Viele Jahre war es still um die Anhänger des "Universellen Lebens", die auf einem Hofgut in Greußenheim (Lkr. Würzburg) ihr selbst ernanntes "Friedensreich" betreiben. Die Bewohner des Hofs, der im vergangenen Jahr von "Terra Nova" in "Lumee-Sophia" umbenannt wurde, machten zuletzt kaum mehr von sich Reden. Lediglich ein kleinerer Hickhack um ein Nachtfahrverbot am Hofgut und der Streit um den Betrieb eines Windrads zogen ein wenig Aufmerksamkeit auf sich.
Karin Kuhn, Greußenheims Bürgermeisterin, sagt, sie habe sich schon gewundert: "Früher gab es dauernd Skandale, Gerichtsverhandlungen – und jetzt seit Jahren: fast nichts." Umso größer war der Paukenschlag, als Anfang des Jahres gleich vier umfangreiche Bauanträge des Hofguts im Rathaus eingingen.
Geplant: 1000 Quadratmeter große Halle mit Kuppel
Unter anderem eine rund 1000 Quadratmeter große "Landwirtschaftshalle" mit Kuppel-Aufbau soll am Hofgut entstehen. Geplant sei neben der "üblichen jahreszeitlich erforderlichen landwirtschaftlichen Nutzungen" ein Besucher-Bereich, in dem "ein umfassender Querschnitt der einschlägigen Literatur zum Lesen zur Verfügung gestellt wird, der auch zum Verkauf angeboten wird", heißt es in der Nutzungsbeschreibung des Planers. Dazu komme ein "Christus-Gebetsbereich".
Bei den Plänen handelt es sich um ein "Bauvorhaben im Außenbereich", also in einem Bereich, für den es keinen eigenen Bebauungsplan gibt. Nicht jede Nutzung ist hier so einfach genehmigungsfähig. "Privilegiert", also zulässig, sind etwa Vorhaben, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen – nicht jedoch Bauten mit gewerblichem Nutzen. Karin Kuhn ist sich sicher: "Mit Landwirtschaft hat die Halle nichts zu tun." Die Bürgermeisterin sagt: "Welche Landwirtschaftshalle braucht ein Kuppeldach? Hier soll gepredigt und verkauft werden!"
So sieht dies der Greußenheimer Gemeinderat auch: Das Vorhaben wurde einstimmig abgelehnt.
Den Anträgen des Hofguts zufolge soll auch eine ehemalige Maschinenhalle umgebaut und energetisch saniert werden - die entstehende 1500 Quadratmeter große Halle soll den Plänen nach um 43 Pkw-Stellplätze ergänzt werden. Die Antragsteller sprechen in der Nutzungsbeschreibung von einem "Gewächshaus mit Demonstrations-, Schulungs-, Informations- und Lesebereich", in dem Kunden empfangen werden können.
"Eine riesige Versammlungshalle, in der die Lehren des Universellen Lebens verkündet werden", nennt es die Bürgermeisterin. Auch hier konnten die Mitglieder des Gemeinderats den landwirtschaftlichen Nutzen nicht erkennen, der Umbau der Halle wurde ebenfalls abgelehnt.
Auch eine 360 Quadratmeter große Überdachung, unter der das Gemüse der "friedfertigen" Landwirtschaft gereinigt werden soll, machte die Gemeinderäte und Gemeinderätinnen stutzig. An drei Seiten der Überdachung sind Wände geplant – "da fehlt nur ein Tor und dann haben sie die dritte Halle hingestellt", sagt Kuhn. Es seien zu viele Fragen offen geblieben, so die Bürgermeisterin. Auch diesem Vorhaben habe die Gemeinde deshalb nicht zugestimmt.
Ein Kuppelbau am Ortseingang würde die Ansicht des Ortes deutlich prägen
Während die Hallen im Bereich des "Friedensreichs", das sich die von Kritikern und Aussteigern als Sekte verrufene Gemeinschaft am Rande Greußenheims errichtet hat, stehen sollen, würde das vierte Bauvorhaben die Ansicht Greußenheims deutlich prägen: Direkt am Ortseingang möchte das Hofgut ein sogenanntes "Christus-Gebetszelt" mit einem 14 Meter breiten Kuppelbau, einem angeschlossenen Supermarkt und einer Bibliothek errichten. Auch dieses Vorhaben lehnte der Gemeinderat ab, auch für dieses Grundstück an der Ecke Würzburger Straße/Leinacher Straße liegt kein Bebauungsplan vor.
Die Hofgut-Betreiber wollen sich nun an die Baugenehmigungsbehörde des Landratsamtes Würzburg wenden, teilt Hermann Dürr, Beschäftigter des Hofguts und ehemaliger Geschäftsführer, auf Nachfrage der Redaktion mit. Damit läge die Entscheidung in den Händen "von Beamten, die nach Recht und Gesetz und nicht nach ideologischen Vorgaben oder irrationalen Zwängen entscheiden", so Dürr. "Welches Interesse sollten wir haben, der Gemeinde, deren Bürger wir seit Jahren selbst auch sind, zu schaden?", fragt er in einer Stellungnahme.
Karin Kuhn meint die Antwort zu kennen: "Macht", sagt sie. Das "Universelle Leben" wolle "Macht" über den Ort haben. "Und deren Macht macht uns als Gemeinde ohnmächtig." Was sie um jeden Preis vermeiden wolle, so die Bürgermeisterin, "ist eine Abhängigkeit von dieser Glaubensgemeinschaft".
Am Tag nach der Gemeinderatssitzung habe bei ihr das Telefon geklingt, sagt Kuhn: "Ein Vertreter des Hofguts war dran. Enttäuscht sei man über den Ausgang der Sitzung. Über Konsequenzen haben man nachgedacht und beschlossen: Man werde uns als Gemeinde von nun an das Leben so schwer machen, wie irgendwie möglich."
In der Stellungnahme des Hofguts wurde die Frage nach der mutmaßlichen Drohung nicht beantwortet.
Samstag gibt es auch Kuchen und Kaffee - nicht kostenlos-.
Da wird doch auch viel gepredigt, Nächstenliebe gezeigt und noch mehr gelogen.
zu diesem Thema können Sie vielleicht auch mal bei Familienunternehmen (mit längerer Tradition) nachfragen, warum die strategischen Entscheidungen da in der Regel nicht nach dem meisten Geld in der kürzesten Zeit getroffen werden, sondern eher langfristiger.
Die Antwort dürfte in etwa lauten: "damit für die nächste/n Generation/en auch noch was übrig ist".
Noch kein Prophet war vom Tod verschont.