zurück
Würzburg
Hotel-Planung  in Würzburg: Überraschende Kehrtwende am Paradeplatz
Erst gab es Zustimmung für ein geplantes Innenstadt-Hotel, jetzt hat der Würzburger Planungsausschuss den Bebauungsplan abgelehnt. Wie es hinter dem Dom weitergehen könnte.
Der Paradeplatz hinterm Dom mit der jetzigen Post. Die 'Paradepost' soll zu großen Teilen abgerissen werden, an ihrer Stelle soll das neue Hotel entstehen.
Foto: Fabian Gebert | Der Paradeplatz hinterm Dom mit der jetzigen Post. Die "Paradepost" soll zu großen Teilen abgerissen werden, an ihrer Stelle soll das neue Hotel entstehen.
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:24 Uhr

Damit hatten weder Würzburgs Baureferent Benjamin Schneider noch der Investor gerechnet: Der Ausschuss für Umwelt, Planung und Mobilität (Puma) hat der Bebauungsplan-Satzung für ein neues Hotel mit 230 Zimmern am Paradeplatz die Zustimmung verweigert.

Überraschend ist die Entscheidung deshalb, weil Aufstellung und Auslegung des Bebauungsplans vom Puma jeweils mit Mehrheit befürwortet wurde und sich an dem Vorhaben nichts Wesentliches geändert hat. Das Hotelprojekt ist damit vor allem wegen einer Kehrtwende von CSU, FDP/Bürgerforum und Freien Wählern erst einmal ausgebremst.

So soll das künftige Hotel am Paradeplatz von außen aussehen: Der Siegerentwurf des Fassadenwettbewerbs kommt vom Büro Geisel Architekten aus Würzburg. Ob so wie auf der Illustration auch Parkplätze wegfallen, steht allerdings nicht fest.
Foto: Illustration: Geisel Architekten | So soll das künftige Hotel am Paradeplatz von außen aussehen: Der Siegerentwurf des Fassadenwettbewerbs kommt vom Büro Geisel Architekten aus Würzburg.

Was ist geplant?

Die FV Parade-Invest GmbH hat den Gebäudekomplex zwischen Hofstraße, Paradeplatz und Ebracher Gasse vor einigen Jahren gekauft. Im ersten Bauabschnitt wurde der Gebäudeteil an der Ecke Hofstraße/Paradeplatz saniert. Dort hat inzwischen das "Wirtshaus am Dom" eröffnet und die Dolmetscherschule neue Räume bezogen.

Jetzt soll die heutige Paradepost abgerissen und ein Hotel mit etwa 230 Zimmern und einem weiteren gastronomischen Betrieb im Erdgeschoss gebaut werden. Alle Zimmer können doppelt belegt werden, in der Summe wären das rund 460 Betten. In einer früheren Berichterstattung dieser Redaktion war irrtümlich von einem 200 Betten-Haus die Rede: "Das ist nicht korrekt, es ging immer um circa 230 Zimmer", betont Michael Rieckenberg, einer der Geschäftsführer der FamilyValue Management GmbH, die hinter dem Projekt steht.

Was sollte der Puma beschließen?

Beschlossen werden sollte jetzt der vorhabenbezogene Bebauungsplan, dessen Aufstellung der Puma im Januar – also noch in alter Besetzung vor der Kommunalwahl – einstimmig in Auftrag gegeben hat. Auch der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplans hatte der Ausschuss Mitte Juli in neuer Besetzung mit elf zu vier Stimmen zugestimmt. Die vier Gegenstimmen kamen von den Grünen, denen schon damals die Bettenanzahl zu hoch war. Außerdem kritisieren sie, dass die Fassade des Hotels nicht begrünt werden soll und keine Photovoltaikanlage auf dem Dach vorgesehen ist.

Anzeige für den Anbieter Google Maps über den Consent-Anbieter verweigert

Warum wurde der Bebauungsplan jetzt abgelehnt?

Von den Grünen aus denselben Gründen wie bisher. Ihre bisherige Meinung geändert haben die Ausschussmitglieder von CSU, Freien Wählern und Bürgerforum/FDP. Sie bemängeln die ihrer Ansicht nach zu geringe Anzahl von Stellplätzen für das Hotel. Laut Bebauungsplan muss der Investor wegen der zentralen Lage und der guten ÖPNV-Anbindung nur die Hälfte der normalerweise für ein Hotel dieser Größe erforderlichen Pkw-Stellplätze nachweisen. Das ist aber nicht neu, sondern stand so auch schon in dem Entwurf, dem im Juli zugestimmt wurde. Konkret handelt es sich um rund 40 Stellplätze im Innenhof und einer bestehenden kleinen Tiefgarage mit Zufahrt aus der Ebracher Gasse.

Kann ein so großes Hotel mit dieser Stellplatzanzahl funktionieren?

Baureferat und Investor sagen: Ja. Das Mobilitätskonzept und damit auch die Zahl der Stellplätze sind mit dem künftigen Pächter und Betreiber des Hotels – nach Informationen der Redaktion ist es die Motel-One-Gruppe – abgestimmt. "Der künftige Pächter betreibt auch Innenstadt-Hotels ganz ohne Stellplätze, das funktioniert", versichert Michael Rieckenberg. Auch Stadtbaurat Benjamin Schneider ist sich sicher, dass die vorgesehenen Parkmöglichkeiten ausreichen.

CSU, FWG und FDP/Bürgerforum waren davon nicht zu überzeugen: "Ich mag nicht glauben, dass die meisten Gäste zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem ÖPNV kommen", sagte Josef Hofmann (FWG). Charlotte Schloßareck (Bürgerforum) geht davon aus, "dass 80 Prozent der Menschen mit dem Auto kommen, gerade Geschäftsreisende".

Der Paradeplatz ist zurzeit vor allem eines: ein großer Parkplatz. 
Foto: Silvia Gralla | Der Paradeplatz ist zurzeit vor allem eines: ein großer Parkplatz. 

Hat das Hotelprojekt Auswirkungen auf die Situation am Paradeplatz?

Ja und Nein. Die für das Hotel vorgesehenen Pkw-Stellplätze befinden sich komplett auf dem Grundstück des Investors. Die Belebung durch Hotel und Gastronomie an der Touristenmeile zwischen Residenz und Dom könnte aber dazu führen, dass die Pläne der Stadt, die Stellplätze hinter dem Dom zu reduzieren oder komplett zu streichen, eine neue Dynamik bekommen.

Vor einigen Jahren scheiterte das Vorhaben an einer konservativen Mehrheit im Stadtrat, sogar staatliche Fördermittel mussten zurückgezahlt werden. Derzeit bereitet die Verwaltung eine Ausweitung des Sanierungsgebiets "südlicher Bischofshut" vor, die Beteiligung der Bürger ist Anfang 2021 geplant. Zu diesem Prozess gehört irgendwann auch die Entscheidung des Stadtrats, "wie wir in diesem Bereich künftig mit dem öffentlichen Raum umgehen", sagt der Baureferent.

Wie reagiert der Investor auf die Kehrtwende im Stadtrat?

"Bisher hatten wir immer Unterstützung und es war ein gewolltes Projekt, deshalb bin ich überrascht. Wir machen so etwas aber nicht zum ersten Mal und sind Kummer gewohnt", meint Michael Rieckenberg und sagt: "Wir nehmen es als Herausforderung und hoffen, dass sich die Sache mit einigen Korrekturen gemeinsam mit Politik und Verwaltung lösen lässt. Ich hätte mich aber gefreut, wenn mich die Fraktionen vorher angesprochen hätten."

Wie geht es jetzt weiter?

Eigentlich sollte im Hauptausschuss am Mittwoch in nichtöffentlicher Sitzung der Durchführungsvertrag für das Projekt beschlossen werden. Nach Auskunft von Stadtsprecher Christian Weiß wurde der Vertragsinhalt zwar vorgestellt, aufgrund der Ablehnung im Puma aber auf eine Abstimmung verzichtet. "Vor einer weiteren Befassung in den Gremien wird versucht, gemeinsam mit dem Investor eine Lösung zu finden", so Weiß. Das bedeutet, dass der Bebauungsplan-Beschluss auch von der Tagesordnung des Stadtrats in der kommenden Woche genommen wurde.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Patrick Wötzel
Bebauungspläne
Bürger
CSU
Charlotte Schloßareck
Finanzinvestoren und Anleger
Freie Wähler
Josef Hofmann
Mobilität
Stadträte und Gemeinderäte
Öffentlichkeit
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Veraltete Benutzerkennung
    Bezahlbare Mietwohnungen in der Stadt sind wichtiger touristisch genutzte Hotelzimmer.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • T. M.
    Zwei Widersprüche in einem Satz! Gratuliere!
    1. bezahlbare Wohnungen in der Stadt?
    2. in der Stadt wo es doch so laut und die Luft dreckig ist?

    😁😁😁😁😁😁😁😁😁
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • C. H.
    So kann man Investoren auch vergraulen. Eine peinliche Aktion.

    Eine Bitte an die Redaktion: Vergebt doch bitte die Schlagwörter passender. Die Schlagwörter wie „Bebauungsplan“, oder „Bauen“, fehlen. Wenn man nur mit der „News App“ arbeitet entgehen einen sonst wichtige Berichte.
    Danke!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • V. S.
    Mehr als 400 Betten? Zum Glück wurde das Projekt abgelehnt!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. E.
    Was ist daran gut es abzulehnen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    So is recht! Lasst die Finger von dieser sensiblen und letzten einigermaßen ruhigen Stelle in der Stadt - und schmeißt die restlichen öffentlichen Parkplätze auch gleich noch mit raus!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • C. H.
    Da hat es mal eine(r) überhaupt nicht verstanden. Meinen Sie ihr Wohlstand kommt davon (die Corona-Pandemie und die zukünftige Entwicklung daraus klammern wir mal aus), Projekte wie diese auch noch in dieser Art und Weise abzulehnen und keine vernünftige Stadtentwicklung zu betreiben? Wohlstand ist damit begründet, dass Arbeitsplätze vorhanden sind, und Arbeitsplätze und Kaufkraft komme nicht davon 400 zukünftige Übernachtungsmöglichkeiten und auch noch alle Parkmöglichkeiten am Paradeplatz abzuschaffen. Das ist sehr kurz und egoistisch gedacht. Innovative Verkehrsmöglichkeiten hätte man als Stadtrat rechtzeitig fordern dürfen. Aber anstelle einer solchen Forderung, das Projekt abzulehnen, und noch mehr Stellplätze und damit noch mehr Verkehr für die kleinen Gassen in Würzburg zu fordern ist doch eine Fars.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    mein Wohlstand (der scheoint sie ja sehr zu interessieren) hat sicher nix mit einer völlig deplazierten Bettenburg mit entsp. Zahl an An- und abfahrten an diesem sensiblen Punkt zu tun, sondern mit 49! versicherungs- und beitragspflichtigen Arbeitsjahren und zweimaliger beruflicher Weiterqualifikation - und das ist keine Farce
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. E.
    Herzlichen Glückwunsch! Sie sind ein Held!
    Ich habe es gelinde weil ich den Beitrag als süffisant aufgenommen habe und sie dem schon nahetreten können aber einem wegrasieren der Parkplätze am Paradeplatz eine deutliche Absage erteilen!
    Erst der Kardinal Faulhaber Platz dann hinter dem Dom!
    Die Grünen machen die Stadt systematisch kaputt! Für ältere Menschen eine Katastrophe!
    Zudem biedern sich die Grünen den tausenden radfahrenden Studenten an, deren Stimmen sie abschöpfen wollen! Auf Kosten der einheimischen Würzburger und der tausenden Einpendler die für die Wirtschaft wichtig sind nimmt man immer weniger Rücksicht!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten