Das Verbot, das Handy in den Schulen privat zu nutzen, gibt es in Deutschland nur in Bayern. Ist es noch zeitgemäß? Das soll ein Schulversuch klären, der vom Kultusministerium durchgeführt wird und an dem sich in ganz Bayern 135 Schulen beteiligen. Im Landkreis Main-Spessart sind das Johann-Schöner-Gymnasium in Karlstadt, die Johann-Rudolph-Glauber-Realschule in Karlstadt, das Franz-Ludwig-von-Erthal-Gymnasium in Lohr und das Balthasar-Neumann-Gymnasium in Marktheidenfeld beim Schulversuch dabei.
Rückblick: Am Karlstadter Gymnasium hatte es im vergangenen Schuljahr viel Ärger gegeben, als die neue Schulleiterin Jutta Merwald die Testphase für die erlaubte Nutzung der Handys nicht mehr verlängerte. Auf Initiative der Schülersprecher war eine Smartphone-Regelung beschlossen worden, der Schulforum und Lehrerkonferenz zugestimmt hatten. Demnach durften die Schüler in der Mittagspause in einem eingegrenzten Areal maximal eine Stunde lang ihre Handys privat nutzen.
Viel Ärger am Karlstadter Gymnasium
Die neue Schulleitung hatte die Regelung mit Beginn des neuen Schuljahres gekippt, weil diese nicht auf der rechtlichen Grundlage des bayerischen Erziehungs- und Unterrichtgesetzes beruhe. Die Schulleiterin war damit im Recht, zog aber trotzdem viel Ärger auf sich. In der Folge entwickelte sich am Beispiel von Karlstadt eine bayernweite Diskussion darüber, wie mit Handys an Schulen künftig umgegangen werden soll.
Dazu wird am Johann-Schöner-Gymnasium derzeit ein Konzept entwickelt, sagt der neue Schulleiter Walter Fronczek. „Dieses Konzept soll von allen Beteiligten gemeinsam getragen werden“, betont er. Es finden Gespräche mit der Elternschaft, den Schülern, den Lehrern und den benachbarten Schulen statt.
Noch vor Weihnachten in die Testphase
Welches Konzept gefunden wird, dem möchte Fronczek nicht vorgreifen. Er könne sich schon vorstellen, dass das Gymnasium zu der Regelung zurückkehrt, die im vergangenen Jahr gekippt worden ist. Entschieden werden soll dies demnächst. Fronczek hofft, noch vor Weihnachten in die Testphase eintreten zu können.
Der Schulleiter betont, dass es bei dem Schulversuch nur um die private Nutzung des Handys geht. Der Umgang mit dem Handy beispielsweise zur wissenschaftlichen Recherche sei Teil des Unterrichts. Über den Einsatz entscheide eigenständig der Fachlehrer. Es gehöre zum Lehrplan, den Schülern den sinnvollen Einsatz des Handys zu vermitteln und auf Gefahren hinzuweisen.
Auch in der Johann-Rudolph-Glauber-Realschule in Karlstadt ist man noch in der Konzept-Findungsphase. „Wir warten noch auf die Vorgaben aus dem Kultusministerium“, sagt Schulleiter Thorsten Stöhr. Bislang habe er nur die Nachricht bekommen, dass seine Schule beim Schulversuch dabei ist. Seiner Meinung nach werde es wohl darauf hinauslaufen, dass die Realschule – ähnlich wie im Karlstadter Gymnasium – die private Handynutzung nur in der Mittagspause, nicht in den Schulpausen, in einem dafür zugewiesenen Raum erlaubt.
Aber keine Ballerspiele
Auch in der Karlstadter Realschule ist es so, dass die Schüler den sinnvollen Umgang mit dem Handy im Unterricht lernen, um deren Medienkompetenz zu steigern. Es dürften beispielsweise keine Bilder oder Videos von Mitschülern gepostet werden. Die private Nutzung des Handys werde nicht uneingeschränkt sein, betont Stöhr. „Zum Beispiel Ballerspiele wollen wir nicht.“ Stöhr ist sich bewusst, dass sich das nur schwer kontrollieren lässt. Dies kann nur über Stichproben erfolgen.
Da ist das Franz-Ludwig-von-Erthal-Gymnasium in Lohr deutlich besser dran. Aufgrund der Generalsanierung verfügt es über die neuste Technik und „mit dieser lässt sich das W-Lan-Netz so steuern, dass Seiten mit Ballerspielen gesperrt sind“, sagt Schulleiter Bernd Rottenbacher.
Wunsch: Ein unverkrampfter Umgang in Sachen Handy-Nutzung
Auch das Lohrer Gymnasium hat das Konzept noch nicht beschlossen, mit dem es künftig die private Handynutzung erlauben will. Es werde derzeit gemeinsam mit Vertretern der Eltern, der Lehrer und der Schüler beraten, so Rottenbacher. Es sei darauf geachtet worden, dass in dem Gremium genausoviele Handy-Gegner wie -Befürworter sitzen. Rottenbacher glaubt, dass es wohl auf eine Regelung hinausläuft, die den Schülern die private Nutzung räumlich und zeitlich begrenzt erlaubt. Noch vor Weihnachten will das Gymnasium in die Testphase eintreten.
Auch das Balthasar-Neumann-Gymnasium in Marktheidenfeld hatte sich Ende Juli um die Teilnahme am Projekt beworben. Schulleiter Hartmut Beck erhofft sich dadurch einen unverkrampfteren Umgang mit dem Thema „Handy in der Schule“. Er hält die bisherige bayerische Schulordnung in Sachen Handy für überholt. „Ich wünsche mir einen offenen Umgang mit dem Thema und eine Aktualisierung der jetzigen Gesetzeslage“, erläutert er. Man könne die digitalen Geräte nicht verteufeln und das Handy sei kein lebensfeindliches Ding, sondern es gehöre heutzutage einfach dazu.
Am BNG ist das Projekt derzeit noch in der Gremien-Phase. Das heißt, Schulleiter Beck spricht darüber mit Schülern, dem Kollegium und den Eltern. Im zweiten Jahr soll dann praktisch ausprobiert werden, was machbar ist und was nicht.
Insgesamt irritiert mich diese bisher doch sehr autoritäre Haltung des Kultusministeriums, der Schulen und Lehrer(innen) zum Thema Handy enorm. Schließlich geht es ja nicht um die Frage, was im Unterricht passiert, sondern beispielsweise in der Mittagspause der Kinder.
Und was die ebenfalls sehr radikale Auffassung mancher Eltern und ihre Befürwortung eines kategorischen Handyverbots an Schulen angeht: hier gewinnt man manchmal den Eindruck, es sind genau die Eltern, die es selbst nicht schaffen, den Kindern einen verantwortungsvollen Umgang mit den digitalen Medien zu vermitteln, die sich so vehement für ein vollständiges Verbot in der Schule aussprechen.
Was die (angebliche) Einbindung in den Unterricht angeht: hier lässt sich die Schule sehr, sehr viel Zeit. In den unteren Klassen tut sich da grad mal gar nix – aber die Kids hätten es bitter nötig, unterwiesen zu werden …