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Würzburg
Künstliche Adern, Optik für Raumfahrt, leichte Sprache: 5 Start-ups aus Würzburg und welche Ideen sie haben
In der Gründerszene in Unterfranken steckt viel Tatendrang und so manche ausgefallene Geschäftsidee. Die Beispiele dieser Unternehmen zeigen, wie nützlich sie sein können.
Künstliche Blutgefäße als Beispiel für ein zukunftsträchtiges Start-up: Forscher Matthias Ryma will mit seinem jungen Würzburger Unternehmen Vasc-on-Demand Medikamentenentwicklung günstiger machen und Tierversuche vermeiden. 
Foto: Thomas Obermeier | Künstliche Blutgefäße als Beispiel für ein zukunftsträchtiges Start-up: Forscher Matthias Ryma will mit seinem jungen Würzburger Unternehmen Vasc-on-Demand Medikamentenentwicklung günstiger machen und Tierversuche ...
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 08.04.2025 02:38 Uhr

Künstliche Adern, spezielles Mentaltraining für Spitzensportler, Teile fürs Weltall: In Unterfrankens Wirtschaft wird aus mancher außergewöhnlichen Geschäftsidee ein vielversprechendes Start-up.

Manche jungen Unternehmen sind ganz am Anfang, haben noch keine eigenen Geschäftsräume, werden aber vom Innovations- und Gründerzentrum (IGZ), Technologie- und Gründerzentrum (TGZ) oder Zentrum für Digitale Innovationen Mainfranken (ZDI) in Würzburg unterstützt. Andere sind relativ weit und bekommen teils Fördergelder in Millionenhöhe.

Was die Start-ups und ihre Gründer verbindet: Sie haben Ideen, die diese Welt voranbringen sollen. Fünf Beispiele aus dem Raum Würzburg.

1. Vasc-on-Demand: Künstliche Blutgefäße für günstigere Pharmaentwicklung ohne Tierversuche

Vasc-on-Demand-Chef Matthias Ryma hat sich mit seinem Würzburger Team auf künstliche Blutgefäße für die Medizinforschung spezialisiert.
Foto: Thomas Obermeier | Vasc-on-Demand-Chef Matthias Ryma hat sich mit seinem Würzburger Team auf künstliche Blutgefäße für die Medizinforschung spezialisiert.

Die Entwicklung eines neuen Medikaments dauert Pharmaunternehmen zufolge mindestens zehn Jahre und kostet bis zu zwei Milliarden Euro. Das geht jeweils 20 Prozent schneller und günstiger, ist sich Matthias Ryma sicher. Im besten Fall könnten dabei Tierversuche "ganz ersetzt werden".

Sein an die Würzburger Uni-Klinik angegliedertes Start-up Vasc-on-Demand entwickelt künstlich erzeugte Adern, die in künstlichen Zellstrukturen eingesetzt werden. Die bilden menschliches Gewebe nach und sind wichtiges Element bei der Entwicklung neuer Medikamente.

Mit den künstlichen Blutgefäßen von Vasc-on-Demand lassen sich nach Rymas Worten Arzneimittel präziser testen, bevor sie an Menschen erprobt werden. Das sei dringend notwendig, weil 90 Prozent aller zu testenden Wirkstoffe in dieser klinischen Phase scheiterten. Sie würden zum Beispiel nicht die nach Tierversuchen erhoffte Wirkung zeigen.

Vasc-on-Demand hat in Fachkreisen bereits auf sich aufmerksam gemacht: Im Frühjahr 2024 bekam das Start-up vom Europäischen Innovationsrat (EIC) 2,5 Millionen Euro, um seine Forschung voranzutreiben. Das fünfköpfige Team um Matthias Ryma will die ersten künstlichen Adern 2027 auf den Markt bringen.

2. Cell Circle: Rohstoffe sparen durch besseres Recycling von gebrauchten Batterien

Elektrodenfolie oder wiederverwertbares Anodenpulver: Andreas Bittner von Cell Circle hat sich zur Aufgabe gemacht, das Recycling von Batterien zu verbessern.
Foto: Heiko Becker | Elektrodenfolie oder wiederverwertbares Anodenpulver: Andreas Bittner von Cell Circle hat sich zur Aufgabe gemacht, das Recycling von Batterien zu verbessern.

Autos, Rasenmäher, Zahnbürsten: Die Welt ist voller Batterien. Ihre Herstellung verschlingt wertvolle Rohstoffe, um so wichtiger ist die Wiederverwertung von Akkus. Hier setzt das 2022 aus dem Würzburger Fraunhofer-Institut für Silicatforschung (ISC) ausgegliederte Start-up Cell Circle an.

Das von Geschäftsführer und Gründer Andreas Bittner geleitete Team entwickelt ein Recyclingverfahren, bei dem alte Lithium-Ionen-Batterien nicht wie oft üblich im Ausland geschreddert und in ihre chemischen Elemente zerlegt werden. Cell Circle will die Rohstoffe in Deutschland direkt aus den Batterien holen.

Das reduziere den Bedarf an Energie und den Kohlendioxid-Ausstoß um 50 Prozent im Vergleich zum herkömmlichen Batterie-Recycling, ist Bittner sicher. Derzeit arbeitet sein Start-up an einer Pilotanlage zum Test für das neue Verfahren.

Bittners Idee findet Anklang: Im November kam Cell Circle beim dem unter anderem vom bayerischen Wirtschaftsministerium initiierten Wettbewerb "Energie Start-up Bayern 2024" auf den ersten Platz.

Das Recycling von Batterien zu optimieren, hat sich übrigens auch ein anderes junges Unternehmen aus Würzburger zum Ziel gesetzt: WeSort.AI holt mit Künstlicher Intelligenz mehr Akkus aus dem Müll als herkömmliche Verfahren und gewann damit 2024 den renommierten Deutschen Gründerpreis.

3. Mind League: Mentaltraining speziell und individuell für Spitzensportler

Sophia Lick aus Veitshöchheim entwickelt die App 'Mind League', um Sportlern beim Mentaltraining zu helfen. Das Bild zeigt Lick bei einem Wettbewerb im November in Tokio, wo sie einen Preis für ihre Idee holte.
Foto: Suguro Saito/Red Bull Content Pool | Sophia Lick aus Veitshöchheim entwickelt die App "Mind League", um Sportlern beim Mentaltraining zu helfen. Das Bild zeigt Lick bei einem Wettbewerb im November in Tokio, wo sie einen Preis für ihre Idee holte.

Leistungssport ist Kopfsache: Um mental stark zu sein, arbeiten Sportlerinnen und Sportler aus dem Profibereich viel mit Mental-Trainern. Doch die seien rar, teuer und könnten nicht gleich ganze Vereine betreuen, meint Sophia Lick aus Veitshöchheim. Deshalb arbeitet die Masterstudentin für Mensch-Computer-Interaktion derzeit an der App "Mind League", die mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz dafür sorgt, dass Leistungssportler ein ganz auf sie ausgerichtetes Mentaltraining machen können. Rund um die Uhr, ohne Termin und für ganze Mannschaften oder Vereine einsetzbar.

Die Übungen der App seien personalisiert, hebt Lick hervor. Das sei wichtig, weil Sportler heutzutage unter enormem Leistungsdruck stünden - gerade für junge, mental noch nicht so erfahrene  Athletinnen und Athleten ein Problem. Neben dem körperlichen Training gehöre auch ein regelmäßiges Mentaltraining deshalb dazu, sagt die Unternehmerin. 

Licks Vorhaben hat bereits eine internationale Jury überzeugt: Im November holte sie beim Wettbewerb "Red Bull Basement" in Tokio einen Preis für ihre App-Idee. Fazit der Jury: Mit personalisiertem Mentalcoaching gehe Lick "ein äußerst relevantes Problem" im Leistungssport an.

4. Klao: Texte automatisch leicht verständlich machen 

Das Würzburger Start-up Klao um (v.li.) Fabian Schlausch, Svenja Fischer und Abdullah Abdelrazek hat sich der Übersetzung von Standarddeutsch in Leichte Sprache angenommen.
Foto: Till Wollenweber | Das Würzburger Start-up Klao um (v.li.) Fabian Schlausch, Svenja Fischer und Abdullah Abdelrazek hat sich der Übersetzung von Standarddeutsch in Leichte Sprache angenommen.

Der Bedarf ist groß: Mindestens 10 Millionen Menschen in Deutschland brauchen nach Angaben der Bundesregierung sogenannte Leichte Sprache, um durch den Alltag zu kommen - rund ein Achtel der Bevölkerung. Menschen mit Lern- und Leseschwierigkeiten, Demenz, Aphasie oder Hörschädigung gehören dazu. 

Das Würzburger Start-up Klao um Fabian Schlausch, Svenja Fischer und Abdullah Abdelrazek hat sich dem Thema angenommen. Herausgekommen ist eine Computer-Software, die Standartexte mit Hilfe Künstlicher Intelligenz in Leichte Sprache übersetzt. Und dies, erklärt Schlausch, nach den Vorgaben der DIN-Norm SPEC 33429, die so etwas wie das Regelwerk für Leichte Sprache in Deutschland ist.

Wie ernst das Thema Sprachverständnis genommen wird, zeigt die ARD-Tagesschau, die seit kurzem einen Nachrichtendienst in Leichter Sprache anbietet. Ende des Jahres will der studierte Sonderpädagoge Schlausch das Unternehmen Klao gründen. Bis dahin soll eine erste Version der Software fertig sein. Erste Interessenten gibt es bereits, sagt Schlausch: Das Team arbeite mit der Stadt Würzburg und dem Caritasverband Augsburg zusammen.

5. Breunig Aerospace: Optomechanik zur Erforschung des Weltraums und der Schwarzen Löcher

Das Start-up Breunig Aerospace hat seinen Standort am Technologie- und Gründerzentrum (TGZ) am Hubland in Würzburg. Gründer Elias Breunig zeigt eine Anwendung seiner Firma im Raumfahrtbereich.
Foto: Thomas Obermeier | Das Start-up Breunig Aerospace hat seinen Standort am Technologie- und Gründerzentrum (TGZ) am Hubland in Würzburg. Gründer Elias Breunig zeigt eine Anwendung seiner Firma im Raumfahrtbereich.

Die Universität Würzburg und vor allem der inzwischen emeritierte Robotik- und Telematik-Professor Klaus Schilling mit seinen Satelliten haben sich in der Weltraumforschung einen Namen gemacht. Auch die Produkte des Ochsenfurter Ingenieurs Elias Breunig sind seit einigen Jahren im Orbit unterwegs.

Sein 2017 gegründetes Unternehmen Breunig Aerospace hat sich unter anderem auf Optomechanik in der Raumfahrt spezialisiert, also auf Komponenten wie Teleskope, Linsen und Spiegel. Auch Elektromotoren für Flugzeuge sind in Breunigs Repertoire. Eine Million Euro Umsatz macht der freiberufliche Ingenieur nach eigenen Angaben pro Jahr.

Mittlerweile arbeitet er mit großen Namen zusammen: Breunig Aerospace sei Teil der 2024 gestarteten Mission "Lisa" der europäischen Weltraumorganisation ESA, so der Unternehmer. "Lisa" soll im All mit Hilfe von drei Satelliten die Schwarzen Löcher erforschen. Mit dabei: Teile von Breunig Aerospace.

 
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