Was die private Nutzung von Handys an Schulen angeht, gelten in Bayern bisher strenge Regeln: Handys sind laut bayerischem Erziehungs- und Unterrichtsgesetz ausschließlich für den Unterricht erlaubt, nur in Ausnahmefällen dürfen sie privat genutzt werden. Mit Beginn des kommenden Schuljahres 2022/2023 sollen alle weiterführenden Schulen nun eigene Leitlinien zur privaten Nutzung digitaler Geräte während der Schulzeit und auf dem Schulgelände festlegen können, wie Kultusminister Michael Piazolo kürzlich angekündigt hat. Was hält man an den Schulen in der Region von der Lockerung des Handyverbots?
"Das Handyverbot war damals eine Schnellschussaktion des Landtags", meint Christopher Strätling, Schulleiter der Mittelschule Höchberg. Bayern sei damit deutschlandweit allein dagestanden; in anderen Bundesländern regelten die Schulen das Thema Handy über ihre Hausordnung individuell. Auch in Höchberg will man die Hausordnung künftig anpassen: "Das Schulforum wird sich nach Ostern mit dem Thema beschäftigen", kündigt Strätling an.
Zwar gäbe es an der Mittelschule Höchberg 80 Prozent Fahrschüler, die auf Handykontakt mit zuhause angewiesen seien. Wenn es Probleme mit dem Handy gebe, hätten diese aber nicht mit Telefonieren zu tun. Was dem Schulleiter und seinem Kollegium Ärger bereitet, sind soziale Netzwerke wie die Video-Plattform TikTok, auf der Schüler sich verschiedenen Challenges (Anm. d. Red.: Herausforderungen) oder Mutproben stellen, diese filmen und veröffentlichen.
Info-Angebot zu Cyber-Mobbing erreicht oft nicht die Richtigen
Strätling ist überzeugt, dass man beim Thema Handynutzung weiterhin zu Maßnahmen greifen muss: "Es geht auch um den Schutz von Lehrern und Schülern – zum Beispiel, wenn es um unerlaubte Bild- oder Videoaufnahmen geht." In den Anfangsklassen gebe es für die Eltern ein Info-Angebot zu Cybermobbing, das aber laut Strätling meist nicht diejenigen erreiche, deren Kinder Probleme machten. Für die Schülerinnen und Schüler gäbe es zum Thema Handy unter anderem ein Angebot der Jugendhilfe, die zu Beginn eines Schuljahres zur Aufklärung in die Klassen komme. Damit erreiche man relativ viele. "Aber eine Restgruppe bleibt."
Sein Fazit: "Die Möglichkeiten zur Regulierung der Handynutzung an der Schule sind begrenzt. Wir müssen damit leben, dass außer Aufklärung und Hinweisen auf die Regeln nicht viel möglich ist." Junge Menschen seien mit einem technischen Gerät ausgestattet, mit dem sie nicht vollumfänglich umzugehen wüssten.
Schulleiter wirbt für Bewegung statt Beschäftigung mit dem Handy
Dieter Schanzer, Leiter der David-Schuster-Realschule in Würzburg, hält die bisherige Regelung, die die private Handynutzung in Schulen generell ausschließt, für sinnvoll. Die Realität sieht seiner Erfahrung nach aber oft anders aus: "Auf dem Schulgelände müssen die Handys ausgeschaltet sein – die überwiegende Mehrheit der Schüler hält sich aber nicht daran." Der Gebrauch von Handys sei heute noch viel selbstverständlicher als noch vor etwa fünf Jahren, so Schanzer. Über eine Neuregelung in Sachen Handynutzung soll bei einer Elternbeiratssitzung Ende März gesprochen werden – "wir werden sicher etwas ändern müssen".
Der Schulleiter kann sich vorstellen, dass zwischen den einzelnen Unterrichtsstunden ein Blick aufs Handy erlaubt sein könnte. Vermeiden möchte Schanzer, dass Schüler sich in den Pausen nur noch mit dem Handy beschäftigen und es keine Kommunikation mehr gibt. "Wir haben so viele Sportgeräte und eine Tischtennisplatte im Hof – Bewegung ist besser!"
Die Schülersprecher seiner Schule sehen eine Neuregelung der Handynutzung differenziert: "Jeder möchte in den Pausen mal auf sein Handy schauen oder sich informieren, ohne dabei 'erwischt' zu werden", sagt die Schülersprecherin und Zehntklässlerin Elisa Spall. "Ich hätte mir in gewissen Situationen schon gewünscht, dass ich mein Handy nutzen darf – etwa, wenn ich auf einen wichtigen Anruf oder eine wichtige E-Mail gewartet habe", so die 15-Jährige.
Auch Schülersprecher Ricardo Beck wünscht sich, dass Schüler in der Pause ihr Handy benutzen dürfen. Der 15-Jährige findet es gut, dass das Handyverbot gelockert werden soll. Er hätte sein Smartphone an der Schule ebenfalls schon gern genutzt – "bei Aufgaben, wo man nicht weiterkam, oder in Situationen, wo das Internet allgemein nützlich wäre".
Schülersprecher Daniel Langmandel findet das bisherige Handyverbot einerseits eine gute Regelung, da sich die Schüler so auf den Unterricht konzentrieren und nicht durch Spiele oder ähnliches abgelenkt würden. Andererseits hält der Neuntklässler es für "sinnlos, da es in einigen Fällen nicht eingehalten wird und nicht kontrollierbar ist". Außerdem sei es wichtig, "dass ein guter Umgang mit Medien erlernt wird – das wird nicht durch ein striktes Verbot erreicht", so der 15-Jährige.
Mittagspause wurde durch Handyspiele beeinträchtigt
Bernhard Brunner ist schon einen Schritt weiter: Das Gymnasium Veitshöchheim, dessen Schulleiter er ist, hat als eine von 16 Schulen aus Unterfranken am Schulversuch "Private Handynutzung an Schulen" teilgenommen. Brunner hat dafür zusammen mit dem Schulforum eine individuelle Handynutzungsordnung entwickelt und erprobt. Seit dem Ende des Versuchs darf das Gymnasium sein Konzept beibehalten, in Kürze wird im Schulforum noch einmal darüber abgestimmt.
Die Regelung seiner Schule sei ein Mittelweg, so Brunner: So dürfen die Schüler der Oberstufe ihr Handy außerhalb des Unterrichts auch privat nutzen – aber nur im Oberstufenzimmer und in der Bibliothek. Alle anderen durften es zunächst nach 13 Uhr. Als man gemerkt habe, dass die Mittagspause von 13 bis 13.45 Uhr davon oft stark beeinträchtigt wurde, da sich vor allem die Jüngeren um ein Handy geschart und Spiele gespielt hätten, hätte man die Regeln angepasst: Handys dürfen nun erst ab 14 Uhr privat genutzt werden.
Durch Corona, Wechselunterricht und Lockdowns mit Teleunterricht seien die digitalen Medien sehr in den Vordergrund gerutscht, sagt Brunner: "Wir haben in diesen Zeiten sehr viel mit den Schülern per Handy kommuniziert." Das Hauptproblem privater Handynutzung sind für Brunner aber nicht Messengerdienste wie WhatsApp, sondern Film- und Bildaufnahmen von Schülern, die nicht gefilmt werden wollen. Vor allem den Jüngeren fehle oft das Bewusstsein, dass sie sich nicht gegenseitig filmen dürften: "Bloßstellende Szenen laufen unter Cybermobbing", erklärt Brunner.
Handy bietet auch produktive Möglichkeiten
Dennoch: Handys und ein mobiler Internetzugang gehören zu unserem Leben dazu, meint der Schulleiter, "die Schüler sollen lernen, wie man damit umgeht". Dazu gehöre auch, zu verstehen, dass man beispielsweise manche TikTok-Inhalte über den Ukraine-Krieg nicht ungeprüft glauben müsse. Auch die Erkenntnis, dass einem das Handy produktive Möglichkeiten bietet, wie beispielsweise Messmöglichkeiten für den Physik- und Chemieunterricht, sei wichtig. Dass man im Unterricht mit Handys arbeiten könne, sei außerdem schon immer möglich gewesen: "Der bisherige Paragraph war gar nicht so strikt, er wurde nur relativ strikt interpretiert", so Brunner.
Mit der neuen Regelung habe man theoretisch alle Freiheiten: "Wenn uns das als Schulfamilie in den Sinn käme, könnten wir die Handys auch total freigeben. Das wollen wir aber nicht - die soziale Aufmerksamkeit soll im Hier und Jetzt sein, nicht außerhalb."
In der Schule weg mit den Dingern in eine Kiste danach wieder raus..
Was anderes kommt doch gar nicht in Frage?! Das Ding hat Suchpotential .
Dass Mobiltelefone während des Unterrichts tabu sind, steht außer Frage - warum man Schülern vorschreiben muss, was diese in ihrer freien Zeit machen entzieht sich meinem Verständnis.
Und wenn Schulleiter Strätling schreibt, dass junge Menschen mit einem technischen Gerät ausgestattet seien, mit dem sie nicht vollumfänglich umzugehen wüssten, dann sollte er manchen seinen Kollegen vielleicht einmal dabei zuschauen, wie souverän und meisterhaft diese dazu in der Lage sind, einer Klasse einen Film vorzuführen oder ein Smartboard zu bedienen 😉