Das Handyverbot an Bayerns Schulen soll gelockert werden. Wie das gehen könnte, erproben ab September 135 bayerische Schulen, darunter 16 in Unterfranken. Sie testen mögliche Regeln für eine private Handynutzung. Diese ist seit Jahren Gegenstand teils hitziger Debatten.
Für Aufsehen hatte im vergangenen Jahr der Fall des Johann-Schöner-Gymnasiums (JSG) in Karlstadt (Lkr. Main-Spessart) gesorgt: Dort war 2016 auf Initiative der Schülersprecher, mit Zustimmung von Schulforum und Lehrerkonferenz, eine Smartphoneregelung beschlossen worden. Danach durften Schüler in der Mittagspause in einem bestimmten Areal maximal eine Stunde lang ihre Handys nutzen.
Forderungen aus der Politik nach einer Lockerung
Die neue Schulleiterin kassierte diese Regelung aber wieder – und verwies auf das bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz, wonach Mobilfunkgeräte auf dem Schulgelände auszuschalten sind. Während der Fall eine bayernweite Debatte um den Sinn des Handyverbots befeuerte und aus der Politik Stimmen für eine Lockerung laut wurden, hat Frankreich für das neue Schuljahr gerade erst ein komplettes Handyverbot beschlossen.
In Bayern sollen Schulen künftig eigenständig über eine private Handynutzung in ihren Gebäuden entscheiden. Zu diesem Ergebnis kam im Mai ein Runder Tisch, zu dem sich auf Einladung des neuen bayerischen Kultusministers Bernd Sibler (CSU) Vertreter von Eltern, Lehrern und Schülern getroffen hatten.
Bayernweit 135 Schulen im Probelauf
An diesem Freitag nun hat Sibler die Namen von 135 weiterführenden Schulen bekannt gegeben, die ab September praxisnahe Regelungen erproben. An dem bayernweiten Versuch nehmen 16 Schulen aus Unterfranken und elf aus Oberfranken teil.
Die Schulen sollen interne Regelungen aufstellen, mit der die private Handynutzung zum Beispiel räumlich, zeitlich oder auch nach Alter differenziert wird. Der Schulversuch ist auf zwei Jahre angelegt und wird durch das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) begleitet.
Bisher private Handynutzung nur im Ausnahmefall
Im Schulterschluss aller Beteiligten und unter wissenschaftlicher Begleitung, so Sibler, wolle man „Möglichkeiten ausloten, um neben der pädagogischen Nutzung von Handys im Unterricht auch dem Wunsch nach einem privaten Gebrauch von Smartphones im Schulalltag zu entsprechen.“ Mit den Erkenntnissen des praktischen Probelaufs soll dann eine mögliche Neuregelung für alle Schulen gefunden werden.
Bis dato sind an Bayerns Schulen Handys nur für den Unterricht erlaubt, zur privaten Nutzung nur in Ausnahmefällen. Darüber entscheidet eine Lehrkraft vor Ort. Laut Ministerium haben die nun am Versuch teilnehmenden Schulen Medienerziehung als Schwerpunkt in ihr Medienkonzept aufgenommen.
Die unterfränkischen Teilnehmer am Schulversuch
Aus Unterfranken sind dabei:
- Jakob-Preh-Schule – Staatliche Berufsschule Bad Neustadt/Saale
- Staatliche Berufsfachschule für Holzbildhauer Bischofsheim a. d. Rhön
- Spessart-Gymnasium Alzenau
- Franz-Ludwig-von-Erthal-Gymnasium Lohr
- Martin-Pollich-Gymnasium Mellrichstadt
- Balthasar-Neumann-Gymnasium Marktheidenfeld
- Johann-Schöner-Gymnasium Karlstadt
- Deutschhaus-Gymnasium Würzburg
- Friedrich-Koenig-Gymnasium Würzburg
- Gymnasium Veitshöchheim
- Mittelschule Großostheim
- Dr.-Auguste-Kirchner-Realschule - Staatliche Realschule Haßfurt
- Johann-Rudolph-Glauber-Schule – Staatliche Realschule Karlstadt
- Main-Limes-Realschule - Staatliche Realschule Obernburg
- Realschule am Maindreieck – Staatliche Realschule Ochsenfurt
- Staatliche Realschule Großostheim.
Die teilnehmenden Schulen aus Oberfranken
Die Versuchsschulen aus Oberfranken:
- Markgrafenschule Bayreuth (Förderzentrum Förderschwerpunkt Sprache)
- Dientzenhofer-Gymnasium Bamberg
- Johann-Christian-Reinhart-Gymnasium Hof
- Christian-Sammet-Mittelschule Pegnitz
- Mittelschule Sonnefeld, Mittelschule Neunkirchen a. Brand
- Gottfried-Neukam-Mittelschule Kronach
- Jean-Paul-Mittelschule Wunsiedel
- Mittelschule Scheßlitz
- Markgraf-Friedrich-Schule – Staatliche Realschule Rehau
- Staatliche Gesamtschule Hollfeld.
Das Johann-Schöner-Gymnasium in Karlstadt steht ja schon wieder unter einer neuen Leitung. Vielleicht ist das in diesem Fall ja ganz günstig, da die letztjährige Schulleiterin in dieser Frage aufgrund der vergangenen Ereignisse wohl nicht mehr ganz neutral hätte urteilen können.
Falls die Damen und Herren im Kultusministerium jetzt noch erkennen, dass der Bedarf für die Unterrichtung der Kids in Bezug auf die digitale Welt besteht – ein Traum würde wahr.
Welche Möglichkeiten bietet das Netz, wie finde ich schnell die Information, die ich brauche, wie kann ich die Inhalte zuverlässig validieren, welche Risiken bestehen im Netz und welche grundlegenden Vorschriften sind zu beachten?
Das sind alles Beispielfragen, die im Regelfall von den Eltern nicht vermittelt werden können – aber deren Antworten unser Nachwuchs dringend bräuchte.
Wer wäre hier besser geeignet, die Jungs und Mädels zu unterweisen, als die Schule?
"Wer wäre besser geeignet, die Jungs und Mädels zu unterwweisen, als die Schule?"
Klare Antwort: die Eltern! Nur die wälzen ja alles auf die Schule ab. Ist bequemer. Nur nix selber dazulernen, nur keine zusätzliche Arbeit mit den Bälgern. Kind ja, Verantwortung nein...
Eigentlich schadet es nicht, wenn Schüler von Anfang an lernen, daß Handy am Arbeitsplatz äusserst kritisch gesehen wird. Nicht ohne Grund. Wenn Kunden mal eben 100.000 Teile zurückschicken, weil der Endkontrolleur mehr mit WhatsApp und daddeln beschäftigt war als mit der Warenkontrolle....oder Maschinenbediener sich böse Verletzungen zufügten, weil die Aufmerksamkeit dem Smartphone galt...dann verwundert ein striktes Handyverbot nicht.
Handy & Co sind heute schon für viele Berufe obligatorische Arbeitsmittel. Der Arbeitgeber verbietet die Nutzung nicht, er erlegt sie seinen Mitarbeitern auf.
Ich spreche nicht von einer vernünftigen Nutzung, sondern von einer qualifizierten Nutzung. Es geht mir nicht primär darum, wann, wie oft und wie lange – sondern auf welche Weise Handy & Co sinnvoll genutzt wird.
Dazu braucht man entsprechende Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse, insbesondere Methodenwissen. Wie viele Eltern sind in der Lage, das ihrem Nachwuchs systematisch zu vermitteln?
Von „abwälzen“ kann für mich da überhaupt keine Rede sein. Das ist originäre Aufgabe der schulischen Ausbildung für aktuelle Anforderungen der Gegenwart. Genau wie Lesen, Schreiben, Rechnen, Physik, …
Abgesehen davon könnte die Integration der digitalen Medien den immer noch sehr analogen Schulbetrieb durchaus aufwerten.
Die Welt ist schon digital – und die Zukunft wird es noch mehr sein!