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Frickenhausen
"Für uns geht ein Traum in Erfüllung": Zwei Geschwister wagen den Schritt zum eigenen Wein
Leidenschaft für den Weinbau gab es in ihrer Familie schon immer. Gefehlt hat nur der eigene Wein. Das wollen Valentin Reinhard und Katharina Albrecht jetzt ändern.
Im Weinkeller von Valentin Reinhard und Katharina Albrecht passiert vieles in Handarbeit. Die Geschwister bauen zurzeit gemeinsam ihren ersten eigenen Wein aus.
Foto: Silvia Gralla | Im Weinkeller von Valentin Reinhard und Katharina Albrecht passiert vieles in Handarbeit. Die Geschwister bauen zurzeit gemeinsam ihren ersten eigenen Wein aus.
Anna-Lena Behnke
 |  aktualisiert: 15.07.2024 16:05 Uhr

Im Weinberg oberhalb der Valentinskapelle in Frickenhausen herrscht reges Treiben. Von dort aus reicht die Aussicht weit über das Dorf und das Maintal hinweg. Doch die Erntehelferinnen und -helfer, die mit Eimern und Scheren ausgestattet am Hang unterwegs sind, haben dafür heute keinen Blick übrig. In zügigem Tempo arbeiten sie sich die Zeilen entlang und schneiden Trauben von den Rebstöcken. "Heute ist der blaue Silvaner dran, eine Weißweinsorte", erklärt Katharina Albrecht und deutet auf die Trauben in blassem lila. "Die Farbe kann da täuschen."

Für sie und ihren Bruder Valentin Reinhard ist dieser Herbst ein besonderer. Zum ersten Mal ernten die Geschwister "Vale und Kätt" – mit der Unterstützung von Freunden und Familie – Trauben, um daraus ihren eigenen Wein herzustellen. "Für mich geht ein Traum in Erfüllung", sagt Reinhard. Er ist selbst Winzermeister und arbeitet Vollzeit für das Würzburger Weingut Juliusspital.

Rund zwei Hektar gepachtete Fläche habe er schon seit vielen Jahren nebenher bewirtschaftet, die Trauben an Weinbaubetriebe verkauft. "Es ist schon etwas anderes, wenn man es von der Traube bis zur Flasche selbst in der Hand hat", sagt er.

Die Leidenschaft für den Wein liegt in der Familie

Die Begeisterung für den Weinbau ist ihm und seiner Schwester quasi in die Wiege gelegt. "Wein ist bei uns der Kleber in der Familie", sagt Katharina Albrecht mit einem Schmunzeln. Schon ihre Eltern hätten sich nur dank ihrer Leidenschaft für Wein überhaupt erst kennengelernt. Die damalige Weinprinzessin und der Winzer seien sich bei einer Jungweinprobe über den Weg gelaufen, erzählt Albrecht.

"Wein ist bei uns der Kleber in der Familie."
Katharina Albrecht

Nur eines hat in der Familie bisher gefehlt: eigener Wein, aus dem eigenen Weinberg, im eigenen Keller ausgebaut. Denn auch Vater Martin Reinhard war Quereinsteiger. Einen eigenen Weinbaubetrieb in Familienhand gab es nie. Dass sich das nun ändern wird, ist einigen glücklichen Zufällen zu verdanken.

Seit Anfang September läuft für Katharina Albrecht und Valentin Reinhard die Weinlese. Dabei bekommen sie viel Unterstützung von Freunden und Familie.
Foto: Silvia Gralla | Seit Anfang September läuft für Katharina Albrecht und Valentin Reinhard die Weinlese. Dabei bekommen sie viel Unterstützung von Freunden und Familie.

Ein befreundeter Winzer habe ihm letztes Jahr einen Weinkeller zur Nutzung angeboten, sagt Reinhard. Eine günstige Gelegenheit für den Winzermeister. "Mir aber war klar, dass ich das nicht alleine schaffen kann", sagt der 30-Jährige. "Es geht ja nicht nur ums Wein machen. Man muss ihn auch vermarkten können."

Reibereien unter den Geschwistern gibt es nicht

Zur selben Zeit habe sie bereits geplant, mit ihrer Familie zurück in die Heimat zu ziehen, sagt seine Schwester, die zuvor zwölf Jahre lang in Norddeutschland gelebt hat. Besser hätte es wohl kaum kommen können. Denn Katharina Albrecht ist nicht nur Personalerin und Eventmanagerin, sondern war auch jahrelang im Weinverkauf tätig. Noch dazu trug sie mehrere Jahre die Krone als Frickenhäuser Weinprinzessin. "Deswegen war schnell klar: Wenn, dann machen wir es zusammen", sagt Albrecht. Unterstützung bekommen sie dabei nicht nur bei der Lese. "Vor allem unser Papa und mein Mann Tobi helfen ganz viel mit."

Reibereien wie so oft unter Geschwistern gebe es bei ihnen nicht, sagt sie: "Es läuft total gut, weil wir ein gemeinsames Ziel haben." "Geschwisterwein" nennen die beiden ihr Herzensprojekt. Unter diesem Label sollen ab dem Frühjahr vorerst drei Weine in die Flasche kommen. Ein Weißwein-Cuvée, ein Rotling und eine Kerner-Spätlese aus dem Holzfass, zählt Albrecht auf.

Im Weinkeller von "Vale und Kätt" ist vieles Handarbeit

Um kurz vor 12 Uhr ist die Lese für heute geschafft. "Wir lesen eigentlich immer nur einen halben Tag", sagt Albrecht. "Und dann gibts erstmal eine Brotzeit." Mit dem Traktor befördert ihr Bruder die Kisten voller Trauben vorher noch auf einen Anhänger. Dann geht es Richtung Weinkeller.

Ist die Weinlese getan, geht die Arbeit für Valentin Reinhard und Katharina Albrecht im Weinkeller weiter.
Foto: Silvia Gralla | Ist die Weinlese getan, geht die Arbeit für Valentin Reinhard und Katharina Albrecht im Weinkeller weiter.

Hier läuft einiges anders als bei den großen Weingütern. Man setze viel auf Handarbeit, sagt Albrecht. Teils aus Platzgründen, denn in den engen Kellerräumen sei für große Maschinen kein Platz. "Aber es verbindet uns auch noch mehr mit unserem Produkt", sagt sie. Trauben werden hier etwa standardmäßig mit den Füßen gestampft, Beeren per Hand von den Stielen entfernt.

Auch darüber hinaus gehen "Vale und Kätt" ihren eigenen Weg. Da ist etwa der Portugieser, eine Rebsorte, die oft als minderwertig bezeichnet werde, wie Reinhard sagt. "Wir sehen das komplett anders", erklärt der Winzermeister. Mache man im Weinberg und im Keller alles richtig, gebe es hinterher "fruchtige Rotweine mit Struktur". Dafür setze er im Weinberg auf strenge Selektion und niedrige Erträge, im Keller auf traditionelle Maischegärung und Reifung im Barriquefass.

Nachhaltigkeit ist ein großes Thema

Extremwetter, Hitzesommer und andere Herausforderungen im Weinbau seien ihnen durchaus bewusst, sagt er. Sorgen mache er sich dennoch keine. "Ich bin jemand, der lieber aktiv nach Lösungen sucht", so Reinhard.

Silvaner und Portugieser lagern 'Vale und Kätt' im Holzfass. 
Foto: Silvia Gralla | Silvaner und Portugieser lagern "Vale und Kätt" im Holzfass. 

Nachhaltigkeit und ressourcenschonender Anbau ist für die beiden ein großes Thema. Ob Leichtflaschen oder abziehbare Etiketten – ihr Familienbetrieb sei auch mit Blick in die Zukunft offen für umweltfreundliche Ideen, sagt Katharina Albrecht. Natürlich gehe es am Ende darum, einen leckeren Wein zu erhalten, sagt sie. "Aber wir arbeiten auch einfach gerne in der Natur und sehen es als unsere Aufgabe, die Kulturlandschaft mitzuerhalten."

 
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