An diesem Samstag, 28. Mai, ist Internationaler Tag der Leichten Sprache. Er soll darauf aufmerksam machen, dass leicht verständliche Informationen für Inklusion und Barrierefreiheit wichtig sind. Im "Büro für Leichte Sprache" der Lebenshilfe Würzburg übersetzt ein Team komplizierte Texte in leicht verständliche Sprache, um damit möglichst vielen Menschen Zugang zu Informationen zu ermöglichen.
Was ist eigentlich Leichte Sprache? Für wen sind diese Texte gedacht? Und wie formuliert man möglichst verständlich? Antworten geben Julia Bartenstein, Elena Husel und Lena Weinberger vom "Büro für Leichte Sprache".
Was versteht man unter leichter Sprache?
Leichte Sprache ist eine vereinfachte Form der Sprache. "Sie ist in den 1960er Jahren aus der Behindertenrechtsbewegung im anglo-amerikanischen Raum entstanden und hat vor etwa 20 Jahren auch in Deutschland Fuß gefasst", sagt Germanistin Julia Bartenstein. "Mittlerweile gibt es eine Rechtslage, wissenschaftliche Forschung und einen Duden dazu." Texte in Leichter Sprache sollten besonders verständlich sein: "Zum Beispiel gibt es nur kurze Hauptsätze aus einfachen Wörtern. Jeder Satz steht in einer neuen Zeile."
Warum gibt es leichte Sprache?
"Damit alle Menschen wichtige Informationen verstehen können. Denn das Verstehen ist die Grundlage dafür, sich eine Meinung zu bilden, Entscheidungen zu treffen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen", sagt Elena Husel, die "Barrierefreie Kommunikation" an der Universität in Heidelberg studiert hat. In Deutschland gibt es etwa 6,2 Millionen funktionale Analphabeten, so das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Das sind Menschen, die zwar eine Schule besucht haben, aber nicht richtig lesen und schreiben können." Viele von Firmen und Behörden herausgegebenen Informationen sind für diese Menschen nicht verständlich", so Husel.
Was ist der Unterschied zwischen einfacher und leichter Sprache?
Sprache ist vielfältig. Am schwierigsten zu verstehen seien Fachsprachen, sagt Husel. Dann unterscheide man zwischen Standardsprache und einfacher Sprache. "Ganz am anderen Ende steht die leichte Sprache." Im Gegensatz zu einfacher Sprache wird leichte Sprache nach einem festen Regelwerk übersetzt. Es gibt mittlerweile sogar einen Duden dafür. Wichtig sei immer zu fragen: "Welche Info ist überhaupt relevant?"
Für wen ist leichte Sprache?
"Leichte Sprache richtet sich an alle, die eine leicht verständliche Sprache brauchen", sagt Julia Bartenstein. Sie könne sowohl geschrieben, als auch gesprochen werden. "Ursprünglich war sie für Menschen mit Lernschwierigkeiten gedacht, die Texte in der schwierigeren Alltagssprache nicht oder nicht gut lesen und verstehen können." Heute werde Leichte Sprache von einer viel größeren Zielgruppe genutzt, Leseschwierigkeiten würden sich quer durch die Bevölkerung ziehen. So profitierten nicht nur gehörlose Menschen enorm von dieser Sprachform, sagt Bartenstein. Auch ältere Menschen würden gerne einfach geschriebene Texte nutzen.
Warum gibt es Prüferinnen und Prüfer für leichte Sprache?
Das Büro für Leichte Sprache in Würzburg arbeitet mit externen Prüferinnen und Prüfern zusammen. Büro-Mitarbeiterin Lena Weinberger hat nach drei Schlaganfällen Probleme, sich zu konzentrieren und schwierige Texte zu lesen. Zweimal in der Woche prüft sie Texte. "Erst wenn Lena einen Text als verständlich einstuft, sind wir mit unserer Arbeit fertig", sagt Bartenstein. Lena Weinberger ist wichtig, dass die Leute "bei einem Text dabeibleiben, also nicht den Faden verlieren".
Welche Texte sind am schwierigsten zu verstehen?
"Schreiben von Ämtern und Behörden wie der Arbeitsagentur, dem Bezirk Unterfranken oder der Deutschen Rentenversicherung, sind oft sehr schwer zu verstehen", sagt Prüferin Lena Weinberger. Doch wie vereinfacht man komplexe Themen? "Es ist auch für uns eine große Herausforderung, solche Texte zu übersetzen", erläutert Husel. Ein Text könne auf verschiedenen Ebenen schwierig sein - auf Text-, Wort- oder Satzebene. Dies gelte es im Einzelfall zu analysieren.
Sind Behörden mittlerweile verpflichtet, leichte Sprache anzuwenden?
Seit dem 1. Januar 2018 müssen Behörden und Sozialversicherungsträger mit Menschen mit einer geistigen oder seelischen Behinderung in einfacher und verständlicher Sprache kommunizieren. Das gilt sowohl für die mündliche als auch für die schriftliche Kommunikation, teilt die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit mit. Die Bundesfachstelle ist zentrale Anlaufstelle zu Fragen der Barrierefreiheit für die Behörden sowie nach Kapazität auch für Wirtschaft und die Gesellschaft.
Woher weiß man, ob ein Wort verstanden wird oder nicht?
Wörter werden besser verstanden, wenn sie häufig gebraucht werden, so Husel. Ist ein Wort für den Inhalt des Textes zentral, aber dennoch schlecht verständlich - zum Beispiel weil es sich um ein Fachwort handelt -, so muss es erläutert werden. Die Übersetzerin oder der Übersetzer muss entscheiden, ob man das Wort für die Zielgruppe als bekannt voraussetzen kann. So ist das Wort Detonation zum Beispiel weniger verständlich als Explosion: "Wir versuchen in diesem Fall das Wort zu ersetzen und mit leichteren Synonymen zu arbeiten."
Welche Art von Texten werden in Würzburg übersetzt?
Das Büro für Leichte Sprache hat viele verschiedene Auftraggeber, zum Beispiel Stadt- und Bezirksverwaltungen, Ministerien, Museen, Organisatorinnen und Organistoren von Kunst-, Musik-, Kulturveranstaltungen, Vereine oder soziale Beratungseinrichtungen. "Wir übersetzen Informationstexte, Homepageseiten, Flyer Interaktionstexte, Formulare, Anmeldebögen Instruktionstexte, Anleitungen oder auch Museumsrundgänge", erklärt Husel.
Werden wir in Zukunft öfter leichte Sprache hören und lesen?
Leichte Sprache ersetzt oder verdrängt weder allgemeinsprachliche noch fachsprachliche Texte, da sind sich die Büromitarbeiterinnen sicher. Aber sie sagen: "Leichte Sprache ist ein Gewinn für alle." Sie hoffen, "dass uns verstärkt Texte in Leichter Sprache begegnen". Im Regelfall sollten alle Nutzerinnen und Nutzer selbst das passende Angebot für sich auswählen können.
Leichte Sprache in Leichter Sprache erklärt
Viele Menschen können nicht so gut lesen oder schreiben.
Fachwörter und lange Sätze sind für sie oft schwierig.
Leichte Sprache hilft ihnen beim Verstehen.