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WÜRZBURG
Hochhaus-Urteil: Schlappe für die Stadtplaner
Herausragend im Altstadtensemble: Das grün eingehüllte Ämterhochhaus in der Augustinerstraße. Sein Abriss ist nach dem VGH-Urteil in weite Ferne gerückt.
Foto: Thomas Obermeier | Herausragend im Altstadtensemble: Das grün eingehüllte Ämterhochhaus in der Augustinerstraße. Sein Abriss ist nach dem VGH-Urteil in weite Ferne gerückt.
Von unserem Redaktionsmitglied Holger Welsch
 |  aktualisiert: 26.04.2023 17:31 Uhr

Juristische Schlappe für die Stadt: Massive Verfahrensfehler und Fehleinschätzungen hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in seinem Urteil zum Bebauungsplan zum geplanten „Tricyan Tower“ in der Augustinerstraße festgestellt. Dass der Bebauungsplan für den Nachfolgebau des 82 Jahre alten Ämterhochhauses nach der Normenkontrollklage einer benachbarten Erbengemeinschaft gekippt wurde, ist seit September 2011 bekannt. Seit Montagmittag liegt die 20-seitige Urteilsbegründung aus München vor. Das seit 2005 leer stehende, marode Gebäude droht eine Dauerbaustelle zu bleiben.

Vornehmlich wird das Urteil damit begründet, dass Denkmalschutz und Grundwasserfragen bei der Aufstellung des Bebauungsplanes nicht ausreichend gewürdigt wurden. Anders als die Stadtverwaltung sagt der VGH, dass der geplante 34 Meter hohe Tricyan Tower, der die Traufhöhe des alten Hochhauses um mehr als fünf Meter überschreiten würde, ein erheblicher Eingriff in das denkmalgeschützte Altstadtensemble ist. Die Stadt hatte argumentiert, dass das alte Hochhaus einen Neubau mit ähnlichen Ausmaßen rechtfertige. Dabei räumte sie aber selbst ein, dass sich dieser „gestalterisch von der Umgebung absetzt“, sich das Stadtbild durch diese neue Dominante verändern werde und das alte Hochhaus unauffälliger sei. Dennoch seien keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten.

Der VGH urteilt anders: „Dies zeigt indessen, dass die Antragsgegnerin (gemeint ist die Stadt, Anm. d. Red.) die Bedeutung der zu beurteilenden Belange, insbesondere des Belangs des Denkmalschutzes, . . . grundlegend verkannt hat.“ Man könne, was den Denkmalschutz angeht, nicht einfach den Neu- mit dem Altbau gleichsetzen. Der Tricyan Tower müsse so beurteilt werden, „als wäre der Altbau nicht existent“. „Mit der Beurteilung, dass der geplante Nachfolgebau keinen erheblichen Eingriff in das Denkmalensemble der Altstadt darstellen soll, weil dessen Höhe mit dem Bestand vergleichbar ist und er 'das Hochhausmotiv wieder aufgreift'“, überschreite die Stadt „den Rahmen zulässiger Einschätzung“, so der VGH.

Zudem kritisieren die Richter, dass die Stadt die Auswirkungen der Untergeschosse des Neubaus auf die Grundwasserströme nicht untersucht hat. Die Stadt wollte das Wasserrechtsverfahren erst im Rahmen der Baugenehmigung durchführen. Das Gericht hält indes aufgrund der Tiefgaragenplanung „die völlige Ausblendung der möglichen Auswirkungen auf das Grundwasser“ im Bebauungsplanverfahren für „willkürlich“ und spricht von einem „Ermittlungsausfall“. Gegen das Urteil wurde keine Revision zugelassen. Dagegen könnte die Stadt beim Bundesverwaltungsgericht klagen.

Ob sie das tut, ist noch unklar. Stadtbaurat Christian Baumgart erklärte am Montagnachmittag den Stadträten im Bauausschuss, dass man das Urteil jetzt ausführlich prüfen und intensive Gespräche mit dem Hochhaus-Eigentümer führen werde. „Frühestens in vier bis sechs Wochen“ werde man „den zuständigen Gremien weitere Verfahrensschritte vorschlagen“, erklärte Baumgart.

CSU-Stadtrat Erich Felgenhauer, der als einer der wenigen gegen den Bebauungsplan gestimmt und sich für eine Sanierung des denkmalgeschützten Ämterhochhauses ausgesprochen hatte, kommentierte das Urteil als „glückliches Zwischenergebnis für das Stadtbild“. Für den Bebauungsplan habe man „die Quittung erhalten“.

Keine weiteren fünf Jahre

Wie's weitergeht, kann auch Friedrich Schwab vom Tricyan Tower-Investor Informica Real Invest noch nicht sagen. Er werde Gespräche mit seinem Anwalt und der Stadt führen. Für ihn steht allerdings schon fest, dass von dem Urteil „keiner was hat“: Weder der Investor, noch die Stadt und die Bürger, die möglicherweise noch länger die unschöne Baustelle ertragen müssen. Er werde nicht einfach aufgeben, dafür habe er zu viel Herzblut in das Wohn- und Geschäftshaus gesteckt. 2007 hat die Informica die Immobilie erworben, mit Rücktrittsrechten. Falls die Planung wieder bei Null angehen sollte, werde er aber keine weiteren fünf Jahre mehr warten, sagt Schwab.

Ämterhochhaus

Das erste Hochhaus Würzburgs entstand 1929/30 nach Entwürfen des

Architekten Franz Kleinsteuber in der

Augustinerstraße und galt aufgrund

des Baustils der „Neuen Sachlichkeit“

als Sensation.

Der Bau wurde im Jahr 1974 zum Denkmal erklärt und 2005 aufgrund statischer Mängel geräumt.

2007 erwarb es die Informica Real

Invest AG. Sie plant den Neubau

eines zehngeschossigen Wohn- und

Geschäftshaus mit 3200 Quadratmetern

Nutzfläche.

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Vorgeschichte und Hintergründe

zum Thema im Internet unter

wuerzburg.mainpost.de

 
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  • H. H.
    Dass man über Denkmalschutz hin oder her trefflich streiten kann, ist ja nix Neues und muss die Kompetenz des Stadtbaurates nicht unbedingt in Frage stellen. Aber die Sache mit dem Grundwasser ist ein Hammer. Erstmal was hinpfuschen, dann werden wir schon sehen - yup, dann wird der Tricyan-Tower zum Schiefen Turm von Würzburg und einer echten Touristen-Attraktion, die nur dadurch ein wenig an Wert einbüßt, dass sie innerlich leider genausowenig nutzbar ist wie das jetzige Hochhaus... aber macht nix, solche Soda-Bauwerke (= Bauwerke, die so da stehen) kommen ja in Würzburg häufiger vor (insbesondere höhere)!

    Helau Würzburg!

    Setzen, sechs!
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  • p. z.
    Massive Verfahrensfehler und Fehleinschätzungen hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in seinem Urteil zum Bebauungsplan zum geplanten „Tricyan Tower“ in der Augustinerstraße festgestellt.

    Besser hätte man des Wirken dieses Stadtbaurates Baumgart nicht umschreiben können.
    Und dieses Wirken gilt nicht nur für die Augustinerstrasse - das wg. einer schlafenden Staatsanswalschaft (z.B. beim Kulturspeicher) das bisher einzige gerichtliche festgestellte Versagen dieses Stadtbaurates ist.
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    So eine Pfeife hat Würzburg nicht nötig.Der OB und die Stadträte sind kein bisschen besser.Da fehlem einen die Worte.
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    Autsch, was für eine Schlappe für die Stadt, ihre gewählten "Volksvertreter" und diesen sogenannten "Stadtbaurat"! Was bin ich froh, dass die bayerische Justiz in diesem Fall die Arbeit der Stadt erledigt hat, deren ureigenste Aufgabe es gewesen wäre, die denkmalpflegerischen und auch die sonstigen gerügten Belange ordentlich abzuwägen. Jedem, der sich vor einiger Zeit in der Augustinerstraße die Fotomontage des Verschönerungsvereins mit diesem potthässlichen Monolith angeschaut hat, muss es die Zornesröte ins Gesicht getrieben haben. Unsere Stadträte - die wären glatt imstande gewesen, das Stadtbild meiner geliebten Heimatstadt für das Renditeobjekt eines Privatinvestors zu verklopfen - Schande über sie! Da fällt mir nur eins dazu ein - dieses Gremium in toto abwählen, 2014 ist die nächste Gelegenheit. Aber dieser unsägliche, an Arroganz kaum zu überbietende "Stadtbaurat".... ??
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    ...sind schon echt zu bedauern, mit ihrem sogenannten "Stadtbaurat" !!!
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  • P. S.
    der Oberstadtbaumufftie doch im MP-Interview gesagt? Er mache alles richtig und alle anderen sind bescheuert oder so ähnlich klingt es noch in meinen Ohren. Toll jetzt haben wir den nochmal für einige Jahre an der Backe traurig traurig
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    Ihr in Würzburg habt doch nur die Schelle 7 als OB und Stadtbaurat Baumgart.Herzliches Beileid !!!!!!!!!!!!!!
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  • G. R.
    das die Stadt jeden vorschreibt, wie eine Werbung oder die Fenster wegen dem Denkmalschutz auszusehen haben, sich aber selber nicht an die Vorgaben hält. Beispiel: Domstraße.

    Wir brauchen uns über die Großen (Wulf & Co.) nicht aufregen. Auch im Kleinen gibt es Vorteilsnahme. Auf jeden Fall die Poltikverdrossenheit steigt weiter. Man weis gar nicht mehr wen man wählen soll.
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    ist der gute Weg, auf dem wir uns laut OB Rosenthal befinden sollen?

    Vielleicht hat das Ämterhochhaus Glück und kann so lange stehen bleiben, bis jemand in Amt und Würden ist, für den Denkmalschutz mehr ist als ein Kostenfaktor.

    Eine Schande, daß Würzburg auf Hilfe von außerhalb angewiesen ist.
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    wirklich, dass die Stadtverwaltung wieder einmal in einem Verfahren unterlegen ist? Mich nicht!
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    Da stand der "Ober" aber auch dahinter, oder hab ich da was verpasst?
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    der Eingangsstempel auf der Begründung interessieren, was da wohl für ein Datum drauf ist;-)
    Oder es war gutes timeing;-)
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  • K. G.
    04.02.2012 (!).
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  • P. S.
    am Samstag wird bei der Stadt gearbeitet?
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  • K. G.
    ja, Stempel ist 04.02.2012, (Samstag). Überrascht mich auch.
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    Mir fehlen einfach die Worte, wenn ich sehe, wie die Stadt Würzburg sich selbst das bisschen nimmt, was der Zweite Weltkrieg übrig gelassen hat. So blöd kann doch eigentlich keiner sein oder doch? Erst das Wöhrl-Plaza, dann das Forum am Marktplatz, ein halbfertiger Hotelturm (warum ist der Investor dieses tollen Tricyan Towers denn nicht eigentlich dort mit eingestiegen?), usw. usw. Ich würde mich schämen, die Stadt von Tilman Riemenschneider und Balthasar Neumann derart zu verschandeln wie es die Stadtoberen durch solche unsinnigen Entscheidungen wie die Genehmigung jenes Tricyan Towers geschafft haben. In München oder gar Paris etwa wäre das überhaupt nicht denkbar. Dort sind die Hochhäuser alle außerhalb in einem extra Stadtteil. Oder will Würzburg etwa so aussehen wie Leipzig?
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    ....bitte Leipzig kein Unrecht antun!!! Das ist eine wunderbare, lebendige Stadt, von der sich Würzburg einige Scheiben abschneiden könnte! Da wird Historie auch abseits einiger monumentaler Leitbauten geachtet und wenn zeitgemäss gebaut wird, dann auf hohem Niveau! Also genau alles das, was wir in Würzburg schmerzlich vermissen.

    Der werte Herr Stadtbaurat, der dafür massgeblich verantwortlich ist, ist ja zum Dank für seine Schlechtleistung gerade erst wieder gewählt worden, was mehr über den Zustand des Stadtrats aussagt als über seinen eigenen. Kritiker seiner Inkompetenz bezeicnet er ja öffentlich als "Geiferer" - unfassbar, anderswo hätte er mit solch unwürdigem Verhalten ein für allemal ausgespielt. Wir mögen seine Ausfälle noch einmal ein paar Jahre ertragen können, aber das Stadtbild? Hoffen wir, dass das Verfahren Augustinerstraße stärker sein möge als diese vorübergehende Erscheinung "Stadtbaurat Baumgart" - die gute Seite der Medaille ist ja: noch ein weiteres Mal werden wir seine Wiederwahl nicht ertragen müssen....
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    Sie haben Recht, Leipzig ist an sich nicht schlecht. Das woran ich bei Leipzig dachte, war der moderne Büroturm, der in unmittelbarer Sichtweite zur Altstadt, insbesondere zum Rathaus steht. Das gefällt mir nicht. Ich habe überhaupt nichts gegen moderne Architektur, ganz im Gegenteil. Jede Zeit hat ihre Formen. Aber man muss auch die Formen der vergangenen Zeiten respektieren, die in Zusammenhängen gewachsen sind. Ein moderner Büroturm mitten in der Altstadt ist absoluter Schwachsinn, in einem anderen Stadtteil, wie z.B. der Hotelturm, ist das in Ordnung. Ich will noch einmal auf Paris hinweisen, das ein Musterbeispiel ist. Alter Stadtteil neben neuem Stadtteil - und nicht alles miteinander vermischt wie in London.

    Die Frage ist natürlich, ob es nicht schon in den 1920er Jahren ein Schwachsinn war, diesen Turm zu errichten. Da kommt es auf die Formgebung an und wie er sich in das Ensemble eingliedert. M.E. tut das der alte Turm gerade noch, der neue hingegen nicht. Wenn ich in den 1920er Jahren etwas zu sagen gehabt hätte, hätte ich mich wohl ebenfalls gegen den Bau eines solchen Turmes ausgesprochen. Aber man muss aus einem möglichen Fehler der Vergangenheit in der Gegenwart nicht einen noch größeren machen, v.a. weil Würzburg sein ursprüngliches Gesicht durch den alles zerstörenden Zweiten Weltkrieg eh verloren hat.
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  • K. K.
    nur eine woche nach der wiederwahl des Stadtbaurates; dessen Wahl-
    ergebnis im weisen Rat der Stadt so überzeugend war ?! tztztztztz

    was wohl der Nick "döshömernitgewisskönn" dazu zu sagen weiss ?!
    ( Wahrscheinlich legt er für seinen 'Nicknamen' Ehre ein grinsen )
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    Was hat dieser selbsternannte "Modernist" nicht schon alles verbrochen: Auf sein Konto gehen die gescheiterten Großprojekte "Bahnhofs-Arcaden" und der "Hotelbau zu Babel" (in der Schweinfurter Straße), das scheußliche Petrini-Forum, das den Unteren Markt verschandelt, die hässliche Fassade des Dommuseums, und nicht zuletzt der - zum Glück gescheiterte - Abriss des Ämterhochhauses in der Augustinerstraße. Dieser Möchtegern-Speer soll sich künftig woanders austoben!
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