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RÖTTINGEN
Orient-Stimmung auf Burg Brattenstein
Schülerinnen und Schüler der Realschule Ochsenfurt führen in der Sparte „Junges Theater“ der Frankenfestspiele Röttingen das Musical „Kalif Storch“ auf.
Foto: Catharina Hettiger | Schülerinnen und Schüler der Realschule Ochsenfurt führen in der Sparte „Junges Theater“ der Frankenfestspiele Röttingen das Musical „Kalif Storch“ auf.
Catharina Hettiger
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:44 Uhr

Baulärm und orientalische Klänge wechseln sich derzeit auf Burg Brattenstein in Röttingen ab: Während im Hintergrund eifrig gebohrt, gehämmert und geschraubt wird, damit der neue Ostflügel am 6. Juni offiziell übergeben werden kann, singen und tanzen sich auf der Bühne im Burghof 27 Schülerinnen und Schüler warm. Mit dem Musical „Kalif Storch“ eröffnen die Fünft- bis Neuntklässler der Realschule am Maindreieck in Ochsenfurt am Sonntag die neue Saison des Jungen Theaters der Frankenfestspiele Röttingen. Das Stück ist die zweite Kooperation zwischen den Festspielen und der Realschule, die 2017 mit dem Musical „Die Schneekönigin“ ihre Premiere in Röttingen hatte.

Bereits bei den Proben gibt es Publikum: die Schüler der sechsten Klasse der Weikersheimer Gemeinschaftsschule, die nach einer Backstage-Führung mit Röttingens Bürgermeister Martin Umscheid den Ochsenfurter Realschülern auf der Bühne zuschauen.

Beruhigungstropfen vor der Premiere

Eine Schlange, die aus dem Korb zu ihrem Fakir spricht, ein Flaschengeist, der wie aus dem Nichts auftaucht, und ein Kalif, der sich in einen Storch verwandelt: Bei „Kalif Storch“ ist auf der Bühne viel geboten. Den Kindern macht das sichtlich Spaß, auch vor der Bühne wird die Probe aufmerksam verfolgt; es wird mitgesungen und gelacht.

„Wir sind als Gruppe mega gut zusammengewachsen“, sagt Jana König, die als dicker Sultan auf einem imposanten Holzthron Platz genommen hat. Neben ihr sitzt Marie Wirsching, die die junge Frau Scheherazade spielt, und nickt bestätigend. Vor der Premiere des Stücks an der Realschule Ochsenfurt in der vergangenen Woche vor 270 Zuschauern seien alle sehr aufgeregt gewesen – „ wir haben Beruhigungstropfen angeboten bekommen“, sagt die 13-Jährige und lacht. Genommen hätten sie diese aber nicht, „nach dem ersten Lied war die Aufregung weg“.

Etwa die Hälfte der Mitwirkenden des vergangenen Jahres (alle mit dem Wahlfach „Musical“) ist auch diesmal wieder dabei. Dass die Hauptrollen mit anderen Kindern als 2017 besetzt sind, hat System: „Jeder soll die Gelegenheit haben, sich zu profilieren“, sagt Jeanette Geiger. Die Deutsch- und Erdkunde-Lehrerin hat die Gesamtleitung der Aufführung inne und kümmert sich auch darum, dass alle 27 Schüler der Musical-AG im Stück unterkommen. „Wir müssen immer Szenen und Rollen dazu erfinden“, so Geiger.

Auf diese Weise wurde das Stück nicht nur durch eine Gruppe von Tänzerinnen ergänzt, sondern auch durch einige Lieder, die in der Originalfassung des Musicals von Uwe Heynitz nicht vorgesehen sind. „,Kalif Storch‘ hat nur sechs Lieder, das ist zu wenig“, erklärt Geiger.

Kurzerhand kaufte sie die Karaoke-Version von bekannten Songs wie „Fata Morgana“ von der Ersten Allgemeinen Verunsicherung oder „Kiss Kiss“ von Tarkan und entwarf zusammen mit der musikalischen Leiterin Antje Eckhoff – im Alltag Musik- und Mathematiklehrerin an der Realschule Ochsenfurt – neue Texte dazu.

Improvisation und Gemeinschaftsarbeit

Den ersten Ton eines Liedes richtig zu treffen, empfindet Linus Seiffert als größte Herausforderung. Der 13-Jährige verkörpert Chasid, den Kalifen Storch, und ist neu zur Musical-AG gestoßen: „Ich war schon im Chor und fand die Schneekönigin-Aufführung im letzten Jahr cool.“

Auch wenn diesmal drei Jungs im Team vertreten sind (im Vorjahr war es ein einziger), ist die Rolle des Mansor, des Großwesir Storch, mit einem Mädchen besetzt: Tabea Frank. „Ein Mann verhält sich anders“, hat die 13-Jährige beim Erarbeiten ihrer Figur beobachtet. Sie ist in ihre Rolle hineingewachsen – und genießt sie. „Ich darf immer den Kalifen verbessern – damit mache ich auch hinter der Bühne weiter“, sagt Tabea und kichert.

Bei Bühnenbild und den Kostümen war Improvisation und Gemeinschaftsarbeit gefragt: Das fantasievolle Bühnenbild im Stil von 1001 Nacht stammt teils aus dem Stück „Prinz Owi lernt König“ der vergangenen Saison, teils haben es das Leitungsteam, die Kinder und ihre Eltern zusammengetragen.

„Mit Hilfe des Röttinger Bauhofs haben wir zum Beispiel das orientalische Schloss ausgesägt“, erklärt Mathematik- und Wirtschaftslehrerin Anja Schmidt, die für das Bühnenbild verantwortlich ist. „Ich bin inzwischen Stammkunde im Baumarkt“, sagt sie und lacht.

Flügel für mehr Selbstbewusstsein

Einige der farbenfrohen Gewänder, wie zum Beispiel die der Störche, sind selbst entworfen und selbst genäht; die eindrucksvoll leuchtenden Umhänge der Tänzerinnen stammen eigentlich aus dem Bauchtanzbedarf und wurden mit Stäben zu einer Art Flügel umfunktioniert. „Dadurch präsentieren sich die Schüler ganz anders und selbstbewusst, gerade die jüngeren und zurückhaltenden“, so Geiger.

Vor mehreren Hundert Zuschauern auf der Bühne zu stehen, zu spielen und zu singen, sei eine „Erfahrung fürs Leben“, ist Frederike Faust, Leiterin des Jungen Theaters der Frankenfestspiele Röttingen, überzeugt. Dass in Röttingen Theater von Kindern und Jugendlichen für Kinder und Jugendliche geboten wird, hält sie für „einzigartig“. Durch das „Junge Theater“ steige auch der Bekanntheitsgrad der Festspiele, so Faust.

Diese Sparte mit einem ganzjährigen Angebot für Schulen aus der Region in Röttingen einzuführen, sei eine „sehr, sehr gute Tat“ des Festspiel-Intendanten Knut Weber gewesen. „Wir haben hier eine Lücke gefüllt“, sagt Faust, „ein Workshop-Angebot für den ländlichen Raum gab es in dieser Form bisher nicht.“

„Kalif Storch“

Im Musical „Kalif Storch“ von Uwe Heynitz nach dem Märchen von Wilhelm Hauff geht es unter anderem um Freundschaft und Liebe. Die SchülerInnen der Realschule Ochsenfurt führen das Stück im Rahmen des „Jungen Theaters“ der Frankenfestspiele auf Burg Brattenstein auf. Empfohlen für Kinder ab drei Jahren. Die Termine: Sonntag, 6. Mai, 16 Uhr, sowie Montag, 7. Mai, 10 Uhr. Tickets gibt es unter: www.frankenfestspiele.de, bei der Tourist-Information Röttingen Tel. (0 93 38) 97 28 55 und an der Tageskasse (60 Minuten vor Spielbeginn im Burghof). Bei Regen wird das Stück in die Burghalle verlegt. (cat)
Eine Schlange, die zu ihrem Fakir spricht: Da staunen nicht nur einige Damen am Markt.
Foto: Catharina Hettiger | Eine Schlange, die zu ihrem Fakir spricht: Da staunen nicht nur einige Damen am Markt.
Farbenfroh, glitzrig-funkelnd und gut gelaunt: das „Kalif Storch“-Ensemble der Realschule Ochsenfurt bei der ersten Bühnenprobe vor der Musical-Premiere auf Burg Brattenstein.
Foto: Catharina Hettiger | Farbenfroh, glitzrig-funkelnd und gut gelaunt: das „Kalif Storch“-Ensemble der Realschule Ochsenfurt bei der ersten Bühnenprobe vor der Musical-Premiere auf Burg Brattenstein.
Vier Hauptakteure und das Leitungsteam (mittlere Reihe, von links): Frederike Faust (Leitung Junges Theater Frankenfestspiele), Antje Eckhoff (musikalische Leitung), Jeanette Geiger (Gesamtleitung), Lukas Geuß (Regie-Assistent), Anja Schmidt (Bühnenbild). Die Hauptdarsteller (oben): Marie Wirsching (links) und Jana König, unten: Tabea Frank (links) und „Kalif Storch“ Linus Seiffert.
Foto: Catharina Hettiger | Vier Hauptakteure und das Leitungsteam (mittlere Reihe, von links): Frederike Faust (Leitung Junges Theater Frankenfestspiele), Antje Eckhoff (musikalische Leitung), Jeanette Geiger (Gesamtleitung), Lukas Geuß ...
 
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