Ein Rundgang im seit acht Jahren verhüllten Denkmal offenbart viel Müll und Bauschutt – und schöne Aussichten.
Solch eine Hausbesichtigung bekommt man nicht jeden Tag geboten. Ganz davon abgesehen, dass es langsam mal Zeit war, hinter die Kulissen zu blicken, genauer gesagt hinter den größten grünen Vorhang, den die Stadt zu bieten hat. Seit acht Jahren umhüllt die Christo-ähnliche Verpackung in der Funktion eines Sicherheitsnetzes gegen bröckelnde Fassadenteile das 83 Jahre alte Hochhaus in der Augustinerstraße. Dieses war aufgrund statischer Mängel im April 2005 – mehr oder minder blitzartig – geräumt worden.
Während Investorenwechsel, Abrissdiskussionen und geplatzte Neubauträume für öffentlichen Wirbel sorgten, stand und steht das Denkmal still vor sich hin. Und viele fragen sich, wie's eigentlich hinter dem grünen Sicherheitsvorhang ausschaut?
Zuerst einmal ist es gar nicht so einfach zum Haupteingang unter dem Arkadengang zu gelangen. Friedrich Schwab, Vorstand der Informica Real Invest AG, die das Haus wieder auf Vordermann bringen will, muss erst den Bauzaun am Gehsteig ein Stück beiseite rücken. Am Schaufenster künden noch Plakate, dass die Boutique „Jeanelle Lady Fashion“ umgezogen sei. An der Eingangstür mahnt ein Schild, keine Post einzuwerfen, sondern diese im Rathaus abzugeben.
Vor der Räumung residierten im Ämterhochhaus auch Ämter: das Schul- und das städtische Hochbauamt, das beim Bekanntwerden der Schäden an Statik und Bausubstanz einigen Spott einstecken musste. Die Bauexperten saßen jahrelang in einer Bruchbude und merkten nichts von deren Verfall, bis ein Fassadenteil herabfiel und eine größere Untersuchung auslöste. Das Ergebnis ist bekannt: Räumungsbefehl und das städtische Urteil „abrissreif.“
Dass auch im vergangenen Jahr erneut viel untersucht wurde, wird an etlichen Stellen sichtbar, wie ein großes Loch an der Wand im Treppenhaus zeigt, das durch alte Buntglasfenster erhellt wird. „Jetzt wissen wir, dass wir eine Brandschutzwand zum Nachbarhaus haben“, sagt Schwab. Beim Rundgang durch die sieben Etagen zeigt er die diversen Löcher im Mauerwerk und im Boden. „Untersucht haben wir Decken, Wände und Stützpfeiler.“ Die Proben gingen an die Landesgewerbeanstalt. Schwabs Erkenntnis: „Je höher das Stockwerk, desto schlechter die Substanz. Da haben sie wohl beim Baumaterial gespart.“
In vielen Räumen wurden Teile der abgehängten Decken herausgerissen, um das marode Innenleben zu inspizieren. Die Holzböden haben sich gewellt, Türen der vielen Einbauschränke stehen offen. Und neben Bauschutt fällt vor allem eines auf: Dass Beamte offenbar gar nicht so ordentlich sind, wie man denkt.
Da liegen noch alte Pläne herum, jede Menge Disketten (ein Vorläufer der CD), Videokassetten für den Sportunterricht, an der Wand ein Bild von der Tochter mit Katze, auf der Bank der alten Doppelfenster eine Postkarte von Ute mit Grüßen aus dem schönen Bad Steben, Bärchen als Fensterbilder, bündelweise Papierstapel. An den Türen hängt das Foto einer Mitarbeiterin und – unpassend zur allgemeinen Unordnung – ein alter Reinigungsplan.
Musealer Höhepunkt: Ein Riesentrum von einer Olympia-Schreibmaschine, die am Boden liegt. Zur Ehrenrettung der Beamten lässt sich vermuten, dass der Saustall wohl vom Hals-über-Kopf-Auszug im April 2005 herrührt. Im Keller noch ein Schockmoment: Aber es ist keine Leiche, die da rum liegt, sondern eine alte Schaufenster-Puppe.
Trotz Müll, Bauschutt und Taubendreck an der Fassade ist schon jetzt deutlich: Wer hier einmal – falls das mit der Sanierung wie geplant klappt – wohnen wird, kann nicht nur hohe Decken, sondern tolle Aus- und Überblicke genießen. Vor allem in den oberen Stockwerken des über 30 Meter hohen Hauses: Von der Vorderseite aus auf Festung und Käppele. An der Rückseite liegt einem die Stadt zu Füßen – mit Blick auf Marienkapelle, Neumünster, Dom und Residenz. Nur der Turm des Grafeneckart – Stadtbaurat Christian hat Blickkontakt zu seiner Dauerbaustelle Hochhaus – wirkt vergleichsweise klein.
Nein, den gerichtlich gescheiterten Neubauplänen mit dem Tricyan Tower, trauere er nicht mehr hinterher. Im Gegenteil, sagt Fast-Hausherr Friedrich Schwab, denn noch ist die Stadt Eigentümer. „Wenn das so wird, wie wir das planen, wird das ein echtes Schmuckstück für Würzburg.“ Ob er nicht Lust hat, dort einzuziehen? Schwab lacht. „Wenn ich's mir leisten könnte . . .“
..Denn (wegen Datenschutz) Akten,Datenträger würde ein Beamter nie einfach liegen lassen...oder..?