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WÜRZBURG
Problembiber in Lengfeld
Am neuen Damm in der Kürnach wird noch gebaut.
Foto: Thomas Obermeier | Am neuen Damm in der Kürnach wird noch gebaut.
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 27.04.2023 04:03 Uhr

Eigentlich ein Grund zur Freude: Ein Biber hat sich dauerhaft am Lengfelder Ortsrand niedergelassen. Nach Jakob Frommer vom Umweltamt ist es das der erste im Stadtgebiet. Doch die Bautätigkeit des geschützten Nagetieres gefährdet die Dämme der Fischteiche an der Kürnach. Einer war bereits durchgebrochen.

Wasserschutzpolizei ermittelt Verstoß gegen Naturschutzgesetz

Im Januar hat der Lengfelder Biber für erste Schlagzeilen gesorgt. Ein städtischer Mitarbeiter hatte damals seinen Damm in der Kürnach zerstört. Laut Rathaus aus Versehen.

Aufgrund der Berichterstattung dieser Redaktion ermittelte die Wasserschutzpolizei. Das Ergebnis: Die Entfernung ist ein Verstoß gegen das Naturschutzgesetz. Inzwischen beschäftigt er die Staatsanwaltschaft Würzburg.

Standpunkt: Wer Natur will, muss ihr Platz geben

Der Biber ist geblieben. Es sind mittlerweile sogar zwei, die eifrig neue Dämme bauen und Röhren graben. Acht Löcher findet man in der Böschung der Kürnach.

Taucher fanden die Löcher im Wall

Biber graben meterlange Röhren in die Erde, um bei Gefahr zu flüchten, Kammern zur Aufzucht ihrer Jungen oder unterirdische Verbindung zwischen Gewässern zu bauen. Am letzten Sonntag im April schaffte der Tunnelbauer den etwa sechs Meter langen Durchbruch zwischen Bach und Teich. „Wir haben zufällig bemerkt, wie das Wasser aus dem Teich in die Kürnach geströmt ist“, erzählt Claus Weißenberger, einer der drei Eigentümer. Er alarmierte die Feuerwehr.

Taucher der Berufsfeuerwehr Würzburg fanden die Löcher und dichteten sie ab. Dann wurde das beschädigte Wallstück mit schwerem Lehm verfüllt. Drei Tage Arbeitseinsatz und mehrere tausend Euro hat der Unfall die Teichbesitzer gekostet.

„Dieses Mal hatten wir ja Glück, dass wir reagieren konnten. Aber wenn es keiner merkt, läuft der Teich in rund zehn Stunden leer und nicht nur unsere Fische, auch Teichmuscheln und Amphibien-Laich sind verloren,“ sagt Weißenberger. Was kann man tun, um das zu verhindern?

Auch der Abschuss ist manchmal erlaubt

Man könnte das Tier vertreiben. Naturschutzbehörden erlauben das, um zum Beispiel Bauwerke oder Wälle zu schützen. Auch zum Abschuss sind Biber immer wieder freigegeben: Wenn sie beispielsweise den Betrieb von Klärwerken stören.

Umsiedeln ist laut Bibermanager Horst Schwemmer vom Bund Naturschutz in Bayern keine Option. Der Freistaat wolle nicht für eventuelle Schäden der Umsiedler haften. Schwemmer war im Frühjahr vor Ort und hat „eine erhebliche Gefährdung der Fischteiche“ festgestellt.

Städtisches Umweltamt und Teicheigentümer wollen den Biber aber nicht ganz vertreiben. „Wenn wir das tun, übernimmt bald der nächste Biber das freigewordene Revier“, erklärt der Leiter des Fachbereichs Umwelt- und Klimaschutz, Jakob Frommer. Die Teiche seien für ihn einfach ideal.

Maschendraht oder Beton

Maschendraht oder Elektrozäune auf dem rund 200 Meter langen Wall könnte den Biber am Graben hintern. Doch dafür müssten Büsche und Bäume gerodet werden, in denen viele Vögel nisten. „Wir werden weitere Experten hinzuziehen, um einen naturverträglichen Schutz zu finden“, erklärt Frommer. Außerdem bemühe sich das Umweltamt, die Kosten dafür aus einem Hilfsfond zu finanzieren.

Bibertourismus am Kürnachufer

Eine andere Möglichkeit ist, den Biber zwar den Lebensraum Teich zu lassen, ihn aber dazu zu bringen, seinen Hauptwohnsitz einige Meter bachauf- oder -abwärts einzurichten. „Das Auslaufen des Sees und die Unwetter der vergangenen Wochen haben die von ihm gebauten Dämme im Bereich der Seen zerstört“, berichtet Weißenberger.

Seit einigen Tagen schleppt er frisch gefällte Bäume zu einem neuen, der 20 Meter oberhalb liegt.

So will das Tier den Wasserstand erhöhen, damit die Eingänge seiner Röhren darunter liegt.

Hier stören seine Grabaktivitäten nicht. Falls er aber doch wieder bei den Teichen Dämme baut, würde die das Umweltamt eventuell entfernen – um ihn dazu zu bringen, stattdessen bachaufwärts zu graben.

Was macht die Biberberaterin?

Die Teichbesitzer werden die Biber in den nächsten Monaten genau beobachten. Da sind sie nicht die einzigen: Bei schönem Wetter kommen Spaziergänger zum Biberschauen. Mittlerweile führt ein Trampelpfad durch Wiese zum Biberdamm in der Kürnach.

Der Biber hat aus dem Biotop um die Lengfelder Fischteiche noch ein Stückchen mehr Wildnis gemacht. Die Besitzer, Angler und Naturliebhaber, schätzen das. Auch wenn er ihnen schon schlaflose Nächte bereitet hat. „Hoffentlich finden wir gemeinsam mit der Stadt eine dauerhafte und nachhaltige Strategie, um unsere Teiche und den Biber zu schützten“, sagt Weißenberger.

Verbreitung des Bibers

Das größte Nagetier Europas wird bis zu einem Meter lang und bis zu 30 Kilogramm schwer. 1867 wurde es in Bayern ausgerottet, ab 1960 wieder angesiedelt. Dank strengen Schutzmaßnahmen leben heute wieder rund 20 000 Exemplare im Freistaat. Reviere in der Region gibt es zum Beispiel am Main bei Randersacker und Thüngersheim, an Tauber, Gollach oder Pleichach. Ausbreitungsraum ist in der Region noch an den Oberläufen von Bächen.

Das Revier eines Familienverbandes entlang von Gewässern ist ein bis sieben Kilometer lang. Die Reviere werden gegen Artgenossen verteidigt. So entsteht für Jungtiere Druck in bislang unbesiedelte Gebiete abzuwandern. Weibchen bekommen zwei bis drei Junge im Jahr, von denen nur etwa die Hälfte überlebt. Natürliche Feinde sind Füchse und Greifvögel. Erwachsene Biber sterben durch plötzliches Hochwasser, bei Revierkämpfen oder werden überfahren. Die Vegetarier schaffen durch ihre Bautätigkeit neue Lebensräume: Durch ihre Dämme entstehen Feuchtgebiete, in denen sich zahlreiche neue Tierarten ansiedeln. Probleme macht diese Landschaftsgestaltung, wenn dadurch Felder überschwemmt werden oder untertunnelte Böschungen einstürzen. Eine Lösungsmöglichkeit: Kommunen kaufen diese Gewässerrandstreifen als Ausgleichsflächen für neue Baugebiete auf.

Biber       -  Vom Lengfelder Biber gibt es bislang nur unscharfe Nachtaufnahmen. Stellvertretend hier das Bild eines Exemplars aus einem Naturschutzgebiet in Baden-Württemberg.
Foto: DPA | Vom Lengfelder Biber gibt es bislang nur unscharfe Nachtaufnahmen. Stellvertretend hier das Bild eines Exemplars aus einem Naturschutzgebiet in Baden-Württemberg.
 
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  • B. D.
    Am Besten immer alles töten was Probleme macht. Oder ??? (Vorsicht Ironie)
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  • M. P.
    Biber graben meterlange Röhren ebenso die Tauwürmer, die sorgen dafür, dass keine Überschwemmungen möglich sind.
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  • K. K.
    seitdem....

    die Kürnach jetzt " Trinkwasserqualität " hat... gibt's den Biber. In der früheren Klo- ackenbrühe fühlte er sich nicht so wohl. Des Einen Freud, des Anderen Leid.
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