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Würzburg
Haushalten in Zeiten der Krise: Was die Stadtratsmitglieder 2023 in Würzburg trotzdem verwirklichen wollen
Am Donnerstag beginnen die Haushaltsberatungen im Stadtrat. Geld für Extrawünsche ist dieses Mal knapp. Was will die Politik trotzdem im nächsten Jahr realisieren?
Wird der Würzburger Stadtrat die Posthalle retten? SPD und Linke wollen, dass in den Haushaltsberatungen Geld dafür bereit gestellt wird. Unser Archivbild entstand beim 'Keep it true Rising II' Festival im Oktober in der Posthalle.
Foto: Silvia Gralla | Wird der Würzburger Stadtrat die Posthalle retten? SPD und Linke wollen, dass in den Haushaltsberatungen Geld dafür bereit gestellt wird.
Ernst Lauterbach
,  Katja Glatzer
,  Lara Meißner
,  Manuela Göbel
 und  Sophia Scheder
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:53 Uhr

Den Aufruf des städtischen Kämmers Robert Scheller sich in der aktuellen Krise zurück zuhalten, haben die Fraktionen des Würzburger Stadtrats verstanden: Alle erklären, dass sie 2023 nur das Notwendigste umsetzen wollen. Trotzdem ist die Wunschliste auch dieses Mal wieder lang: Bis Dienstagnachmittag wurden 135 Anträge bei der Stadtverwaltung abgeben.

Ab Donnerstagvormittag entscheiden die Stadtratsmitglieder in der Haushaltsberatung, was im nächsten Jahr verwirklicht werden kann und was nicht. Die Redaktion hat die Fraktionen gefragt, was ihnen besonders wichtig ist. 

Bündnis 90/Die Grünen: Geld für städtischen Klimaschutz

Es geht um auch Taktverdichtung: Eine Straßenbahn fährt am Vierröhrenbrunnen vorbei.
Foto: Benjamin Brückner (Symbolbild) | Es geht um auch Taktverdichtung: Eine Straßenbahn fährt am Vierröhrenbrunnen vorbei.

"Im dritten Krisenjahr müssen wir die bewährten Strukturen sozialer und kultureller Infrastruktur erhalten und sichern", erklärt die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Sandra Vorlová. Mit den nötigen Anträgen wolle man die dafür nicht ausreichenden Haushaltsansätze der Kämmerei erhöhen. "Bahnhofsmission, Nothilfefonds und die Ausstattung der Arbeit zur Integration von Flüchtlingen in Würzburg sind Beispiele hierfür." Klimaschutz und Klimaanpassung sind "unsere wichtigsten Zukunftsaufgaben", entsprechend würden Mittel für notwendige Maßnahmen und Angebote benötigt, so Vorlová.

Dazu gehörten die Umsetzung des städtischen Klimaschutzkonzepts, die Programme "stadtlich.grün", klimaneutrales Wohnen und die Taktverdichtung der Straßenbahn. Ebenso müsse die Umgestaltung und Begrünung der Juliuspromenade und der Karmelitenstraße nach Fertigstellung des Bahnhofsparkhauses sichergestellt werden.

CSU: Mittel für energetische Sanierung der Schulen bereitstellen

Die Klara Oppenheimer Schule in der Stettiner Straße ist ein großer Sanierungsfall: Sie muss saniert oder neu gebaut werden. 
Foto: Thomas Obermeier | Die Klara Oppenheimer Schule in der Stettiner Straße ist ein großer Sanierungsfall: Sie muss saniert oder neu gebaut werden. 

Besonders in finanziell schwierigen Zeiten sei es wichtig, knappe Mittel effektiv einzusetzen, sagt CSU-Fraktionschef Wolfgang Roth: "Die nachhaltigste Maßnahme für den Klimaschutz ist die energetische Sanierung unserer städtischen Gebäude – so auch der Schulen", deshalb beantrage die CSU wie schon im vergangenen Jahr dafür eine Million Euro.

Daneben sei es wichtig, dass Maßnahmen in den Stadtteilen erhalten bleiben (z. B. Quartiersmanagement Heidingsfeld, Jugendarbeit Lengfeld) und dass neue Maßnahmen angeschoben werden (z. B. Stadtteilbücherei Versbach, weiterer Ausbau der Nürnberger Straße). "Die Pflichtaufgaben der Feuerwehr, notwendige Maßnahmen im Bereich des Brandschutzes und der Inklusion müssen angegangen werden", schreibt Roth weiter. Daneben müssten Spielplätze und schadhafte Straßen schneller und effektiver erneuert werden.

SPD: Straßenbahnlinie zum Hubland nicht aufgeben

Die SPD will die Pläne für eine neue Straßenbahnlinie 6 ins Hubland nicht aufgeben. Hier eine 2021 erstellte Visualisierung der geplanten Strecke am Residenzplatz.
Foto: Screenshot WVV/VUSU-L GmbH | Die SPD will die Pläne für eine neue Straßenbahnlinie 6 ins Hubland nicht aufgeben. Hier eine 2021 erstellte Visualisierung der geplanten Strecke am Residenzplatz.

Eigentlich hätte die SPD gerne mit den anderen Fraktionen über weitere konkrete Verbesserungen im ÖPNV und beim Radverkehr beraten, schildert der Fraktionsvorsitzende der Würzburger SPD, Alexander Kolbow. "Jetzt geht es aber darum, dass wir den Bau der Straßenbahnlinie zum Hubland retten." Wer jetzt den städtischen Haushalt überspanne, riskiere damit, dass das bedeutendste ökologische Verkehrsprojekt der Gegenwart scheitere.

Deshalb habe sich die SPD-Fraktion auf ein Minimum an Anträgen beschränkt. Im Mittelpunkt stehe in erster Linie das Halten des aktuellen Bestands: Dies gelte sowohl für das Übergangsmanagement an Mittel- und Realschulen als auch beim Defizitausgleich für die Posthalle, damit eine Schließung in 2023 verhindert werden könne. Weitere Anträge behandelten beispielsweise die Förderung des Theaters Chambinzky, das in 2020 und 2021 in eine existenzgefährdende Schieflage geriet, oder die Förderung des Wohnprojekts "Fit for move" sowie die Herstellung von zwei öffentlichen Trinkwasserbrunnen.

Linke: Flüchtlings- und Integrationsberatung sind "unabdingbar"

Unterstützung für die Kultur: Das Theater Chambinzky ist eine Würzburger Institution. Im Bild sind der Theaterchef Csaba Beke (rechts) und Oberspielleiter Kai Christian Moritz.
Foto: Fabian Gebert | Unterstützung für die Kultur: Das Theater Chambinzky ist eine Würzburger Institution. Im Bild sind der Theaterchef Csaba Beke (rechts) und Oberspielleiter Kai Christian Moritz.

Der Krieg in der Ukraine führe zum Zuzug vieler Menschen, schreibt Barbara Meyer von den Linken. "Aber auch unabhängig von diesem Krieg hat die Zahl der Geflüchteten wieder einen sehr hohen Stand erreicht." Deshalb sieht es die Fraktion als "unabdingbar", die Flüchtlings- und Integrationsberatung der Diakonie weiterhin mit Mitteln zu unterstützen. 

Genauso dringend und wichtig sei ihrer Aussage nach das Quartiersmanagement in Heidingsfeld. Als "Kümmerin" sei hier speziell der Stadtteilladen aktuell bemüht, wenn es um die aktuellen Energiekosten-Explosion und Anstieg der Lebenshaltungskosten gehe. "Es ist uns ein großes Anliegen, dieses Projekt weiter am Leben zu halten", so Meyer. "Darüber hinaus wollen wir den kulturellen Bereich unterstützen." Hier nennt Meyer die Rettung des Theaters Chambinzky und der Kulturstätte Posthalle.

ÖDP: Unterstützung für sozialen Bereich

Die ÖDP möchte ein Bewässerungssystem für den Ringpark. Dieser wurde im Sommer 2022, wie unser Archivbild zeigt, vom Gartenamt bewässert. Trotzdem gehen hier in den vergangenen Jahren viele große Bäume kaputt. 
Foto: Johannes Kiefer | Die ÖDP möchte ein Bewässerungssystem für den Ringpark. Dieser wurde im Sommer 2022, wie unser Archivbild zeigt, vom Gartenamt bewässert. Trotzdem gehen hier in den vergangenen Jahren viele große Bäume kaputt. 

"Auf Hilfe im Sozialen Bereich wie die Quartiersmanagements, Schulsozialarbeit, Seniorenarbeit, Integrations- und Inklusionsmaßnahmen oder Mittel für Gebärdensprache darf nicht verzichtet werden. Ebenso dürfen Hilfen zur Bewältigung der Energiekrise wie Energiehilfe-Notfonds oder Hilfe für Vereine und Kulturstätten nicht wegfallen," schreibt Fraktionsvorsitzender Raimund Binder. Auch Klimaanpassungsmaßnahmen seien erforderlich wie ein Ringpark-Bewässerungssystem, energetische Schulsanierungen oder ein Park-and-Ride-Parkplatz bei IKEA.

"Wichtige Verkehrsmaßnahmen müssen weiter ebenso getrieben werden." Binders Beispiele:  die Fertigstellung der Nürnberger Straße und einzelne Sanierungsmaßnahmen wie die Jägerstraße oder die Wenzelstraße.

FDP/Bürgerforum: Existenzgefährdende Bedrohungen vermeiden

Auch FDP/Bürgerforum wollen Verbesserungen im ÖPNV. Im Bild Busse vor dem Hauptbahnhof.
Foto: Thomas Obermeier | Auch FDP/Bürgerforum wollen Verbesserungen im ÖPNV. Im Bild Busse vor dem Hauptbahnhof.

"Ein wesentlicher Punkt für den Haushalt 2023 ist die Absicherung von wichtigen Strukturen und Einrichtungen in allen Bereichen", schreibt Fraktionsvorsitzende Charlotte Schloßareck. "Vor allem im Sozialbereich und in der Kultur müssen wir mithelfen, existenzgefährdende Bedrohungen zu vermeiden. Strukturen, die in diesen Bereichen zum Teil mit sehr viel ehrenamtlichem Engagement über lange Jahre gewachsen sind, brauchen und verdienen unsere Unterstützung."

Darüber hinaus sei es dem Bündnis aus FDP und Bürgerforum wichtig, dass die Verbesserung des ÖPNV bei gleichzeitiger Gewährleistung der Erreichbarkeit der Stadt durch den Individualverkehr vorangetrieben werde. Außerdem schließe die Fraktion Steuererhöhungen aus.

Freie Wähler: Vereine, Bäder und Freizeiteinrichtung unterstützen

Vereine und Freizeiteinrichtungen wollen die Freien Wähler auch in der Finanzkrise unterstützen. Unser Archivbild zeigt ein Football-Team der Würzburg Panthers. 
Foto: chris weiss | Vereine und Freizeiteinrichtungen wollen die Freien Wähler auch in der Finanzkrise unterstützen. Unser Archivbild zeigt ein Football-Team der Würzburg Panthers. 

Wichtig sei, es die finanziellen Grundlagen für eine handlungsfähige Stadt Würzburg zu erhalten, schreibt Josef Hofmann, Fraktionsvorsitzender der FWG. Dies dürfe aber keinesfalls auf Kosten der bisherigen Leistungsträger geschehen.

Es gelte den Bedarf von neuen Stellen gründlich abzuwägen. Des Weiteren gelte es, in Planung befindliche und ausgeschriebene Projekte zu beschleunigen und zu bearbeiten. Dies sei eine der wenigen Chancen, den Preisspiralen zumindest in kleinen Schritten entgegenzuwirken.

Nicht zuletzt müsse das Wohlbefinden der Menschen in der Stadt im Auge behalten werden. Die Maßnahmen der Corona-Pandemie hätten beträchtliche Spuren hinterlassen. Hier gelte es, wieder verlässliche Möglichkeiten der sozialen Begegnung und der Freizeit-Gestaltung anzubieten. Dazu gehörten die Unterstützung von Vereinen, ebenso wie der Betrieb von Freizeiteinrichtungen und Bädern, so Hofmann.

ZfW: Feuerwehr mit Investitionen stärken

ZfW-Stadtrat Wolfgang Baumann will 2023 Arbeitsgeräte, Maschinen und Fahrzeuge, wie auf unserem Archivfoto, für die Feuerwehr anschaffen. 
Foto: Erich Goetz | ZfW-Stadtrat Wolfgang Baumann will 2023 Arbeitsgeräte, Maschinen und Fahrzeuge, wie auf unserem Archivfoto, für die Feuerwehr anschaffen. 

Die Redaktion hat auch die fünf fraktionslosen Stadtratsmitglieder angefragt. Geantwortet hat einzig Wolfgang Baumann (ZfW). Er hält Anschaffungen für die Feuerwehr für dringend erforderlich: "Es geht dabei um die Ersatz-bzw. Neubeschaffung von Arbeitsgeräten und Maschinen und Feuerwehr-Fahrzeugen sowie Notstromaggregaten im Umfang von insgesamt circa einer Million Euro." Damit sei der Brandschutz langfristig sicherzustellen. Der Sicherheit dienten auch die Aufwendungen für eine integrierte Leitstelle von 5,2 Millionen Euro.

Außerdem: "Ganz dringlich sind im Schulbereich die Mittelbereitstellung für die digitale Ausstattung, für die Sanierung von Toiletten und Schulräumen sowie die Anschaffungen von Mobiliar. Unbedingt aufrechterhalten werden müssen veranschlagte Kosten für Kinder-Krippen und Tagespflegeeinrichtungen."

 
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  • Andrea.roso@gmx.net
    Das ist wirklich eine sehr schwierige Situation. Bei fast allen Beiträgen habe ich genickt und mir gedacht "ja, das ist wichtig". Hier zu priorisieren wird sehr schwerfallen. Hoffentlich kommt am Donnerstag eine ordentliche Lösung raus, bei der nicht zu viel unter den Tisch fällt und trotzdem finanziell sinnvoll ist.
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