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Würzburg
Hochhaus Augustinerstraße 9: Warum sich in Würzburgs Mitte nichts bewegt
Seit Jahren ist das ehemalige Ämterhochhaus in der Augustinerstraße eingerüstet. Der Stadtrat hat seinen Abriss und Wiederaufbau genehmigt. Woran liegt es, dass es nicht weiter geht?
Das seit Jahren eingerüstete früher Ämterhochhaus der Stadt in der  Augustinerstrasse  9. Gegen den Abriss und Wiederaufbau – von der Stadt genehmigt – klagen zwei Nachbarn.
Foto: Ulises Ruiz | Das seit Jahren eingerüstete früher Ämterhochhaus der Stadt in der  Augustinerstrasse 9. Gegen den Abriss und Wiederaufbau – von der Stadt genehmigt – klagen zwei Nachbarn.
Ernst Lauterbach
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:25 Uhr

Es gibt Jugendliche in Würzburg, die dürfen mit 16 Jahren bereits Motorroller fahren, wissen aber nicht, wie das Haus der Augustinerstraße 9 ohne Gerüst und Planen daran aussieht. Am 9. April 2005 wurde das städtische Ämterhochhaus in der Augustinerstraße wegen akuter Einsturzgefahr geräumt - das war noch bevor Angela Merkel Kanzlerin wurde – und steht aber bis heute immer noch.  Denn im Anschluss begann eine wechselvolle Geschichte mit mehreren Eigentümer-Wechseln, Abriss- und Neubauplänen und zahlreichen Diskussionen im Stadtrat.

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Seit April 2020 gibt es eine Genehmigung des Stadtrates für den Abriss und Wiederaufbau des stattlichen Gebäudes,  das 1930 im Stil der "Neuen Sachlichkeit" erbaut worden war. Nachdem mehrere statische Gutachten zu dem Ergebnis kamen, dass das 36 Meter hohe Gebäude vor allem aus wirtschaftlichen Gründen nicht sanierungsfähig ist, hatte das Landesamt für Denkmalpflege bereits 2013 seine Bedenken gegen den Abbruch zurückgestellt.

"Wir wüssten ganz gerne, wodurch die Nachbarn sich beeinträchtig fühlen."
Christian Weiß , Rathaussprecher

An seiner Stelle und auf dem Nachbargrundstück Augustinerstraße 11 will die "Hans-Löffler-Haus Augustinerstraße GmbH" das 35 Meter hohe Hans-Löffler-Haus samt 21 Meter hohem Nebengebäude errichten. Beide erscheinen laut Planung nach außen hin zwar getrennt, sollen im Inneren jedoch eine Einheit bilden. Alle wesentlichen gestalterischen Elemente der Gebäudehülle des Altbaus sollen erhalten bleiben, hieß es bei der Vorstellung der Pläne. Dazu gehören die Arkaden und das Gesims im ersten Obergeschoss, die Fensterformen mit Sprossen, und das Traufgesims mit Konsolen und Bullaugen.

Vom Erdgeschoss bis zum zweiten Obergeschoss ist eine Nutzung durch Gastronomie, Büros und Praxen vorgesehen, darüber sollen bis zum komplett verglasten Walmdach Wohnungen entstehen. Vor allem der Neubau mit viel Glas und die geplante Tiefgarage mit 33 Pkw-, 17 Motorrad- und 51 Fahrradstellplätzen waren im Vorfeld der Planung Kritikern auch im Stadtrat ein Dorn im Auge.

 Die Außenansicht der geplanten Jans-Löffler- Hauses und des Nebengebäudes in der Augustinerstraße 9 und 11.
Foto: Entwurf; von Einsiedel Architekten |  Die Außenansicht der geplanten Jans-Löffler- Hauses und des Nebengebäudes in der Augustinerstraße 9 und 11.

Seit 2016 ist die ArbaNova Familienstiftung mit Sitz in der Kantstraße in Würzburg die Eigentümerin des Hauses. Bauherrin ist die  Bona Wohnungsgesellschaft, eine hundertprozentige Tochter der Stiftung. Die vorherigen Geschäftsführer, darunter FDP-Stadtrat Joachim Spatz, hatten ihre Anteile an die Stiftung verkauft. "In bestem Einverständnis", wie Spatz betont.

Ende 2019 gab es den Satzungsbeschluss der Stadt, im April 2020 folgte die Baugenehmigung

"Ende 20219 gab es den Satzungsbeschluss der Stadt, im April 2020 folgte die Baugenehmigung", sagt Aleksandar Dino Trslic, einer der Geschäftsführer der Stiftung, im Gespräch mit dieser Redaktion. "Der Bauzeitenplan stand ab Mai 2020, wir waren bereit, mitten in der Pandemie mit dem Rückbau zu beginnen", so Trslic. 

Das sogenannte Ämterhochhaus in der Augustinerstraße 9 steht seit Jahren leer. Es soll abgerissen und der Platz neu bebaut werden.
Foto: Johanna Heim | Das sogenannte Ämterhochhaus in der Augustinerstraße 9 steht seit Jahren leer. Es soll abgerissen und der Platz neu bebaut werden.

Warum bewegt sich dann nichts? "Es gibt Klagen von zwei Nachbarn gegen die Stadt", erklärt Trslic. "Beide klagen jeweils vor dem Würzburger Verwaltungsgericht gegen die Baugenehmigung, in zwei Normenkontrollverfahren beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München wenden sie sich gegen die Bausatzung", fügt sein Geschäftsführer-Kollege Frank Barlian hinzu.

"Gottlob sind wir eine Familienstiftung und haben auch eine gewisse Sturheit."
Frank Barlian, Arbanova Familienstiftung

Ein Sprecher des Münchner Gerichts bestätigt: Eine Klagebegründung der Normenkontrollverfahren sei bereits erfolgt. "Einen anvisierten Termin für die mündliche Verhandlung kann ich Ihnen leider noch nicht mitteilen", heißt es auf eine Anfrage dieser Redaktion. Beim Würzburger Gericht werde man erst abwarten, was das übergeordnete Gericht in München entscheide, heißt es aus der Burkarderstraße. "Aktuell stehen in diesen Verfahren hier keine Entscheidungen an", teilt ein Sprecher daher mit.

"Wir wüssten ganz gerne, wodurch die Nachbarn sich beeinträchtig fühlen", sagt Rathaussprecher Christian Weiß.  Die Klage richte sich seines Wissens gegen zwei Bereiche. Zum einen gegen das sogenannte formelle Recht der Bausatzung selbst und zum anderen gegen das sogenannte materielle Recht, das Abstände, Geschossigkeit und dergleichen betreffe. "Bislang gibt es nur eine Begründung der Klage gegen das  formelle Recht, also was nach Ansicht der Kläger im Bebauungsplanverfahren fehlerhaft gewesen ist", sagt Weiß.

Dazu sei die Klageerwiderung der Stadt bereits eingereicht worden. Die Klage gegen das materielle Recht sei aber bislang nicht begründet worden, also wisse man bei der Stadt nicht, was man erwidern solle. "Wir wissen ja nicht, was uns vorgeworfen wird", so Weiß.

Trslic: Mit den anderen Nachbarn "ein Topverhältnis"

Auch bei der Bauherrin weiß man nicht weiter. "Wir wissen nicht, was die Nachbarn stört", sagen Barlian und  Trslic. "Selbst der OB und der Stadtbaurat haben sich dankenswerter Weise eingebracht und Gespräche geführt. Aber den Kern und eigentlichen Grund konnten auch die nicht in Erfahrung bringen", weiß Trslic. "Mit den anderen Nachbarn haben wir ein Topverhältnis, die freuen sich, dass sich da etwas tun soll", sagt Barlian. "Ich halte das ganze für eine Verzögerungstaktik in der Hoffnung, dass der Bauherr pleite geht, auf Deutsch gesagt. Anders kann ich mir das nicht erklären", glaubt er.

"Wenn die Stiftung nicht ihren Sitz in Würzburg hatte, dann würden wir wie andere Investoren schon davonlaufen", fügt Trslic hinzu. "Aber wir stehen bei der Stadt im Wort und haben gesagt, wir führen das Projekt durch. Und wenn es noch drei Jahre dauert", sagt Barlian und fügt hinzu: "Gottlob sind wir eine Familienstiftung und haben auch eine gewisse Sturheit."

Die Arbanova Familienstiftung

Die Bona Wohnungsgesellschaft ist ein 2009 gegründetes Tochterunternehmen der Würzburger Arbanova Familienstiftung der Familie Barlian. Sie hat 326 Wohnungen im Bestand, davon 110 Sozialwohnungen, vorwiegend in Stadt und Landkreis Würzburg Die Familienstiftung gibt es seit dem Jahr 2017.
Stifter sind Reinhold und Marianne Barlian aus Bad Mergentheim, die ihre Firma Bartec mit einem damaligen Jahresumsatz von 250 Millionen Euro im Jahr 2001 verkauften. Immobilien sind eine der vier Säulen, auf denen die Stiftung steht, weiter gibt es Industriebeteiligungen, Wertanlagen sowie Engagement im Bereich Gesundheit und Soziales.
Quelle: ella
 
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  • W. P.
    Die Bausubstanz ist wahrscheinlich besser als die der heute eilig zusammengezimmerten Buden.
    Aber es ist einfach nicht gewollt.
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  • G. K.
    Wenn das Hochhaus wirklich sooo baufällig gewesen wäre, dass man es deshalb aus dem Denkmalschutz streichen musste (oder besser: endlich durfte), dann hätte es eigentlich längst zu sichtbar schweren Schäden kommen müssen. Methode WÜ: wir warten so lange, bis es so marode ist, dann können wir den Denkmalschutz über Bord werfen.

    Eigentlich sehr schade, wenn man bedenkt, dass aus dieser Architekturperiode ohnehin nicht viel in WÜ zu sehen war und noch weniger davon den 16. März 1945 überlebt hat.

    Dieses Gebäude blieb stehen und ich finde, das sollte man respektieren. Denkmalschutz ist nicht nur Barock...
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