„Umgestürzte Bäume, überschwemmte Wege, Schlamm im Bach.“ Helena Illing beobachtet mit Sorge, wie sich das Naherholungsgebiet an der Kürnach im Würzburger Stadtteil Lengfeld verändert, seitdem hier Biber leben. „Wie geht das weiter?“, fragt die Vorsitzende des Lengfelder Bürgervereins. Sie fürchtet, dass die Bürger in Zukunft hier nicht mehr spazieren gehen können.
506 Reviere in Unterfranken
506 Biberreviere hat die Naturschutzbehörde der Regierung 2017 in Unterfranken gezählt, geschätzt leben dort 1700 Exemplare. „Der Biber kommt inzwischen großflächig vor“, sagt Johannes Hardenacke, Pressesprecher der Regierung. Da geeignete Reviere allmählich knapp werden, lasse sich der große Nager zunehmend auch an Klein- und Kleinstgewässern nieder. Und immer näher am Menschen.
Im Stadtgebiet Würzburg gibt es neben dem Revier an der Kürnach ein weiteres am Neuen Hafen. Angenagte Bäume finden Spaziergänger aber auch am Sanderauer Mainufer, mitten in der Stadt. Auch in Schweinfurt leben Biber. Vier Reviere gibt es am Main, zwei an der Wern und eines am Kiesabbausee.
Konflikte mit Landwirten und Golfern
Die Wiederansiedlung des im 19. Jahrhundert ausgerotteten Tiers klappt erstaunlich gut und wirkt nach: Denn wo Baumeister Biber Dämme baut, wird es ursprünglicher. So hat er zum Beispiel zwischen Allersheim und Euerhausen (Lkr. Würzburg) ein Feldgehölz unter Wasser gesetzt und in eine malerische Auenlandschaft verwandelt.
Konflikte gibt es vor allem, wenn Äcker überflutet, Feldfrüchte aufgefressen oder Bäume gefällt werden. Das ärgert Landwirte zum Beispiel in Stadtlauringen (Lkr. Schweinfurt) oder in Großwenkheim (Lkr. Bad-Kissingen). Gemeinden wie zum Beispiel Sulzdorf und Estenfeld (Lkr. Würzburg) haben mit unterspülten, einsturzgefährdeten Wegen zu tun. In Hendungen (Lkr. Rhön-Grabfeld) machte ein Biberdamm jüngst einer Kläranlage Probleme, in Heigenbrücken (Lkr. Aschaffenburg) setzte er den Kurpark unter Wasser und in Bad Kissingen wurde der Golfplatz biberbedingt vom Lollbach überschwemmt.
Im Ausnahmefall auch Abschuss
44 Biberschadensfälle wurden 2017 den unterfränkischen Naturschützbehörden gemeldet, 31.000 Euro Landwirten an Ausgleich gezahlt. Wenn es gar nicht anders geht, weil zum Beispiel die öffentliche Sicherheit gefährdet ist oder erheblicher wirtschaftlicher Schaden droht, erlauben die Behörden auch die Entfernung des streng geschützten Tieres: So wurden an der Schlossmühle Untereuerheim (Lkr. Schweinfurt) 2015 drei Biber gefangen und in einem Naturschutzgebiet ausgesetzt. Getötet wurde 2016 ein Biber an einem Fischteich im Landkreis Kitzingen. Doch das sind Ausnahmen.
Denn im Regelfall können Biberberater oder -manager der unteren Naturschutzbehörden in Landratsämtern und Rathäusern die Konflikte entschärfen. So ist Biberberaterin Felicitas Rechtenwald in Würzburg regelmäßig bei den Dämmen in Lengfeld.
Dort ist vor gut einem Jahr ein einzelner Biber aufgetaucht und hat Dämme gebaut. „Erst die Immobilie, dann die Familie, ist das Motto der Biber“, erklärt Jakob Frommer, Leiter des Fachbereichs Umwelt- und Klimaschutz im Würzburger Rathaus. Erst baue das Tier seine Behausung und dann wartet er, bis ein Partner vorbei kommt. In Lengfeld hat das geklappt: Mittlerweile hat das Elternpaar Nachwuchs bekommen.
Biber contra Fische?
„Wo der Biber ist, wird die Natur etwas unaufgeräumter“, sagt Frommer. Das mögen nicht alle, ist aber für viele Tiere und Pflanzen positiv. Um die Überflutungen von Ackerflächen und Wegen zu verhindern, werden Dränagen in die Biberdämme eingebaut, die den Wasserspiegel senken. Drahtmanschetten schützen ortsbildprägende Bäume.
Angst um seine Fische hat Bachpächter Matthias Hampl. „Die mittlerweile fünf Dämme versperren ihnen den Durchgang im Bach“, erklärt er. Außerdem würden diese nach Regenfällen Schmutzwasser anstauen. Schlechte Wasserqualität und eine Ablagerung von Sedimenten seien die Folge. „Die Lebensbedingungen für Fische verschlechtern sich“, befürchtet Hampl.
„Die Biber verschärfen die ohnehin schon vorhandenen Probleme“, sagt Andrea Angenvoort-Baier vom Arbeitskreis Ökologie des Kreisverbands der Grünen. Bei starken Regenfällen fließt Abwasser aus Kanälen über insgesamt elf Regenüberlaufbecken in den „Vorfluter“ Kürnach. Die damit verbundene Verschmutzung sorgte in der Vergangenheit mehrfach für Schlagzeilen.
Grüne fordern Gewässerrandstreifen
Bürgervereinsvorsitzende Illing macht sich Sorgen, dass der Bach im nächsten Sommer so stinken könnte, „dass die Lengfelder das Naherholungsgebiet nicht mehr nutzen“.
Frommer vom Umweltamt glaubt das nicht. Nicht Mischwasser aus den Regenüberlaufbecken sondern vor allem abgeschwemmte Ackererde sorge für Schlamm im Bachbett.
Eine Lösung für dieses Problem: die Einführung von Randstreifen am Bach, die frei von landwirtschaftlicher Nutzung sind. „Das verringert den Eintrag von Nähr- und Schadstoffen und gleichzeitig das Konfliktpotenzial Landwirtschaft versus Biber", erklärt Landtagsabgeordnete Kerstin Celina (Kürnach) von den Grünen.
Außer Bayern hätten alle anderen Bundesländer diese zehn Meter breiten, naturbelassenen Uferstreifen, die weder mit Chemikalien behandelt noch gedüngt werden dürfen. Landwirte, die bisher als Äcker genutzte Flächen dafür aufgeben müssen, bekommen dafür eine Entschädigung.
Kommen die Biber in die Ortsmitte?
„Die Grünen-Fraktion im Landtag hat bereits vor vier Jahren einen Gesetzentwurf für die Einführung dieser Streifen eingebracht“, erklärt Celina. Mittlerweile habe die Bayerische Staatsregierung deren Bedeutung erkannt. Ab 2020 sollen sie kommen. Celina will sie früher: „Es ist nicht einzusehen, warum Bayern den Gewässerschutz bis dahin weiter nachhaltig gefährdet.“
An der Kürnach plant die Stadt Würzburg Gewässerrandstreifen einzurichten. Die aktuelle Situation werden Umweltamt und Biberberaterin Rechtenwald im Blick behalten. Eine Sorge des Bürgervereins kann Rechtenwald zerstreuen: „Es ist schon möglich, dass es an der Kürnach noch ein paar Reviere mehr werden, aber näher in die Ortsmitte werden die Biber wohl nicht kommen.“
Arg reißerisch diese Wortwahl - oder doch nur Unwissen?
Aber was will man erwarten, wenn jemand was in der Zeitung sagen darf, dann braucht es keinen Bäcker, wenn das Brötchen die Möglichkeit hat sich wichtig zu machen !
Der grösste Feind dieser Erde ist nun mal der Mensch - und der darf sich ungestraft und unreguliert vermehren und nehmen was er will.... aber auch ein Krug geht nur so lange zum Brunnen bis er bricht.
Ganz im Gegenteil: Meist tut er doch einen rein und sorgt für einen natürlichen Wasserhaus- und -rückhalt und neuen Lebensraum für viele Lebewesen. Dass er gelegentliche auch mal was überflutet, was der gierige Mensch sich (z.B. durch Entwässerung) unter den Nagel gerissen hat, is doch nicht einmal ein Kollateralschaden - beim Golfplatz noch viel weniger.
506 Reservier in Unterfranken / 1700 Exemplare da müsste sich eigentlich die Population ziemlch schnell aufbauen. Und das nicht nur im Würzburger Raum.
https://www.mainpost.de/regional/rhoengrabfeld/Auseinandersetzung-Biber-Gewaesser-Naturschutz;art767,9780894
Bei den beiden Dämmen, die ich seit mehreren Jahren beobachte, haben sich außerdem im Umfeld viele Kleintiere (vor allem Amphibien) und Pflanzen neu angesiedelt - alles Indikatoren für eine (wieder) intaktere Umwelt.
Solange aber noch solche Ignoranten unterwegs sind, wie jener Vater, der am Anglersee ob Kl'ochsenfurt seinem etwa 10-jährigen Sohn erzählte, der Biber würde "die Fische wegfressen" braucht er noch unseren besonderen Schutz - der Biber, nicht der Vater....