
Juristische Schlappe für die Stadt: Massive Verfahrensfehler und Fehleinschätzungen hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in seinem Urteil zum Bebauungsplan zum geplanten „Tricyan Tower“ in der Augustinerstraße festgestellt. Dass der Bebauungsplan für den Nachfolgebau des 82 Jahre alten Ämterhochhauses nach der Normenkontrollklage einer benachbarten Erbengemeinschaft gekippt wurde, ist seit September 2011 bekannt. Seit Montagmittag liegt die 20-seitige Urteilsbegründung aus München vor. Das seit 2005 leer stehende, marode Gebäude droht eine Dauerbaustelle zu bleiben.
Vornehmlich wird das Urteil damit begründet, dass Denkmalschutz und Grundwasserfragen bei der Aufstellung des Bebauungsplanes nicht ausreichend gewürdigt wurden. Anders als die Stadtverwaltung sagt der VGH, dass der geplante 34 Meter hohe Tricyan Tower, der die Traufhöhe des alten Hochhauses um mehr als fünf Meter überschreiten würde, ein erheblicher Eingriff in das denkmalgeschützte Altstadtensemble ist. Die Stadt hatte argumentiert, dass das alte Hochhaus einen Neubau mit ähnlichen Ausmaßen rechtfertige. Dabei räumte sie aber selbst ein, dass sich dieser „gestalterisch von der Umgebung absetzt“, sich das Stadtbild durch diese neue Dominante verändern werde und das alte Hochhaus unauffälliger sei. Dennoch seien keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten.
Der VGH urteilt anders: „Dies zeigt indessen, dass die Antragsgegnerin (gemeint ist die Stadt, Anm. d. Red.) die Bedeutung der zu beurteilenden Belange, insbesondere des Belangs des Denkmalschutzes, . . . grundlegend verkannt hat.“ Man könne, was den Denkmalschutz angeht, nicht einfach den Neu- mit dem Altbau gleichsetzen. Der Tricyan Tower müsse so beurteilt werden, „als wäre der Altbau nicht existent“. „Mit der Beurteilung, dass der geplante Nachfolgebau keinen erheblichen Eingriff in das Denkmalensemble der Altstadt darstellen soll, weil dessen Höhe mit dem Bestand vergleichbar ist und er 'das Hochhausmotiv wieder aufgreift'“, überschreite die Stadt „den Rahmen zulässiger Einschätzung“, so der VGH.
Zudem kritisieren die Richter, dass die Stadt die Auswirkungen der Untergeschosse des Neubaus auf die Grundwasserströme nicht untersucht hat. Die Stadt wollte das Wasserrechtsverfahren erst im Rahmen der Baugenehmigung durchführen. Das Gericht hält indes aufgrund der Tiefgaragenplanung „die völlige Ausblendung der möglichen Auswirkungen auf das Grundwasser“ im Bebauungsplanverfahren für „willkürlich“ und spricht von einem „Ermittlungsausfall“. Gegen das Urteil wurde keine Revision zugelassen. Dagegen könnte die Stadt beim Bundesverwaltungsgericht klagen.
Ob sie das tut, ist noch unklar. Stadtbaurat Christian Baumgart erklärte am Montagnachmittag den Stadträten im Bauausschuss, dass man das Urteil jetzt ausführlich prüfen und intensive Gespräche mit dem Hochhaus-Eigentümer führen werde. „Frühestens in vier bis sechs Wochen“ werde man „den zuständigen Gremien weitere Verfahrensschritte vorschlagen“, erklärte Baumgart.
CSU-Stadtrat Erich Felgenhauer, der als einer der wenigen gegen den Bebauungsplan gestimmt und sich für eine Sanierung des denkmalgeschützten Ämterhochhauses ausgesprochen hatte, kommentierte das Urteil als „glückliches Zwischenergebnis für das Stadtbild“. Für den Bebauungsplan habe man „die Quittung erhalten“.
Keine weiteren fünf Jahre
Wie's weitergeht, kann auch Friedrich Schwab vom Tricyan Tower-Investor Informica Real Invest noch nicht sagen. Er werde Gespräche mit seinem Anwalt und der Stadt führen. Für ihn steht allerdings schon fest, dass von dem Urteil „keiner was hat“: Weder der Investor, noch die Stadt und die Bürger, die möglicherweise noch länger die unschöne Baustelle ertragen müssen. Er werde nicht einfach aufgeben, dafür habe er zu viel Herzblut in das Wohn- und Geschäftshaus gesteckt. 2007 hat die Informica die Immobilie erworben, mit Rücktrittsrechten. Falls die Planung wieder bei Null angehen sollte, werde er aber keine weiteren fünf Jahre mehr warten, sagt Schwab.
Ämterhochhaus
Das erste Hochhaus Würzburgs entstand 1929/30 nach Entwürfen des
Architekten Franz Kleinsteuber in der
Augustinerstraße und galt aufgrund
des Baustils der „Neuen Sachlichkeit“
als Sensation.
Der Bau wurde im Jahr 1974 zum Denkmal erklärt und 2005 aufgrund statischer Mängel geräumt.
2007 erwarb es die Informica Real
Invest AG. Sie plant den Neubau
eines zehngeschossigen Wohn- und
Geschäftshaus mit 3200 Quadratmetern
Nutzfläche.
ONLINE-TIPP
Vorgeschichte und Hintergründe
zum Thema im Internet unter
Helau Würzburg!
Setzen, sechs!
Besser hätte man des Wirken dieses Stadtbaurates Baumgart nicht umschreiben können.
Und dieses Wirken gilt nicht nur für die Augustinerstrasse - das wg. einer schlafenden Staatsanswalschaft (z.B. beim Kulturspeicher) das bisher einzige gerichtliche festgestellte Versagen dieses Stadtbaurates ist.
Wir brauchen uns über die Großen (Wulf & Co.) nicht aufregen. Auch im Kleinen gibt es Vorteilsnahme. Auf jeden Fall die Poltikverdrossenheit steigt weiter. Man weis gar nicht mehr wen man wählen soll.
Vielleicht hat das Ämterhochhaus Glück und kann so lange stehen bleiben, bis jemand in Amt und Würden ist, für den Denkmalschutz mehr ist als ein Kostenfaktor.
Eine Schande, daß Würzburg auf Hilfe von außerhalb angewiesen ist.
Oder es war gutes timeing;-)
Der werte Herr Stadtbaurat, der dafür massgeblich verantwortlich ist, ist ja zum Dank für seine Schlechtleistung gerade erst wieder gewählt worden, was mehr über den Zustand des Stadtrats aussagt als über seinen eigenen. Kritiker seiner Inkompetenz bezeicnet er ja öffentlich als "Geiferer" - unfassbar, anderswo hätte er mit solch unwürdigem Verhalten ein für allemal ausgespielt. Wir mögen seine Ausfälle noch einmal ein paar Jahre ertragen können, aber das Stadtbild? Hoffen wir, dass das Verfahren Augustinerstraße stärker sein möge als diese vorübergehende Erscheinung "Stadtbaurat Baumgart" - die gute Seite der Medaille ist ja: noch ein weiteres Mal werden wir seine Wiederwahl nicht ertragen müssen....
Die Frage ist natürlich, ob es nicht schon in den 1920er Jahren ein Schwachsinn war, diesen Turm zu errichten. Da kommt es auf die Formgebung an und wie er sich in das Ensemble eingliedert. M.E. tut das der alte Turm gerade noch, der neue hingegen nicht. Wenn ich in den 1920er Jahren etwas zu sagen gehabt hätte, hätte ich mich wohl ebenfalls gegen den Bau eines solchen Turmes ausgesprochen. Aber man muss aus einem möglichen Fehler der Vergangenheit in der Gegenwart nicht einen noch größeren machen, v.a. weil Würzburg sein ursprüngliches Gesicht durch den alles zerstörenden Zweiten Weltkrieg eh verloren hat.
ergebnis im weisen Rat der Stadt so überzeugend war ?! tztztztztz
was wohl der Nick "döshömernitgewisskönn" dazu zu sagen weiss ?!
( Wahrscheinlich legt er für seinen 'Nicknamen' Ehre ein