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Würzburg/Greußenheim
Ist das ein Sakralbau oder eine Maschinenhalle? Universelles Leben und Gemeinde Greußenheim streiten vor Gericht
Das Verwaltungsgericht Würzburg hat dem UL eine Baugenehmigung auf seinem Greußenheimer Hofgut entzogen. Auch ein Mitglied der UL-Spitze meldete sich in der Verhandlung.
Eingang einer Landwirtschaftshalle? Hinter schmiedeeisernen Toren steht in Greußenheim (Lkr. Würzburg) die umgebaute Maschinenhalle des UL. Die Baugenehmigung wurde jetzt vom Verwaltungsgericht gekippt.
Foto: Thomas Obermeier | Eingang einer Landwirtschaftshalle? Hinter schmiedeeisernen Toren steht in Greußenheim (Lkr. Würzburg) die umgebaute Maschinenhalle des UL. Die Baugenehmigung wurde jetzt vom Verwaltungsgericht gekippt.
Benjamin Stahl
 und  Lara Meißner
 |  aktualisiert: 23.10.2024 02:46 Uhr

Einst war das Gebäude inmitten der Greußenheimer Flur eine schmucklose Blechkonstruktion, heute ist es ein türkisgrüner Schmuckbau mit kobaltblauen Pforten: Seit Anfang 2022 hat das Universelle Leben (UL) auf seinem Hofgut Lumee-Sophia eine landwirtschaftlich genutzte Maschinenhalle umgebaut. Streit darum gibt es zwischen der Gemeinde Greußenheim und den "Urchristen" seit längerem. Jetzt hat das Verwaltungsgericht Würzburg eine Baugenehmigung, die das Landratsamt Würzburg erteilt hatte, entzogen.

Rückblick: Im Januar 2022 beantragte das UL-Hofgut die Genehmigung für die energetische Sanierung und Umnutzung der Halle. Ein Gewächshaus mit Demonstrations-, Schulungs-, Informations- und Lesebereich sollte entstehen. Schon damals befürchteten Greußenheims Bürgermeisterin Karin Kuhn und der Gemeinderat, dass nicht der landwirtschaftliche Zweck im Vordergrund stehe, sondern ein neues ideologisches Zentrum entstehen würde: Der Bau solle "eine riesige Versammlungshalle" werden, "in der die Lehren des Universellen Lebens verkündet werden", so Kuhn damals gegenüber dieser Redaktion. Der Gemeinderat versagte dem Antrag seine Zustimmung.

Bis hier hin und nicht weiter: Die Halle auf dem Hofgut Lumee Sophia in Greußenheim (Lkr. Würzburg) ist von allen Seiten umzäunt.
Foto: Thomas Obermeier | Bis hier hin und nicht weiter: Die Halle auf dem Hofgut Lumee Sophia in Greußenheim (Lkr. Würzburg) ist von allen Seiten umzäunt.

Wenig später stellte sich heraus, dass das UL bereits ohne Genehmigung mit dem Umbau begonnen hatte. Das Landratsamt Würzburg erließ eine Baueinstellungsverfügung, um die sich das UL nicht scherte: Bei einem Termin vor Ort stellte die Bauaufsicht im Januar 2023 fest, dass weitergebaut worden war. Sie verhängte ein Bußgeld über 1000 Euro.

Gemeinde Greußenheim wehrte sich gegen das "Okay" des Landratsamts Würzburg

Im Frühjahr 2023 dann die Kehrtwende: Nach monatelanger Prüfung erteilte das Landratsamt im Mai 2023 dem Hofgut Lumee-Sophia doch die beantragte Baugenehmigung. Die Substanz des Gebäudes sei erhaltenswert, der neue Nutzungszweck der Halle stehe in betrieblich-ökonomischem Zusammenhang zur vorhandenen Hofstelle und ein bereits errichteter Anbau werde abgebrochen. Zudem bleibe die äußere Gestalt im Wesentlichen unverändert.

Die überstimmte Gemeinde wehrte sich und reichte beim Verwaltungsgericht Klage gegen das Landratsamt Würzburg ein.

Bei einem Ortsbesuch des Gerichts war auch Bürgermeisterin Kuhn dabei. Ganz "baff" zeigte sie sich selbst bei dem Termin: "Vor allem innen ist das ein ziemlicher Prachtbau, mit Landwirtschaft hat das nichts zu tun."

Fotos vom Ortstermin: Wenig von alter "Blechkiste", viel vom "Zelt Gottes"

Die Fotos des Vor-Ort-Termins, die jetzt in der Verhandlung am Verwaltungsgericht gezeigt wurden, stützen diese Einschätzung: Nichts erinnerte an die einstige "Blechkiste", wie der Vorsitzende Richter den früheren Bau bezeichnete. Stattdessen erinnerten vor allem die Innenaufnahmen an das sogenannte Zelt Gottes, das im Marktheidenfelder Stadtteil Altfeld (Lkr. Main-Spessart) an die "Sophia Bibliothek" des UL grenzt.

"Ist die äußere Gestalt im Wesentlichen unverändert?", fragte der Richter mit Blick auf die Aufnahmen den anwesenden UL-Architekten. Das sei "Ermessenssache", entgegnete dieser. 

Das 'Zelt Gottes' des UL in Altfeld bei Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart). 
Foto: Thomas Obermeier | Das "Zelt Gottes" des UL in Altfeld bei Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart). 

In ihrer vorläufigen Einschätzung hatte die Kammer den Beteiligten schon mitgeteilt, dass der Bau wohl nicht genehmigungsfähig sei. So sei nur noch ein entfernter landwirtschaftlicher Zweck zu erkennen, dies stehe im Widerspruch zum Flächennutzungsplan. Der zu erwartende Besucherverkehr lasse in Greußenheim eine unerwünschte Splittersiedlung befürchten.

Auch finde sich der alte Bau nicht wie vorgeschrieben im neuen wieder, so die Kammer. Allein die Kosten von mehr als 800.000 Euro ließen darauf schließen. Aus dem "landwirtschaftlichen Zweckbau" sei ein "repräsentativer Massivbau" geworden. Das Gericht wolle das "Kaschieren eines Neubauvorhabens" über eine Nutzungsänderung verhindern.

Ein Sakralbau unter dem Deckmantel der Nutzungsänderung?

Damit folgte das Verwaltungsgericht der Argumentation der Gemeinde, die kritisiert hatte, dass "unter dem Deckmantel der Nutzungsänderung" eine "nicht genehmigungsfähige Bebauung im Außenbereich ermöglicht werden" solle. Die beschriebene Nutzung als "Pflanzenhaus und Information" sei schwammig und widerspreche dem offenkundig verfolgten Zweck eines Sakralbaus.

Wie wichtig dem UL der juristische Streit zu sein scheint, zeigte die Anwesenheit von Gert-Joachim Hetzel im Gerichtssaal. Der Jurist, der seit Jahrzehnten der UL-Spitze zuzurechnen ist, meldete sich unvermittelt aus dem Zuhörerbereich zu Wort. Der Bau würde aus einiger Entfernung betrachtet das Gesamtbild der Landschaft nicht stören, betonte er. Die Baugenehmigung des Landratsamtes sei auch vor dem Hintergrund zu betrachten, dass die Behörde nicht im Verdacht stehe, der umstrittenen Gemeinschaft unvoreingenommen gegenüberzustehen und dem UL Privilegien zu verschaffen.

Die Verwaltungsrichter beeindruckte dies nicht, sie hoben den Bescheid des Landratsamtes auf.

Urteil noch nicht rechtskräftig: Wie es jetzt mit dem Bau weitergeht

Und nun? Muss das UL zurückbauen? Sollte das Urteil, also die Aufhebung der Baugenehmigung, rechtskräftig werden, sei eine Nutzungsuntersagung das erste Mittel, teilt das Landratsamt Würzburg auf Anfrage mit. Auch bauliche Maßnahmen, etwa eine sogenannte Beseitigungsanordnung, müssten dann geprüft werden, die Hürden dafür seien aber sehr hoch.

Es sei auch möglich, dass das UL einen geänderten Bauantrag einreicht, der das Urteil des Verwaltungsgerichts berücksichtigt. Zumindest Zeit könnte das UL damit gewinnen: Ein geänderter Bauantrag stünde einer Beseitigungsanordnung entgegen, bis über ihn entschieden worden sei. 

Erst einmal wartet das Landratsamt ab: Da das Urteil noch nicht rechtskräftig sei, bestehen laut Behörde "derzeit noch verschiedene rechtliche Optionen für die Verfahrensbeteiligten - insbesondere für das Hofgut Lumee Sophia". Das weitere Vorgehen sei davon maßgeblich abhängig.

Dass das UL in der Vergangenheit prozessfreudig aufgetreten ist, ist bekannt. Man dürfe sich keine Illusionen machen, meinte ein Vertreter des Landratsamts vor Gericht: "Wenn wir anders entschieden hätten, würden wir auch hier sitzen - nur in anderer Konstellation."

 
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  • Dietlinde Kremling
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  • Walter Stöckl-Manger
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  • Klaus B. Fiederling
    schaut fast aus wie ein jüdischer Tempel. Schade, dass man von Innenräumen nichts gesehen hat. Lebt eigentlich die alte Dame überhaupt noch? Müsste doch schon hoch in den 90ern sein.
    Eines haben UL uns Christen voraus: sie wissen wie man Werbung macht, wenn auch hinter verschlossenen Türen.
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  • Benjamin Stahl
    Hallo Herr Fiederling,
    nach unserem Wissensstand lebt Frau Wittek. Mehr finden Sie hier:
    https://mainpost.de/specials/story/universelles-leben-welche-spuren-prophetin-gabriele-wittek-in-wuerzburg-und-main-spessart-hinterlassen-hat-art-11469068
    Viele Grüße,
    Benjamin Stahl, Redaktion
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