieden, dass die Entnahmemenge reduziert und der Brunnen bis Jahresende geschlossen wird." Mit dem Rückbau habe der Betrieb des Landwirts schon eine Fachfirma beauftragt.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bergtheim
Unterpleichfeld
Manuela Göbel
Andreas Altmann
Bauernverbände
Bayerischer Landtag
Bewässerung
Gemüse-Erzeuger
Staatsanwaltschaft Würzburg
Wasserentnahme in Unterfranken
Wasserrecht
Wasserwirtschaftsämter
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Garteneidechse
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • KurtSchneider
    Brunnen SOFORT schließen, nicht erst erst Ende 2023 (warum auch), den betrügenden Landwirt zu einer empfindlichen Strafe verdonnern, die Verantwortlichen der Behörden inkl. Landrat sofort Ihrer Posten entheben und ab sofort digitale Zähler (wie im niedersächsischen Landkreis) einbauen. Wo bitte liegt hier das Problem ? Man braucht sich wirklich nicht zu wundern, weshalb die AfD so einen Zulauf hat, wenn Vetternwirtschaft und kollektiv angeordneter Behördenschlaf die Arbeitsweise von Regierung und Behörden ist.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Petsch06120702
    Herzlich Willkommen im Freistaat Bayern, wo Recht und Ordnung herrscht. Aber nur für jene die das CSU Parteibuch haben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R2D2-001
    „Die Akten sind nicht mehr da“ ..eine blödere Ausrede ist wohl nicht eingefallen. Auf welcher Grundlage hat man dann 2022 eine Verlängerung der Wasserentnahme genehmigt? Das ist mehr als unglaubwürdig! Ich bin gespannt wann die Staatsanwaltschaft beim Wasserwirtschaftsamt anklopft.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • andrearauch
    "Mit dem Rückbau habe der Betrieb des Landwirts schon eine Fachfirma beauftragt.“ - klar, denn der Landwirt ist total vertrauenswürdig (ironie aus). Man muss das von amts wegen beauftragen und dem landwirt in rechnung stellen, alles andere lässt wieder spielraum für betrug!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • emilundemma
    Auch 2003 war eine Genehmigung für einen Tiefbrunnen zur Beregnung keine Glanztat des WWA. Aber spätestens beim Ablauf der Genehmigung und vor einer Verlängerung hätten, auf Grund inzwischen vorliegender Untersuchungen und auch auf Grund der Laufenden Diskussion, die Alarmglocken klingeln müssen und eine Prüfung stattfinden müssen. Eine Verlängerung wäre damit sicher vom Tisch gewesen. Wenn nun keine Akten mehr vorliegen, bekommt das ganze ein Gschmäckle und klingt eher wie eine stillschweigende Duldung. Aus meiner Sicht ist die Situation einfach zu klären. Gibt es weder im Amt noch beim Landwirt eine amtliche Genehmigung in Papierform, so ist keine Genehmigung vorhanden und der Brunnen sofort still zu legen. Wenn man sich vorstellt, das gerade bei einem solchen Brunnen die Wasserruhr versehentlich tatsächlich rückwärts läuft (also einspeist) dann wäre das katastrophal.
    https://www.br.de/presse/inhalt/pressemitteilungen/ard-alpha-programmschwerpunkt-wasser-pressemitteilung-100.html
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Alfred.E.Neumann
    Wenn versehentlich Öl in den Brunnen laufen würden, wäre der Brunnen innerhalb von Stunden dicht gemacht. Wenn es um Geldscheffelei geht, dauert es Monate. Kein Wunder, dass Abwärts für Deutschland Zulauf erhält.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • fleischmo@arcor.de
    Sorry, wenn ich das jetzt so sage.

    Aber einer aus der Gegend hat mal (eher im Scherz) gesagt, dass Unterfranken so weit von München weg ist, dass "wir hier machen können wie wir wollen"

    Als Zugereister stelle ich fest, dass es hier der eine oder andere nicht so genau mit Gesetzen und Vorschriften nimmt.

    Ob ich richtig liege, werden die strafrechtlichen Ermittlungen und die Strafzumessung gegen den Besitzer der "rückwärts laufenden Wasseruhr" ergeben.
    Mit auf der "Anklagebank" sollten auch die verantwortlichen in den Ämtern sitzen. Denn "Dummheit schützt vor Strafe nicht"
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A.C.Greber
    Das ist an Impertinenz kaum zu überbieten traurig
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dbuettner0815@gmail.com
    "BEDIENUNGSFEHLER" ???
    Statt vorwärts ist der Landwirt rückwärts gefahren und hat es nicht gemerkt? 🤣
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • info@aekv-wuerzburg.de
    Hallo Herr MP Söder, hoffentlich hat man Ihnen beim Festbieranstich auf Kiliani von den seltsamen Vorgängen in Würzburg erzählt - erkennen Sie jetzt, dass nicht die Grünen Ihr Problem sind, sondern die angestaubte selbstherrliche Vorgehensweise in manchen Amtsstuben?!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • kafrumbi
    Aber eine Verlängerung von 2022 -- 2023 wurde ganz ohne Akten erteilt, welcher Bürger kann auf einer Behörde, ohne Formulare oder Sonstiges irgendetwas erreichen....in unserem Bürokratismus unmöglich.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • KurtSchneider
    Brunnen SOFORT schließen, nicht erst erst Ende 2023 (warum auch), den betrügenden Landwirt zu einer empfindlichen Strafe verdonnern, die Verantwortlichen der Behörden inkl. Landrat sofort Ihrer Posten entheben und ab sofort digitale Zähler (wie im niedersächsischen Landkreis) einbauen. Wo bitte liegt hier das Problem ? Man braucht sich wirklich nicht zu wundern, weshalb die AfD so einen Zulauf hat, wenn Vetternwirtschaft und kollektiv angeordneter Behördenschlaf die Arbeitsweise von Regierung und Behörden ist.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Das ist alles unfassbar und stinkt zum Himmel. Wann werden auf dem Wasserwirtschaftsamt personelle Konsequenzen gezogen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • mpmonika
    #Annahm…
    aber auch politische!
    Minister Glauber ist der Chef des Wasserwirtschaftsamtes und MP Söder der Chef des Ministers.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ralfestenfeld@aol.com
    Dass es sich hier um aus meiner Sicht unhaltbare Zustände handelt, ist die eine Seite. Und dass dabei entweder Filz oder Unfähigkeit der Behörden mitwirken, auch klar. Aber als oberdreist sehe ich die Aussage eines mit Amtseid versehenen Menschen, der schlicht erklärt, dass die Akten nicht mehr da sind. Diese Aussage ist nicht im entferntesten geeignet, das Vertrauen in unsere Behörden zu halten. Allerdings wird diese Aussage mit hoher Wahrscheinlichkeit keine disziplinarischen Folgen haben - zumindest direkte. Die indirekten werden zur Zeit als Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger in alle - politische - Richtungen diskutiert.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • annette.schuhmann@web.de
    Diesem Dokument https://www.merzig.de/merzig/uploads/2018/10/Aufbewahrungsfristen.pdf ist zu entnehmen, dass die Aufbewahrungsfrist für Dokumente bzgl. Eigenbrunnenanlagen 10 Jahre beträgt. Nun weiß ich nicht genau, welche Vorschrift für unsere Region gilt, aber es wird eine geben und es könnte gut möglich sein, dass die Aufbewahrungsfrist für die Akten abgelaufen ist.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ralfestenfeld@aol.com
    Es geht hier nicht um Aufbewahrungspflichten, sondern schlicht darum, ob sich ein Amtsleiter, das Amt und die dort Beschäftigten/innen in der Verantwortung fühlen, in diesen wichtigen Fällen zu agieren. Dazu gehört natürlich Erinnerung und Gehirn, aber vielleicht gelten dort auch Ihre zitierten Aufbewahrungszeiten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • gilchrist@gmx.de
    Vetternwirschaft, Amigos, Filz oder wie man es nennen mag.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • AcB.
    Unfassbare Zustände. Bananenrepublik. Danke an die Mainpost für das Engagement.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten