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Würzburg
Eröffnung nach drei Jahren Sanierung: So sieht es jetzt in der alten Augenklinik in Würzburg aus
Vier Jahrzehnte lang verfiel eines der bekanntesten Gebäude der Stadt. Was das Fraunhofer-Institut ab jetzt in der früheren Uni-Augenklinik erforscht.
Alt und neu unter einem Dach: Bei der Sanierung der alten Augenklinik wurden historische Details erhalten und gleichzeitig modernste Forschungstechnik in die Labore eingebaut.
Foto: Thomas Obermeier | Alt und neu unter einem Dach: Bei der Sanierung der alten Augenklinik wurden historische Details erhalten und gleichzeitig modernste Forschungstechnik in die Labore eingebaut.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:12 Uhr

Einer der prächtigsten Altbauten Würzburgs erwacht aus seinem Dornröschenschlaf: An diesem Montag hat die Fraunhofer-Gesellschaft offiziell ihren Betrieb in der alten Uni-Augenklinik am Röntgenring aufgenommen. 40 Jahre lang stand das denkmalgeschützte Gebäude aus der Gründerzeit leer – und verfiel zusehends. Nun wurde es "wachgeküsst".

Mit einer aufwändigen Sanierung entstanden in den vergangenen drei Jahren auf über 1000 Quadratmetern neue Labore. Dort findet künftig modernste Forschung für die Biomedizin statt. Von einem "Meilenstein für den Ausbau der Biotechnologie" in Würzburg war bei der feierlichen Eröffnung mehrfach die Rede. 

Neue Testverfahren und Materialien für medizinische Therapien 

Genutzt wird die alte Augenklinik künftig vom Würzburger Fraunhofer-Institut für Silicatforschung (ISC). Es hat dort sein Translationszentrum (TLZ) für Regenerative Therapien untergebracht. An die 60 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Fachgebieten werden hier arbeiten, Studierende ihre Abschlussarbeiten machen.

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Translation bedeutet, Erkenntnisse aus der Forschung in die konkrete Anwendung zu bringen. In diesem Fall zugunsten von Patientinnen und Patienten, Materialforschung und Medizin gehen Hand in Hand. Entwickelt werden Verfahren und Materialien, um Wirkstoffe für Medizin und Kosmetik mit Hilfe von menschlichen Zellen zu testen.

Außen die 120 Jahre alte Fassade, innen hochmoderne Forschung für die Biotechnologie: Die alte Augenklinik in Würzburg wurde in drei Jahren denkmalgerecht saniert und wird jetzt neu genutzt.
Foto: Thomas Obermeier | Außen die 120 Jahre alte Fassade, innen hochmoderne Forschung für die Biotechnologie: Die alte Augenklinik in Würzburg wurde in drei Jahren denkmalgerecht saniert und wird jetzt neu genutzt.

Neue Arzneimittel oder Therapien stünden damit schneller zur Verfügung, sagt Institutsleiter Gerhard Sextl. Außerdem könne man damit vielfach Tierversuche reduzieren oder ersetzen – was nicht nur ein Nebeneffekt ist. Laut TLZ-Leiter Florian Groeber-Becker wurde ein Würzburger Forschungsnetzwerk geschaffen, um Alternativen zum Tierversuch voranzubringen. Zugute kämen die neuen Testverfahren unter anderem der Entwicklung neuer Krebstherapien. 

Universität Würzburg bleibt Eigentümerin des Gebäudes

Einen Teil der neuen Labore nutzt künftig das ebenfalls am Fraunhofer-Institut angesiedelte Projektzentrum Stammzellprozesstechnik. Mit selbst hergestellten Bioreaktoren wird die benötigte große Zahl von Zellen für neue Testmodelle gezüchtet.

Eigentümerin der 120 Jahre alten ehemaligen Augenklinik bleibt die Universität Würzburg. Die  Fraunhofer-Gesellschaft übernahm die Sanierung, im Gegenzug erhielt man ein Nutzungsrecht für 30 Jahre, mit der Option einer zehnjährigen Verlängerung.

Durchschnitten das Band als symbolischer Akt zur Eröffnung (von links): Fraunhofer ISC-Leiter Gerhard Sextl, Florian Groeber-Becker als Leiter des Translationszentrums, Staatssekretär Roland Weigert, Digitalministerin Judith Gerlach, Würzburgs OB Christian Schuchardt und Landrat Thomas Eberth, Julia Neubauer als Leiterin des Projektzentrums Stammzellprozesstechnik und Heiko Zimmermann, Leiter des Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik in Sulzbach. 
Foto: Thomas Obermeier | Durchschnitten das Band als symbolischer Akt zur Eröffnung (von links): Fraunhofer ISC-Leiter Gerhard Sextl, Florian Groeber-Becker als Leiter des Translationszentrums, Staatssekretär Roland Weigert, ...

Von einem "architektonischen Juwel" sprach Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) für die Staatsregierung vor zahlreichen Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Sie würdigte die Investitionen in die Material- und Gesundheitsforschung als wertvollen Beitrag für "Forschung und wirtschaftlichen Erfolg auf höchstem Niveau".

26,5 Millionen Euro hat die Sanierung laut Staatssekretär Roland Weigert (Freie Wähler) aus dem bayerischen Wirtschaftsministerium gekostet. Die Hälfte davon wurde mit EU-Mitteln finanziert, die andere Hälfte teilten sich Bund und Freistaat. Das Geld sei gut angelegt, "das ist ein Festtag für den fränkischen Raum", sagte Weigert.

Wie Gerlach dankte auch der Staatssekretär dem Würzburger Fraunhofer-Institut, dass man sich an die Sanierung der alten Augenklinik gewagt hat – statt mit einem Neubau auf der grünen Wiese weitere Flächen zu versiegeln. "Es war wohl die ziemlich letzte Gelegenheit, das Gebäude zu retten", so Institutsleiter Sextl. Der Zahn der Zeit hatte schon gewaltig an der Substanz genagt. "Und auch die Finanzierung hätten wir später wohl nicht mehr hinbekommen."

So aber habe man nachhaltig und ressourcenschonend ein Bestandsgebäude saniert, darin modernste Räume geschaffen und ein Denkmal bewahrt – auch wenn Bauherr und Architekt Kompromisse eingehen mussten. So musste die frühere Kapelle im Dachgeschoss der zentralen Technik für das ganze Haus weichen. Ansonsten hat man historische Elemente erhalten, wo möglich: Granitstufen oder Stuckaturen, Terrazzoböden oder Eiche-Fischgrätparkett.

Glasaufzug neben der 120 Jahre alten Granittreppe und dem schmiedeeisernen Geländer: Alt und neu wurde von den Architekten bei der Sanierung geschickt verbunden.
Foto: Thomas Obermeier | Glasaufzug neben der 120 Jahre alten Granittreppe und dem schmiedeeisernen Geländer: Alt und neu wurde von den Architekten bei der Sanierung geschickt verbunden.

Das Würzburger Fraunhofer-Institut ist damit nun in zwei markanten Gebäuden zuhause: An der Talavera mit einem futuristisch anmutenden Bau, der vom Büro der weltbekannten Architektin Zaha Hadid entworfen und vor genau zehn Jahren eröffnet wurde – und zusätzlich jetzt auf der anderen Mainseite, direkt gegenüber dem Congress Centrum, in einem Altbau, der von 1898 bis 1901 im Stil der Neorenaissance errichtet wurde.

Kein Wunder, dass sich Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) freute: "Es geht um ein Stück Stadtbild." Als älteste außeruniversitäre Forschungseinrichtung ist das Fraunhofer-Institut seit 1971 in der Stadt ansässig. Schuchardt: "Das ist ein Ritterschlag für jede Kommune und für Würzburg ein ausgesprochener Glücksfall." Die ganze Region profitiere davon.  

 
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Kommentare
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  • brauerei
    Ja, und vielen Dank an den Fotografen Thomas Obermeier, der über 40 tolle Fotos schoss und an die Main-Post , die daraus eine Fotogalerie machte. So können wenigstens die Abonnenten einen Einblick in das sanierte Gebäude bekommen, bevor es irgendwann den Tag der offenen Tür gibt. Besonders faszinieren mich der moderne Aufzug im alten Treppenhaus und die Gestaltung der hohen Räume, so etwas kann kein neues Gebäude bringen.
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  • fabian-koenig@t-online.de
    Wirklich sehr, sehr schön geworden! Meinen Glückwunsch und gleichzeitig auch meinen Dank an die Bauherren und Architekten für diese hervorragend gelungene Sanierung! Der beste Denkmalschutz ist immer noch die Nutzung. Natürlich bleibt mit der leider nicht erhaltenen Kapelle ein kleiner Wermutstropfen, aber sicherlich hatte man sich auch hierüber Gedanken gemacht. Vielleicht gibt es ja aber alte Fotos, die man bei einem hoffentlich noch stattfindenden Tag der offenen Tür der Öffentlichkeit präsentieren könnte?
    Jedenfalls sollte die gelungene Sanierung Ansporn für andere Eigentümer alter Gebäude in und um Würzburg sein, in ihre Häuser zu investieren. Nochmal herzlichen Dank an das Fraunhofer Institut für dieses hervorragende Projekt!
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  • bswue
    Bestimmt gibt es auch hier mal einen Tag der offenen Tür wie bei der Silicatforschung. Da freue ich mich schon jetzt darauf.
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  • brauerei
    Das Innere sieht wunderschön aus! Gibt es auch mal einen Tag der Offenen Tür für die Würzburger Bevölkerung?
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