Röttingen hat 1670 Einwohner. Dass ein Ort dieser Größe Jahr für Jahr ein kulturelles Highlight wie die Frankenfestspiele auf die Beine stellen kann, liegt unter anderem daran, dass sich hinter den Kulissen unzählige Menschen dafür engagieren – und das zum Teil seit vielen Jahren. Wir stellen zehn dieser Menschen vor. Was motiviert sie, was ist für sie das Besondere an Frankenfestspielen?
1. Anna Harandt, 38 (Ton für Kinderstücke und zwei der Abendstücke)
"Ich bin seit 2015 als Tonmeisterin bei den Frankenfestspielen, habe in den Vorjahren auch bei Kinderstücken Regie geführt und hatte die musikalische Leitung inne. Man ist hier gut beschäftigt, es ist viel in kurzer Zeit. Das Besondere am Freilichttheater ist das Miteinander, man hilft sich gegenseitig. Man ist viel wacher und muss mit der Umgebung arbeiten, die einem geboten wird, ob die Sonne scheint oder ob es regnet. Es ist eine freiere Atmosphäre, obwohl es professionelles Theater bleibt. Das hier ist mein Metier, hier finde ich Gleichgesinnte. Die Talente sind viel breiter gefächert als in einem festen Haus, wo man 'der Schauspieler' oder 'der Sänger' ist. Bei den Frankenfestspielen sind viele alles mögliche."
2. Margot Beck, 81 (Organisation Catering und Koordination ehrenamtliche Helfer)
"Ich bin seit Gründung der Frankenfestspiele 1984 dabei. Seit 2008 bin ich für die Organisation des Catering und die Koordination der ehrenamtlichen Helfer zuständig. In den letzten Jahren habe ich mich ein bisschen zurückgezogen, bin aber trotzdem noch dabei. Ich habe über 35 Jahre ein tolles Team hinter mir gehabt – allein schaffst du das nicht. Fürs Kindertheater mach' ich das Popcorn, da fange ich früh um sieben Uhr an – 40 Kilo haben wir letztes Jahr verbraucht. Unsere ehrenamtlichen Helfer kommen für die Abendstücke um halb 7 und sind bis mindestens halb 12 Uhr vor Ort. Die Frankenfestspiele gehören zu mir, ich bin mit ihnen alt geworden. Sie sorgen dafür, dass man Röttingen kennt, und das nicht nur im näheren Umfeld."
3. Heinz Krämer, 63 (Regieassistenz "Ronja Räubertochter")
"Ich bin seit 2019 bei den Frankenfestspielen, da stand ich mit dem Extra-Ensemble bei "Hello Dolly" auf der Bühne. Auch in den letzten Jahren hatte ich in den Abendstücken kleine Rollen. 2023 habe ich zum ersten Mal beim Jungen Theater hinter den Kulissen mitgeholfen, dieses Jahr war ich Regieassistenz bei "Ronja Räubertochter". Ich komme aus Kist: Wenn mehrere Proben am Wochenende sind, übernachte ich in meinem Camper und am nächsten Tag geht's weiter. Theater war schon immer mein Leben und die Frankenfestspiele bedeuten für mich Lernen und kreativ sein. Das Wissen, das man hier bekommt, kann man an die Leute in der eigenen Laienspielgruppe und an die Kinder weitergeben, das macht sehr viel Spaß."
4. Susann Guttmann, 54 (Künstlerisches Betriebsbüro)
"2002 habe ich angefangen, bei der Stadt Röttingen und im Festspielbüro zu arbeiten. Seit 2018 gibt es ein künstlerisches Betriebsbüro, für das ich zuständig bin. Ich kümmere mich zum Beispiel um Unterkünfte fürs Ensemble, die Mitgestaltung der Probenplanung, den Kartenverkauf, Abrechnungen, Verträge. Während der Saison hat man kaum freie Wochenenden oder Freizeit, aber ich mache das, weil es meins ist, egal wie viel oder stressig es ist. Ich liebe die Festspiele und will, dass es läuft, dass alle zufrieden sind, vor und hinter der Bühne. Manchmal stoße ich an meine Grenzen, aber zu sehen, wie die Festspiele gewachsen sind, auch mit dem Jungen Theater, wie groß und professionell das geworden ist, ist gut fürs Herz."
5. Antje Eckhoff-Fieber, 41 (Bühnenbild "Das Dschungelbuch")
"Mein erster Kontakt zu den Frankenfestspielen war 2013 über Theater-Workshops für meine Schüler – ich bin Musik- und Mathematiklehrerin. Seit 2015 stehe ich selbst auf der Bühne, anfangs als Chormitglied im Extra-Ensemble. 2017 war ich als Lehrkraft und Regisseurin fürs Kindermusical "Schneekönigin" tätig, 2018 mit "Kalif Storch". Seit 2023 kümmere ich mich ums Bühnenbild für die Kinderstücke – 2023 bei "Tabaluga" und dieses Jahr beim "Dschungelbuch". Die Frankenfestspiele sind meine Energiequelle fürs ganze Jahr. Sie sind Familie, ein Stück Heimat, Seelenanker, geben unglaublich Energie. Es kostet Energie, aber man kriegt so viel zurück, wenn man sieht, wie alles bunt wird, zusammenwächst und wie Freundschaften entstehen. Normalerweise läuft meine Arbeit für Röttingen nebenher. Ich bin abends hier und stehe trotzdem morgens um acht Uhr im Klassenzimmer."
6. Stefan Mock, 61 (Bühnenbild Abendstücke)
"Ich habe als technischer Leiter vom 'Theater auf Tour' aus Darmstadt angefangen, auf Burg Brattenstein Kindergastspiele zu machen. Von 2004 bis 2016 war ich für die Bühnenbilder der Kindergastspiele auf der Burg verantwortlich. Seit 2023 baue ich Bühnenbilder für das Erwachsenentheater der Frankenfestspiele. Das wunderschöne Ensemble auf der Burg zum Leben zu erwecken, ist meine Motivation – und die besondere Atmosphäre, die hier herrscht, es ist ein harmonisches und professionelles Arbeiten. Einerseits bedeutet Röttingen für mich, nicht zuhause in Frankfurt zu sein und kaum Kontakt zur Familie zu haben. Andererseits wird hier sehr viel Kreativität umgesetzt – es macht einfach Spaß."
7. Angela C. Schuett, 69 (Kostümbild)
"Ich bin seit 2019 bei den Frankenfestspielen für die Kostüme zuständig. Hier gibt es keine Kostümabteilung oder Schneiderei. Dadurch, dass ich seit 1984 als Kostümbildnerin arbeite und mit vielen Theatern deutschlandweit gut vernetzt bin, leiht mir das ein oder andere Haus Kostüme. In Berlin wohne ich mitten auf dem Kiez im donnernden Leben. Wenn man in Röttingen ist, entschleunigt das erstmal total. Bei der Arbeit selbst sind Stress und Hektik aber schnell wieder da. Ich trage Sorge dafür, dass am Ende gute Kostüme auf der Bühne stehen. Schön ist, die Leute wiederzusehen. Es gibt immer ein großes Gejubel, wir sind schon fast eine Familie hier. Und: Verantwortung haben, rumrennen, mit jungen Leuten zusammen sein, hält auch jung."
8. Matthias Engel (Kostüme "Dschungelbuch", musikalische Leitung "Ronja Räubertochter")
"Ich bin seit 2019 bei den Frankenfestspielen dabei, da habe ich die Kostüme für das Musical "Heidi" des Jungen Theaters gemacht. Für "Tabaluga" habe ich 2023 zum ersten Mal fast alle Kostüme selber gemacht. Das "Dschungelbuch" dieses Jahr hat alles übertroffen, da standen über 60 Kinder auf der Bühne, manche mit drei verschiedenen Kostümen. Für die Kinder ist es wichtig, dass sie gute Kostüme haben, um sich in ihre Rollen hineinfinden zu können. Neben meiner Arbeit für die Festspiele bin ich Musiklehrer. Ich habe seit Dezember an den Kostümen gearbeitet, um bis zur Aufführung alles fertig zu kriegen. Es ist immer eine sehr stressige Zeit, aber wenn man das Ergebnis auf der Bühne sieht, entschädigt das für alles."
9. Nicole Reißmann-Balling (Extra-Ensemble)
"Vor 19 Jahren stand ich mit meiner Ballettschule das erste Mal als Tänzerin in Röttingen auf der Bühne. Dann gab es ein Casting, wonach wir auch Gesang und kleine Schauspielrollen übernehmen durften. Mittlerweile ist das Extra-Ensemble fester Teil bei Tanz, Gesang und Schauspiel. Dieses Jahr habe ich mit einigen anderen Müttern die Kinder für "Dschungelbuch" geschminkt, wo auch meine Tochter mitgespielt hat. Ich habe Vorlagen gesucht, die schnell gehen, damit wir 70 Kinder schminken konnten. Das alles musste mit meinen Terminen, die ich fürs Extra-Ensemble habe, zusammenpassen. Die Festspiele bestimmen sehr den Alltag von mir und meiner Familie, sie sind Teil meines Lebens. Mein Antrieb ist die Leidenschaft fürs Theater und die Freundschaften, die entstanden sind. Ich darf hier so viel Verschiedenes leben, auch wenn ich nicht aus dieser Branche komme."
10. Udo Beil, 55 (Technische Leitung)
"Ich bin seit 2003 hier und seit 2008 technische Leitung bei den Frankenfestspielen. Seitdem hat sich viel getan: Die Bühne war zum Beispiel lange nicht unterkellert, man konnte nur auf allen Vieren unter ihr entlangkommen. Mein Antrieb ist die Faszination fürs Theater. Durch die Frankenfestspiele gibt's in Röttingen eine fünfte Jahreszeit, in der ich ein ganz anderes Aufgabengebiet als bei meiner eigentlichen Arbeit als Bauhofleiter habe. Zum Jahreswechsel geht's los: Man macht sich Gedanken um das Bühnenbild und die technische Machbarkeit. Dann wird alles aus dem Winterschlaf erweckt: Im Burghof gibt es über den Winter kein Licht, keinen Ton, kein Mischpult. Es wird also alles aufgebaut und verstöpselt, so dass zum Start alles funktioniert."