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Erlabrunn
Kehrtwende beim Landschaftsschutz in Erlabrunn: Die Pläne der Naturschutzbehörde sind vom Tisch
Erlabrunner Obstbauern wollten verhindern, dass ihre Streuobstwiesen ins Schutzgebiet einbezogen werden und erhielten nun Rückendeckung im Umweltausschuss.
Erst im Herbst vergangenen Jahres pflanzte der Obst- und Gartenbauverein Erlabrunn 600 junge Streuobstbäume. Der Bestand in der Gemarkung ist inzwischen auf rund 12.000 Bäume gewachsen, schätzt zweiter Bürgermeister Jürgen Ködel.
Foto: ArchivHerbert Ehehalt  | Erst im Herbst vergangenen Jahres pflanzte der Obst- und Gartenbauverein Erlabrunn 600 junge Streuobstbäume. Der Bestand in der Gemarkung ist inzwischen auf rund 12.000 Bäume gewachsen, schätzt zweiter Bürgermeister ...
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 24.05.2024 02:53 Uhr

Die geplante Überarbeitung des Landschaftsschutzgebiets "Mainufer und Volkenberg" bei Erlabrunn und Leinach ist in ihrer bisherigen Form vom Tisch. Nachdem das Thema monatelang die Gemüter in Erlabrunn erhitzt hatte, kam es im Umweltausschuss des Kreistags am Freitag nun zur überraschenden Wende. Ob das seit 1967 bestehende Landschaftsschutzgebiet (LSG) jetzt überhaupt noch Sinn hat, stellt selbst Thomas Pabst, der zuständige Fachbereichsleiter an der Unteren Naturschutzbehörde (UNB), infrage. 

Die Anpassung der Schutzverordnung hatten die Ausschussmitglieder beschlossen, nachdem sich die tatsächliche Nutzung in den letzten Jahrzehnten stark verändert hatte. Im Änderungsvorschlag der UNB sollte das gesamte Schutzgebiet zwar von 460 auf 418 Hektar verkleinert werden. Der Anteil von Erlabrunn sollte dabei aber von 118 auf 167 Hektar steigen - das wären 42 Prozent der gesamten Gemarkungsfläche. Zankapfel dabei sind die Weinberge sowie der ausgedehnte Streuobstbestand, der sich in den letzten Jahrzehnten nördlich der Gemeinde entwickelt hat, und den die UNB nun ins Landschaftsschutzgebiet aufnehmen will.

Rund 12.000 Streuobstbäume stehen auf der Gemarkung Erlabrunn

"Rund 12.000 Streuobstbäume stehen auf der Gemarkung", sagt zweiter Bürgermeister Jürgen Ködel, selbst Bio-Obstbauer. Allein seit Mitte der 1990er Jahre seien über 3000 hinzugekommen. Das zeige, wie groß das Interesse der Erlabrunner sei, ihren wertvollen Streuobstbestand zu bewahren. Sowohl im Regionalplan, als auch in Flächennutzungsplan sei die betreffende Fläche als Streuobstbestand ausgewiesen. Einer zusätzlichen Schutzverordnung bedarf es deshalb nicht, betonte auch Bürgermeister Thomas Benkert vor dem Umweltausschuss des Kreistags.

In einer Infoveranstaltung und vielen Einzelgesprächen habe er in den Monaten nach einem Kompromiss gesucht und sei auf Bedenken der Obstbauern eingegangen, berichtete UNB-Chef Thomas Pabst. So sei etwa im Verordnungsentwurf festgeschrieben worden, dass die bisherige Bewirtschaftung weiterhin genehmigungsfrei möglich ist. "Das aufgebauschte Bürokratiemonster, von dem gerüchteweise die Rede war, gibt es nicht", so Pabst. Trotzdem kam der Kompromiss nicht zustande.

Obstbauern fürchten Auswirkungen des "Green Deal" der EU

"Mit der Bewirtschaftung hätten wir leben können", sagt Jürgen Ködel. Was die Obstbauern umtreibt, sei der "Green Deal" der EU. Danach sollen die Mitgliedsstaaten bis zum Jahr 2030 30 Prozent ihrer Fläche unter Naturschutz stellen. Deutschland hat dieses Ziel bisher nur zur Hälfte erreicht. Deshalb lautet die Befürchtung, dass auch Landschaftsschutzgebiete einbezogen werden und die bisherige Bewirtschaftung, etwa der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, dann verboten wird. "Die Angst ist berechtigt", meint Bürgermeister Thomas Benkert. 

Als Gegenvorschlag hatte die Gemeinde angeregt, im Wesentlichen nur die Waldgebiete und das FFH-Schutzgebiet im Landschaftsschutzgebiet zu belassen, also auch Weinbergsflächen herauszunehmen. Thomas Pabst sieht darin keinen Sinn. "Diese Gebiete stehen ohnehin schon unter Schutz, da braucht es kein Landschaftsschutzgebiet mehr", sagt er.

Ausschussmehrheit spricht sich für Vorschlag der Gemeinde Erlabrunn aus

Rückendeckung erhielt die Gemeinde Erlabrunn schließlich von allen im Ausschuss vertretenen Kreistagsfraktionen. "Wir haben dieses Landschaftsbild nur, weil sich die Erlabrunner seit über 30 Jahren darum gekümmert haben", meinte etwa Lothar Wild (UWG-FW). "Da sollte man nicht auch noch eine Verordnung draufsetzen", ergänzte Thomas Hoffmann (CSU). Dem schloss sich auch Tobi Grimm (SPD) an. Und selbst Stefan Rettner (Grüne) hält nichts davon, die Verordnung gegen den Willen der Bevölkerung durchzusetzen - "dann sollte man lieber alles lassen, wie es ist".

Lob für die Untere Naturschutzbehörde gab es trotzdem. "Dieses transparente Vorgehen zusammen mit der betroffenen Gemeinde brauchen wir auch in anderen Verfahren", meinte Florian Kuhl (FDP). Dennoch sieht sich Thomas Pabst nun in einem Dilemma. "Wenn man die Weinberge in Erlabrunn herausnimmt, dann müsste man sie auch in Leinach herausnehmen", sagte er.

Am Ende scheiterte der Kompromissvorschlag von Landrat Thomas Eberth, nach einer gemeinsamen Lösung für Leinach und Erlabrunn zu suchen. Mit sieben zu fünf Stimmen sprach sich die Ausschussmehrheit dafür aus, das Schutzgebietsverfahren auf Grundlage der Vorschläge aus Erlabrunn weiterzuführen.

 
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Kommentare
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  • Robert Hippeli
    Wo ist eigentlich die Grenze von der hier genannten Streuobstwiese zur Agrarindustriellen Monokultur?

    Wie wird diese gemessen? (Anzahl der Bäume? Menge der eingesetzten Spritzmittel? Menge vorhanden bzw. verschwundenen Insekten? ...)
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  • Florian Kuhl
    Es ist gut, dass der Vorschlag der Gemeinde mehrheitlich angenommen wurde. Die Flächen in Erlabrunn sind zweifelsfrei so intakt und schon, weil sich Bürgerinnen und Bürger seit Jahrzehnten engagieren. Neue Bürokratie und Verbote (gerade wenn der Green Deal kommt) braucht niemand. Dafür braucht es sicherlich Offenheit im Verfahren und Absprache mit den betroffenen Gemeinden bei den kommenden Verfahren.
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